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Achter Titel.

Von der Berichtigung.

Art. 242. Der Zweck der Berichtigung ist die Herstellung des gesetzlichen Pflichtteils und sie hat daher jederzeit zu geschehen, wenn derselbe verletzt ist.1) 2)

Art. 243. Da der Pflichtteil nach dem Bestande der Verlassenschaft abzumessen ist, so können nur jene Vermächtnisse in die Berichtigung fallen, wodurch der Pflichtteil verletzt worden ist.3)

Schenkungen, welche der Erblasser unter Lebenden machte, kommen in keine Berücksichtigung, insofern dieselben nicht zu gunsten des überlebenden Ehegatten geschehen sind, welcher allein schuldig ist, solche bei verletztem Pflichtteile berichtigen zu lassen.

Art. 244. Nur diejenigen, welche den Pflichtteil fordern können, dürfen die Berichtigung verlangen.

Art. 245.4)

Art. 246. Bei der Berichtigung lässt sich das Bezirksgericht den Vermögenszustand des Erblassers zur Zeit seines Todes vorlegen. 5)

Es bringt alsdann seine sämtlichen Vermächtnisse und die allfälligen Schenkungen unter Lebenden, welche an den überlebenden Ehegatten gemacht worden,) in Anschlag.

Nachdem dergestalt die eigentliche Verlassenschaft hergestellt ist, berechnet das Bezirksgericht, um wieviel der Erblasser durch seine Verfügungen den gesetzlichen Pflichtteil geschmälert habe.

Anm. Eine vom Erblasser gestiftete Rente fällt mit ihrem Kapitalwert in Berichtigung; S. Nr. 239.

1) Vgl. Art. 93 ff. und Nr. XXIV hienach, Art. 27.

2) Vgl. aber Art. 252.

3) Vgl. Art. 247.

4) Ersetzt durch Art. 28 Ziff. 2 lit. b und Art. 244 des Gesetzes betr. die Zivilrechtspflege, lautend:

"Art. 28 Ziff. 2 lit. b. Das Bezirksgericht beurteilt a) erstinstanzlich; b) die Begehren auf . und die Klagen wegen Pflichtteilver

letzung gemäss Art. 242 ff. des Erbgesetzes.“

"Art. 244. Das Verfahren bei andern aus dem Erb- und Vormundschaftsgesetz abgeleiteten Rechtsbegehren richtet sich nach

den besondern Bestimmungen der bezüglichen Spezialgesetzgebung.“

5) Vgl. Art. 204.

6) Vgl. Art. 243.

Art. 247. Um dasjenige zu erholen, welches der Erblasser unbefugterweise und zum Schaden des Pflichtteiles veräusserte, wird von allen Vermächtnissen, unter welchem Titel sie auch geschehen sein mögen, nach dem Verhältnisse ihres Betrages, sowie auch von den Schenkungen, welche von dem Erblasser an den Ehegatten gemacht worden, der Abzug festgesetzt.

Art. 248. Jene Vermächtnisse, für welche sich der Erblasser vorzugsweise erklärt hat, sollen aber zuletzt angegriffen und nur dann aufgehoben werden, wenn die übrigen nicht zureichen, den Teil des Vermögens herzustellen, welchen er gesetzlich hinterlassen sollte.

Neunter Titel.

Von den durch das Gesetz ausgeschlossenen Erben und Vermächtnisnehmern.

Art. 249. Diejenigen sind von der Erbfolge oder von der Vermächtnisnahme von Rechtswegen ausgeschlossen, ') welche verurteilt wurden, vorsätzlicherweise und in der Absicht, ein Erbe an sich zu bringen, den Erblasser getötet, zu seinem Tode wissentlich beigewirkt, auch nur einen Versuch gegen das Leben des Erblassers gewagt oder solchen begünstigt zu haben.

Da diese durch das Gesetz Ausgeschlossenen ihre Rechte verlieren, so können sie auch nicht repräsentiert werden. 2)

Art. 250. Jene, welche eine verleumderisch erkannte Kriminalklage gegen den Erblasser erhoben hatten, sind ebenfalls von der Erbfolge oder Vermächtnisnahme ausgeschlossen.

Den Erben wird aber in diesem Falle das Repräsentationsrecht 2) nicht benommen; doch soll in diesem, sowie im Falle des vorhergehenden Artikels nach Stämmen oder Häuptern geerbt werden, wie geschehen sein würde, wenn der Vater selbst eingetreten wäre.

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Art. 251. Wer den Erblasser an Errichtung, Abänderung oder Widerrufung eines Vermächtnisses tätlich hindert, oder denselben betrügt und geflissentlich irreführt, verliert alle Vorteile, welche ihm durch irgend eine Verfügung des Erblassers von Todeswegen zuwachsen könnten; den besonderen Strafen unvorgegriffen, welche von Rechtswegen auf ihn warten.

Zehnter Titel.

Von der Enterbung.

