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Kreisschreiben

des

Regierungsrates an die Regierungsstatthalter und Gemeindebehörden betreffend die Acetylengasanlagen.

Ein vor kurzem im Kanton Bern geschehener schwerer Unglücksfall bei dem Betrieb einer Acetylenbeleuchtungsanlage veranlaßt uns, die Verordnung vom 14. April 1897 betreffend die Herstellung und Verwendung des Acetylengases allen Bezirks- und Ortsbehörden zu genauerer Anwendung und Durchführung einzuschärfen. Die Untersuchung jenes Falles hat nämlich erzeigt, daß die das Unglück bewirkende Explosion in direktem Zusaminenhang mit der Nicht beachtung dieser Verordnung stand. Allerdings war die nächste Ursache vermutlich unvorsichtiger Gebrauch des Gaserzeugungsapparates; allein der Apparat war ohne vorherige amtliche Prüfung und Bewilligung in Betrieb gesetzt worden, und es war dessen Konstruktion insofern mangelhaft, als daran eine notwendige Sicherheitsvorrichtung fehlte, deren Vorhandensein die Folgen des unzweckmäßigen Gebrauches des Apparates aufgehoben und das Unglück verhütet hätte.

Demnach fordern wir hiermit alle Bezirks- und Ortspolizeibehörden bei ihrer Verantwortlichkeit auf, die er

9. Februar

1901.

9. Februar

1901.

wähnte Verordnung streng zu handhaben, indem wir ihnen insbesondere folgende Vorschriften derselben in Erinnerung rufen:

1. Es soll keine Acetylengasanlage, sei sie gewerblicher oder nichtgewerblicher Natur, in Betrieb gesetzt werden, bevor dafür die gesetzlichen Bewilligungen (Bauund Einrichtungsbewilligung und Gewerbeschein) ausgewirkt sind.

2. Der Erteilung dieser Bewilligungen soll die Publikation des Vorhabens und die Untersuchung der Anlage durch einen amtlich bestellten Sachverständigen vorangehen (§ 25 des Gewerbegesetzes vom 7. November 1849).

3. Wer, ohne im Besitz dieser Bewilligungen zu sein, eine Acetylengasanlage betreibt, ist von der Ortspolizeibehörde sogleich dem Regierungsstatthalter anzuzeigen, der den Fehlbaren vor den Richter zu stellen und den weitern Betrieb der Anlage zu verbieten hat.

Dieses Kreisschreiben ist in die Gesetzessammlung aufzunehmen und außerdem in Separatabzügen allen Regierungsstatthaltern und Ortspolizeibehörden, sowie auch allen Staats- und Gemeindepolizeiangestellten auszuteilen.

Bern, den 9. Februar 1901.

Im Namen des Regierungsrates der Präsident

Minder,

der Staatsschreiber

Kistler.

Reglement

für die

Patentprüfungen von Handelslehrern des

Kantons Bern.

Erster Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen.

§ 1. Für Bewerber, welche ein Patent zu Handelslehrstellen im Kanton Bern zu erhalten wünschen, wird je nach Bedürfnis im Frühling eine Prüfung veranstaltet.

Diese wird Anfang Januar im amtlichen Schulblatt von der Direktion des Unterrichtswesens ausgeschrieben.

$ 2. Die Bewerber haben sich bis zum 1. Februar bei dem Präsidenten der Prüfungskommission anzumelden. Sie können erst nach dem zurückgelegten 21. Altersjahr patentiert werden.

§ 3. Ihrer Anmeldung haben die Bewerber beizulegen 1. einen Geburtsschein ;

2. ein Zeugnis über bürgerliche Ehrenfähigkeit und guten Leumund;

3. das Maturitätszeugnis einer vom Bund subventio

nierten Handelsschule oder eines Gymnasiums.

21. Februar

1901.

21. Februar 1901.

Wenn die Zeugnisse über die Vorbildung von andern Anstalten herrühren, oder wenn andere Ausweise als Maturitätszeugnisse vorgelegt werden, so entscheidet die Direktion des Unterrichtswesens, ob dieselben als gleichwertig zu betrachten oder zurückzuweisen seien ;

4. den Ausweis über mindestens einjährige Praxis in einem kaufmännischen Geschäft;

5. den Ausweis eines in der Regel dreijährigen akademischen Studiums;

6. den Ausweis über den Besuch der Vorlesungen über allgemeine Gesundheitslehre, Schul- und Unterrichtshygieine.

§ 4. An die Kosten der Prüfung hat jeder Bewerber zum voraus Fr. 30, im Wiederholungsfall und für eine Nachprüfung Fr. 15 der Kanzlei der Direktion des Unterrichtswesens zu bezahlen. Die Quittung ist dem Präsidenten der Kommission vor der Prüfung einzuhändigen.

$ 5. Zur Abhaltung der Prüfung wählt der Regierungsrat eine besondere Prüfungskommission, bestehend aus einem Präsidenten und sechs Mitgliedern. Von diesen müssen mindsetens zwei dem Handelsstande angehören.

Den Vizepräsidenten und den Sekretär bezeichnet die Kommission selbst. Die Amtsdauer ist vier Jahre.

$ 6. Die Kommission versammelt sich vor einer Prüfung zu gemeinsamer Beratung über Einrichtung und Gang derselben, zur Bezeichnung der Examinatoren, wenn solche beigezogen werden müssen, und zur Festsetzung der Themata für die schriftliche Prüfung.

§ 7. Die Mitglieder der Prüfungskommission und die Examinatoren erhalten ein Taggeld von Fr. 10. Reiseauslagen werden zu 30 Cts. per Kilometer vergütet.

1901.

$ 8. Die Prüfung zerfällt in eine theoretische und in 21. Februar eine praktische. Die schriftlichen Arbeiten bilden den Hauptbestandteil der Prüfung. Die Prüfungskommission bestimmt, in welchen Fächern nur schriftlich, in welchen nur mündlich und in welchen schriftlich und mündlich geprüft werden soll. Ebenso bestimmt sie die Zeit, welche für die Lösung der schriftlichen Aufgaben eingeräumt wird, und die Dauer der mündlichen Prüfung in den einzelnen Fächern.

Die Prüfung ist öffentlich mit Ausnahme der schriftlichen Arbeiten, welche unter Aufsicht eines Mitgliedes der Prüfungskommission (eventuell eines Examinators). angefertigt werden.

Die praktische Prüfung besteht in einer Probelektion in zwei Fächern und dauert je mindestens eine halbe Stunde..

Zweiter Abschnitt.

Anforderungen an die Bewerber.

$ 9. Die Prüfung umfaßt folgende obligatorische Fächer: a. Pädagogik (ausgenommen für die Bewerber mit Primarlehrerpatent);

b. Muttersprache;

c. Kaufmännisches Rechnen einschließlich der politischen Arithmetik;

d. Buchhaltung, Korrespondenz und Kontorarbeiten;

e. Volkswirtschaftslehre;

f. Rechtskunde;

g. Handelsgeographie;

h. Handelsgeschichte.

§ 10. Es werden in den verschiedenen Fächern nachfolgende Forderungen gestellt:

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