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mein Absehen vornehmlich darauf gerichtet, die Haltung festzustellen, welche die Mitglieder des völkerrechtlichen Verbandes, zumal die in diesem Bereiche des internationalen Verkehrsrechtes als führend zu be= trachtenden Mächte, thatsächlich dem vielverzweigten Problem gegenüber einnehmen. Es handelt sich um das Völkerrecht, nicht wie es in den Büchern, sondern wie es in der Auffassung der Einzelstaaten lebt. Und auch für diesen, wie für so viele andere Punkte ihrer Gegenseitigkeitsbeziehungen gilt es zunächst zu erklären und zu verstehen und erst dann zu kritisieren und zu reformieren. Ohne diese Grundlegung stehen die Verbesserungs- und Kodifikationsprojekte, in welchen gegenwärtig die völkerrechtliche Doktrin mit Vorliebe sich ergeht, so schäßenswert sie auch an sich sein mögen, in der Luft.

Für die Lösung der so gestellten Aufgabe kann die äußerlich vergleichende Nebeneinanderstellung der in den verschiedenen Ländern geltenden Geseze, bestehenden Rechtsauffassungen, getroffenen Einrichtungen schon aus dem Grunde nicht genügen, weil die Entwicklung der natio nalen Rechte in dieser Materie feine isolierte, sondern eine zusammen= hängende gewesen ist und in allen Punkten sehr wahrnehmbare Spuren gegenseitiger Beeinflussung erkennen läßt. Zumal die Form des Staatsvertrages, durch welche die Mächte ihre strafrechtlichen Ordnungen in Beziehung zu einander gesezt haben und die auf keinem Gebiete des Völkerrechts so großartige Erfolge wie auf dem des Auslieferungsverkehrs zu verzeichnen weiß, hat der vielgestaltigen Rechtsbildung den Charakter der Einheitlichkeit in hervorstechender Weise ausgedrückt.

Solcher Wechselwirkung der modernen Landesrechte in historischgenetischer Untersuchung nachzugehen ist ein zwar dankbares, aber schwie= riges Unternehmen. Mein Versuch, ihm gerecht zu werden, möchte schon um der Entlegenheit, Sprödigkeit und Massenhaftigkeit des Materials willen einer nachsichtigen Beurteilung gar dringend bedürftig sein. Nachdem die erste Abteilung des Werkes die allgemeinen völkerrechtlichen Grundlagen, auf denen heute die Rechtshilfe in Strafsachen beruht, dargelegt hat, ist es Aufgabe der zweiten gewesen, das System derselben im Einzelnen zu entwerfen. Um der Darstellung einen festen Halt und sicheren Boden zu geben, war dasjenige Landesrecht zu ermitteln, das für die Gestal tung dieser Seite internationaler Verkehrsgemeinschaft von typischer Bedeutung ist. Als solches erscheint das Recht des belgischen Königreiches. Seine bis in das Detail der staatsrechtlichen, strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen Ausgangspunkte zu verfolgende Entwicklung bildet die Grundlage der nachfolgenden Ausführungen. Durch die Bezugnahme auf seine in sechzigjähriger sorgfältigster Pflege gewonnenen Positionen wird für die Rechtsordnungen der anderen Staaten eine größere Anschaulichkeit, Verständlichkeit, Uebersichtlichkeit erreicht. Unter diesen nimmt das französische Recht noch immer die erste Stelle ein.

Mittelpunkt der Darstellung ist das Sonderrecht der politischen Delikte und des politischen Asylschuhes, also diejenige Frage, welche neben der im ersten Bande behandelten der Staatsangehörigkeit unseren Regierungen bei der Gestaltung eines planmäßigen Rechtshilfeverkehrs erfahrungsmäßig die größten Schwierigkeiten bereitet. Es war unerläßlich, dem komplexen Thema eine ausführliche, keine Seite der heikelen Materie außer Acht lassende Bearbeitung zu widmen. Möchte dieselbe ein Weniges zur Lösung des vielfach für unlösbar erachteten Problems beitragen. Die ganze Frage scheint, wenn man sie, wie man soll, als eine des positiven Rechtes, als eine kriminaltechnische, als eine quellenmäßig zu prüfende ausfaßt, erheblich einfacher zu liegen, als das Gewirre der jüngsten, unter dem Einfluß populärer Strömungen und verschwommener Tagesmeinungen stehenden Theorieen und Reformvorschläge vermuten läßt.

Den hohen und höchsten Behörden, sowie den Vorständen zahlreicher Bibliotheken des Inlandes und Auslandes, ohne deren gütige Unterstützung ich meinen Untersuchungen die gewünschte Ausdehnung nicht hätte geben können, statte ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichen Dank ab.

Universität Tübingen am 27. Juli 1897.

Verzeichnis

der in beiden Teilen des Werks namentlich angeführten Präzedenzfälle.

