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Am 8. Sonntag nach Trin. wurde der Schulamtskandidat Herr A. Petersen, ausgebildet auf unserem Seminar zu Addison, nachdem er einen ordentlichen Beruf von der ev. luth. Immanuels - Gemeinde an der Middle Creek, Seward Co., Nebr., erhalten und angenommen hatte, im öffentlichen Gottesdienst in sein Amt von dem Unterzeichneten eingeführt. C. E. Bode.

Adresse: Mr. A. Petersen,

Middle Creek, Germantown P. O., Seward Co., Nebr.

Am 9. Sonntag nach Trin., den 22. August 1886, wurde der Schulamtskandidat Herr Johann Renn als Lehrer an der ev. luth. St. Petri-Gemeinde zu Huntington, Indiana, beim öffentlichen Gottesdienst feierlich in sein Amt eingeführt. Der HErr sei ihm Sonne und Schild!

Huntington, Ind., den 6. Sept. 1886.

St. Hassold.

Am 9. Sonntag nach Trin. wurde Herr Schulamtskandidat H. Birr vom Unterzeichneten im öffentlichen Gottesdienst feierlich in sein Amt an der hiesigen KreuzGemeinde eingewiesen. A. F. W. Heyne.

Adresse: Mr. H. Birr, Lake Creek, Benton Co., Mo.

Am 10. Sonntag nach Trin. (29. August 1886) wurde Herr Johann Döpke, der seine Ausbildung in unserm Seminar in Addison empfangen und das Examen wohl bestanden hat, in sein Amt als Lehrer an der Schule der ev. luth. JohannesGemeinde zu Hamlin, N. Y., eingeführt. C. H. W. Stärker.

Adresse: Mr. John Doepke, Hamlin, Monroe Co., New York.

Am 10. Sonntag nach Trin. wurde Herr Lehrer Johannes Bernthal, aus unserm Seminar zu Äddison, feierlich in sein Amt eingeführt. Gott kröne seine Arbeit mit reichem Segen. J. Hilgendorf.

Adresse: Mr. J. Bernthal, Arlington, Washington Co., Nebr.

Am 13. Sonntag nach Trin. wurde Herr Lehrer H. K. Malich in der lutherischen St. Lukas Gemeinde zu Hannahstown und in der luth. St. Zions-Gemeinde in Sum: mit eingeführt.

Denny, Butler Co., Pa., 18. Oft. 1886.

F. Wilhelm.

Am 16. Sonntag nach Trin. wurde Herr F. W. Selle, der das Schulamt krankheitshalber eine zeitlang hatte niederlegen müssen, als Lehrer der dritten Klasse der ev.-luth. Zions-Schule zu Milwaukee, Wis., öffentlich eingeführt.

Ferner wurde an demselben Sonntag Herr E. Noack, bisher Lehrer in Ludington, Mich., als Lehrer der vierten Klasse der ev. luth. Zions-Schule zu Milwaukee, Wis., feierlich in sein Amt gewiesen. J. Schütte.

Adresse: F. W. Selle, 2229 North Str., Milwaukee, Wis.

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Ein Fragezeichen für die Freunde einer besseren Jugend-Erziehung. Jedem denkenden Menschen, der nicht gleichgültig an den Erscheinungen auf dem Gebiete der Jugenderziehung vorübergeht, muß das Herz bluten, wenn er das Gebahren der künftigen Generation auf der Straße sieht. Ist da vielleicht die geringste Spur von Scham, Anstand, Pietät gegen das Alter, Achtung vor fremdem Eigentum bemerkbar?!

