Page images
PDF
EPUB

halten wie die zugelassenen Handelsschiffe; dies ist zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor Zusammenstößen in dem Kanal durchaus geboten. In zweiter Linie können gesundheitspolizeiliche Vorschriften des Uferstaats in Frage kommen, wenngleich sich hierin Kriegsschiffe im allgemeinen besonderer Vergünstigungen erfreuen, so z. B. einer kürzeren Quarantänefrist, der Zulässigkeit einer Erklärung des Kommandanten an Stelle des Gesundheitspasses u. s. f. 1. Wo es sich jedoch um zollpolizeiliche Vorschriften handelt, besteht kein Grund, dieselben in ihrer Wirkung auch auf Kriegsschiffe auszudehnen; das zollfiskalische Interesse der Vereinigten Staaten wird dadurch nicht verletzt, daß ein fremdes Kriegsschiff, das ja nicht wie ein Kauffahrteischiff dem Warenhandel dient, ohne Zollabfertigung ihr Gebiet durchschneidet 2.

Zu einem bestimmten Verhalten während ihrer Durchfahrt durch den Kanal sind fremde Kriegsschiffe aber namentlich auch in der Hinsicht gebunden, daß sie nicht etwa wie auf offener See militärische Übungen jeglicher Art wie Schießübungen, Bootsund Landungsmanöver veranstalten dürfen. Derartige Übungen würden vielmehr, sobald sie außerhalb des Bereichs des Kriegsschiffes selbst stattfinden, einer besonderen Genehmigung der Vereinigten Staaten bedürfen; wie dies auch im umgekehrten Fall die Vereinigten Staaten gesetzlich festgelegt haben, daß ihre eigenen Kriegsschiffe in fremden Hoheitsgewässern zu derartigen Veranstaltungen die vorgängige Erlaubnis des fremden Staates einzuholen haben 3.

Dagegen folgt aus der Exterritorialität des fremden Kriegsschiffes im Panamakanal ein weitgehendes Asylrecht an Bord des Kriegsschiffes. Wenn also ein Verbrecher sich vom Kanalufer

1 SCHÜCKING a. a. O. S. 65.

2 Für den Suezkanal besteht in dieser Frage die ausdrückliche Regelung des Art. 2 des ,,Réglement de navigation dans le canal maritime de Suez" vom 6. August 1892, wonach fremde Kriegsschiffe hinsichtlich der zollamtlichen Behandlung eine Vorzugsstellung einnehmen.

3 Regulations for the government of the navy of the United States. 1900. Art. 304.

aus an Bord eines Kriegsschiffes flüchtet und dort mit Genehmigung des Kommandanten des Schiffes Aufnahme findet, so können die Vereinigten Staaten die Auslieferung des Flüchtlings nur auf diplomatischem Wege auf Grund etwaiger Auslieferungsverträge erbitten, dürfen aber auf keinen Fall kraft Gerichts- oder Polizeigewalt die direkte Herausgabe verlangen. Eine Asylgewährung an Bord von Kriegsschiffen wird natürlich nur bei politischen Flüchtlingen praktisch werden.

§ 9.

Besonderheiten in einem Krieg, in dem die Vereinigten Staaten neutral sind.

Gänzlich neue Rechtsfragen tauchen dann auf, wenn es sich darum handelt, welche Rechtsstellung in Kriegszeiten die Vereinigten Staaten als ausübendes Organ der Souveränität in der Kanalzone der Schiffahrt fremder Staaten gegenüber einnehmen. Hier gilt nicht mehr das gleiche wie in Friedenszeiten, sondern hier entscheiden kriegsrechtliche Grundsätze, und zwar, da es sich um ein Wassergebiet handelt, nicht die gewöhnlichen Grundsätze des Landkriegsrechts, sondern diejenigen des Seekriegsrechts. Während für die Gebräuche des Landkriegs bereits auf der ersten Haager Friedenskonferenz des Jahres 1899 eine vollständige Kodifikation geschaffen wurde, und zwar in dem Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (II. Konvention von 1899), so ist eine internationale Festlegung der Grundsätze des Seekriegsrechts erst im Jahre 1909 auf der Londoner Konferenz erfolgt, nachdem bereits auf der zweiten Haager Friedenskonferenz vom Jahre 1907 der „,Wunsch" ausgesprochen worden war, daß die Mächte die Landkriegskonventionen, soweit wie möglich, auch auf den Seekrieg anwenden möchten. Das Ergebnis der Londoner Konferenz von 1909 war eine „Erklärung über das Seekriegsrecht“, welche in neun Kapiteln die verschiedenen für den Seekrieg künftig maßgebenden Grundsätze festlegt. Einzelne wichtige Fragen des Seekriegsrechts wurden schon auf der zweiten Haager Konferenz vom Jahre 1907 behandelt und das Ergebnis dieser Verhand

