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XVI.

Nähere Bezeichnung der entoptischen
Erscheinung.

Um vorerst das Allgemeinste auszusprechen, so läßt sich sagen: daß wir Gestalten erblicken, von ge= 5 wissen Farben begleitet und wieder Farben, an ge= wisse Gestalten gebunden, welche sich aber beiderseits nach der Form des Körpers richten müssen.

Sprechen wir von Tafeln, und es sei ein Viereck gemeint, gleichseitig, länglich, rhombisch; es sei ein 10 Dreieck jeder Art; die Platte sei rund oder oval; jede regelmäßige, so wie jede zufällige Form nöthigt das erscheinende Bild sich nach ihr zu bequemen, welchem denn jedesmal gewisse gesetzliche Farben an= hängen. Von Körpern gilt dasselbige was von Platten. Das einfachste Bild ist dasjenige was wir schon genugsam kennen; es wird in einer einzelnen viereckten Glasplatte hervorgebracht.

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Vier dunkle Puncte erscheinen in den Ecken des Quadrats, die einen weißen kreuzförmigen Raum 20 zwischen sich lassen; die Umkehrung zeigt uns helle Puncte in den Ecken des Quadrats, der übrige Raum scheint dunkel.

Dieser Anfang des Phänomens ist nur wie ein Hauch, zwar deutlich und erkennbar genug, doch größerer 25 Bestimmtheit, Steigerung, Energie und Mannichfaltig= keit fähig, welches alles zusammen durch Vermehrung auf einander gelegter Platten hervorgebracht wird.

Hier merke man nun auf ein bedeutendes Wort: die dunkeln und hellen Puncte sind wie Luellpuncte anzusehen, die sich aus sich selbst entfalten, sich erweitern, sich gegen die Mitte des Luadrats hindrängen, erst bestimmtere Kreuze, dann Kreuz nach Kreuzen, s bei Vermehrung der aufeinander gelegten Platten, vielfach hervorbringen.

Was die Farben betrifft, so entwickeln sie sich nach dem allgemeinen, längst bekannten, noch aber nicht durchaus anerkannten, ewigen Gesetz der Er- 10 scheinungen in und an dem Trüben, die hervortreten= den Bilder werden unter ebendenselben Bedingungen gefärbt. Der dunkle Cuellpunct, der sich nach der Mitte zu bewegt, und also über hellen Grund geführt wird, muß Gelb hervorbringen, da aber wo er den 15 hellen Grund verläßt, wo ihm der helle Grund nachrückt, sich über ihn erstreckt, muß er ein Blau sehen lassen. Bewegen sich im Gegenfalle die hellen Puncte nach dem innern, düstern, so erscheint vorwärts, gesetzlich, Blauroth, am hinteren Ende hingegen Gelb 20 und Gelbroth. Dieß wiederholt sich bei jedem neuentstehenden Kreuze, bis die hinter einander folgenden Schenkel nahe rücken, wo alsdann, durch Vermischung der Ränder, Purpur und Grün entsteht.

Da nun, durch Glasplatten über einander gelegt, 25 die Steigerung gefördert wird, so sollte folgen daß ein Kubus schon in seiner Einfachheit gesteigerte Figuren hervorbringe; doch dieß bewahrheitet sich nur

bis auf einen gewissen Grad. Und obgleich derjenige, welcher sämmtliche Phänomene Zuschauern und Zuhörern vorlegen will, einen soliden guten entoptischen Kubus nicht entbehren kann, so empfiehlt sich doch 5 ein Kubus von über einander befestigten Platten dem Liebhaber dadurch, weil er leichter anzuschaffen, und noch überdieß die Phänomene auffallender darzustellen geschickt ist. Was von dreieckigen und runden Platten zu sagen wäre, lassen wir auf sich beruhen; genug, 10 wie die Form sich ändert, so ändert sich auch die Erscheinung; der Naturfreund wird sich dieses alles gar leicht selbst vor Augen führen können.

