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Medîna, von wo er fliehen mußte. Jedenfalls soll jener al-Hâdî Jaḥjâ der Ahnherr der noch heute in Jemen lebenden Imâme sein. Im Jahre 893 soll al-Hâdî Jaḥjâ nach Şa'da gekommen sein, wo er sich der Stadt bemächtigte, bald aber wieder weichen mußte. 897 konnte er nach Şa'da zurückkehren und eroberte auch Nağrân. Bald hatte er gegen die Qarmaten zu kämpfen, ebenso wie sein zweiter Sohn und Nachfolger Aḥmed en-Nâşir. Schon der Al-Hâdî Jahiâ hat Münzen mit seinem Namen prägen lassen.

Im Jahre 901 wurde auch Sanâ von dem Rassiden Imâm Al-Hâdî eròbert, jedoch 912 nahmen die Qarmațen die Stadt fort; 956 wurde sie durch den Rassiden Imâm von Şa'da al-Muchtâr zurückgewonnen. In allen wechselvollen Zeiten während mehr als tausend Jahren haben die zaiditischen Imâme sich in Jemen gehalten, gestützt besonders durch die im Lande sehr stark verbreiteten Anhänger ihrer religiösen Sekte. Es handelt sich bei der Herrschaft der Imâme also um einen Caesaro-Papismus im kleinen.

Wir sahen oben, daß die selğukischen Sultane von Ägypten, die Aijûbiden, 1173 Jemen durch Tûrân šâh binAijûb unterwerfen ließen, der im folgenden Jahre auch 'Aden und Sanâ einnahm. Die Herrschaft der Aijûbiden wurde zwar formell unter der Oberhoheit der 'AbbâsidenChalifen in Baghdâd ausgeübt, tatsächlich aber waren die Aijûbiden in Ägypten und somit auch in Jemen selbständig. Im Jahre 1215 kämpfte der Aijûbide el Mas ̊ûd, Sohn von el-Kâmil, mit Hilfe kurdischer und türkischer Truppen in Jemen auch gegen den Rassiden-Imâm al-Manşûr. Aus diesen Zeiten datiert der Anspruch von Ägypten und somit auch von dessen Rechtsnachfolger, der Türkei, auf Jemen. Der Heerführer vom Aijûbiden-Sultan Mas'ûd, Nûr ed-Dîn 'Omar ibn Rasûl, machte sich 1229 von Ägypten unabhängig. Seine Nachkommen, die Rasûliden, beherrschten, wie wir oben anführten, Jemen bis 1454, bis ihnen die Gewalt durch die Tâhiriden entrissen wurde, die bis 1517 herrsch

Dann traten die Ägypter die Herrschaft wieder an. Der Mamelukensultan Qânşûh al-Ghûrî sandte 1507 eine Flotte unter Husain al Kurdî nach dem Roten Meere und dem Indischen Ozean, deren Hauptzweck allerdings war,

die Portugiesen zu bekämpfen. Aber auch Şan â wurde damals besetzt.1

Ein sehr wichtiger Teil des Handels von Ägypten ging, wie wir früher sahen, nach dem Orient durch das Rote Meer und den Indischen Ozean. Nachdem nun Vasco da Gama 1498 Kalikut besetzt hatte, mußten die Portugiesen, in ihrer Absicht, den Orienthandel an sich zu reißen, auch bald mit den Arabern und Ägyptern zusammenstoßen, zumal sie auch die Bekämpfung der islamischen Ungläubigen auf ihre Fahnen geschrieben hatten. Wir wissen, daß die Araber überall an der indischen Küste ihre Handelsniederlassungen hatten. Im Jahre 1502 vernichtete Vasco da Gama eine arabische Handelsflotte bei Kalikut, 1504 veranlaßte die Niederlage des Fürsten Samudrin von Malabar zahlreiche arabische Händler, Malabar zu verlassen. Ihre Flotte wurde auf dem Wege nach Arabien durch die Portugiesen zerstört. 1509 vernichtete der portugiesische Vizekönig Francesco d'Almeida bei Diu in einer großen Seeschlacht die unter dem ägyptischen Admiral Mîr Husein vereinigten Flotten der Indier, Araber und der Ägypter. In der Folge gewannen die Portugiesen 1515 Hormûz, und damit fielen auch 'Omân, die Bahrain-Inseln und die Herrschaft im Perser Golf ihnen zu. Die Unternehmungen der Portugiesen gegen die Länder am Roten Meer miẞlangen aber infolge des Widerstandes der Türken. Im Jahre 1538 war der 80 Jahre alte Suleimân Pascha mit 76 Schiffen und 20000 Mann von Suez (Qolzum) aus abgesandt. Die Stadt 'Aden unterwarf sich sofort. Man fuhr nach Gutscherat, wo im Oktober Diu ohne Erfolg belagert wurde. In Jemen setzte

