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Befand sich nur einer der Ehegatten in gutem Glauben, so hat die Ehe nur für diesen und für die Kinder die bürgerlichen Folgen einer giltigen Ehe.

Waren endlich beide Ehegatten in bösem Glauben, so treten die bürgerlichen Folgen einer giltigen Ehe nur für die Kinder ein.1)

Art. 56. In Bezug auf Ehen zwischen Ausländern darf eine Scheidungs- oder Nichtigkeitsklage von den Gerichten. nur dann angenommen werden, wenn nachgewiesen wird, dass der Staat, dem die Eheleute angehören, das zu erlassende Urteil anerkennt.2)

Anm. 1) Wenn der Nachweis nicht erbracht werden kann, so darf auch nicht eine Klage auf bloss temporäre Trennung angebracht und geschützt werden; K.-G. 1889, Nr. 19. 2) Der Nachweis ist nicht notwendig, wenn der klagende Teil neben dem ausländischen auch ein schweizerisches Bürgerrecht besitzt und in der Schweiz wohnt; K.-G. 1901, Nr. 13; Entscheidung des Bundesgerichts Bd. XXVII T. I, S. 180. 3) Ehescheidungsurteile zuständiger ausländischer Gerichte über Ehen von Ausländern müssen hierorts anerkannt und daher auch zur Vollstreckung zugelassen werden, sowohl bezüglich der Hauptsache, wie der Zuteilung der Kinder, gleichgültig, ob letztere bloss provisorisch oder definitiv sei; M. Nr. 1443. Vgl. auch Art. 28 Abs. 2 Anm. 2 des Gesetzes betr. das Verfahren in Ehestreitsachen etc. S. 21 hievor.

Art. 57. Alle Urteile betreffend Ehescheidungen oder die Nichtigkeit einer Ehe sind von den Gerichten, welche dieselben ausgesprochen haben, den Zivilstandsbeamten des Wohnortes und der Heimatgemeinde sofort mitzuteilen und von diesen am Rande des entsprechenden Traueintrages im Eheregister vorzumerken.3)

1) Vgl. Art. 39, Note 6 des Vormundschaftsgesetzes, S. 42 hievor. 2) Vgl. Art. 1 Abs. 3 des Gesetzes über das Verfahren in Ehestreitsachen und die Folgen der Ehescheidung, S. 11, und Note 1 auf S. 11 hievor, über die Schwierigkeiten, diesen Nachweis beizubringen. 3) Vgl. Art. 11 der kantonalen Vollzugsverordnung: „Die Gerichte haben die in Rechtskraft erwachsenen Urteile betreffend Ehescheidungen oder die Nichtigkeit einer Ehe den Zivilstandsbeamten des Wohnortes und der Heimatgemeinde der Beteiligten mitzuteilen." Vgl. ferner Kreisschreiben des schweizer. Bundesrates vom Jahr 1885 (Amtsblatt 1885, S. 437), wonach die Urteile, welche nur temporäre Scheidung aussprechen, nicht an die Zivilstandsbeamten mitzuteilen sind und wonach ferner die Zivilstandsbeamten vor der Eintragung eines definitiven Scheidungsurteiles sich jeweilen bescheinigen lassen sollen, dass dasselbe infolge unbenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfristen in Rechtskraft erwachsen sei.

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F. Strafbestimmungen.

Art. 58. Die Zivilstandsbeamten haften den Beteiligten für allen Schaden, welchen sie ihnen durch Vernachlässigung oder Verletzung ihrer Pflicht zufügen.1)

Art. 59. Von Amtes wegen oder auf Klage hin sind zu bestrafen : 2)

1. Personen, welche den in den Artikeln 14, 15, 20 und 41 vorgeschriebenen Anzeigepflichten nicht nachkommen, mit Geldbusse bis auf 100 Franken.2)

2. Zivilstandsbeamte, welche die ihnen in diesem Gesetze auferlegten Pflichten verletzen, sowie Geistliche, welche gegen den Art. 40 des Gesetzes handeln, mit Geldbusse bis auf 300 Franken, im Wiederholungsfalle mit Verdoppelung der Busse und Amtsentsetzung.

Die Geistlichen haften den Beteiligten ebenfalls für die zivilrechtlichen Folgen.1)

Sämtlichen interessierten Parteien steht in Beziehung auf die Anwendung dieses Artikels gegen Urteile der kantonalen Gerichte der Rekurs an das Bundesgericht offen.

G. Schlussbestimmungen.

Art. 60. Die kantonalen Vollziehungsverordnungen zum gegenwärtigen Gesetz sind dem Bundesrate zur Genehmigung mitzuteilen.

Art. 61. Dieses Gesetz tritt unter Vorbehalt von Art. 89 der Bundesverfassung und des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, am 1. Januar 1876 in Kraft.

1) Vgl. Art. 18 der kantonalen Vollzugsverordnung: „Die Behandlung von Klagen gegen Zivilstandsbeamte oder Geistliche im Sinne von Art. 58 und 59 Ziff. 2 des Bundesgesetzes richtet sich nach dem ordentlichen Verfahren gegen Beamte." Siehe das bezügliche Gesetz über die Verantwortlichkeit der Beamten und Angestellten Nr. XXV hienach.

2) Vgl. Art. 17 der kantonalen Vollzugsverordnung. Zuständige Instanz ist darnach der Bezirksammann. Gegen seine Verfügungen kann Rekurs an die Gerichtskommission ergriffen werden; M. Nr. 1358.

