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und kam am 16. Dezember nach Nizza, wo am nächsten Tage auch der Bischof von Viseu eintraf. Am 18. Dezember berichteten die Gesandten an den Bischof von Foix über die Beendigung ihrer mit unsäglichen Mühen verbunden gewesenen Reise.1)

Das Verhalten des Nicodus.

Es bleibt uns nur noch übrig, die Stellung des Nicodus von Menthon auf der Fahrt der Flotte zu untersuchen. Wir haben des öfteren erwähnen müssen, dass die Konzilsgesandten gegen den Kapitän protestierten, weil er zu langsam vorwärtsgehe, und weil er sich zu lange in den Häfen aufhielt. Einmal auch protestierte der Bischof von Parma, weil ihm die Besichtigung der Schiffe nicht gestattet würde. Die Expedition ist deswegen zum grossen Teil ohne Erfolg geblieben, weil er zu spät in Konstantinopel ankam. Haben wir es hier etwa mit einem planmässigen Vorgehen des Konzilsadmirals zu tun? Hat etwa Nicodus mit Absicht die Fahrt der Flotte aufgehalten, weil er von der Gegenpartei bestochen worden war? Stehen etwa auch die Ereignisse auf Chios in einem Zusammenhang damit, und hat Nicodus mit den genuesischen Beamten dieser Insel die Zurückbehaltung der Schiffe verabredet, um auf diese Weise einen höheren Gewinn zu erzielen? Nicodus hat die Verhandlungen mit den Chioten geführt. Ist er etwa von diesen bestochen worden? Alle diese Verdachtsmomente liegen vor. Es wird nun zu untersuchen sein, ob sich wirklich ein Beweis dafür erbringen lässt, oder ob bei näherer Betrachtung die Anklagepunkte hinfällig werden. Zunächst muss festgestellt werden, ob in dem vorliegenden Material sich irgendwo eine Anklage der Art findet, ob etwa die Gesandten irgend eine Aeusserung machten, die darauf schliessen lässt, dass sie einen Verdacht gegen Nicodus gehabt haben, oder überhaupt nur mit ihm unzufrieden gewesen sind. Jedoch davon ist nichts zu merken. Im Gegenteil, dem Konzilskapitän wird für seine Tätigkeit reicher Dank. und hohe Anerkennung zu teil. In ihrem Bericht an das

1) C. B. V, S. 272, Nr. 47.

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Konzil sprechen sich die Gesandten folgendermassen über den Admiral aus: Genannter Kapitän hat während unserer Reise und immer, sei es auf den Galeeren, sei es auf dem Lande mit Liebenswürdigkeit (humanitate) und Achtung behandelt, sowohl er selbst wie seine Offiziere und Vertrauten. Er hat uns in gefälliger Weise unterstützt bei unseren Beratungen und bei unseren Unternehmungen, mit guten Speisen und mit den anderen notwendigen Gebrauchsgegenständen hat er uns stets versehen.') In diesem Bericht an das Konzil lag für die Gesandten keine Veranlassung vor, den Nicodus, falls etwas gegen ihn zu sagen war, zu schonen. Im Gegenteil, man muss annehmen, dass die Gesandten jede Gelegenheit gern ergriffen hätten, um einen Teil der Verantwortung, die sie trugen, auf die Schultern des Kapitäns abzuwälzen. Also in dieser Richtung ist dem Nicodus wahrscheinlich überhaupt nichts nachzusagen ge

wesen.

Wie steht es nun mit den vielen Protesten wegen zu langsamer Weiterfahrt? Ausdrücklich werden diese in dem Konzilsbericht erwähnt. Zwölf Proteste kann man zählen.2) Hören wir erst einmal, wie Nicodus selbst sich gegen sie verteidigte. Als ihm schon am 18. Juli der Vorwurf gemacht wurde, er beeile sich nicht mit der Abfahrt, bezahle auch nicht die Söldner, konnte er antworten, dass das Konzil ihm seine pekuniären Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Als dann noch die Anmietung eines Schiffes für die Schleuderer nötig wurde, verzögerten die Gesandten die Abfahrt, weil sie in unnötiger Weise mit dem Kapitän um die dazu notwendige Summe handelten. Denn nach dem Vertrage war Nicodus zur Mitnahme dieses Schiffes nicht verpflichtet. Wir können nicht alle Proteste einzeln durchgehen. Fast immer aber ist Nicodus in der Lage, etwas zu seiner Verteidigung anzuführen, was stichhaltig zu sein scheint. So ist es besonders die Notwendigkeit, Lebensmittel an Bord zu nehmen, auf die hingewiesen wird. Einmal wird gesagt, dass Nicodus trotz günstiger Winde den Hafen

1) Aus dem V. Teil des Berichts der Gesandten an das Konzil. C. B. V, S. 355.

