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Die Breslauer Buchhändler und der Buchdrucker Georg Baumann.

Actenstücke,

mitgetheilt von Albrecht Kirchhoff.

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Bereits in dem im vorigen Stücke dieses Archivs abgedruckten Auffahe: Beitrag zur Geschichte der Entwickelung der Censurverhältnisse" hatte ich des Druckerei-Monopols und des General-Privilegiums für den Druck namentlich von Schulbüchern und Kalendern gedacht, welche den Breslauer Stadtbuchdruckern" Crispin Scharffenberg und seinen Nachfolgern, namentlich der Familie Baumann zustanden, so wie schon anderweitig der Unzuträglichkeiten und nachtheiligen Folgen, welche aus derartigen General-Privilegien entstanden, Unzuträglichkeiten, welche ja auch im Jahre 1594 der kursächsischen Regierung Veranlassung boten, die Ertheilung solcher gänzlich einzustellen. Die nachfolgenden Actenstücke der Rest der in der schon mehrfach benußten Breslauer Handschrift buchhändlerischer Documente enthaltenen sind besonders geeignet, jene aus ihrer Ausnuzung erwachsenden Unzuträglichkeiten und Differenzen des näheren zu erläutern; sie werfen außerdem so mancherlei interessante Streiflichter auf die allgemeinen buchhändlerischen Verhältnisse jener Zeit, daß ihr vollständiger Abdruck wohl keiner besonderen Rechtfertigung bedarf. Eine zu der Folge gehörige Piece, die Beschwerde wegen des Vertriebs der neuen Zeitungen, ist übrigens schon bei den Mittheilungen über den Hausirverkehr in Breslau abgedruckt und deshalb natürlich hier weggelassen worden, während das einleitende Document — das Privilegium Georg Baumann's vom 8. August 1590, bestätigt durch Kaiser Rudolph II. unter dem 26. Januar 1596 zwar auch schon in (J. E. Scheibel's) Geschichte der seit dreihundert Jahren in Breslau befindlichen Stadtbuchdruckerey, Breslau 1804. 4. S. 29 u. 30 veröffentlicht ist,

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jein nochmaliger Abdruck an dieser Stelle aber nicht gut umgangen. werden konnte. Seine nähere Kenntniß ist zum Verständniß der sich aus seiner Verleihung entwickelnden Streitigkeiten unbedingt nothwendig. Der Abdruck erfolgt übrigens hier nach der mehrfach citirten Handschrift; welche Quelle Scheibel zur Verfügung gestanden hat, ob ebenfalls nur eine Abschrift oder das Original, ist mir nicht bekannt.

Bawmannisch Privilegium wegen der Buchdruckerey.

WJR Rudolff, der Annder vonn Gottes gnaden Erwöltter Römischer Kheyser zu allen Zeitten Mehrrer deß Reichs 2c.

Bekhennen vnd thun khunndt Jedermenniglich, Nachdem vnnß George Bawmann Buchdrücker in vnser Stadt Breßlaw, gehorsamblich berichtet Wie daß (er) nach tödtlichem abganng Weilannd Hannsen Scharffenberger die Buchdrückerey daselbst mit Dat. A Zwey vnnd funnsstig durch die Rathmanne zu Breßlaw beschehene begnadunngen vnnd vnnserer Datum A Sieben vnnd Siebennzig darauff erfolgete Confirmation durch krefftige Verträge ann sich gebracht, nicht wenniger auch alß seinn Vorfahr vonn Ihnen den Ratthmannen zu Breßlaw ein sonnderbares Priuilegium vnnd Freyheit angelannget, Welches vonn Wortte zu Wortte also lauttet:

