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Viereck, auf schwarzem Grunde, bis zur Täuschung gesehen haben, uns an zwei Hälften eines Vierecks, von gleicher Farbe sichtbar wird, wie es denn an dem mennigrothen kleinen Vierecke am allerauffallendsten ist, so werden wir dadurch abermals auf die farbigen Ränder, ihre Strahlungen und auf die Wirkungen ihrer homogenen oder heterogenen Natur zu den Flächen, an denen sie erscheinen, aufmerksam gemacht.

§ 117.

Ich überlasse den Beobachtern die mannichfaltigen Schattirungen der halb auf Schwarz halb auf Weiß 10 befestigten Vierecke selbst zu vergleichen, und bemerke nur noch die scheinbare conträre Verzerrung, da Roth und Gelb auf Schwarz hinaufwärts, auf Weiß herunterwärts, Blau auf Schwarz herunterwärts und auf Weiß hinaufwärts gezogen scheinen.

§ 118.

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Es bleibt mir, ehe ich schließe, noch übrig, die schon bekannten Versuche noch auf eine Art zu vermannichfaltigen. Es stelle der Beobachter die Tafel dergestalt vor sich, daß sich der schwarze Theil oben und der weiße unten befindet; er betrachte durch's Prisma 20 eben jene Vierecke, welche halb auf schwarzem halb auf weißem Grunde stehen, nun horizontal neben einander; er wird bemerken, daß das rothe Viereck durch einen Ansah zweier rothen Ränder gewinnt, er wird bei ge= nauer Aufmerksamkeit die gelbe Strahlung von oben 25

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herein auf der rothen Fläche bemerken, die untere gelbe Strahlung nach dem Weißen zu wird aber viel deutlicher sein.

§ 119.

Oben an dem gelben Viereck ist der rothe Rand sehr 5 merklich, die gelbe Strahlung identifiirt sich mit der gelben Fläche, nur wird solche etwas schöner dadurch. Der untere Rand hat nur wenig Roth und die gelbe Strahlung ist sehr deutlich. Das hellblaue Viereck zeigt oben den dunkelrothen Rand sehr deutlich, die gelbe 10 Strahlung vermischt sich mit der blauen Farbe der Fläche und bringt ein Grün hervor, der untere Rand geht in eine Art von Violett über, die gelbe Strahlung ist blaß. An dem blauen Viereck ist der obere rothe Rand kaum fichtbar, die gelbe Strahlung bringt herunterwärts ein 15 schmutziges Grün hervor; der untere rothe Rand und die gelbe Strahlung zeigen sehr lebhafte Farben.

§ 120.

Wenn man nun in diesen Fällen bemerkt, daß die rothe Fläche durch einen Ansah auf beiden Seiten zu gewinnen, die dunkelblaue wenigstens von einer 20 Seite zu verlieren scheint: so wird man, wenn man die Pappe umkehrt, daß der weiße Theil oben und der schwarze unten sich befindet, das umgekehrte Phänomen erblicken.

§ 121.

Denn da nunmehr die homogenen Ränder und 25 Strahlungen an den blauen Vierecken entstehen und

sich mit ihnen verbinden: so scheinen sie beide ver= größert, ja ein Theil der Flächen selbst schöner gefärbt und nur eine genaue Beobachtung wird die Ränder und Strahlungen von der Farbe der Fläche selbst unterscheiden lehren. Das Gelbe und Rothe dagegen werden nunmehr von den heterogenen Rändern eingeschränkt. Der obere blaue Rand ist an beiden fast gar nicht sichtbar, die violette Strahlung zeigt sich als ein schönes Pfirschblüth auf dem Rothen, als ein sehr blaffes auf dem Gelben, die beiden untern Ränder 10 sind grün, an dem Rothen schmuzig, lebhaft an dem Gelben, die violette Strahlung bemerkt man unter dem Rothen sehr wenig, mehr unter dem Gelben.

§ 122.

Es lassen sich diese Versuche noch sehr vervielfältigen, wie ich denn hier die farbigen Ränder der dunkel- 15 rothen, hochgelben, grünen und hellblauen Vierecke, die sich auf der einen Seite der Tafel gleichfalls zwischen dem Schwarzen und Weißen befinden, nicht umständlich beschreibe und hererzähle, da sie sich jeder Beobach= ter leicht selbst deutlich machen und sich auf's neue 20 überzeugen kann, daß die farbigen Vierecke neben einander deßwegen durch's Prisma verschoben erscheinen, weil der Ansaß der homogenen und heterogenen Ränder eine Täuschung hervorbringt, die wir nur durch eine sorgfältige Reihe von Erfahrungen rectificiren können. 25

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XI.

Nach erinnerung.

Ich beschließe hiermit vorerst den Vortrag jener prismatischen Erfahrungen, welche ich die subjectiven nennen darf, indem die Erscheinungen in 5 dem Auge des Beobachters vorgehen, wenn ohne Prisma an den Objecten, welche gesehen werden, eine Spur des Phänomens nicht leicht zu entdecken ist.

Es leiten sich alle diese Versuche von einer einzigen Erfahrung ab, nämlich: daß wir nothwendig zwei 10 entgegengesetzte Ränder vor uns stellen müssen, wenn wir sämmtliche prismatische Farben auf einmal sehn wollen, und daß wir diese Ränder verhältnißmäßig an einander rücken müssen, wenn die von einander getrennten einander entgegengesezten Erscheinungen sich 15 verbinden und eine Farbenfolge durch einen gemischten Übergang darstellen sollen.

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Ich habe meine Bemühungen nur darauf gerichtet, die einfachen Erfahrungen in so viele Fälle zu vermannichfaltigen als es mir jetzt möglich war und nüglich schien, und ich hoffe daß man meine Arbeit nicht deßwegen geringer schäßen wird, weil sich alle von mir vorgetragenen Versuche auf einen einzigen wieder zurück bringen lassen. Die unzähligen Opera= tionen der Rechenkunst lassen sich auf wenige Formeln

reduciren und die Magnetnadel zeigt uns eben darum den Weg von einem Ende des Meers zum andern, sie hilft uns aus den verworrensten unterirdischen Labyrinthen, läßt uns über Thäler und Flüsse das Maß finden, und gibt uns zu vielen ergöglichen Kunststücken 5 Anlaß, eben weil sie sich unveränderlich nach einem einfachen Gesetze richtet, das auf unserm ganzen Planeten gilt, und also überall ein gewisses Hier und Dort angibt, das der menschliche Geist in allen Fällen zu bemerken und auf unzählige Art anzuwenden und zu 10 benutzen versteht.

Ein solches Gesetz kann gefunden, deutlich gemacht und tausendfältig angewendet werden, ohne daß man eine theoretische Erklärungsart gewählt oder gewagt hat.

Darf ich mir schmeicheln, in einer so durchgear- 15 beiteten Materie, als die Lehre von den Farben ist, etwas Nüßliches und Zweckdienliches zu leisten: so kann ich es nur alsdann, wenn ich die vielen Versuche, welche bezüglich auf Entstehung der Farben von so vielen Beobachtern angestellt worden und die überall 20 zerstreut liegen, zusammenbringe, und sie nach ihrer natürlichen Verwandtschaft ohne weitere Rücksicht in Ordnung stelle.

Man wird mir verzeihen, wenn ich nicht gleich an= zeige, woher ich sie nehme, wo und wie sie bisher vor= 25 getragen worden, wie man sie zu erklären gesucht, und ob sie dieser oder jener Theorie günstig scheinen. Was für Kenner überflüssig ist, dürfte den Liebhaber

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