2) M. C. III. Buch XIII, Kap. X.

war der

von Chios nicht verliess. Aber wahrscheinlich Wind, der nach Ansicht der Konzilsgesandten ein günstiger war, nach Ansicht des erfahrenen Seemannes Nicodus ein ungünstiger. Ueberhaupt machen alle diese Proteste den Eindruck, wie wenn sie von Menschen herkämen, die für die Schiffahrt nicht das geringste Verständnis haben und einem Manne, der darin erfahren ist, dauernd hineinreden. Vor allem aber konnte Nicodus etwas für sich anführen, das deutlich zeigt, dass er wirklich so schnell wie möglich gefahren ist, das ist die Kürze der Zeit, die er für die Fahrt gebraucht hat. Im Vertrage war vorgesehen, dass die Flotte in Nizza Anfang März bereit liegen und Ende Mai in Konstantinopel eintreffen sollte. Nun ist sie am 6. August von Nizza abgefahren und am 4. Oktober in Konstantinopel eingetroffen. Sie hat also nur eine kurze Zeit gebraucht. Damit fallen alle Proteste, die während der Reise gemacht worden sind, als unberechtigt fort. Wir haben jetzt nur noch zu untersuchen, ob etwa die Pause, die in Nizza eintrat (vom 7. Juli bis zum 6. August) absichtlich und um die Abfahrt aufzuhalten von Nicodus gemacht worden ist. Nicht durch das Verschulden des Nicodus war der Zeitpunkt der Abreise überhaupt in den Sommer verlegt worden. Besonders die Schwierigkeiten in Avignon hatten am Schluss die Abreise nochmals verzögert. Nun ist es durchaus klar, dass Nicodus nicht dauernd die Schiffe abfahrtsbereit halten konnte, sondern sie erst jetzt seefertig machen musste. Als nun die Schleuderer angemietet waren, da stellte es sich heraus, dass, wie ursprünglich vorgesehen, ihre Verteilung auf die einzelnen Galeeren nicht möglich war und ein besonderes Schiff für sie angemietet werden musste. Davon aber stand im Vertrage nichts und die Unterhandlungen hierüber zogen sich in die Länge. Auch bei Betrachtung dieser Vorgänge in Nizza muss man sagen, dass auch hier dem Nicodus ein Verschulden nicht nachzuweisen und dass die Abreise nicht über Gebühr verzögert worden ist. Wir müssen immer in Betracht ziehen, dass das Material, das uns zur Verfügung steht, von Leuten herrührt, die vom Seewesen nichts verstanden, während dem Nicodus es nur in beschränktem Umfange möglich war, über die Gründe

seines Handelns Rechenschaft abzulegen. Der Erzbischof von Parma erklärte an der weiteren Gesandtschaft nicht mehr teilnehmen zu können, weil ihm von Nicodus die Besichtigung der Flotte verweigert worden war. War Nicodus dazu berechtigt?1) Die Antwort kann nur in bejahendem Sinne ausfallen. Nicodus stellte sich in diesen Verhandlungen auf den Boden des Vertrages und in diesem war von einer Besichtigung durch die Gesandten keine Rede. Insbesondere aber lehnte es Nicodus mit Recht ab, dem Verlangen eines einzelnen der Gesandten Rechnung zu tragen. Also auch hier kann dem Nicodus ein Vorwurf nicht gemacht werden. Zum Schluss erwähnen wir noch, dass dem Nicodus von Seiten der Konzilsgesandten ein Wohlverhaltungszeugnis ausgestellt worden ist. Darauf aber ist absichtlich bei der Untersuchung kein besonderer Wert gelegt worden, weil immerhin die Möglichkeit besteht, dass die Gesandten nicht ihrer wahren Meinung Ausdruck gegeben haben.2) Wie wenig aus den Protesten ein Vorwurf gegen Nicodus herzuleiten ist, mag daraus hervorgehen, dass auch nach der Hinreise die Proteste nicht aufhörten. Auch auf der Rückreise beklagten sich die Gesandten, dass der Kapitän nicht schnell genug fahre.3)