von Liebe und Auf

Nicht minder betrübend ist der Eindruck, den man beim Eintritt in eine — sonst tadellose Familie empfängt, wenn man gewahren muß, wie der hoffnungsvolle Sohn oder das schnippische Töchterchen, kaum 8 bis 9 Jahre zählend, in höchst lieblosen Ausdrücken Vater oder Mutter den schuldigen Gehorsam verweigert merksamkeit entgegenbringen auch im Entferntesten keine Rede! Und ist es nicht ge= radezu Schrecken erregend, wenn man die jüngsten Berichte über jugendliche Verbrecher liest und findet, wie die Zahl derselben von Tag zu Tag sich mehret?! Doch worin finden all diese traurigen Erscheinungen ihre Erklärung? — Ich möchte behaupten, zum größten Teile in der einseitigen und verkehrten Unterrichts- und ganz besonders Erziehungs-Methode. Ist doch in unseren öffentlichen Schulen von einer Erziehung im engeren Sinne des Wortes, d. h. von der sogenannten Herzens- oder Gemütsbildung des Kindes, auch durchaus keine Rede. Wie ist es aber denkbar, daß Kinder Anstand, Achtung, Pietät, Ehrlichkeit u. s. w. üben, wenn die Schule unterläßt, ihnen diese Begriffe klar zu machen, und sie zur Übung derselben anzuhalten? Doch dergleichen Begriffe sind nie Gegenstand ernster Betrachtungen; schreibt es ja kein Textbuch vor. Wie sollte denn überhaupt ein Lehrer, ich meine in diesem Falle nur den Mann von Beruf, deren es jezt kommt das Ungeheure in unseren öffentlichen Schulen leider nur eine winzig kleine Anzahl giebt, bei der geisttötenden Methode, bei der Prozedur des geistigen Nudelns, wie dieselbe seinerzeit in einem hiesigen Blatte treffend bezeichnet wurde, Zeit und Muße finden, den Kindern auch nur den geringsten Sinn für das Wahre, Schöne und Gute beizubringen! Einen eklatanten Beweis für die Halbheit, geradezu Unzulänglichkeit dieser Anstalten finden wir in dem stets deutlicher sich ausprägenden Verlangen der eingeborenen Amerikaner nach wahrer Menschenbildung, die auf echt deutschen Erziehungsgrundsäßen basiert. Einen zweiten erblicken wir in dem steten Gedeihen unserer besseren deutsch-amerikanischen Schulen. Denn wie könnte bei der überaus großen Liberalität, worauf jene Anstalten basieren, hiervon auch nur im entferntesten die Rede sein, zumal in einem so materiell gesinnten Lande, wie das unsrige, sobald dieselben denjenigen Eltern, denen die Erziehung ihrer Kinder in der That eine Herzensangelegenheit ist, nur annähernd Befriedigung gewähren! Wird je ein Mensch, der unter Heranbildung der Jugend die harmonische Ausbildung aller menschlichen Kräfte, des Herzens sowohl wie des Verstandes, versteht, welche unsere besseren deutsch-amerikanischen Schulen stets erstrebt haben, Befriedigung darin finden, wenn man den Kleinen statt dessen nur eine notdürftige Verstandesbildung gewährt?! Der Verstandesmensch ist freilich fürs Leben ein brauchbares Glied, und Schlauheit und Verschlagenheit sind für die Hehjagd nach dem Dollar zwei gewiß nicht zu unterschäßende Faktoren. — Ein Mensch mit ausschließlicher Herzensbildung wäre einem Wanderer mit verbundenen Augen gleich, und würde, wie ein Schiff ohne Steuerruder, ein Spiel der Winde. Jener kann uns überzeugen durch Schärfe des Verstandes und Achtung einflößen — doch unser Herz bleibt kalt und ihm verschlossen, wir fühlen Bewunderung, aber keine Teilnahme. Ein veredeltes Gemüt hat alle Herzen für sich, alles fühlt sich von ihm erwärmt und zu ihm hingezogen. Wer im Kampfe nicht unterliegen will, der muß zu Schuß und Truß gerüstet sein. Und dazu bedarf es beides: Veredelung der geistigen Kräfte in jeder Beziehung und Läuterung des Herzens und Gemütes; keine Einseitigkeit, keine Zerstückelung; fest steht nur das Ganze, das allseitig Gegründete. Wer wollte nun behaupten, daß jene jungen, zum Teil nur halbgebildeten Mädchen, wie wir dieselben im Lehrkörper der öffentlichen Schulen in übergroßer Zahl vertreten finden, die nur mit dem Nötigsten, dem fluchwürdigen Fragen: und Antwortenspiel, das die Beschüßer und Verbesserer unseres hiesigen Erziehungssystems (besser „Unterrichtssystems“) „unterrichten“ zu nennen belieben, vertraut und dabei auch jeglicher Lebenserfahrung bar sind, imstande wären, ihren Schülern in dem angedeuteten dualistischen