1 Nach Cassels „Jaman“ S. 237 landeten die Streitkräfte des ägyptichen Sultans Qanṣûh el-Ghûrî Dezember 1515 an der Insel Kamarân, griffen dann den Hafen „,Ğadîda“ (Ḥôdeida?) an, der zerstört wurde. Der Gouverneur von Loḥîja unterwarf sich und unterstützte die Armee. Zebîd wurde 1516 genommen und im folgenden Jahre Şan â und das ganze Land. Der letzte Sultan von Jemen fiel bei Șan â. Während also die Türken Ägypten eroberten, nahm dieses Jemen, und der lette Mameluken-Sultan Tumân Bey wurde auf Befehl von Selim einige Tage früher in Kairo gehängt, als der Sultan Jemens getötet wurde. Die ägyptische Okkupationsarmee, zu der Tscherkessen, Kurden und andere Asiaten gehörten, hatte auch tausend Gewehrträger, die von Selim an Ägypten geliehen waren, um die Portugiesen zu vertreiben, welche die Handelswege im Indischen Ozean störten.

man rückkehrend Mustafa Bey als Gouverneur ein. Wir kommen darauf noch bei der Besprechung von ‘Aden zurück. In dem Bestreben, die Portugiesen aus dem Gebiete des Indischen Ozeans zu vertreiben, wurden 1585 zwei türkische Galeeren unter Mirale Beque—wie die Portugiesen schreiben (Emir el-Beg?) — auch nach Ostafrika gesandt, unter demselben Führer, der die Portugiesen schon 1581 aus Masqat vertrieben hatte. Er eroberte Mugdischu, Diu und einige andere Orte und ging mit großer Beute im nächsten Jahre zurück. Eine zweite Expedition unter demselben Führer endete aber 1588 mit großem Mißerfolg; die Türken wurden vertrieben, und Mirale Beque gefangen nach Lissabon gebracht.

Doch kehren wir wieder nach Jemen zurück. Wir folgen vor allem den Ausführungen von M. Hartmann, der einen Ausschnitt der Geschichte von Jemen nach der Darstellung des türkischen Majors Al-Ḥâğğ Aḥmed Rašîd gibt, eines Mannes, der die türkische Eroberung von 1871 mitgemacht hat.

In Şan â hatte 1506 der Imâm Jahjâ Šaraf ad-dîn die Zaiditenherrschaft erneuert, 1517 beherrschte er das ganze Land Jemen, nachdem der ägyptische Admiral durch ein Zusammenwirken mit dem Großscherifen von Mekka beseitigt und seine Flotte 1516 vor Ğidda zu den Türken übergegangen war. Infolge der Eroberung von Ägypten

durch die Türken war diesen die Herrschaft über Mekka und auch die Anwartschaft auf Jemen zugefallen. Die Türken gingen auch sofort an die Eroberung von Jemen durch Vermittlung des früheren ägyptischen Kommandanten dort, Iskender, der 1521 durch einen Otmânen ersetzt wurde. Die türkische Seemacht war die direkte Fortsetzung der ägyptischen. Die türkischen Paschas, die Jemen eroberten und verwalteten, hatten zu rechnen mit den Nachkommen des erwähnten Imâm Jaḥjâ Šaraf ad-dîn, mit dem Gegen-Imâm, Fürsten von Aḥnûm, und endlich den Ismâîliten, die einem „Dâî" genannten Priester unterstanden. Die ernstesten Gegner aber waren immer die zaiditischen Imâme, die 1570 besiegt wurden. Nach der Einnahme von Şan â 1546 durch Özdemir Pascha blieb diese Stadt der Hauptort der Türken. Der bedeutendste Gouverneur war der Albanese Ḥasan Pascha (1550-1604), welcher sich redlich bemühte, eine wirkliche Verwaltung einzurichten.

Unter dem Wali Haidar Pascha (1624-1629) wurde Şan â nach mehrjähriger Belagerung dem Imâm Mu'aijad ibn Qâşim übergeben. Nachdem noch kurze Zeit die türkische Herrschaft durch den aus Ägypten gesandten Wali Qânşûh Pascha aufrechterhalten wurde, mußten die Türken 1635 abziehen. Jemen wurde wieder von den Imâmen beherrscht, zuerst unter denen aus dem Hause Qâşim bis 1676. Dann folgten Wirren unter verschiedenen Gruppen der Imâmfamilie untereinander und unter Prätendenten aus anderen Kreisen. So hatte sich seit 1728 der Sultan von Lahedj (Laḥğ) bei ‘Aden unabhängig gemacht, ebenso die Scherifen von Abû Arîš, die nach Abschüttlung des Joches der Wahhâbiten die Imâmstelle in Şan â einnahmen, nachdem Scherif Hamûd die Wahhâbitenarmee in 'Asîr geschlagen und ihren Führer Abû Nokta (Noqta?) getötet hatte. Eine Liste der Imâme von 1630 bis 1849 ist von Playfair (S. 178) gegeben, ebenso die der Sultane von Laḥğ (S. 179) von 1728-1849. 1834 löste sich die Imâmherrschaft in lauter kleine Dynastien auf. Unruhen in 'Asîr, an denen der Wali von Mekka, Mohammed Alî, genannt Türkğe bilmez, beteiligt war, gaben dem Vizekönig von Ägypten, Meḥmed 'Alî, Veranlassung zum Einschreiten.