WIR Rathmanne der Stadt Breßlaw 2c. Bekhennen vnnd thun thunndt offentlich hiermit für Jedermennigklich, Demnach verflossenes Tausent fünffhundert drey vnnd Funnffzigisten Jahres vnnser vorgehennde Rathmanne alhier dem Erbaren vnnd Kunstreichen Crißvinum Scharffenberger seligen vnd seinne Erbenn inn sonnderer betrachtung, daß Er nicht mit wenniger mühe vnnkosten vnnd Darlage einne Druckerey alhier anngerichtet, vnnd ins Werckh gebracht mit einnem sonndern Priuilegio vnnd Befreyung begabet vund vorsehen, Belches sich auch Er vnnd sein Sohnn Hanß für menniglichen vnngehinndert gebraucht, vnnd aber vermöge eines kräfftigen Wesenn Vertrages ann George Bawman, vnnd sein jeziges Eheweib Magdalena khommen, darauff vnnß dann nun ermelter Bawman alles ge= horsamen fleißiges ersucht vnnd gebetten, Weill Er solche Druckerey mit anndernn Neuen vnnd schönen schrifftenn allerley Ahrtt, zu vormehren vnnd zuuorbessern gedächte, Daß wier Ihm, damit solche jeine mühe vnnd Bnnkosten nicht vergebens anngewenndet würde Anndern auch durch Ihrenn eygennuß Ihm ann solchem seinem Nuzlichen Vorhabenns vnnd Arbeyt nicht einnigen Einnhalt, vnnd Hinnderung beyfüegen möchten, gleichsfalles mit ebenmessiger befreyung vnnd Immunitet bedenncken vnd vorsehenn wollen, Weill wier dann solch annsehenliches vnnd Nußliches Werck, durch welches alle gutte thünste vnnd anndere gutte nuzliche sachenn dem mennschlichen ge= schlecht ann tag gegeben vnnd befördert werden, So viell ann Vnnß

längere Debatte über die einzelnen Posten, und man kam schließ= lich dahin überein, u. a. auch dem landschaftlichen Buchdrucker und Buchhändler Mayr seine Subvention von 300 fl. wieder auf 200 fl. herabzusehen 18); außerdem ward beschlossen, den Buchdruckern allen (einheimischen und fremden) zu bedeuten, daß die Landschaft fürderhin keine Calender oder andere Dedicationen, die nach altem Brauche bisher mit recht ansehnlichen Gratialen verdankt worden waren, annehmen werde 49).

In den letzten Jahren des 17. Jahrhunderts warf sich die Mayr'sche Verlagshandlung auch auf das medicinische Fach und edirte 1697, 98, 99 die Medicinal-Kalender des berühmten Arztes Gerbeg (Chronologiae medicae Annus primus, secundus, tertius).

Das XVIII. Jahrhundert.

Am Ausgange des 17. und am Beginne des 18. Jahrhunderts gab es in Laibach hervorragende Bücherfreunde; um nur einige zu nennen: Vater und Sohn Dolničar von Thalberg, Bischof Herberstein und Berthold Höffern. Das Domkapitelarchiv in Laibach verwahrt das Verzeichniß der Bücher, die Dolničar dem Collegium Carolinum (adeligen Convikt) für seine Bibliothek vermacht hat, welche Büchersammlung die Grundlage der heutigen Priesterseminarsbibliothek wurde.

Die größte Buchhandlung war auch jezt noch die Mayr’sche, in welcher nun Joh. Georg Mayr das Regiment führte.

Die schon erwähnte „Akademie der Operosen“ edirte in seinem Verlage ihre Statuten, die „Apes“ (1701), Kärner von Karnburg seine „Teutsch und Krainerische Währungsveränderung“, Dolničar (Alex. Sigismund) ein lateinisches Gedicht: Cithara in coelum translata D. Ivo, Floriantschitsch seine Votiva paraenesis (1702), der Mediciner Gerbeß seinen „,Annus III" (1702), Bechtold Borow aus Windischgrat seine Effigies Academici Operosi (1705), der Jesuit Hölbling seine Leichenpredigt auf den Tod Leopold I. (1705).

Im selben Jahre starb der Buchhändler Adam Skube „vornehmer Buchbinder und Händler zu Laibach", wie es in dem betreffenden Actenstücke heißt 5o).

Bei Mayr erschien 1707 in neuer Auflage die Landschrannen(oder Landgerichts-)Ordnung des Herzogthums Krain. Dasselbe

Jahr begann Mayr auch mit der Ausgabe einer deutschen periodischen Zeitung. Ein Fragment dieser ersten deutschen Zeitung:

Wochentliche Ordinari - Zeitungen oder Extract Schreiben von unterschidlichen Orthen/ auß ganz Italien; wie auch was die gewöhnliche Ordinari und Extra-Ordinari-Post von Wien mitgebracht. Gedruckt in der Fürstl. Haubt Stadt Laybach durch Johann Georgen Mayr einer Löbl. Lands. in Krain, Buchdrucker und Händlern Cum Licentia Superiorum.

eines deutschen Wochenblattes in dem fast ganz slavischen Lande Krain, liegt uns in der Nr. 23 vom Jahre 1708 in der Sammlung des Krainischen Landesmuseums vor. Es ist ein Blatt in flein 4° auf grobem Papier mit großen Lettern gedruckt, enthält lediglich politische Nachrichten und zwar aus Wien über einen Zeitraum von 4 bis 5 Tagen, aus der Schweiz, England u. s. w. in bunter Reihe ohne Paginirung und Angabe der Erscheinungstage.