lungen ist in den Konventionen 6 bis 11 und 13 dieser Konferenz enthalten. So bildete insbesondere die Frage, welche Rechte und Pflichten ein neutraler Staat im Falle eines Seekriegs hat, bereits den Gegenstand des 13. Abkommens der zweiten Friedenskonferenz. Dieselbe Frage soll nun aber auch den Ausgangspunkt der Betrachtungen bezüglich des Panamakanals bilden, und es soll zunächst untersucht werden, welche Rechtssätze in einem Kriege zur Anwendung kommen, in welchem der Uferstaat, die Union, neutral bleibt.

Hierüber bestimmen zunächst die Artikel 1 bis 5 des 13. Abkommens von 19071, daß der Kriegführende in neutralen Gewässern keine Feindseligkeiten vornehmen darf: ,,Die Kriegführenden sind verpflichtet, die Hoheitsrechte der neutralen Mächte zu achten und sich in deren Gebiet und Gewässern jeder Handlung zu enthalten, welche auf seiten der Mächte, die sie dulden, eine Verletzung der Neutralität darstellen würde" (Art. 1). Insbesondere ist es nach Art. 5 den Kriegführenden untersagt, neutrale Gewässer zu einem Stützpunkt für Seekriegsunternehmungen gegen ihre Gegner zu machen. Wenn also entgegen diesen Grundsätzen ein Kriegführender im Gebiete des Panamakanals Feindseligkeiten beginge, so ist es die Pflicht der Vereinigten Staaten, diese Feindseligkeiten zu verhindern oder wenigstens denselben energisch entgegenzutreten.

Der zweite Komplex von Bestimmungen (Art. 6 bis 11) geht dahin, daß die neutrale Macht weder unmittelbar noch mittelbar einen Kriegführenden unterstützen darf. Daraus ergibt sich die auf die Kanalzone bezügliche Pflicht der Union, zu verhindern, daß ein in den Endhäfen des Kanals ganz oder teilweise zum Kriegsgebrauch hergerichtetes Schiff zur Teilnahme an kriegerischen Unternehmungen ausläuft (Art. 8). Eine unmittelbare Unterstützung des einen Kriegführenden würde aber auch z. B. vorliegen, wenn die Union einer Kriegspartei die Durchfahrt durch den Kanal gestatten, der anderen aber verweigern würde; eine

1 Abgedruckt bei LISZT a. a. O., Anhang, Seite 513 ff. Die Darstellung selbst schließt an die von LISZT a. a. O. S. 333 ff. gewählte Einteilung an.

derartige Verweigerung müßte vielmehr gemäß Art. 9 beiden Kriegsparteien gegenüber gleichmäßig erfolgen.

Der dritte Hauptgrundsatz ist in den Artikeln 12 bis 20 enthalten, wonach der Aufenthalt der Kriegsschiffe der Belligerenten in neutralen Gewässern nur mit wesentlichen Einschränkungen gestattet ist. Dieser Grundsatz wäre von den namentlich aufgeführten Häfen, Reeden und Küstengewässern" auf den „Kanal" von Panama analog auszudehnen. Die aufgezählten Einschränkungen beziehen sich auf die Aufenthaltsdauer m neutralen Gewässer (Art. 24: Höchstdauer 24 Stunden außer im Falle der Seenot), auf das Verbot, den Aufenthalt zur Erhöhung der militärischen Kräfte zu verwenden (Art. 17), endlich auf das Verbot, mehr Feuerungsmaterial einzunehmen, als nötig ist, um den nächsten Hafen des Heimatlandes zu erreichen (Art. 19).