Sinne die Segnungen eines rationellen, von vollem Verständnis und lebendiger Anschauung durchdrungenen Unterrichts zu gewähren, wie dies in den Schulen des alten Vaterlandes und in den besseren deutsch-amerikanischen Instituten hierzulande der Fall ift? In diesen freilich sehen wir aber auch fast ausschließlich erprobte Männer nach wohl durchdachten und durch den Erfolg geheiligten Grundsäßen in ungeteilter Hingabe ihrem Berufe leben. Eine junge, heiratsfähige Lehrerin dagegen wird und kann nie im Unterrichten ihre einzige und höchste Lebensaufgabe sehen; ihr Sinnen und Trachten ist auf etwas viel Natürlicheres gerichtet: sie will das Weib eines Mannes werden. Und dieser Gedanke ist unbescheiden und herzlos genug, das ohnehin schon geplagte Geschöpf selbst bis hinter den Katheder zu verfolgen und unaufhörlich zu quälen. So lange sie noch die Hoffnung auf die Übernahme der eigentlich weiblichen Pflichten hegt und pflegt – und in den meisten Fällen wird dieselbe nur schwer und ungern aufgegeben — kann vor einer vollen, freudigen und warmen Hingabe an den Lehrerberuf ganz gewiß nicht die Rede sein. Sie wird vielmehr die Schule nur als eine Zwangsversorgungsanstalt betrachten. Die löblichen Ausnahmen, welche in dieser Hinsicht zu verzeichnen sind, sind lediglich nur Ausnahmen. Wie treffend sagt Lord Byron: Die Liebe des Mannes ist nur ein Teil seines Lebens, die Liebe des Weibes ist ihre ganze Existenz. Daß die Mehrzahl der geehrten Leser mir in dem Gesagten beistimmen wird, bezweifle ich auch keinen Augenblick; allein damit ist es nicht genug. Übelstände konstatieren heißt noch lange nicht, dieselben beseitigen. Doch absurd würde es klingen, wollte ich behaupten, eine derartige Umgestaltung, die so tief in die ganze Denkungs- und Handlungsweise eines Volkes einschneidet, ließe sich mir nichts dir nichts von oben herab erzwingen. Im Gegenteil, ein solcher Prozeß kann nur allmählich vor sich gehen, und Zeit und Verhältnisse müssen eine Reform als unabweisbares Bedürfnis vollziehen. Freilich ist es in einem solchen Falle die Pflicht des Volkes, dem Gang der Verhältnisse nicht müßig zuzu, schauen und durch Teilnahmlosigkeit und unnüße Kritteleien denselben gar zu erschweren und zu verzögern, sondern alles wahrzunehmen, was der guten Sache Vorschub zu leisten vermag. Wenn wir Deutschamerikaner uns nun fragen: „Was können und sollen wir dazu beitragen, um eine bessere Jugenderziehung herbeizuführen?“ so finden wir wohl die treffendste Antwort in dem freundschaftlichen Rate, den der wohlbekannte Professor A. D. White, ein hochangesehener Amerikaner, bei Gelegenheit der Pionierfeier in Syracuse, N. Y., seinen deutschen Mitbürgern erteilte und der gewiß zu jeder Zeit eine allseitige Beherzigung verdient. Zum Schlusse erlaube ich mir daher noch, denselben wort: getreu folgen zu lassen: „,... Seid gute Amerikaner! Ihr könnt nicht Bürger zweier Länder sein; aber während Ihr das Studium Eurer hiesigen Pflichten Eure erste Sorge sein laßt, hört nicht auf, Litteratur, Wissenschaft und Kunst der alten Heimat zu pflegen. Dies würde weder Euch, noch Euren Kindern, noch diesem Lande von Nußen sein. Erzieht Eure Kinder zu amerikanischen Patrioten, laßt sie die Litteratur der englischsprechenden Nationen kennen lernen, aber entzieht sie nicht dem Einfluß der deutschen Sprache mit ihren Schäßen an Kunst, Wissenschaft und Litteratur. Lessing, Göthe und Schiller sind ein unschäßbares Vermächtnis, und da es so leicht ist, die Kenntnis der deutschen Sprache im Kreise Eurer Familien zu erhalten, so habt Ihr kein Recht, die Kenntnis dieser Sprache, welche den Schlüssel zu einer so kostbaren Litteratur und einem so unschäßbaren Gedankenreichtum bietet, unter Euren Kindern aussterben zu lassen. Angesichts der Thatsache, daß die wohlhabenden eingeborenen Amerikaner große Geldsummen daran wenden, um ihre Kinder die deutsche Sprache lernen zu lassen, erscheint es als eine Thorheit, daß die Deutschamerikaner die geringe Mühe scheuen, in ihren Kindern diese Kenntnis zu erhalten, welche denselben nicht nur die Schäße einer reichen Litteratur und jedes Zweiges menschlichen Denkens öffnet, sondern auch so viel dazu beiträgt, die kommerziellen und sonstigen Beziehungen zwischen der größten Nation auf

dem europäischen Kontinent und der größten Nation Amerikas zu fördern!" (New Yorker Revue.) X.