So müssen wir die Anklage, die Perouse1) erhebt, dass Nicodus vom Papste bezahlt gewesen sei und so als Verräter gehandelt habe, vollständig zurückweisen. Perouse hat den Beweis dafür nicht erbracht und er dürfte auch schwer zu erbringen sein. Man darf im Gegenteil sagen, dass Nicodus seinen Pflichten als Konzilskapitän vollständig nachgekommen ist, und dass es nicht an ihm lag, wenn die Expedition ohne Erfolg blieb. Schlecht würde auch das Bild eines bestochenen Verräters zu dem passen, das wir uns von dem Nicodus zu machen berechtigt sind, der uns im Dienst der savoyischen

1) Vgl. das Notariatsinstrument im C. B. V, Nr. 38 über die Verhandlungen zwischen dem Bischof von Parma und dem Kapitän der Konzilsflotte (Nizza, Anfang August.)

2) Das Konzept dieses Zeugnisses wird von Beckmann erwähnt, jedoch nicht zum Abdruck gebracht, weil es unvollständig und unleserlich ist.

3) Vgl. die Notiz zum ersten November. Die Konzilsgesandten scheinen etwas ängstlich vor den Venetianern gewesen zu sein,

4) Gabriel Perouse: Le Cardinal Louis Aleman, Paris 1904, S. 237.

Herzöge entgegengetreten war und auch in seinem späteren Leben noch entgegentritt. Nicodus gehörte nicht zu den Feldhauptleuten jener Zeit, die heute dem, morgen jenem dienend, nur den eigenen Vorteil im Auge haben. Die Stellung als Konzilskapitän ist von den Beteiligten nie anders aufgefasst worden als eine zeitweilige Ueberlassung von Seiten des Herzogs von Savoyen. Und so drückte das Konzil auch in seinem Schreiben an diesen seinen Dank aus.') In diesem Briefe wird noch einmal hervorgehoben, wie Nicodus sich den Dank der lateinischen Kirche verdient habe, weil er viele Mühen zum Lobe und zur Ehre der Kirche ausgehalten hat. Das Schreiben ist datiert vom 25. Februar 1438. An demselben Tage legte Nicodus das Banner der Kirche in die Hand des Konzils zurück,') nachdem er vorher mit dem Konzil seine pekuniären Angelegenheiten erledigt hatte.

Die Abrechnung des Nicodus.

Durch einen glücklichen Zufall ist die Abrechnung des Nicodus erhalten. Lange bevor Beckmann das reiche neue Material vorlegte, hat Mugnier in den Mémoires et Documents de la société savoisienne diese Rechnung veröffentlicht. Nicodus forderte von dem Konzil die ganz stattliche Summe von 20595 Dukaten, die ihm wohl auch nach genauer Rechnungslegung bewilligt worden ist. Denn in der Abrechnung selbst, die uns vorliegt, sind die einzelnen Posten nur ungefähr angeführt, da eine genaue Buchführung durch Nicodus nicht erfolgt ist.1) Auch diese Rechnung bietet manches von seegeschichtlichem Interesse und hellt auch noch manche Einzelheit der Expedition auf. Es geht aus ihr hervor, wie lässig das Konzil seine pekuniäre Verpflichtungen erfüllt hatte. Denn mehrmals war Nicodus genötigt, Boten zu schicken, die das fällige Geld einfordern sollten, für welche wiederum Ausgaben nötig waren.') Viele

1) Gioffredo a. a. O. Spalte 1059-61.

2) M. C. III. Kap. XVI, S. 51.

3) Mugnier a. a. O., S. 49.

4) Abschnitt VII und VIII der Abrechnung, Mugnier S. 53.

Basler Zeitschr. f. Gesch, und Altertum. XII, 1.

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