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Koßta I 206 N. 64. 359.

Laverge II 5. 93 N. 14.
Lawrence II 577.

Ledru-Rollin 285 N. 16. 593 N. 44.
Livraghi II 351 N. 12.
Malatesta II 220 N. 39 a.

v. Massenbach II 149.
Mc Kenzie II 572.

Mingrat II 324 N. 9.

Franz Müller I 139 N. 9.

Tho. Nash (Jonathan Robbins) I 187.

Nillins I 337 N. 84. 384 N. 86.

Orsini II 369 N. 6. 539. 583.

Patkul II 136 N. 17

Rauscher II 578.

Santa Cruz II 217 N. 34.

H. Simon II 146.

Spanische Schiffbrüchige II 703 N. 5.

Surrat II 590 N. 36.

Tivnan I 68 N. 15. 182 N. 5.

Tourville I 142 N. 14. 177 N 46. 195

N. 36. 202. N. 53.

Trimble I 210 N. 75.

Turgenjew II 169 N. 28.

Vidil I 191 N. 25. 220 N. 15. 278

N. 30. 315 N. 33 a.

Vogt (alias Stupp) I 118 N. 4. 371
N. 52. II 569 N. 9. 661 N. 7.
Washburn I 205 N. 58. II 569.
Wilson I 165. 200 N. 48.
Wiener Banknoten, (Fälscher der) I 223
N. 18.

§ 24

§ 25

§ 26

§ 27

§ 28

Inhaltsverzeichnis.

Zweiter Teil.

Recht und Politik der führenden Mächte.
Fünftes Kapitel.

Das belgische Auslieferungsgesek von 1833.

Die Stellung der belgischen Regierung zu dem aus niederländisch-fran-
zösischer Zeit überkommenen Fremdenrecht 3. Der Auslieferungsfall
Laverge 5. Der Entwurf eines Auslieferungsgesehes 6 und die par-
lamentarischen Verhandlungen darüber 7. Seine Annahme 9. Die
Prinzipien des Gesezes 10. Seine historische Bedeutung 16. Nach-
ahmungen in anderen Staaten 17. Die auf Grund desselben geschlos
senen Staatsverträge 19. Die belgisch-französische Konvention von
1834 ist der Urtypus der modernen Auslieferungsverträge 20.

Litteratur des belgischen Auslieferungsrechts 22.

Das belgische Auslieferungsrecht ist Fremdenrecht 22 und die Aus-
lieferung Rechtshilfe, die einer ausländischen Regierung geleistet wird 27.
Sie sezt die Anerkennung ihrer Strafkompetenz voraus 27. Für
Auslandsdelikte hat Belgien ursprünglich die Rechtshilfe versagt 28
und selbst hinsichtlich der von Angehörigen dritter Staaten verübten
Inlandsdelikte machen die Verträge Vorbehalte 31.

Die Zahl der vom Geses als auslieferungsmäßig bezeichneten That-
bestände war ursprünglich eine sehr beschränkte 32. Bedenken gegen
das Enumerationsprinzip als gesezgeberische Maxime 34. Doch ist der
belgische Vorgang auch anderswo nachgeahmt worden 36. Ihm lag der
Gedanke zu Grunde, daß das Extraditionsgesetz ein Ausnahmegeses sei 42.

Das Gesez zählt die auslieferungsmäßigen Thatbestände in 7 Num-
mern auf 44. Die älteren Konventionen wollten nicht einmal so weit
gehen 47. Die Liste will politische Delikte jedenfalls ausgeschlossen
wissen 49. Daß die gesetzgeberische Intention auf Spezialität der Aus-
lieferungen gerichtet ist, kann nicht zweifelhaft sein, trok der Unsicher
heit der Vertragspraxis 50. Es ist also zu Bestrafung des Ausge-
lieferten wegen eines Nicht-auslieferungsdelikts die nachträgliche Zu-
stimmung des Zufluchtstaates erforderlich. Nur muß es überhaupt

auslieferungsmäßig sein 54.

Ein Thatbestand ist nur insoweit auslieferungsmäßig, als der vom
Vertrage in Bezug genommene Verbrechensbegriff durch die beider-
seitige Strafgesetzgebung der vertragenden Teile erfaßt wird 57. Für

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55 Seite

§ 32

101

In Belgien läuft die richterliche Prüfung des Auslieferungsgesuchs
in ein bloßes Gutachten aus; doch ergeht dieses auf Grund eines
kontradiktorischen Verfahrens, in welchem der Verfolgte als Partei be-
handelt wird 103. Nachahmungen anderer Länder 108. Verschiedene
Möglichkeiten den Gerichten eine Mitwirkung in Auslieferungssachen
zu eröffnen 109. Die Zukunst scheint einem Verfahren zu gehören,
das den Auslieferungen den Charakter von Verwaltungsstreitsachen

beilegt 111.

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