Art. 62. Von diesem Zeitpunkte an sind aufgehoben: 1. Das Bundesgesetz über die gemischten Ehen vom 3. Dezember 1850;

2. das Nachtragsgesetz über die gemischten Ehen vom 3. Februar 1862;

3. das Konkordat vom 8. Juli 1808 (und 9. Juli 1818); 4. das Konkordat vom 4. Juli 1820;

5. das Konkordat vom 6. Juli 1821;
6. das Konkordat vom 14. August 1821;

7. das Konkordat vom 11. Juli 1829;

8. das Konkordat vom 15. Juli 1842;

9. das Konkordat vom 1. Februar 1855;

10. alle mit dem gegenwärtigen Gesetze im Widerspruch stehenden kantonalen Gesetze und Verordnungen.

H. Uebergangsbestimmungen.

Art. 63. Hat vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine dauernde oder zeitliche Scheidung von Tisch und Bett stattgefunden, so kann die gänzliche Scheidung verlangt werden, wenn der Grund, gestützt auf welchen die Scheidung von Tisch und Bett erfolgte, nach Mitgabe dieses Gesetzes zur gänzlichen Scheidung berechtigte.

Art. 64. Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass sämtliche auf den Zivilstand bezüglichen Register und Akten oder Kopien derselben, soweit es zu diesem Zwecke erforderlich ist, in den Besitz der bürgerlichen Behörden übergehen. Nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind die neuen Zivilstandsbeamten allein berechtigt, Bescheinigungen und Auszüge aus den Zivilstandsregistern auszufertigen.

Art. 65. Wo die bisherigen Personalregister nur der Taufe, nicht aber der Geburt erwähnen, kann der Taufschein an die Stelle des im Art. 30 lit. a dieses Gesetzes geforderten Geburtscheines treten.

XXIV.

Bundesgesetz

betreffend

die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter.

Vom 25. Juni 1891.1)

Erster Titel.

Die zivilrechtlichen Verhältnisse der schweizerischen Niedergelassenen und Aufenthalter in der Schweiz.

A. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1. Die personen-, familien- und erbrechtlichen Bestimmungen des Zivilrechtes eines Kantons finden auf die in seinem Gebiete wohnenden Niedergelassenen und Aufenthalter aus anderen Kantonen nach Massgabe der Vorschriften der folgenden Artikel Anwendung.

Art. 2. Wo dieses Gesetz nicht ausdrücklich den Gerichtsstand der Heimat vorbehält, unterliegen die Niedergelassenen und Aufenthalter in Bezug auf die in Art. 1 erwähnten zivilrechtlichen Verhältnisse der Gerichtsbarkeit des Wohnsitzes.

Der Richter hat das Zivilrecht eines andern Kantons von Amtes wegen anzuwenden. Vorbehalten bleiben die kantonalen Vorschriften betreffend die Beweiserhebung über Statutarund Gewohnheitsrecht.2)

Art. 3. Der Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes befindet sich an dem Orte, wo jemand mit der Absicht, dauernd zu verbleiben, wohnt.

1) In Kraft seit dem 1. Juli 1892; vgl. Art. 39 Note 3 auf S. 317. 2) Im Kanton St. Gallen bestehen keine solchen Vorschriften.

Die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs-, Pflege-, Versorgungs-, Heil- oder Strafanstalt begründet für dieselbe keinen Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes; ebensowenig der Aufenthalt an einem Orte zum Zwecke des Besuches einer Lehranstalt.

Der einmal begründete Wohnsitz einer Person dauert bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes fort.

Niemand hat an zwei oder mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz.

Art. 4. Als Wohnsitz der Ehefrau gilt der Wohnsitz des Ehemannes.1)

Als Wohnsitz der in elterlicher Gewalt stehenden Kinder gilt der Wohnsitz des Inhabers der elterlichen Gewalt.1)

Als Wohnsitz der unter Vormundschaft stehenden Personen gilt der Sitz der Vormundschaftsbehörde.

Art. 5. Wenn jemand in mehreren Kantonen heimatberechtigt ist, so gilt für die Anwendung der Bestimmungen. dieses Gesetzes als Heimat derjenige Heimatkanton, in welchem er seinen letzten Wohnsitz gehabt hat, und falls er seinen Wohnsitz niemals in einem der Heimatkantone gehabt hat, derjenige Kanton, dessen Bürgerrecht er oder seine Vorfahren zuletzt erworben haben.

Art. 6. Wenn in den Gebietsteilen eines und desselben Kantons nicht dieselben Rechtsnormen in Kraft bestehen, so gilt als Wohnsitzrecht eines Niedergelassenen oder Aufenthalters das Recht desjenigen Kantonsgebietes, in welchem derselbe wohnt, als Heimatrecht das Recht, welches in derjenigen Gemeinde in Kraft besteht, deren Bürger er ist.

Bei mehrfacher Heimatberechtigung in einem solchen Kanton findet die Vorschrift des Art. 5 entsprechende Anwendung.

B. Personen- und familienrechtliche Verhältnisse.
1. Persönliche Handlungsfähigkeit.

Art. 7. Die persönliche Handlungsfähigkeit der Ehefrau wird für die Dauer der Ehe durch das Recht des Wohnortes bestimmt.2)

1) Vgl. Art. 99 u. 100 des Vormundschaftsgesetzes, S. 67 ff. hievor. 2) Vgl. Art. 4 d. G. und Art. 99 Ziff, 1 des Vormundschaftsgesetzes.

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