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sind, ob eine bestimmte biblische Geschichte im Alten oder Neuen Testament zu suchen sei, wenn sie lange herumblättern und suchen müssen, bis sie die Psalmen im Bibelbuch finden. Es rührt das mit davon her, daß in der Schule nicht der nötige Fleiß gebraucht worden ist, die lieben Kinder in die heilige Schrift einzuführen.

Was sich für den Hausgottesdienst besonders eignet, die Geschichtsbücher des Alten Testaments, die Psalmen, die Sprüche Salomonis, und das Neue Testament (sonderlich die Evangelien), das sollten die Kinder zum guten Teil schon in der Schule kennen gelernt und gelesen haben. Dann werden sie auch weiter forschen in der Bibel und die andern Teile derselben daheim lesen.

Wenn in der Schule während des Bibellesens - ohne viele Zwischenbemerkungen des Lehrers, ohne viel Tadel bei falschem Lesen die großen Thaten GOttes, die Thaten seiner Allmacht und die Wunder seiner Liebe dem Kinde vorgeführt werden, wiederholt vorgeführt, dann werden allmählich die Kinder in der Bibel heimisch, dann gewinnen sie dieselbe lieb und lieber, lernen auch immer besser, daß unser heiligster Glaube, den wir bekennen im Gegensaße zu falschen Kirchen und Sekten, wirklich und wahrhaftig gegründet ist allein auf die heilige Schrift. So bekommen sie dann auch durch die Gewohnheit des Bibellesens immer geübtere Sinne, wahre und falsche Lehre, wahre und falsche Kirche voneinander zu unterscheiden, können sich gegen falsche Geister und Propheten mit der Schrift wehren, Christo und seiner lieben Kirche die gelobte Treue halten, einst selbst des Hauspriestertums gebührlich warten, wie der HErr befohlen hat.

So laßt uns daher allerseits, geliebte Väter und Mütter, und ihr, geliebte Brüder im Schulamte, nicht müßig, sondern eifrig sein, unseren lieben Kindern die heilige Schrift immer lieber und teurer zu machen!

GOtt gebe, daß auch aus unseren Schulen immer mehr Leute hervorgehen, die mit David glauben, denken und reden: „Dein Wort ist meinem Munde süßer denn Honig. Ich habe Lust zu deinen Geboten und sind mir lieb. Deine Zeugnisse sind mein ewiges Erbe, denn sie sind meines Herzens Wonne." Er verleihe solches um des fleischgewordenen Wortes, JEsu Christi, willen! Amen.

Beiträge zur Behandlung der Kirchenlieder in unseren Schulen.

Gott des Himmels und der Erden.

Von Heinrich Alberti (1604-1651), dem Königsberger Dichter und Sänger; erschienen im fünften Teile seiner „Arien“ 1643.

Von diesem Morgengesang", welchem Schamelius die Überschrift ge= geben: Die auf das innere Christentum geführte Morgenstunde", bezeugt

Dr. Cosad in Königsberg (Piper, Ev. Kalender 1861): „Seit zweihundert Jahren mag wohl schwerlich auch nur ein einziger Tag die Erde gegrüßt haben, dem nicht hin und her in deutschen Landen mit Alberti's Liede begegnet worden wäre. Schwerlich hält, was Verbreitung und innern Wert betrifft, wenn Einfachheit und Innigkeit, Glaubensreinheit und Angemessenheit für jede Lebenslage entscheiden, ein anderes Morgenlied mit diesem die Vergleichung aus. Dhne Untersuchung darf man wohl versichern, daß es in keinem evangelischen Gesangbuch seit dem Anfang des vorigen Jahrhunderts fehlt."