Der Schulrat von Chicago. Der Bericht des Schulagenten bei der halbmonatlichen Sihung des städtischen Schulrats zeigte, daß im vorigen Monat $158,741 vereinnahmt worden waren und daß $9395 sich in Kaffe befinden. Der Schul-Ingenieur unterbreitete einen Bericht in betreff des Besuches, den er jüngst den Schulen in New York abgestattet hatte. Der Bericht enthielt viel Schmeichelhaftes für das Schulwesen Chicagos, indem darin gesagt wurde, New York sei gegen Chicago um 25 Jahre zurück, soweit die Schulhäuser in Betracht kämen, und das älteste Schulhaus in Chicago immer noch besser sei, als das neueste und mit den modernsten Verbesserungen versehene Schulhaus in New York. Der Bericht wurde zum Druck verwiesen. Das Komitee für Abendschulen empfahl, die Gehalte für die Lehrer und Pedelle der Abendschulen wie folgt festzustellen: Oberlehrer in der Abendhochschule $4 per Abend, Hülfslehrer $3; Oberlehrer in den übrigen Abendschulen $3 per Abend und Hülfslehrer $2. Pedelle und Maschinisten $1.50 per Abend. Das Gehalt des „Supervisors“ wurde auf $165 per Monat festgeseßt. — Das Komitee für Musik empfahl die Anstellung von Prof. Tomlins als Musiklehrer in den Hochschulen mit einem Jahresgehalt von $2000. Der von ihm zu erteilende Unterricht soll in Klassenunterricht bestehen, so daß jeder Schüler wenigstens einmal in der Woche des Unterrichts teilhaftig würde; Kinder, die nicht schnelle Fortschritte zu machen vermöchten, könnten nach Schluß der Schulstunden noch Ertra-Unterricht er: halten. Ferner soll unter der Leitung des Herrn Tomlins ein Corps von Hülfs-Musiklehrern herangebildet werden, damit diese nach Herrn Tomlins' Zurücktreten den Unterricht fortseßen können.

Ausland.

Die voraussichtliche Folge der Unterordnung des ganzen Volksschulwesens in den drei baltischen Provinzen unter das russische Ministerium der Volksaufklärung wird die sein, daß eine Menge Volksschulen, welche von deutschen Grundbesißern unterhalten wurden, eingehen werden, so daß eine direkte Schädigung der allgemeinen Volksbildung daraus hervorgehen wird. Lezteres wird außerdem auch sonst erfolgen, sobald die russischen und die mit ihnen verbundenen esthnisch-lettischen Lehrer, welche fortwährend gegen die Deutschen im Lande heßen, die Oberhand gewinnen.

H. u. 3.

Heinrich Viehoff wurde am 28. April 1809 zu Büttgen in der Rheinprovinz geboren, studierte Philologie, wurde Lehrer, 1850 Director der Realschule und der Provincialgewerbeschule zu Trier, trat 1876 in den Ruhestand und starb am 5. August. Von seinen Werken sind am bekanntesten: „Schillers und Goethes Gedichte erläutert und auf ihre Veranlassungen und Quellen zurückgeführt, nebst Variantensammlung und Nachlese", Düsseldorf 1853, Stuttgart (3. Auflage) 1859; „Handbuch der deut schen Nationallitteratur" (Braunschweig 1870; 6. Auflage 1883). Leßteres giebt in drek Stufen Proben aus der Litteratur, eine gedrängte Übersicht der Litteraturgeschichte, der Verslehre, der Dichtungsarten und der Stillehre.

Das Schulwesen auf Island. Die Jsländer, die nördlichsten der Germanen, die treuen Bewahrer der Sagen unseres Altertums, zeigen noch heute, wie schon im Mittelalter, einen regen Sinn für Bildung und erstreben solche nach ihren besten Kräften. In Reikjavik gibt es eine Landuniversität mit einer medizinischen, einer theologischen (lutherischen) und einer juristischen Fakultät. Vorschule dieser Universität ist das Gymnasium in genannter Stadt, welches etwa 100 Schüler zählt; auch findet man ebenda eine Bibliothek, ein Archiv und eine Antiquitätensammlung. Volksschulen giebt es in Island nur an der Küste, wo die Bewohner der Fischerdörfer weder Zeit noch Kenntnisse haben, ihre Kinder selbst zu unterrichten. Im Innern des Landes liegt der Unterricht

den Hofbesizern ob, die außer ihren eigenen Kindern auch noch diejenigen unterrichten müssen, welche bei ihnen dienen oder ihren Arbeitern angehören. Dies ist eine uralte Einrichtung, die allerdings ein hohes Maß namentlich ethischer Bildung vorausseßt, da Glaubens- und Sittenlehre und vaterländische Geschichte im Vordergrunde stehen. Der Prediger, welcher stets selbst Isländer ist, hat sich jährlich wenigstens zweimal von den Fortschritten der Kinder zu überzeugen, die selbstverständlich auch im Lesen, Rechnen und Schreiben unterrichtet werden. Was aber an Fachbildung den „Lehreltern" abgeht, das wird aufgewogen dadurch, daß hier Unterricht und Erziehung in direkter Wechselwirkung stehen. (Dest. Schulbl.)