Im Jahre 1710 hören wir von der ersten Beschlagnahme, die ein bei Mayr erschienenes Werk betraf: des Herrn v. Pelzhoffer Lacone e vero ristretto politico dove . . . s'insegna il modo di ben governare un stato"51). Sofort wendet sich Mayr vom politischen Verlage wieder dem praktisch-medicinischen zu und publicirt des Dr. Gerbet: Verthädigung der Laybacherischen Luft (1710) und die Apothekerordnung, und dann vorwiegend theologische Litteratur (slovenisch, deutsch und lateinisch). 1713 erscheint eine „Ars metrica" und 1714 des Dolničar (Thalnitscher) von Thalberg Chronologie der Stadt Laibach: „Epitome chronologica Urbis Labacensis . . .", 1715 eine neue Auflage von des Bohorič Arcticae horulae als Grammatica latino-germanico-slavonica.

Um diese Zeit war die Colportage auf dem flachen Lande eine sehr rege und insbesondere wurden die Kalender (und zwar mit Verlegung der Privilegien des Augsburgers Labhart) auf den Jahrmärkten von den Colporteuren Lorenz Mrak und Paul Tanzmann feilgeboten 52).

In den zwanziger Jahren begann Mayr nach dem Vorbilde der deutschen Bauernkalender („Praktiken“) eine slovenische Pratika herauszugeben (1726), doch wurde dieselbe wegen der Figuren, die beigegeben sind, in Augsburg gedruckt und, sezen wir bei, auch wegen des Privilegiums. Der landschaftliche Tanzmeister Waßstein verfaßte für die Laibacher Bühne (die sich noch im Fürstenhofe

der Auersperge befand) lateinische Theaterstücke (Ovinius Gallicanus, dann Artabarius), von denen das eine 1725, das zweite 1726 bei Mayr erschienen. Das lezte mit der Firma von J. G. Mayr, Buchdrucker und Händler, uns vorliegende Druckwerk ist die (nach 1730) erschienene von Einer landesfürstlichen hohen Obrigkeit herausgegebene „Desterreichische Viehordnung“ „aus den von herrschaftlichen Wirthschaften wegen anno 1729 und 1730 grassirten Vieh-Verfall eingereichten Berichten gezogen und mit Präserven als Curier-Mitteln eingerichtet“53).

In den lezten Jahren war neben Mayr schon Adam Friedrich Reichardt als Buchdrucker und Buchhändler emporgekommen und wir besigen von ihm nebst anderen in den ersten Jahren seiner Thätigkeit (1728-1738) herausgegebenen durchweg geistlichen Schriften (slovenischen und lateinischen), aus dem Jahre 1739 das prächtig ausgestattete Buch von der (1728) in Laibach stattgehabten „Erbhuldigung Kaiser Karl VI.“ mit einem schönen Titelkupfer in Folio. Eine heute kulturgeschichtlich sehr interessante Publication aus Reichardt's Verlage ist das 1739 erschienene: ,,Leben und Gutthaten des hl. Judoci“ mit Aufführung der von diesem Heiligen auf dem Jodociberge (Wallfahrtsort in Krain) verübten wunderbaren Heilungen mit Anführung der Namen und Biographien der geheilten Patienten. Auch mit dem Verlage von Theaterstücken trat Reichardt in Mayrs Fußtapfen; er druckte (nach) Metastasio, Artaserse und Rosmina (beides 1740), leßteres „drama per Musica" da rappresentarsi nella sala del Palazzo provinciale in Lubiana. Als lezte Werke aus seiner Offizin edirte Reichardt 1745 (slovenisch) den Thomas a Kempis, 1754 ein Schriftchen von Bernhard von Hohenwart: Dissertatio physico-experimentalis de magnete.

Im Jahre 1757 war Reichardt bereits verstorben, denn wir begegnen in diesem Jahre der Wittwe Reichardts, Elisabeth Reichardtin, die 1758 des Herrn v. Steinberg,,Gründliche Nachricht von dem Cirkniß-See" auf den Markt brachte, welches Buch 1761 im Haag in französischer Uebertragung erschien.

Doch schon 1759 tritt in dem Geschäfte Reichardts an Stelle der Wittwe Elisabeth Reichardtin Joh. Georg Heptner, der ebenfalls hauptsächlich geistlichen Verlag cultivirt, welches Genre überdieß in der ganzen nachfolgenden Zeit den Stempel des Buch

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