Der Emir von Asîr hatte Mochâ genommen und den Handel dort vernichtet. Von 1824-1827 führten die Türken bzw. Ägypter nach Zwemer sechs vergebliche Feldzüge gegen 'Asîr; 1833 wurde der Versuch wiederholt. Am 21. August 1834 waren die Ägypter siegreich, mußten sich aber vor den Arabern im September wieder zurückziehen; 1836 wurde nochmals der Versuch zur Eroberung von Asîr gemacht, aber mit vollem Mißerfolg. Von der Zeit an blieb 'Asîr so gut wie selbständig, wenn es auch als türkisches Gebiet auf den Karten angegeben wurde.

Weiter im Süden hatte man mehr Erfolg. Mehmed 'Alî sandte Truppen zu Lande und zu Wasser, Loḥîja und Hôdeida wurden besetzt, die Tihâma und Mochâ (1833), Ta'izz (1837) erobert, so daß die Ägypter Jemen von 1835 bis 1840 ziemlich fest in Verwaltung hatten.

Nach dem großen Umschwung in Ägypten war es aber auch in Jemen mit der Herrschaft der Ägypter aus, von wo man sich so gut wie ganz zurückzog. Der Sultan von Konstantinopel beabsichtigte das Land für sich in direkte

Verwaltung zu nehmen, konnte aber einstweilen zur Wahrung des äußeren Scheins nur einen türkischen Kommissar senden, Ešref Bey, der die Verwaltung der Provinz in die Hände des Scherifs Husein ibn 'Alî von Abû 'Arîš legte, der sich in Mochâ behauptete, während Ḥôdeida dem Sultan von Asîr in die Hände gefallen war. Husein sollte das Land für Rechnung der Türkei verwalten. Dieser Scherif, der nur im Küstenland der Tihâma etwas Einfluß hatte, war im Streite mit dem Imâm in Șan â. Qubrusli Tewfîq Pascha, der zu der Zeit Gehilfe des Großscherifen von Mekka, Mohammed ibn 'Aûn, war, empfahl der Pforte die Wiedereroberung von Jemen. Der Sultan Abd ul-Meğîd (1839-1861) ging auf den Plan ein. Der genannte Scherif Husein wurde mit der Eroberung beauftragt, zu welchem Zweck ihm 4-5000 Mann Truppen zur Verfügung gestellt wurden, die 1849 zusammen mit dem genannten Tewfîq Pascha in Hôdeida ankamen. Der den Türken freundlichgesinnte Imâm Moḥammed Jaḥjâ, der die Macht der Türken überschätzte, riet dem vertrauensseligen Tewfîq zum Angriff auf Şan â, das am 24. Juli 1849 erreicht wurde. Aber der größte Teil der Truppen wurde am folgenden Morgen niedergemacht, und der Pascha mußte froh sein, mit dem Rest seiner Macht losgelassen zu werden. Von Ḥôdeida aus aber konnte Tewfîq doch kleine Gebiete von Jemen unterwerfen.

In der Folge wurden nun eine Anzahl von türkischen Gouverneuren ernannt, teils mit dem Titel Wâlî, teils als Mutes arif. Aber die Türken hatten nur Teile der Tihâma und einige Punkte am Abhang des Gebirges inne. Trotzdem wurde Jemen seit 1849 amtlich als türkisches Wilajet aufgeführt. In der Theorie war Jemen wie alle Länder Arabiens eine Provinz des Sultans der Türken als Inhaber des Chalifats und auch als Rechtsnachfolger der Ägypter geblieben. Die Türkei hat niemals formell darauf verzichtet, auch wenn sie zeitweilig dort keine Macht ausüben konnte, ebenso wie die katholische Kirche in der Theorie nie auf Gebiete verzichten wird, die jemals von ihr beherrscht wurden.

Die Eröffnung des Suezkanals gab den Anstoß zu neuer aktiver Betätigung der Türkei, nicht nur in Mekka, wie wir oben sahen, sondern auch in Jemen. Nachdem der Wâlî

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