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Dritte Klasse.

Die übrigen Verwandten.

Art. 32. Die übrigen Verwandten des Erblassers gelangen nur dann zur gesetzlichen Erbfolge, wenn von den in den zwei vorigen Klassen benannten Personen niemand vorhanden ist.

Art. 33. Der nähere Verwandte schliesst in dieser Klasse jederzeit den entfernteren aus.

Art. 34. In dieser Klasse wird überhaupt nach Häuptern geerbt. *)

Anm. Die Verschiedenheit der Verwandtschaft (ob einoder zweibändig) hat in dieser Klasse keine Bedeutung mehr; einund zweibändige Verwandte erhalten gleichviel; K.-G. 1875, S. 1; vgl. auch Art. I des Gesetzes vom 30. Juni 1819, Nr. XVIII hienach. *) Zu Art. 32-34.

DA

E

a) Die Tante A schliesst die Vettern und Basen a-d aus.

A, im 3. Grade, erbt allein.

a, b, c und d, sämtlich im 4. Grade, erben nicht.

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b) Die im 4. Grade verwandten Vettern A und B schliessen alle andern, im 5. Grade Verwandten a, b, c, d und e gänzlich aus.

A erhält die eine Hälfte, B die andere.

Art. 35. Verwandte, welche weiter als im zehnten Grade mit dem Erblasser verwandt sind, haben keinen Anspruch mehr auf die Erbfolge. 1)

Zweiter Titel.

Vorschrift über die Zählung der Grade der
Verwandtschaft.

(Siehe Tabelle auf Seite 217.)

Art. 36. Die Nähe der Verwandtschaft wird durch die Zahl der Zeugungen bestimmt. Der Grad ist die Entfernung der Verwandten. Jede Zeugung (Generation) heisst ein Grad.

Art. 37. Die Folge der Grade bildet die Linie; die Linie ist eine Reihe von Verwandten und ist eine gerade oder aber eine Seitenlinie.

Art. 38. Die gerade Linie ist die Folge der Grade zwischen Personen, wo eine von der andern abstammt.

Art. 39. Die gerade Linie wird im Aufsteigen oder im Absteigen betrachtet.

Die aufsteigende gerade Linie ist jene, welche den Abstämmling mit denen verbindet, von welchen er abstammt. Die absteigende gerade Linie ist jene, welche die Stammeltern mit den Abstämmlingen verbindet.

Art. 40. In gerader Linie zählt man so viel Grade, als es Zeugungen zwischen den Personen gibt, z. B. der Vater ist mit dem Sohne im ersten, der Enkel mit dem Grossvater im zweiten Grade verwandt und umgekehrt.

Art. 41. Die Seitenlinie ist die Folge der Grade zwischen Personen, welche zwar nicht von einander abstammen, die aber von einem gemeinschaftlichen Stammvater herkommen.

Art. 42. In der Seitenlinie berechnet man die Grade oder die Entfernung der Verwandten ebenfalls nach Zeugungen, und es wird von einem der Verwandten bis zu dem

1) Vgl. Art. 52. Der Nachlass fällt in einem solchen Falle dem Staate anheim, wenn nicht über denselben testamentarisch oder durch Erbvertrag verfügt worden ist.

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gemeinschaftlichen Stammvater, diesen nicht eingeschlossen, und von diesem bis zu den andern Verwandten hinübergezählt, z. B. zwei Brüder befinden sich im zweiten Grade; des Vaters Bruder (Oheim) und der Schwester oder Bruders Sohn (Neffe) im dritten Grade; Kinder von Geschwistern im vierten Grade.

Dritter Titel.

Wie Uneheliche erben und beerbt werden.

Art. 43. Alle ausser der Ehe erzeugten Kinder 1) erben ihre Mutter gleich ehelichen Kindern. Auf die väterliche Verlassenschaft hingegen oder auf Repräsentation im Namen des Vaters 2) haben sie keine Rechte.