Japanisches Schulwesen. Japan, das in höchst verständiger Weise sich die Errungenschaften der jeßigen Kulturstaaten anzueignen bestrebt ist, hat auch dem Schulwesen seine Sorge angedeihen lassen. Mit Staunen ersieht man aus dem kürzlich erschienenen zehnten Jahresbericht der japanischen Oberschulbehörde, welche Entwickelung dieser Zweig des öffentlichen Lebens daselbst genommen hat. Neben den Elementarschulen sehen wir da zunächst Kindergärten aufgeführt, dann Schulen für Blinde und Taube, ferner höhere Töchterschulen; freilich haben die letteren in Japan einen etwas anderen Lehrplan. Man lehrt Grundsäße der Moralität, Regeln des Anstandes, die Kunst, einem Hauswesen vorzustehen, Kindererziehung, Nähen und andere Hausarbeiten. Der leitende Gesichtspunkt der Lehrer an diesen Schulen soll es sein, die Mädchen zu „sanften und edlen Wesen“ heranzubilden. Des Weiteren befinden sich Berufsschulen für Ärzte, Juristen, Ackerbauer, Kaufleute, Ingenieure und Sprachkundige. Die leztere Anstalt in Tokio hat in ihren Stundenplan den Unterricht im Deutschen, Französischen, Russischen, Chinesischen und Koreanischen aufgenommen; das Englische fehlt merkwürdigerweise im Lehrplan. Es giebt auch eine Lehranstalt für Gymnastik, an der Turnlehrer gebildet werden. Besondere Sorgfalt scheint man den sogenannten „Normalschulen“ zu widmen; „Moralität“ hat die Hauptstelle unter den Lehrgegenständen, den zweiten Plaz „Anstandslehre“. Auch die Musik ist nicht hintangeseht. Der Unterrichtsminister weist sehr nachdrücklich auf die Fähigkeit hin, die dieser Kunst innewohne, den Charakter zu veredeln und den Geist zu bilden. So ist denn auch eine „Anstalt für Musik“ geschaffen. Für die einzelnen Lehrzweige sind die Elementarbücher, von berufenen Männern verfaßt, teils bereits erschienen, teils in Vorbereitung. Die Krone aller Lehranstalten ist die Universität in Tokio, an der verschiedene deutsche Professoren wirken. Sie verleiht akademische Grade, wie abendländische Universitäten, und es werden an ihr Vorlesungen gehalten über eigentlich alles, von der Rechtswissenschaft bis zur Metallarbeit. Sie hat auch einen Lehrstuhl für japanische Nationallitteratur, freilich erst seit einigen Jahren, seit vor dem Einströmen der fremden Litteratur die einheimische sich zurückzog und unterzugehen drohte. Es ist ja möglich, daß die neugeschaffene Professur diesen Untergang hemmt. Ihn ganz zu verhindern dürfte eher die Gründung von Nationalbibliotheken im Stande sein. Auch dafür hat man gesorgt. Die erste wurde in Tokio selbst gegründet und jedes Jahr bringt neue in den Provinzen hervor. Diese werden sehr geschickt geleitet, man vergißt nicht, daß das Volk nicht nur belehrt, daß es auch unterhalten sein will, und so kann der Minister mitteilen, daß ihre Benütung von Jahr zu Jahr zunimmt. Die ganze Organisation des japanischen Schulwesens ist in verhältnismäßig kurzer Zeit mit staunenswertem Erfolg durchgeführt. Beinahe drei Millionen Schüler und Schülerinnen besuchen die Anstalten, die von den Behörden wachsam gelenkt werden. Die Fehler aber, die in dem Bericht hervorgehoben werden, vor allem der Mangel an geeignetem Lehrerpersonal, sind Dinge, die mit der Zeit geändert werden können. Die Haupteigentümlichkeit (!) des ganzen japanischen Schulwesens aber ist die, daß unter den Fächern des Lehrplanes die Religion fehlt und an ihrer Stelle die Moral steht. (Jul. St.-Ztg.)

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