Eine schöne Morgenstunde weihte unser Lied in folgendem Falle. In einem Stranddorfe spielten zwei Geschwister am Mühlbache, ein Knabe von vier und ein Mädchen von fünf Jahren; sie seßten sich zuletzt in ein Brühfaß, das, um ausgelaugt zu werden, am Wasser stand. Durch die Bewegung der Kinder aber begann das Faß zu treiben und wurde sanft den Bach hinuntergeflößt. der in den Garde'schen See mündet. Die Kinder waren verschwunden und wurden erst am Abend vermißt. Die Eltern suchten überall und hielten sie für verunglückt. Aber in der Frühe des andern Tags sahen die Fischer mitten auf dem See ein neues Brühfaß treiben und fanden in demselben zu ihrer Überraschung die zwei Kinder schlafend. Wären sie wach gewesen, so hätten sie sich in ihrer Angst in dem unsichern Schifflein hin und her bewegt und das Faß wäre sofort umgeschlagen. So aber waren sie durch die sanfte Bewegung im Bache in Schlaf gewiegt und behalten worden. An diesem Morgen sangen die Kinder in der Schule:

Gott, ich danke dir von Herzen,

Daß du mich in dieser Nacht

Vor Gefahr, Angst, Not und Schmerzen

Hast behütet und bewacht,

Daß des bösen Feindes List

Mein nicht mächtig worden ist.

Die Mutter aber saß mit ihren Kindern auf dem Schoß unter den Schülern, und als man den Sturm auf dem Meere gelesen und besprochen und endlich das Lied angestimmt hatte: Nun danket alle Gott! da hörte man sie zuerst helle mitsingen, hernach fing sie an zu weinen und mit ihr die Kinder, so daß man nur mit Mühe den dritten Vers zu Ende brachte. (Josephsohn, Brosamen. 2.)

Christian Scriver erzählt in seinem „Siech- und Siegesbette“: „Zu Hamburg hatte ein begüterter Jude im Jahre 1685 einen christlichen Schneidergesellen im Hause, der ihm einige Kleider verfertigen mußte. Als nun dieser Mensch seine bekannten christlichen Lieder zu singen pflegte, that der HErr des Juden Tochter das Herz auf, daß sie darauf Acht hatte, was gesungen ward. Wie nun der Schneidergeselle einsmals:,Gott des Himmels und der Erden!' sang und auf den dritten Vers kam:

Laß die Nacht auch meiner Sünden
Jeht mit dieser Nacht vergehn;

O HErr JEsu, laß mich finden
Deine Wunden offen stehn,

Da alleine Hilf und Rat

Jst für meine Missethat!

wurde die Jüdin dermaßen gerührt, daß sie ein herzliches Verlangen empfand, diesen JEsum und seine Wunden recht zu erkennen. Darum sie den Sänger bat, er möchte sie zu einem christlichen Lehrer führen, der sie in Erkenntnis des HErrn JEsu unterrichten könnte. Welches geschah, also, daß sie den Heiland der Welt lebendig erkannte und durch die heilige Taufe der christlichen Gemeinde einverleibet worden, troß aller Bemühungen ihres Vaters und ihres ganzen Geschlechtes. Sehet, wie es dem Geist des HErrn, dem himmlischen und ewigen Winde, der da bläset, wo und wann er will, gefallen hat, die toten Wasserwellen durch geistliche, liebliche Lieder zu erregen und zu bewegen und lebendig zu machen!“

Vom fünften Verse sagt Cosack: „Für Unzählige wird der Vers:

Führe mich, o HErr, und leite
Meinen Gang nach deinem Wort;
Sei und bleibe du auch heute

Mein Beschüßer und mein Hort:
Nirgends als bei dir allein

Kann ich recht bewahret sein.

ihr erstes Morgengebetlein bilden, noch aus der Kinderstube stammend und festgehalten bis in die Mannesjahre und ins höchste Alter." In der That, wir kennen Kinder, die mit diesen Lauten täglich den Morgen beginnen, Bräute, welche den wichtigsten Schritt ihres Lebens mit diesem Verse geheiligt haben, und Männer, welche sich zu ernsten und entscheidenden Gängen mit diesem Gebete gewappnet haben.

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Lieblich ist auch der letzte Vers: Deinen Engel zu mir sende!" welcher mit einer Hinweisung auf den Lebensabend schließt: „Der auch endlich mich zur Ruh trage nach dem Himmel zu."