Anm. Die Vorschriften von Art. 43 und 45 kommen (unter Vorbehalt des Art. 22 Abs. 2 des B.-G. über zivilrechtliche Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter, Nr. XXIV) bei allen Erbschaften zur Anwendung, die auf st. gallischem Territorium eröffnet werden, ohne Rücksicht auf die Heimatangehörigkeit der Erben; K.-G. 1892, Nr. 9.

Art. 44. Gleichfalls erben alle ausser der Ehe erzeugten Kinder 1) die Aszendenten ihrer Mutter 3) gleich ehelichen in aufsteigender gerader Linie.

Art. 45. In der Seitenlinie1) haben Uneheliche keinen Anspruch auf Erbschaft. Nur unehelich erzeugten zwei- oder einbändigen Geschwistern 5) von einer Mutter ist gestattet, sich wechselseits zu beerben.

Art. 46. Dem Art. 13 gemäss können nur diejenigen Personen Uneheliche beerben, bei welchen nach obigen Vorschriften auch diese Unehelichen als Erben eintreten können.

1) Vgl. Art. 3 und 4 des Gesetzes betreffend Zivilstandsverhältnisse von Ehefrauen nach Auflösung der Ehe und von unehelichen Kindern, S. 2 hievor; ferner Art. 37 des Vormundschaftsgesetzes, S. 42 hievor. 2) d. h. sie erben auch nicht an Stelle des verstorbenen Vaters. Vgl. Art. 95.

3) Vgl. über den Begriff der Aszendenten Note 4 auf S. 207 hievor. 4) Vgl. Art. 41 hievor.

5) Vgl. Note 5 auf S. 207 hievor.

Vierter Titel.

Von den Rechten des überlebenden Ehegatten und jenen des Staates und der Gemeinden.

Art. 47. Der überlebende Ehegatte des Erblassers, insofern derselbe nicht rechtlich und durch gänzliche Auflösung des Ehebandes von ihm geschieden war, 1) erhält von dem hinterlassenen Vermögen desselben, wenn er mit den Kindern oder ihren erbfähigen Nachkömmlingen eintritt, einen Kindesteil gleich den Kindern des ersten Grades als Eigentum.2) Seine Nutzniessungsrechte sind ferner in Art. 219 zu ersehen.

Art. 48. Wenn keine Kinder des Erblassers, noch erbfähige Abkömmlinge derselben vorhanden sind, so erhält der überlebende Ehegatte, insofern derselbe nicht rechtlich und durch gänzliche Auflösung des Ehebandes von dem Erblasser geschieden war, 1) jederzeit die Hälfte des hinterlassenen Vermögens als Eigentum. Die andere Hälfte wird nach den weiteren Verfügungen unter die Verwandtschaft geteilt.

Art. 49. Hinterlässt der Erblasser auch keine erbfähigen Verwandten, so erhält der ermeldete überlebende Ehegatte das ganze Vermögen des Erblassers.

Art. 50. Erbschaften von unehelichen Kindern, welche ohne erbfähige Nachkömmlinge, ohne erbfähige Verwandtschaft mütterlicherseits und ohne einen überlebenden Ehegatten, ohne Vermächtnis oder Erbvertrag sterben, fallen der Gemeinde zu, in welcher sie das gesetzliche Heimatsrecht besassen.

Anm. 1) Solche Erbschaften sind dem ortsbürgerlichen Armenfond der Heimatgemeinde des Erblassers zuzuweisen; A.-BI. 1901 I, S. 489. - 2) Die Bestimmung bezieht sich nur auf st. gallische, nicht auf ausserkantonale Gemeinden; M. Nr. 1519; handelt es sich somit um die im Kanton St. Gallen eröffnete Erbschaft eines in einem andern Kanton heimatberechtigten unehelichen Kindes, auf welches die Bedingungen des Art. 50 im übrigen zutreffen, so gilt der Nachlass als erblos (Art. 52).

1) Bei blosser Scheidung von Tisch und Bett bleibt demnach das gesetzliche Erbrecht bestehen.

2) Vgl. Art. 96 hienach.

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