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fernen und sie dorther gewissermaßen abzuleiten, zuleht aber muß er bei der unendlichen Mannichfaltigkeit das Geschäft aufgeben und gestehen, daß auf seine Weise der Ursprung aller Farben nicht darzuthun sei.

Im fünften Capitel sucht er sodann eine große Schwierigkeit zu lösen und den Einwurf zu entkräften, daß ja gar viele Dinge, Schnee, Kreide, Bleiweiß und dergl., denen die Tenuität mehr oder weniger abgeht, doch auch als weiß anerkannt werden müssen, 10 wobei er sich in complicirte organische Fälle einläßt und dialektische Wendungen braucht, um sich einigermaßen herauszuhelfen. In den folgenden Capiteln stellt er seine Lehre der Aristotelischen gegenüber und muß, wie es in solchen Controversen zu gehen pflegt, 15 seinem Gegner bald beipflichten, bald widersprechen, und der Leser blickt, ohne sonderliche Belehrung, in einen ganz eigenen Zustand der Geister und der Wissenschaft.

Als Vorstehendes schon verfaßt war, kam folgendes 20 Werk mir noch zur Hand:

J. G. Lotteri de Vita et Philosophia Bernardini
Telesii Commentarius; Lips. 1733. 4.

Es enthält die weitere Ausführung der oben an= gezeigten Dissertation, und ich sehe mich daher in 25 den Stand gesezt noch einiges über den würdigen Mann, mit dem wir uns bisher beschäftigt, nach= zubringen.

Zu einer Zeit geboren, wo in Italien die alte Literatur der schönsten Blüthe sich zu erfreuen hatte, ward er früh durch einen Oheim in der lateinischen und griechischen Sprache, Redekunst und Poesie eingeweiht. Auch durfte es an Philosophie nicht fehlen, s die noch immer im Aristotelischen Sinne vorgetragen wurde. Allein schon hatte das Studium der Griechen und Römer freiere Weltansichten geöffnet und gute Köpfe auf andere Denkweisen hingeleitet: wie denn Martin Luther die Sittenlehre des Aristoteles, Petrus 10 Ramus dessen Philosophiren überhaupt angegriffen. Eben so ward unser Telesius auf die Natur gewiesen. Da man nun bisher sich bloß von innen heraus beschäftigte, in Pythagorischen Zahlen, Platonischen Ideen, Aristotelischen Schlußfolgen die wahre Behand= 15 lung zu finden geglaubt hatte, so wandte man sich nunmehr nach außen und suchte sich mit der Natur unmittelbar zu befreunden. Hier mußte man denn freilich den Sinnen, die man bisher beseitigt, ihre Rechte zugestehen und eine nothwendige Theilnahme 20 derselben an allen Betrachtungen frei anerkennen. Da nun aber solche Männer die philosophischen Studien nach alter Weise in ihrer Jugend getrieben hatten, so wendeten sie nun ihre Dialektik gegen die Schule selbst und ein heftig und lange geführter Streit entspann sich. 25 Unter den verschiedenen Werken aber die Telefius geschrieben, nennen wir: De Natura Rerum, juxta propria principia. Libri II. Romae 1665. 4. wieder

holt, Neapoli 1670, worin er seine Ansichten der Natur

an den Tag legt. Er statuirt fäße: Wärme und Kälte, und Materie auf welche sie wirken.

zwei geistige Gegenzwischen beiden eine Diese dagegen wider

5 strebt und aus solchem Conflict entstehen sodann die Körper. Jedem seiner beiden geistigen Principien ertheilt er zugleich vier mitgeborne Eigenschaften: der Wärme nämlich das Heiße, Leuchtende, Bewegliche und Dünne; der Kälte aber das Kalte, Unbewegliche, 10 Dunkle und Dichte.

Diese inwohnenden Kräfte, Determinationen und Eigenschaften sollen aber, wie die Principien selbst, einander völlig entgegengesetzt, in der Erscheinung niemals vereinbar sein. Hier widerspricht nun die 15 Erfahrung: denn es kann ja etwas Helles kalt, etwas Dunkles aber warm sein. Da er nun hier im Ganzen verfährt wie oben bei den besondern Farbenbetrach= tungen, wo er mit Weiß und Schwarz auch nicht fertig werden konnte; so begreift sich wie er eigentlich 20 eine Schule zu stiften und entschiedenen Einfluß zu erlangen nicht ganz geeignet war. Den Rang jedoch eines Vorläufers und glücklichen Neuerers wird man ihm nicht abläugnen: denn wie er sich Zeit und Umständen nach benommen und andern durch Kraft und 25 Kühnheit den Weg gebahnt, läßt sich aus der Hochschäzung erkennen, welche Baco von Verulam, obgleich nicht mit seiner Lehre durchaus einstimmig, über ihn zu äußern pflegt.

Wir wollen aber, wenn wir die Dinge beffer an= zusehen glauben, hierüber nicht allzusehr triumphiren, sondern vielmehr bescheidentlich bedenken, wie langsam sich der Mensch aus dem Irrthume erhebt, um sich gegen die Wahrheit zu wenden; viel geschwinder kehrt s er sich vom Wahren zum Falschen. Jeder möge in seinen eignen Busen greifen!

25.

Symbol it.

Anthropomorphismus der Sprache.

In der Geschichte überhaupt, besonders aber der 10 Philosophie, Wissenschaft, Religion, fällt es uns auf, daß die armen beschränkten Menschen ihre dunkelsten subjectiven Gefühle, die Apprehensionen eingeengter Zustände in das Beschauen des Weltalls und dessen hoher Erscheinungen überzutragen nicht unwürdig finden.

15

Zugegeben daß der Tag von dem Urquell des Lichts ausgehend, weil er uns erquickt, belebt, erfreut, alle Verchrung verdiene, so folgt noch nicht daß die Finster= niß, weil sie uns unheimlich macht, abkühlt, einschläfert, sogleich als böses Princip angesprochen und 20 verabscheut werden müsse; wir sehen vielmehr in einem solchen Verfahren die Kennzeichen düster-sinnlicher, von den Erscheinungen beherrschter Geschöpfe.

Wie es damit in der alten Symbolik ausgesehen, davon gibt uns Nachstehendes genugsames Zeugniß. ,,Bedeutend wird endlich, daß der finstere Thaumas, zugleich mit den Harpyien, die Göttin des Regen= 5 bogens, die siebenfarbige Iris gezeugt hat. Es sind aus der Finsterniß, mit der weißen Farbe der Kälte, alle Farben des Lichts und des Feuers entsprungen, und selbst der böse Ariman, die ewige geistige Finsterniß, soll die Farben ausgeströmt haben."

10

Kanne, Pantheum S. 339.

26.

Würdigste Autorität.

L'azzurro dell' aria nasce dalla grandezza del corpo dell' aria alluminata, interposta fra le tenebre superiori e la terra. L'aria per sè non ha qualità 15 d' odori, o di sapori, o di colori, ma in sè piglia le similitudini delle cose che dopo lei sono collocate, e tanto sarà di più bell' azzurro quanto dietro ad essa saranno maggiori tenebre, non essendo essa di troppo spazio, nè di troppa grossezza d' umidità; 20 e vedesi ne' monti che hanno più ombre, esser più bell' azzurro nelle lunghe distanze, e così dove è più alluminato, mostrar più il color del monte che dell' azzurro appicatogli dall' aria che infra lui e l' occhio s' interpone.

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