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obachtung eines glücklichen Widerscheins unglaublich steigern.

Wenn uns nun kein Geheimniß blieb wie wir ein fertiges Bild stellen müssen um solches in seinem 5 günstigsten Lichte zu zeigen; so wird der Künstler um so mehr, wenn er etwas nachbildet, das oblique Licht vermeiden und seine Werkstatt allenfalls mit zwei Fenstern versehen, eines gegen Abend, das andere gegen Norden. Das erste dient ihm für die Morgen10 stunden, das zweite bis zwei, drei Uhr Nachmittag und dann mag er wohl billig feiern. Es sagte jemand im Scherz: der fleißigste Mahler müsse seine Werk= statt wie eine Windmühle beweglich anlegen, da er denn, bei leichtem Drehen um die Achse, wo nicht gar 15 durch ein Uhrwerk wie ein umgekehrtes Helioskop, dem guten Licht von Augenblick zu Augenblick folgen könne.

Ernsthafter ist die Bemerkung, daß im hohen Sommer, wo der Himmel schon vor zehen Uhr rings umher das weiße Kreuz gibt und sich bis gegen Abend 20 bei diesem günstigen Licht erhält, der Mahler, wie durch die Jahreszeit, so auch durch diesen Umstand aufgefordert, am fleißigsten zu sein Ursache habe.

Leider muß ich jedoch bei unserer oft umhüllten Atmosphäre zugleich bekennen daß die Wirkungen sich 25 oft umkehren und gerade das Gegentheil von dem Gehofften und Erwarteten erfolgen könne; denn so wird z. B. bei den Nebelmorgen die Nordseite das weiße Kreuz und also ein gutes Licht geben und der

Mahler der hierauf achtete würde sich einiger guten Stunden getrösten können. Deßwegen sollte jeder Künstler unsern zweiten Apparat in seiner Werkstatt haben, damit er sich von den Zuständen und Wir= kungen der Atmosphäre jederzeit unterrichten und seine 5 Maßregeln darnach nehmen könne.

XLI.

Fromme Wünsche.

Aus dem Bisherigen folgt daß man, bei einer so mühsamen Bearbeitung dieses Gegenstandes, eine lebhaftere Theilnahme als bisher hoffen und wünschen 10 muß.

An die Mechaniker ergeht zuerst unsere Bitte daß sie sich doch möchten auf die Bereitungen entoptischer Tafeln legen. Die reinste Glasart aus Quarz und Kali ist hiezu die vorzüglichste. Wir haben Versuche 15 mit verschiedenen Glasarten gemacht und zulezt auch mit dem Flintglas, fanden aber daß diese nicht allein häufiger sprangen als andere, sondern auch durch die Reduction des Bleies innerlich fleckig wurden, obgleich die wenigen Platten welche an beiden Fehlern nicht 20 litten, die Erscheinung vollkommen sehen ließen.

Ferner bitten wir die Mechaniker, aus solchen Tafeln die nur 11 Zoll im Viereck zu haben brauchen, über einander gelegt, einen Kubus zu bilden und ihn in eine messingene Hülse zu fassen, oben und unten 25 offen, an deren einem Ende sich ein schwarz ange=