In vierter Linie bestimmen die Artikel 21 bis 23, daß Prisen nur im Falle der Seenot in einen neutralen Hafen gebracht werden dürfen. Dies berührt die Verhältnisse am Panamakanal entweder indirekt, wenn man wiederum dessen Endhäfen Colon und Panama im Auge hat, oder aber direkt, wenn man den Grundsatz auf den Kanal selbst analog anwendet. Liegt die Voraussetzung der Seenot nicht oder nicht mehr vor, so sind die Vereinigten Staaten verpflichtet, die Befreiung der Prise, wenn nötig mit Gewalt, herbeizuführen (Art. 21).

Ein fünfter, allgemeiner Grundsatz ist in Artikel 24 enthalten: hier ist bestimmt, daß Kriegsschiffe, welche in dem neutralen Hafen unberechtigt verweilen, dienstunfähig zu machen sind. Diese Maßregel ist von eminenter Wichtigkeit und hat in jüngerer Zeit eine praktische Rolle gespielt im russisch-japanischen Kriege (vergl. TAKATASHI, International Law S. 447). Das Verfahren hierbei gestaltet sich folgendermaßen: Wenn ein Kriegsschiff einer Kriegspartei nach dem Ausbruche des Krieges in einem der Endhäfen des Panamakanales verweilt, so hat zunächst die Union die Pflicht, den Befehlshaber des betreffenden Schiffes aufzufordern, den Hafen zu verlassen. Wird dieser Aufforderung nicht Folge geleistet, so treffen die Vereinigten Staaten die ihnen erforderlich scheinenden Maßregeln, um das Schiff unfähig zu machen, während

der Dauer des Krieges in See zu gehen. Hierbei soll nach der ausdrücklichen Bestimmung des Artikels 24 Absatz 1 der Befehlshaber des Schiffes die Ausführung dieser Maßnahmen erleichtern. Wird dann das Schiff auf diese Weise im Hafen festgehalten, so werden die Offiziere und die Mannschaft gleichfalls festgehalten und zwar entweder auf dem Schiffe selbst oder nach Gutdünken der Vereinigten Staaten auf einem anderen Schiffe oder an Land. Die Offiziere jedoch können freigelassen werden, wenn sie sich durch Ehrenwort verpflichten, das neutrale Gebiet der Kanalzone nicht ohne Erlaubnis der Vereinigten Staaten zu verlassen.

§ 10.

Besonderheiten in einem Krieg, in dem die Vereinigten Staaten beteiligt sind.

Von dem Bisherigen völlig verschieden ist die Rechtsstellung der Union im Panamakanal dann, wenn sie selbst Krieg führt. In diesem Fall gehört der Panamakanal zum Kriegsschauplatz, und zwar, da er mit Seestreitkräften befahren werden kann, zum Seekriegsschauplatz. Es können also von den Kriegführenden alle diejenigen Handlungen im Gebiete des Panamakanals vorgenommen werden, welche auf anderen, ähnlichen Teilen des Seekriegsschauplatzes vorgenommen werden dürfen. Insbesondere sind an sich alle diejenigen Feindseligkeiten zulässig, die auch sonst im Seekrieg Anwendung finden.

Die Vereinigten Staaten sind natürlich berechtigt, den Kanal in jeder Beziehung zur Basis ihrer kriegerischen Unternehmungen zu machen und werden die fremde Schiffahrt, sofern ihnen dieselbe hinderlich ist, einfach vom Kanale ausschließen. Ihre eigene Flotte werden sie nach Belieben in dem Kanal versammeln oder von demselben fernhalten.

Der Gegner der Vereinigten Staaten wird jedoch nach allgemeinen Völkerrechtssäzten gewisse Rücksichten üben müssen. Dies gilt namentlich hinsichtlich der Beschießung unverteidigter Plätze. Hierüber sind in dem 9. Abkommen der zweiten Haager

« PreviousContinue »