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Das I der Schlusssilbe im Beinamen Marcio ist mit dem N ligiert, das S wegen Raummangels in etwas kleinerm Format.

Der Arzt Gaius Flaminius Marcio ist einstweilen auf keinem der übrigen Oculistenstempel vertreten. Das Heilmittel nardinum (zu ergänzen ist das regelmässig weggelassene Wort collyrium Salbe) kommt auf den Stempeln öfters vor. Impetus oculorum ist, wie man aus den römischen Medicinschriftstellern weiss, der technische Ausdruck für Augenentzündung und findet sich wiederholt auf den Oculistenstempeln. Unter den bisher bekannten Stempelinschriften ist der von Augst am ähnlichsten CIL XII 3 n. 10021.31 a. mit ausgeschriebenem nardinum ad impetum.

Karl Stehlin.

Heinrich von Nördlingen in Basel. Heinrich von Nördlingen sagt im Brief aus der Fastenzeit 1339, mit dem er der Margaretha Ebner seine ersten Basler Wochen schildert, dass er im Spital Herberge gefunden habe.') Es handelte sich dabei um ein, jedenfalls vom städtischen Rat als der Aufsichtsbehörde des Spitals ihm bewilligtes, vorläufiges Quartier. Auch davon redet Heinrich, dass ihm gestattet worden sei, in der Spitalkirche zu predigen. Dann rühmt er, wie ihm Pfarreien Kapellen Pfründen Klosterplätze angeboten werden, und im September 1339 schreibt er: „so bin ich nit mein selbs, ich bin einsz gantzen capitels und der besten pfarr die ze Basel ist, die lant mich nit geren von in.“2)

Bei den damaligen kirchlichen Verhältnissen Basels lassen diese Worte an eine Pfründe im St. Petersstift denken. Bei St. Peter trafen Kapitel und Pfarrei zusammen.

Auf Beziehungen Heinrichs von Nördlingen zu St. Peter scheint Manches zu weisen. Tauler wohnte wohl in dem der St. Peterskirche benachbarten Dominikanerkloster Heinrichs Freundin Margaretha zum goldenen Ring gehörte einer im St Peterssprengel eingepfarrten Familie an; ihr Beichtvater war später Heinrich von Regisheim, der seit 13773) als Chorherr zu St. Peter nachweisbar ist und 1434 starb.) Der in den Briefen Heinrichs von Nördlingen wiederholt genannte Heinrich von Rheinfelden war Kaplan des Hochaltars zu St Peter; er ist nachweisbar seit 1333 und starb 1352.5)

Diese Annahme näherer Verhältnisse Heinrichs von Nördlingen zu St. Peter findet in der Tat ihre Bestätigung.

Das Anniversarienbuch C von St. Peter enthält zum 15. Juni folgenden Eintrag:

Dominus H. de Nörtlingen sacerdos capellanus altaris s. Marie Magdalene constituit pro anniversario suo necnon Heinrici et Hedewigis pa

1) Strauch (Margaretha Ebner und Heinrich von Nördlingen, ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Mystik, Freiburg und Tübingen 1882) 217.

*) Strauch 228.

3) St. Peter Urk, 600,

*) St. Peter F, Anhang p. 56.

*) St. Peter Urk. 299; St. Peter E, fol. 178. Ihm gelten wohl auch die Stellen in den Briefen, an denen nur vom Herrn Heinrich die Rede ist; jedenfalls gelten sie nicht dem einer spätern Zeit angehörenden Heinrich von Regisheim. Auch an den bei Preger II, 110 genannten Herrn Heinrich von Augsburg, Leutpriester zu St. Peter, mag erinnert werden, um Beziehungen des Stifts zum Kreise der Gottesfreunde zu erklären.

rentum suorum et aliorum progenitorum suorum 5 sol. canonicis et capellanis vigilie et misse presentibus equaliter.

Das Buch ist angelegt zwischen 7. id. maii 1323 und 3. kal. augusti 1326; der Vermerk des Nördlingenschen Anniversars ist darin nachgetragen von einer Hand, die zahlreiche Zusätze durch das ganze Buch gemacht hat, darunter einige mit den Daten 1336, 1343, 1344.1) Die Schrift des Vermerks steht namentlich derjenigen der Einträge von 1343 und 1344 nahe.2)

Heinrich von Nördlingen besass also, jedenfalls seit dem Spätsommer 1339, eine Kaplanei am St. Maria Magdalenenaltar zu St Peter und stiftete in dieser Kirche, wahrscheinlich 1343 oder 1344, sich und seinen Eltern und Vorfahren eine Jahrzeit. Als Kaplan hatte er auch pfarrliche Funktionen, namentlich Beichtehören, Krankenbesuch und Begehen der Gräber; die Erlaubnis zum Predigen konnte ihm der Kustos erteilen als Inhaber des Plebanats.3, Als Kustos ist seit 1342 Johannes Sinz nachweisbar.') Rudolf Wackernagel.

