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Aktenstücke

zur

orientalischen Frage.

Nebst

chronologischer Uebersicht

zusammengestellt

von

Dr. J. von Jasmund.

Dritter Band.

Berlin 1859.
Ferdinand Schneider.

Lennéstraße No. 3.

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Chronologische Uebersicht.

1856.

April. 8. Der Pariser Congreß vereinigt sich über eine Instruction für die attenstüc europäische Commission in den Donaufürstenthümern.

Nr. 466.

Mai. 24. Der Divan der Moldau richtet bei dem Schluffe seiner Session ein-
stimmig eine Petition zu Gunsten der Union an den Fürsten.
Juni. 6. Der moldauische Verein für Vereinigung der Donaufürstenthümer Nr. 467.
in Jaffy veröffentlicht das nationale Programm, dessen Hauptsaß

die Vereinigung der beiden Fürstenthümer unter einem erblichen
Fürsten aus einer europäischen Dynastie.

Mitte. Eine türkische Truppen-Abtheilung seßt sich in Besiß der Schlangen

insel.

Juli. 7. Fürst Barbo Stirbey legt das Hospodorat der Walachei nieder.
15. Fürst Gregor Ghika legt das Hospodorat der Moldau nieder.
23. Der Großvornick Theodori Balsch tritt kraft kaiserlichen Firmans
die Kaimakamie der Moldau an.

28. Fürst Alexander Ghika tritt kraft des durch Kiamil-Bey überbrachten
kaiserlichen Firmans die Kaimakamie der Walachei an.

31. Die Pforte erläßt eine Circulardepesche, worin sie sich aufs entschie- Nr. 468.
denste gegen die Idee der Union der Donaufürstenthümer erklärt,
da sie mit dem Prinzip der Integrität der Türkei unvereinbar sei
und die souverainen Rechte des Sultans verleze. Die Pforte for-
dert, daß die Mächte die Frage vorgängig für sich entscheiden und
sich darüber vereinigen sollen, daß die Divans der Donaufürsten-
thümer nicht darüber berathen dürfen.

Aug. 4. Das Petersburger Cabinet instruirt unter d. 4. Aug. den Gesandten
in Paris, den Wiederzufammentritt der Conferenz zur Entschei-
dung über den Besitz der Schlangeninsel zu beantragen.

In die Verhandlungen über diesen Vorschlag fällt der Streit über Nr. 454.
die beffarabische Grenze hinein.

7. Die Pforte reclamirt durch eine Depesche an die Contrahenten des Nr. 451.
Vertrags v. 30. März 1856, die Inseln im Donaudelta als
Territorium unter der directen Herrschaft des Sultans und wider-
legt die Auffassung, daß sie durch den Vertrag vom 30. März der
Moldau zugewiesen seien.

10. Die Ruffen übergeben Kars an den Muschir Ismail Pascha.
18. Mit diesem Tage haben, gemäß dem Friedensvertrag, die französi-
schen Truppen das im Kriege beseßte Territorium vollständig ver-
laffen.

30. Die Kommission zur Feststellung der beffarabischen Grenze schließt

Nr. 469.

1856.

eine Präliminar-Convention über ihre Arbeit ab. Zwei Punkte,
über den Lauf des obern Yalpuck und die Stadt Bolgrad bleiben
ungelöst.

Das britische Cabinet, seine auf dem Pariser Congreß vertretenen
Ansichten aufgebend, schließt sich der Pforte und Oesterreich in der
Gegnerschaft gegen die Idee der Union an.

Aftenstäd Sept. 4. Das Turiner Cabinet spricht sich in Bezug auf die türkische Depesche
vom 31. Juli für die Union der Donaufürstenthümer aus und ver-
langt vor Allem, daß die Frage nicht präclusivisch entschieden und
ein Ausspruch darüber der Divans ad hoc nicht abgewartet werde.
Die europäische Commission für die Reorganisation der Donau-
fürstenthümer tritt in den ersten Tagen des Septembers zu Con-
stantinopel zusammen. Ihre Mitglieder sind: für Frankreich, Ba-
ron von Talleyrand - Perigord; für Großbritanien: Sir Henry
Bulwer; für Desterreich: Baron von Koller, später ersetzt durch
Herr Liehman von Palmrode; für Preußen: Freiherr von Richt-
hofen; für Rußland: Herr von Basily; für Sardinien: Ritter
Benfi; für die Türkei: Mehmed-Esaad-Savfet-Effendi.
10. Eine Depesche Fuad Paschas weist den Kaimakam der Moldau an,
die von Fürst Ghika decretirte Preßfreiheit aufzuheben und das
frühere Preßgefeß nebst Censur wiederherzustellen.

Nr. 453.

Nr. 454.

Nr. 453.

19. Das Petersburger Cabinet richtet an das Pariser die Aufforderung, allen Cabinetten, welche den Friedensvertrag unterzeichnet haben, vorschlagen zu wollen, ihre Vertreter in eine Conferenz zu Paris zu vereinigen, um die über die Ausführung des Vertrages vom 18/30. März schwebend gebliebenen Fragen definitiv zu regeln. Das Petersburger Cabinet erklärt, sich den Beschlüssen der Majorität der Conferenz unterwerfen zu wollen.