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XVII.

Abermalige Steigerung.
Vorrichtung mit zwei Spiegeln.

Die im Vorhergehenden angezeigte gesteigerte vermannichfaltigte Erscheinung können wir jedoch auf obige einfache Weise kaum gewahr werden; es ist daher eine dritte, zusammengeseztere Vorrichtung nöthig.

Wir bilden unsern Apparat aus zwei angeschwärz20 ten, zu einander gerichteten, einander antwortenden Spiegeln, zwischen welchen der Kubus angebracht ist. Der untere Spiegel ist unbeweglich, so gestellt daß er das Himmelslicht aufnehme und es dem Kubus zuführe, der obere ist aufgehängt, um eine perpen= 25 diculare Are beweglich, so daß er das Bild des von

unten erleuchteten Kubus dem Zuschauer in's Auge

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bringe. Hängt er gleichnamig mit dem untern, so wird man die helle Erscheinung sehen, wendet man ihn nach der Seite, so obliquirt er das Licht, zeigt es obliquirt und wir sehen das schwarze Kreuz, sodann aber bei der Achtelswendung schwankende Züge. 5 Manche andere spiegelnde Flächen die wir durch= versucht, Fensterscheiben, farbiges Glas, geglättete Oberflächen jeder Art, bringen die Wirkung des unteren Spiegels hervor; auch wird sie wenig geschwächt noch verändert, wenn wir die atmosphärische Beleuch= 10 tung erst auf eine Glastafel, von da aber auf den einfachen oder zusammengesezten Apparat fallen lassen.

Das klarste Licht des Vollmonds erhellt die Atmo= sphäre zu wenig, um von dorther die nöthige Be= leuchtung erhalten zu können, läßt man es aber auf 15 eine Glastafel fallen, von da auf den Apparat, so thut es Wirkung und hat genugsame Kraft das Phänomen hervorzubringen.

XVIII.

Wirkung der Spiegel in Absicht auf Hell und Dunkel.

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Wir entfernen die entoptischen Körper nunmehr, um die Spiegel und ihre einzelne oder verbündete Wirksamkeit näher zu betrachten. Einem jeden Kunstund Naturfreunde, der, auf einer, durch Anschwärzung der einen Seite, zum verkleinernden Converspiegel ver= 25 wandelten Glaz - Linse, Landschaften betrachtet hat, ist

wohl bekannt daß sowohl Himmel als Gegenstände um ein Bedeutendes dunkler erscheinen, und so wird ihm nicht auffallen, wenn er, von unserm DoppelApparat den obern Spiegel wegnehmend, unmittelbar s auf den untern blickt, die heiterste Atmosphäre nicht schön blau sondern verdüstert gewahr zu werden. Daß bei parallel wieder eingehängtem oberen Spie= gel, bei verdoppelter Reflerion, abermals eine Ver= düsterung vor sich gehe, ist gleichfalls eine natürliche 10 Folge. Das Blau hat sich in ein Aschgrau ver= wandelt.

Aber noch weit stärker ist die Verdüsterung bei Seitenstellung des oberen Spiegels. Der nunmehr obliquirte Widerschein zeigt sich merklich dunkler als 15 der directe und hierin legt sich die nächste Ursache der erhellenden und verdunkelnden Wirkung auf entoptische Gläser vor Augen.

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XIX.

Wirkung der Spiegel in Absicht auf irgend ein Bild.

Um sich hiervon auf's kürzeste in Kenntniß zu sehen stelle man eine Kerze dergestalt daß das Bild der Flamme auf den untern Spiegel falle, man betrachte dasselbe sodann durch den obern, parallel mit dem unteren hängenden Spiegel; die Kerze wird auf25 gerichtet und die Flamme, als durch zwei verdüsterte Spiegel zum Auge gelangend, um etwas verdunkelt sein.

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