Erneuerung der St. Lucasbruderschaft zu Basel, 21. September 1437. In dem jore da man zalt nach Cristus geburt MCCCCXXXVII jor uff sant Matheus tag des heiligen zwölffbotten da sint wir dis nach geschribnen bi einander gewesen mit einem gesamten gebott und hant da fur uns genomen, wie wir die brüderschafft, so etwenn gehebt und begangen habend unser fordren und die alten meister under unser zunfft der molern dem lieben heilgen ewangelisten sanctus Lucas, wenn er ein stiffter und ein fundierer ist gewesen unsers hantwerks. Dieselbe brüderschafft nu etwas zites nit vollbrocht worden ist und ab gegangen was. Also hant wir die meister under den molern uns mit einander under redet und hand bedacht und betrachtet und an gesechen unser selen heil und notdurfft und ouch das wir alle tôtlich sind und des dodes gewisz sint und aber nút ungewissers wenn die stund des dodes und ouch den erwirdigen heilgen und ewangelisten sanctus Lucas dadurch ze erend, das er gott für uns alle bitten welle, wenn wir alle notdurfftig sind was uns güttes beschechen möchte und wir alle getun möchten gen gott und sinen lieben heilgen, wenn nieman nút anders erfolgen mag und uns allen nút zů staten komen mag und denn unsre gutte werk, darumb so hand wir die obgenante brüderschafft in der ere des heilgen ewangelisten sanctus Lucas widerumb ernuwret und angevangen in dise wise.

Des ersten wer in unser bruderschafft wil, das der geben sol ein lib. wachs das erst jare, darnach alle jor 1 sh. d. Und sol man unser aller, so in diser brüderschafft sind, jorzit begon jerlich uff sant Lucas tag hie zu Basel zu den Augustinern mit einer singenden messe und das darzu gehört. Und wenn es were, das under uns brûdren so denn in diser

1) St. Peter C, fol. 470. 55. 104.

2) In den Ausfertigungen D und E des Jahrzeitenbuches, die beide zwischen 2. kal. maii 1345 und 8. kal, augusti 1349 angelegt sind, steht der Vermerk im Texte der eisten Hand. Ebenso, in verkürzter Fassung, in der zwischen 12. kal. maii 1365 und 15. kal. aprilis 1366 angelegten Ausfertigung G. In der Ausfertigung F fehlt die betreffende Blätterlage.

3) J. Bernoulli im Basler Jahrbuch 1895, 114 f. 116.

') St. Peter Urk. 361.