Das Pariser Cabinet schließt sich dem Vorschlag Rußlands an und erläßt Einladungen zu neuen Conferenzen.

Nr. 452. Oktbr. 8. Das preußische Cabinet spricht sich in Erwiederung auf die französische Einladung für den baldigen Zusammentritt der Pariser Conferenzen aus.

Nr. 470.

Nr. 453.

Nr. 454.

20. Die Pforte legt den Repräsentanten der Mächte, welche den Pariser Vertrag unterzeichnet haben, den Entwurf eines Firmans für die Berufung der Firmans ad hoc in der Moldau und Walachei vor. 27. Das Petersburger weist das Pariser Cabinet auf die dringende Nothwendigkeit hin, daß die Pariser Conferenzen wieder zusammentreten, unter Hinweis auf das Verbleiben der östreich. Truppen in den Fürstenthümern und der englischen Flotte im Bosporus. In gleicher Weise wendet sich das Petersburger Cabinet an die andern Mächte, welche den Pariser Vertrag unterzeichnet haben. In einer diesen Depeschen beigefügten Denkschrift erörtert das Petersburger Cabinet die Streitfrage über die Grenze am obern Valpuck und die Stadt Bolgrad.

28. Eröffnung der Berathungen über den am 20. vorgelegten Firman über die Berathung der Divans ad hoc in der Moldau und Walachei. Es nehmen an den Berathungen Theil: Der Großvezier Reschid-Pascha und Fuad Pafcha, Minister der ausw. Angelegenh.

V

für die Türkei, für England der Botschafter Lord Stratford, für Frankreich der Botschafter Thouvenel, für Oestreich der Internuncius. Baron Prokesch Osten, für Preußen der Gesandte von Wildenbruch, für Rußland der Gesandte von Butenieff, für Sardinine der Gesandte Durando, sowie ferner die Mitglieder der europäischen Commission für die Reorganisation der Donaufürstenthümer. Oftb. 28. Nach dem Pariser Frieden sollen bis zu diesem Termine die Krim, die Donaufürstenthümer sowie die asiatischen Gebiete der Türkei von den alliirten, östreichischen und russischen Truppen geräumt sein. Die englische Flotte bleibt im Bosporus und die österreichischen Altenstück Truppen in den Fürstenthümern auf Grund deffen, daß Rußland Nr. 455. 459 durch die von ihm bezüglich der bessarabischen Grenze erhobenen Schwierigkeiten sich weigere, den Vertrag vom 30. März 1856 auszuführen. Die Pforte stimmt dem Verhalten Englands und Desterreichs zu.

Nov. Anf. Der französische und russische Gesandte in Constantinopel fordern nr. 457. 458 von der Pforte Erklärungen über die Nichtausführung des Pariser Vertrags, insbesondere bezüglich des weiteren Aufenthalts der österreichischen Truppen in den Donaufürstenthümern und der eng= lischen Flotte im Bosporus.

Dechr.

Frankreich erklärt sich aufs entschiedenste wider das Verhalten Englands und Desterreichs in der Belgradfrage und gegen ihre willkührliche Repreffalien durch Nichtbefolgung des Pariser Vertrags. Der österreichisch-englische Einfluß gewinnt in Constantinopel vollkommen die Oberhand. Eine Ministerkrisis tritt ein und der England und Desterreich ganz ergebene Reschid-Pascha wird Großvezier. 7. Das Pariser Cabinet entscheidet sich, die Differenz mit England Nr. 456. nicht weiter zu treiben, sondern durch ein gütliches Verhandeln einen Austrag herbeizuführen. Es hält seine Idee neuer Conferenzen als Mittel der Ausgleichung fest.

12. Das Londoner Cabinet erläßt eine ausführliche Depesche zur Wider- Nr. 462.
legung der russischen Denkschrift.

Das englische Cabinet giebt dahin nach, daß es dem Zusammentritt
der neuen Conferenzen zustimmt.

2. 7. Das Pariser Cabinet theilt durch Depeschen und im Moniteur Nr. 460. 461.
mit, daß die Mehrzahl der Mächte, welche den Vertrag von Paris
unterzeichnet haben, sich für die Berufung der neuen Conferenzen
entschieden haben und deren Berufung noch im December zu er-
warten sei.

Das Berliner Cabinet giebt in einer ausführlichen Denkschrift eine Nr. 464.
Beleuchtung über die verschiedenen Streitfragen, welche sich in Be-
treff des Pariser Vertrags erhoben haben und hofft von neuen
Conferenzen eine definitive Erledigung der Differenzen.

20. Das Petersburger Cabinet replicirt auf die englische Depesche vom Nr. 463.
12. November mit einer Depesche, in welcher alle Streitpunkte

noch einmal ausführlich erörtert werden.

31. Die Pariser Conferenz tritt zusammen; als Vertreter der Mächte
fungiren die zweiten Bevollmächtigten des Pariser Congresses, mit
Ausnahme des Vorsißenden, Grafen Walewski.

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