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Physisch,
Chemisch,

Organisch,

Psychisch,

Ethisch,

Religios,

Genial.

Da nunmehr aber der Raum nicht gestattet noch irgend einen bedeutenden Auffah einzurücken und wir außerdem noch wünschen auf künftige Hefte, deren 10 Herausgabe uns gegönnt sein möge! vorläufig hin= zudeuten; so laffen wir Warte-Steine vorragen, damit man ahne, daß da wo unser Gebäude mangelhaft oder unausgeführt erscheinen könnte, noch wohl mancher Flügel nach unserm Entwurf zu verbinden und an= 15 zubauen sein möchte.

Aus Überzeugung, das Wahre könne durch Controvers gar leicht verrückt, verschoben und verdeckt werden, haben wir den Gegnern bisher nicht geantwortet, und sie wußten sich unserer Schweigsamkeit, diese vollen 20 zehen Jahre her, zu ihrem Vortheile gar trefflich zu bedienen. Einstimmig deuteten sie mein Stillschweigen dahin, daß ich mich selbst für widerlegt halte, da ich nach ihrer Überzeugung genugsam widerlegt sei.

Ich aber finde es nun gerade an der Zeit dagegen 25 auszusprechen: daß sämmtliche Gegner, wie ich sie oben genannt und bezeichnet, nichts gethan als die

alten Irrthümer zu wiederholen, welche durch meine Arbeiten zur Farbenlehre längst widerlegt und aufgeklärt sind; wobei ich zugleich versichere, daß ich meine Sammlung von Phänomenen noch immer für 5 vollständig genug und meine Weise sie zu stellen, höchst vortheilhaft halte: wie sich dann die neuent= deckten entoptischen Farben sogleich den übrigen schon bekannten physischen Farben willig angeschlossen haben, anstatt daß die Schule bei jeder neuen Erscheinung 10 eine neue und immer seltsamere Modification des Lichts entdecken wollte.

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In Bezug auf die Seite 319 eingeheftete Tafel, welche keiner weitern Erklärung bedarf, und nach An15 leitung derselben, fügen wir noch einiges hinzu.

Die physiologe Abtheilung ist genau nach meiner Farbenlehre schematisirt, doch dabei zu bemerken, daß die glücklichen Bemühungen des Herrn G. St. R. Schulz zu Berlin und des Herrn Pr. Purkinje zu Prag dieser 20 Lehre abermalige Begründung, weitere Ausdehnung, genauere Bestimmung und frischen Glanz verliehen. Diese denkenden Beobachter führen solche immer tiefer in das Subject hinein, so daß aus dem Sinne des Sehens sich endlich die höchsten Geistes-Functionen

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entwickeln. Ich werde nicht verfehlen so treffliche Arbeiten auch von meiner Seite dankbar anerkennend zu benutzen.

Aus der physischen Abtheilung sprechen wir zuerst von den dioptrischen Farben der ersten Klaffe, s die Lehre vom Trüben abermals einschärfend. Hier kommen wir nochmals auf die falsche Ableitung des Himmelblauen zurück. Man will das atmosphärische Blau in die vorhergehende Abtheilung sehen und es zu einer physiologen Farbe machen. (S. 342.)

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Kein größerer Schade kann der Wissenschaft ge= schehen als die ewigen Neuerungen im Erklären: denn da alles Erklären ein Herleiten ist, so zerreißt jede falsche Erklärung den Faden der durch's Ganze durch= gehen soll, und die Methode ist zerstört. Auf diese is Weise kann man, indem man sich meiner Farbenlehre bedient, fie freilich zerstückeln.

Nun aber sei von jener anempfohlenen Vorrichtung gesprochen: man soll mit dem einen Aug' durch eine schwarze enge Röhre sehen. Warum denn 20 schwarz? zur Täuschung ganz zweckmäßig: denn im Gegensatz vom Dunklen wird das Helle heller und jede Farbe nähert sich dem Weißen. Warum denn eng? gleichfalls Verirrung begünstigend: das Auge empfängt das zu Unterscheidende im geringsten Maße 25 und wird in den Fall gesezt von dem eindringenden Licht geblendet zu werden. Das ist gerade der

Newtonische Geist, der noch über den Häuptern der Naturforscher waltet.

Bei der sonderbaren Witterung des vergangenen Decembers, wo das Himmelblau schöner war als es 5 sonst bei uns zu sein pflegt, war das Blau beiden Augen, dem eingeschränkten sowohl als dem freien, vollkommen sichtbar; ich schaute durch eine innerlich geschwärzte Röhre einen Zoll im Durchmesser, diesen mußte sie haben, wenn sie den Augapfel faffen sollte, 10 eine weiße ließ wenig Unterschied bemerken.

Schon de Sauffure mußte, auf seinen Bergreifen und bei Einrichtung des Khanometers, sich der rechten Ableitung nähern, wie sie unsere Vorfahren längst ge= kannt und ausgesprochen hatten (S. 393). Es ist aber 15 mit dem Wahren völlig wie mit dem Bernstein in den Dünen, es thäte Noth man triebe Bergbau drauf.

Wenn bei dunstvollem Himmel die Bläue sich in's Weiße verlieren kann, so zeigt sich der Gegensatz sehr schön in der Erfahrung eines neueren Reisenden, des 20 Herrn Hofr. v. Hamel von Petersburg, welcher, auf seinen merkwürdigen und gefahrvollen Wanderungen zum Montblanc, den hochblauen Himmel, neben den glänzenden aufgethürmten Eismassen, beinahe schwarz gesehen. Dieß alles beruht auf mehr oder weniger 25 Dunst und starkem Contrast.

Und so hängen die Phänomene zusammen, wie wir sie in unserer Farbenlehre gewissenhaft dargestellt haben.

Zu den paroptischen Farben bemerken wir Folgendes: Bei eintretender Sonnenfinsterniß am 7. September 1820 hatte jemand den glücklichen Gedanken auf eine Fläche vertical eine Nadel aufzu= stecken, und bemerkte, wie zu vermuthen war, bei voll= s kommen ringförmiger Verfinsterung zwei Schatten; welches auf eine einfache Weise abermals beweis't, wovon wir längst überzeugt sind, daß die Sonne ihre Strahlen nicht parallel, sondern kreuzweis zu uns sendet, und daß es daher unmöglich sei einen ein- 10 zelnen Sonnenstrahl durch das kleine Löchlein in die dunkle Kammer zu lassen. Daher ist es ein über= eilter Schluß, wenn wir das, hinter der Öffnung aufgefangene, die Größe derselben weit überschreitende Bild einer Beugung und sodann das Erscheinen ge= 15 wisser farbiger Säume einer Decomposition des Lichtes zuschreiben: denn die farbigen Streifen sind und bleiben Halbschatten, durch streitende, sich kreuzende Halblichter hervorgebracht; wie unsere Farbenlehre im Capitel von paroptischen Farben umständlich darthut. 20 Wer Ernst, Lust und Liebe hat, kann sich durch jeden Schein und Gegenschein davon überzeugen; wo sich denn, weil ein Phänomen immer auf's andere hindeutet, die Lehre von den farbigen Schatten unmittel= bar anschließt.

Herr Fraunhofer in München hat die paroptischen Farben in's Gränzenlose getrieben und das Mikroskop dabei angewendet, auch seine Erfahrungen mit den

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