laufener Spiegel im Charnier gleichsam als ein Deckelchen bewegte. Diesen einfachen Apparat, womit die eigentlichen Haupt- und Urversuche können angestellt werden, empfehlen wir jedem Naturfreunde; uns wenig= 5 stens kommt er nicht von der Seite. Reisenden würden wir ihn besonders empfehlen, denn wie angenehm müßte es sein, in einem Lande wo der Himmel Monate lang blau ist, diese Versuche von der frühesten Morgendämmerung bis zur lezten Abenddämme= 10 rung zu wiederholen. Man würde alsdann in den längsten Tagen auch schon mit einem einfachen Appa= rat den Bezirk um die Sonne, wo der schwarze Kreis erscheint, näher bestimmen können; ferner würde, jemehr man sich der Linie nähert, zu Mittage rings 15 um den Horizont der weiße Kreis vollkommen sichtbar sein. Auf hohen Bergen, wo der Himmel immer mehr ein tieferes Blau zeigt, würde sehr interessant sein zu erfahren, daß die Atmosphäre, auch aus dem dunkelsten Blau den directen Widerschein zu uns herab20 sendend, immer noch das weiße Kreuz erzeugt; ferner müßte in nördlichen Ländern, wo die Nächte kurz, oder wo die Sonne gar nicht untergeht, dieses allgemeine Naturgesetz wieder auf eine besondere Weise sich bethätigen. Auch wären bei leichten oder dichteren 25 Nebeln die Beobachtungen nicht zu versäumen, und wer weiß was nicht alles für Gelegenheiten einem geistreichen Beobachter die anmuthigste Belehrung darböten, nicht gerechnet daß er sogar ein heiteres Spiel

zeug in der Tasche trägt, wodurch er jedermann überraschen, unterhalten und zugleich ein Phänomen allgemeiner bekannt machen kann, welches, als eine der wichtigsten Entdeckungen der neuesten Zeit, immer mehr geachtet werden wird. Wenn nun solche muntre 5 Männer in der weiten Welt auf diesen Punct ihre Thätigkeit im Vorübergehen wendeten, so würde es Akademien der Wissenschaften wohl geziemen, den von uns angezeigten vierfachen Apparat fertigen zu lassen, und in gleicher Zeit alle übrigen Körper und Ein- 10 richtungen, die wir in der Farbenlehre, zu einfacheren und zusammengesetzteren Versuchen angedeutet, aufzustellen, damit die entoptischen Farben in Gefolg der physiologischen, physischen und chemischen vorgezeigt, und die Farbenlehre, welche doch eigentlich auf die 15 Augen angewiesen ist, endlich einmal methodisch könne vor Augen gestellt werden.

Es würde sodann auch der Vortrag akademischer Lehrer in diesem Fache mehr Klarheit gewinnen und dem frischen Menschenverstande der Jugend zu Hülfe 20 kommen, anstatt daß man jezt noch immer die Köpfe verderben muß um sie belehren zu können. Und gerade in diesem Fache, vielleicht mehr als irgend einem andern, drohet der Physik eine Verwirrung die mehrere Lustra anhalten kann: denn indem man das alte Un= 25 haltbare immer noch erhalten und fortpflanzen will, so dringt sich doch auch das neue Wahrhaftige, und wär' es auch nur in einzelnen Theilen, den Menschen

auf; nun kommt die Zeit, wo man jenes nicht ganz verwerfen, dieses nicht ganz aufnehmen will, sondern beides einander zu accommodiren sucht, wodurch eine Halbheit und Verderbtheit in den Köpfen entsteht, 5 durch keine Logik wieder herzustellen.

XLII.

Schluß-Anwendung, praktisch.

Zum Schlusse wiederholen wir was nicht genug zu wiederholen ist, daß eine jede echte, treu beobach= tete und redlich ausgesprochene Naturmaxime sich in 10 tausend und aber tausend Fällen bewahrheiten und, insofern sie prägnant ist, ihre Verwandtschaft mit eben so fruchtbaren Säßen bethätigen müsse, und eben dadurch überall in's Praktische eingreifen werde, weil ja das Praktische eben in verständiger Benutzung 15 und klugem Gebrauch desjenigen besteht was uns die Natur darbietet.

Aus dieser Überzeugung fließt unsere Art die Naturlehre zu behandeln; hierauf gründet sich unsere Gewissenhaftigkeit erst die Phänomene in ihrem Ur20 stande aufzusuchen und sie sodann in ihrer mannichfaltigsten Ausbreitung und Anwendung zu verfolgen.

Nach dieser Überzeugung haben wir unsere ganze Chromatik und nun auch das Capitel der entoptischen Farben aufgestellt; die Art unseres Verfahrens ist 25 mit großem Bedacht unternommen, auch die Stellung und Folge der Phänomene naturgemäß vorgetragen

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