Die Melodie: ga hd g fis e d ist von dem Sänger selbst erfunden. Er hat sie ursprünglich in B dur: bcd fes dba g f im dreiteiligen Takt gegeben.

Nun ruhen alle Wälder.

Von Paulus Gerhardt (1607-1676), erschienen in Johann Crügers Praxis pietatis melica 1648"; so daß es falsche Überlieferung ist, wenn gesagt wurde, die Melodie des alten Liedes: O Welt, ich muß dich lassen! welche zu Mittenwalde abends vom Turme herab auf zwei Trompeten geblasen wurde, habe ihn zu unsrem Liede veranlaßt. Gerhardt kam erst 1651 als Propst nach Mittenwalde.

Dieses Lied ist ein Kleinod der lutherischen Kirche. Bunsen nennt es: ,,Gebet eines Kindes Gottes, das treu des Tages Last und Hiße getragen und sich nun in der Stille der sternerleuchteten Nacht anvertraut, die es umgiebt, und der Ruhe, die es erwartet; das, indem es sich vom Sichtbaren zu dem Gedanken des nie untergehenden Lichtes, des Lebens in Gott und der ewigen Ruhe erhebt, die Gott den Seinen bereitet hat, sich und seine Lieben getrost in die Arme seines schüßenden Heilandes legt." - Der Gedankengang im Geiste des Sängers ist: Ruhe der Natur, aber Leben der Seele in Gott, V. 1. Was sagt von der Natur die Seele? Die Sonne ist dahin, die Sonne meines Herzens bleibt, V. 2 (Maleachi 4, 2.); wie die Sternlein leuchten, also auch ich in meines Vaters Reich, V. 3 (Daniel 12, 3.). Woran erinnert mich die Natur meines Leibes? Der Leib legt die Kleider ab, Christus wird mich kleiden in Herrlichkeit, V. 4 (Jes. 61, 10.); die Glieder bedürfen der Ruhe, sie werden dieselbe endlich finden im Grabe, V. 6. (Jes. 57, 2.). Jezt folgt das Abendgebet auf die Abendgedanken: Leib und Seele schlummert; Wächter Israels, schlummere nicht! V. 7 (Ps. 121, 4.). Der böse Feind lauert; JEsu, mein Heiland, schüße! V. 8 (Matthäi 23, 37.). — Ein Blick noch hinüber auf die Meinen: Gott behüt euch durch seiner Engel Schar! V. 9 (Pf. 91, 10. f.) —— Mit sinnigem Geist ist in jedem Vers Sinnliches und Geistliches, Jrdisches und Himmlisches einander gegenübergestellt; und das Geistliche und Himmlische, zu dem der Sänger vom Anschauen des Jrdischen immer wieder hinübergeleitet wird, findet stets seinen Ruhe und Haltepunkt in einem biblischen Wort und Gedanken.

Zum 1. und 7. Verse und dem ganzen Liede mag folgende Erzählung eine Illustration geben.

Mitten im Kinzigthale, bei der ehemals freien Stadt Gelnhausen und am Saume des uralten Reichsforstes, genannt der Büdinger Wald, erhebt sich ein hoher, zum größten Teile mit Weinpflanzungen bedeckter Berg, der eine stattliche Kirche mit den Wohnungen für Pfarrer und Küster trägt. Man nennt den Ort nur auf dem Berge“, und die Kirche ist der Mittelpunkt eines weitläufigen Kirchspiels, welches aus sechs Dörfern besteht, die zum Teile im Waldgebirge zerstreut liegen. Da war gegen Ende des vorigen Jahrhunderts im Monat April ein recht stürmischer Abend mit Regen und Schnee; der Sturm heulte um die Kirche und rüttelte an Läden und Thüren des Pfarrhauses. Drinnen aber saß der Pfarrherr am eichenen. Tische bei Weib und Kindern und las den Abendsegen; darauf sangen sie das Lied: „Nun ruhen alle Wälder." Aber horch, mitten in den Gesang und Sturm hinein krachte es draußen vor dem Fenster, und es war den Leuten drinnen, als hörten sie einen schweren Fall und dann wieder Fußtritte von Menschen. Der Pfarrherr sprang auf und zündete schnell eine bereit stehende Laterne an. Vorsichtig öffnete er den wohlverwahrten Fensterladen und leuchtete hinaus; da sah er denn, daß eine Planke im