bruderschafft ist einer abgieng von dodes wegen, des wir doch alle wartend sind, so sollend wir im in der obgenanten kilchen zû den Augustinern alle mit einander volgen in den nechsten achtagen mit einer singenden messe und alle ze frúmmen und ze oppfren gan und im tûn als einem andren kristen mônschen, er sterbe hie oder anderswa, so sind wir im dis verbunden hie ze tünd in der obgeschribnen wise. Ouch wenn der tag des helgen ewangelisten sanctus Lucas kumpt, so sollend wir alle zü dem Himel frå uff demselben tag uns ze samen samlen, als uns den der knecht gebietten wirt an dem obend, und da mit einander gemeinlich zů der kilchen zu den Augustinern gan, da man uns die mesz hett, by derselben messe wir alle beliben sollend, bis daz sy usz gesungen wirt, und da dennen wider uff unser stuben zu dem Himel mit einander gan, dannen hin mag iederman schaffen was er wil. Wolte ouch ieman da by dem andren essen, mochte er tun oder lassen. Wenn es sich ouch gefügte, daz wir ein gebott wolten han und uns der knecht gebutte von der brüderschafft wegen, es wer zu der messe oder zu der volgung oder was wir susz machen wolten, welicher under unsz brûdren denn hie in der statt were und inn gebotten wurde und er denn nit keme, sol verbessren ein fierling wachs. Were es aber, daz in der knecht über seche und im nit gebutte, als manchem er daz dette und als dick es bescheche, so sol er fur iecklichen verbessren ein sh. d. Und sol man dem knecht geben alle jor uff sant Lucas tag 1 sh. d. umb ze gebietten Were es ouch sach, daz sich ein semlichs fügen wurde, daz wir daz dekeinem unserm brûdren getruwen, daz ir einer wider usz der brüderschafft wolte, derselb sol und mus geben III lib. wachs an alle gnade, so lat man in ledig und sond wir dennenhin im nút verbunden sin ze tünd noch nút im ze schickende haben. Ouch sollend wir alle jor zwen Lucas meister settzen uber die búchsen und die brüderschafft ze versorgend, was geltes oder wachses von den brûdren gefalt, es sy in bessrungen oder in jorgelt, das getrúwlich ze behaltend und niemand kein bessrung ze schenckend noch ze uber sechen, dem richen als dem armen und dem armen als dem richen, als getruwlich und on alle geverde by iren truwen an eins eides statt, die sy darumb geben und verheissen sollend und allen in der bruderschafft. Dieselben zwen Lucas meister die sollend die messe versorgen, als dick und als vil es durfft beschicht, mit kertzen und mit gelt und andren dingen, so denn die bruder under einander erkennen, daz man den priestren geben soi oder zu der messe gehört, nit me noch minder, sollend sy uszgeben und daz ander ubrig gelt wider umb in die búchsen [legen] und getruwlich behalten als vorstat. Ob es sich fügte, daz die brüder dem lieben helgen sanctus Lucas ein ere wolten tün, es were umb den altar ze molen oder an ein messgewand ze legen oder in welicher wise es sich fügen wurde, des wir doch alle gütten willen haben dem lieben helgen vil eren ze erbiettend, daz wir es denn also funden. Und wenn daz jor usz kumet, so sollend wir aber zwen ander meister seczen, dieselben sond ze gelicher wis tun als die vordren zwen und ouch vorgeschriben und gemeldet ist. Und sond wir alle, die in diser brüderschafft sind oder nach darin komend, ouch gemeinlich unser truw geben an eins eides stat den zwein Lucas

meistern und sy uns hinwiderumb die obgeschribnen artikel gemeinlich stette ze haltend und dawider niemer ze redend noch ze tunde on alle geferde, und wo einer des andren schaden oder unere seche in getruwlich ze warnend und davor ze sind, wo er kan oder mag, als ein brüder dem andren ouch on alle geverde. Ouch wenn es sich fügte, daz einer in unser bruderschafft wôlte, den sollend die zwen Lucas meister nit uffnemen denn mit der brådren aller wissen, die sy ouch darumb besemlen und ze samen gebietten sollend uff einen müssigen tag, uff dem nieman mag kein werk versumen, da sol man umb frogen under den brûdren die denn da ze mal do sind, ob er inn gevall oder nit. Wo ouch einer belumbder oder ein artikel uff im hette der treffenlich were, wa wir daz wisten, sollend wir inn nit uffnemen.

Item und sind dis nachgeschribnen die bi disem ubertrag und ordnung sind gewesen und ouch brüder diser brüderschafft sind Des ersten meister Claus der moler rather under unser zunfft der molern, darnach meister Hans Stock der moler, meister Cunrat Zeller der goldsmid, meister Cunrad Hefenlin der glaser, meister Petter Lútdold der goldsmid, meister Cünrat von Rottwil der moler, meister Petter Kacz der glaser, meister Urban der moler. Derselb meister Urban het gekoufft v sh. ewiges geltes uff den Augustinern an die brüderschafft und an die messe ze stùr, die selben v sh. den obgenanten hern den Augustinern uber tisch horend, die die herren under einander geben sollend. So aber denn meister Petter Richart der goldsmid, meister Francz Zscheny der moler, meister Flösser der goldsmid, meister Lamprecht der satler, meister Gilgenberg der moler, meister Heinrich Unverzagt der glaser, meister Michel Glaser, meister Heinrich Steinacker der moler

Dise vorgeschribne stücke hant wir die obgenanten alle gelopt stette ze haltend und da wider niemer me ze tünd als vorgeschriben stat Und sind wir die obgenanten brüder alle by disem ubertrag gewesen des wir uns ouch begebend und bekennen. Und ist dis beschechen in dem jor und uff dem tag als vorstat etc.) Und des zu merer sycherheitt so hand wir die obgeschribnen brüder alle gemeinlich gebetten den bescheidnen wisen meister Claus Moler unsern ratherren und meister Cunrat Zeller den goltschmid, das sy ir eigen ingesigel gehencket hand an disen brieff, des wir uns die obgenanten zwen ich Claus Moler und ich Cünrat Zeller bekennen und geton und versiglet haben durch der obgenanten brüdren bett willen, die sy an uns gemeinlich gehebt haben, doch uns und unsern nachkomen unschedlich.