Art. 252. Der Erblasser kann nur dann enterben, das heisst, jenen den Pflichtteil entziehen, welchen er kraft des Gesetzes zukömmt, wenn sie ihm in hilfsbedürftigen Umständen, liebloser Weise die anständige Pflege und Aufnahme verweigert hätten.

XVIII.

Gesetz

betreffend

einige erläuternde Bestimmungen zum Gesetz über die Erbfolge.

Vom 30. Juni 1819.

I. In Erläuterung des Artikels 12 des Erbfolgegesetzes:

Der Artikel 12 des erwähnten Gesetzes über die Erbfolge in Betreff eines mehrfachen Anteiles der Verwandten nach der Vielfachheit des Bandes ist in jenen Fällen, in welchen nach Häuptern geerbt wird, nicht anwendbar.

II. In Erläuterung der Art. 60 und 73 des Erbfolgegesetzes: 1. Wenn ein Erblasser, der gegen den Gang der gesetzlichen Erbfolge ein Vermächtnis errichtet, in demselben der

Armenkassa nach der Vorschrift des Art. 60 wenigstens zwei vom Hundert des Betrages gedachter Vermächtnisse zu verschreiben unterlässt, so kann zwar deswegen sein letzter Wille keineswegs als nichtig betrachtet werden; allein die betreffende Armenkassa hat die obbesagten Zwei vom Hundert als Schuld von der Verlassenschaft zu beziehen.1)

2. Derjenige, welcher nach Art. 73 ein Vermächtnis in seine Verwahrung übernimmt, sei es der Bezirks- oder Gemeindammann, oder einer der Zeugen, ist gehalten, eine förmliche Bescheinigung des Empfanges auszuhändigen und auf den erfolgten Todesfall des Erblassers dem Gemeinderate der betreffenden Gemeinde Anzeige zu geben, dass der Verstorbene ein Vermächtnis errichtet habe.

II. In Erläuterung der Art. 65, 67, 79 und 111
des Erbfolgegesetzes:

1. Der Schreiber eines nach den Vorschriften des Art. 65 errichteten Vermächtnisses, welches der Erblasser mit seinem eigenen Namen unterschreibt und bekräftigt, kann auch als gültiger Vermächtniszeuge nach Art. 67 angesehen werden, wenn ihm keine der durch Art. 85 vorgeschriebenen Eigenschaften eines rechtlichen Zeugen abgehen.

2. Jedes andere Vermächtnis, wobei der Erblasser weder lesen noch schreiben kann oder körperlicher Umstände wegen seinen Namen nicht eigenhändig zu unterzeichnen vermag, ist nach den Regeln des Art. 79 amtlich zu errichten, wenn nicht die Vorschriften des Art. 75 über mündliche Vermächtnisse eintreten müssen.

3. Wenn ein Zeuge, den Vorschriften des Art. 85 zuwider, gegen einen Vermächtnisnehmer verwandt, ansonst aber ein zulässiger Zeuge wäre, so kann nach den Bestimmungen des Art. 111 der letzte Wille nur in demjenigen Punkte als nichtig betrachtet werden, für welchen nicht die vorgeschriebene Anzahl unparteiischer Zeugen vorhanden ist.

1) An Stelle der Armenkassa tritt die Polizeikassa der politischen Gemeinde, siehe Art. 60 Note 1.

XIX.

Bekanntmachung der Staatskanzlei

betreffend

die Fertigung und Aufbewahrung von Erbverträgen.

Vom 1. März 1839.

Wiederholt ist die Einfrage beim Kleinen Rate gemacht worden: ob Erbverträge, die bei dem Gemeindamte statt früher bei dem Kreisammann zu Protokoll gegeben werden, als gültig zu betrachten seien? Nach Ansicht der Art. 124 und 125 des Erbfolgegesetzes hat derselbe hierauf beschlossen: es sei das Bezirksamt die kompetente Stelle, von welcher Erbverträge zu Protokoll genommen werden müssen. Unter dem Ausdrucke: „zu Protokoll nehmen" ist aber nicht zu verstehen, dass dergleichen Verträge in Originalform in ein Buch gebracht werden müssen; sondern dieselben sollen vor dem Bezirksammann oder durch ihn zu Papier gebracht, wie Testamente auf Stempel geschrieben und unterschrieben werden. Der Bezirksammann hat mit Sigill und amtlicher Unterschrift zu bezeugen, dass Inhalt und Unterzeichnung wahr und echt seien. Wollen dann die Parteien dergleichen Verträge anstatt zur Hand zu nehmen, in amtliche Verwahrung abgeben, so muss einem solchen Begehren in gleicher Art entsprochen werden, wie bei Testamenten (Art. 74 des Erbfolgegesetzes). Im Tagebuch des Bezirksammanns muss übrigens von der Amtshandlung, nämlich vom Datum und dem Namen der betreffenden Person, nicht aber vom Inhalte oder Wortlaute des Vertrages selbst Vormerkung gemacht werden.

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