Zaune um das Gärtlein vor dem Hause zerbrochen war und im nassen Boden sich Fußstapfen zeigten. Sonst konnte er vor dem rasenden Sturm und Regen nichts sehen und hören. Er schloß den Laden und sagte: „Be= hüt uns Gott, ihr Lieben! Das war ein unheimlich Ding; wir werden wohl diese Nacht einen schlimmen Besuch erhalten!" Den Pfarrleuten

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war dieses zu jener Zeit, wo sich gar vieles Raubgesindel und Gaunervolk in der Gegend umhertrieb, nichts Neues, und sie machten sich ruhig auf alles gefaßt. Fenster und Thüren am Hause wurden wohl verwahrt und Hunde losgelassen im Hofe. Der Hausvater mit dem ältesten Sohne und seinem Knechte rüstete seine Gewehre, die er unter den Gefahren des einsamen Ortes notgedrungen handhaben gelernt hatte. „Geht nun zu Bett“, sagte er zu den Seinen, der HErr wird Wache halten!" Das hatten sie schon oft erfahren, und so gingen sie getrost zur Ruhe. Aber die gerüsteten Männer wachten die ganze Nacht vergeblich, es kam nichts. Am folgenden Abend brauste wieder Sturm um das Haus; die Männer gingen früh zu Bette, teils um sich von der lezten Nachtunruhe zu erholen, teils um gegen Mitternacht hin wieder bei der Hand zu sein. Denn gerade für diese Nacht waren sie am meisten besorgt. Die Mitternacht kam und der Sturm legte sich. Alles schlief im Hause; nur die Mutter wachte an der Wiege ihres jüngsten Söhnleins, welches ein gar arger Schreihals war und nicht zur Ruhe kommen wollte. Um den Vater nicht zu stören, ging sie mit ihm in ein Nebenzimmer, wo sie ihn hin- und her trug. Da hörte sie unten ein Lärmen, unterdrücktes Knurren der Hunde und Flüstern von Menschen. Vor dem Fenster des obersten Stockwerkes, wo sie sich befand, hörte sie das Pochen einer angelegten Leiter. Schnell weckte sie die Männer, und diese waren sogleich mit den geladenen Gewehren bei der Hand. Als der Pfarrer ans Fenster trat, sah er einen Haufen Menschen im Hofe, eine Leiter an die Wand gelehnt und oben darauf einen wilden Kerl stehend. „Wer da?" rief der Pfarrer. Keine Antwort. Wer da? noch einmal!" Da brüllte aus dem Haufen einer: „Der Teufel ist da und will Pfaffen stehlen!" Jett schoß der Pfarrer und der Mann stürzte von der Leiter. Weiter gab's nun Schuß auf Schuß, bis der Haufe über die Hofmauer und den Kirchhof mit gräßlichem Fluchen und Heulen auseinanderstob. Später, als alles ruhig war, gingen die Männer aus dem Hause in den Hof und fanden da die beiden großen Hunde sterbend liegen, weil sie vergiftete Wurst gefressen hatten. Am Morgen konnten sie die Blutspuren bis in den nahen Wald verfolgen. Einige Wochen nach diesem nächtlichen Vorfall kam früh morgens ein Mann zu dem Pfarrer; der sah gar unheimlich aus, war aber doch im Hause bekannt. Es war ein Korbmacher, den man nur den Mahnenhannes nannte. Der trat zum Pfarrer in seine Studierstube und grüßte ihn freundlich, fast ehrerbietig. Hierauf sagte er: „Herr Pfarrer, ich war neulich in der Nacht an Eurem Fenster und hab spioniert. Da habt Ihr mit Euern Leuten ein Lied gesungen. So was hab ich noch nicht

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