Item so denn aber meister Petter Malstein von Rod der moler, item und meister Cunrat Mentelin der satler, item meister Heinrich Rogkenburg werkmeister, meister Hans Ulrich von Baden, meister Sifrid Kannengiesser, item meister Martin Narrgass der goltschmid, item meister Hans von Wurmss werkmeister, item meister Steffan Soder der sporer, item meister Cunrad Hertstachel, meister Ludman Moler, meister Ülrich Ramenmacher, Claus Sprenger glaser, meister Hans Hitmacher, meister Oswald

1) Von Und des zu merer an ist der Text anscheinend durch die bisherige Hand aber nicht einheitlich, sondern in wiederholten Zufügungen geschrieben.

Uberlinger, meister Hans Müller tischmacher, meister Ludwig Kannengiesser.

Pergamentenes Original im Staatsarchiv Basel, Himmelzunft Urkunde No. 11. Das I des Anfanges ist mit einer bunten Malerei (Blumen und Vogel) verziert. Es hängen zwei Siegel:

1. . . LAVLI · PIC .... BINGE. 2. S KVONRADI · DCI · ZEL.

.

Rudolf Wackernagel.

Ein Freischütz im Dienste der Stadt Basel zur Zeit des Concils. Was ein Freischütz ist, weiss heutzutage Jedermann, seitdem Carl Maria von Weber jenen Aberglauben, dass man durch einen Bund mit dem Teufel eine übernatürliche Treffsicherheit mit dem Schiessgewehr erlangen könne, seiner romantischen Oper zu Grunde gelegt hat. Weniger bekannt dürfte es sein, dass das Freischützenthum auch in unsrer Localgeschichte seine Spuren hinterlassen hat.

Wie die meisten derartigen Vorstellungen, cursierte auch die vom Freischützen in verschiedenen Varianten. Für die Darstellung auf der Bühne eignet sich unstreitig vorzüglich diejenige Version, nach welcher die Freikugeln mit vielem Hokuspokus einzeln gegossen werden und Samiel die sicbente als Extraprovision für sich in Anspruch nimmt. Einfacher und für den practischen Gebrauch geeigneter, daher wohl auch verbreiteter, ist ein anderes Recept, welches im Hexenhammer, dem berühmten Handbuch der Inquisitoren, folgendermassen beschrieben wird: Man schiesst am Charfreitag während der Zeit der Messe drei Kugeln mit der Büchse oder drei Pfeile mit der Armbrust in ein Crucifix. Für diese Frevelthat, mit welcher der Schütze nach der theologischen Doctrin sieben schwere Sünden auf einmal begeht, erhält er vom Teufel die Fähigkeit, jeden Tag, so lange er lebt, drei Schüsse mit unfehlbarer Treffsicherheit zu thun. Nachher kommt er natürlich in die Hölle.

In dieser Fassung begegnet uns der Aberglaube in unsrer Gegend um die Zeit des Concils, oder genauer in den Jahren um die Schlacht von St. Jacob, und zwar nicht etwa als ein Glaube bloss des gemeinen Volkes, sondern als etwas von den höchsten Behörden als thatsächlich Anerkanntes. Der erbitterte Krieg, welcher nach der Schlacht von St. Jacob zwischen Basel und Oesterreich ausbrach, wurde bekanntlich in Folge der Bemühungen des Bischofs Friedrich und des Markgrafen von Baden durch ein Schiedsgericht beigelegt, vor welchem beide Parteien in ausführlichen Processschriften alle ihre Beschwerdepunkte gegen einander vorbrachten. Unter den Schandthaten, welche die Stadt Basel den Oesterreichern und ihren Anhängern zum Vorwurfe macht, ist eine von vielen die Hinrichtung oder, wie die Basler es nennen, die Ermordung des Berchtold Leckertier durch den österreichischen Hauptmann zu Neuenburg am Rhein. Diese Sache trug sich folgendermassen zu:

Die Gemahlin des Pfalzgrafen Ludwig von Bayern hatte sich aus Anlass des Concils in Basel aufgehalten und wollte den Rhein hinunter reisen, in Begleitung des Cardinals von Arles und eines zahlreichen Gefolges. Die Schiffleutenzunft liess sich angelegen sein, der Reisegesellschaft möglichst zuverlässige Schiffleute zuzutheilen. Wann die Fahrt geschah,

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