Page images
PDF
EPUB

dieselben durch die Huissiers dem Anwalte der Gegenparthei fignificiren zu lassen, ingleichen alle den Streitgegenstand und den Streitzweck betreffenden gerichtlichen Anträge*) (postulations - conclusions) zu stellen, mit einem Worte, den Prozeß zur mündlichen Verhandlung vors zubereiten (de mettre l'affaire en état d'être plaidée et jugée). Selbst in summarischen Sachen **) wo es keiner schriftlichen Verhandlung bedarf ***), sondern nach der Klagfignification und Ladung die Sachen zur mündlichen Verhandlung zur Andienz zu bringen, und zu entscheiden sind, können die Partheien nur durch ihren Anwalt Anträge an das Gericht stelle t). Erscheint die Parthei selbst vor Gericht, um ihr Recht mündlich auszuführen, oder um vernommen zu werden, so muß immer der Anwalt gegenwärtig sein, damit diefer concludire und alles, was zur Instruction des Processes gehört, besorge. Auch wenn die Parthei die mündliche Rechtsausführung einem von dem Anwalte verschiedenen Advocaten übertragen hat, so assistirt nichts destoweniger der Anwalt, zumal wenn es auf Abänderung der früheren Anträge abgesehen ist.

Die procureurs der ordonnance du mois d'April de 1667 unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von den avoués du Code de procédure civile v. 1807. Die Functionen der procureurs zur Zeit dieser Ordonnanz sind ganz dieselben, wie die Functionen der heutigen avoués.

vom Richter, sondern vom Anwalte instruirt, anders nach dem deutschen Civilprocesse.

*) 3. B. die Anträge auf Beweisinterlocut, auf Production der Urkunden, auf eine descente sur les lieux etc.

**) Code de proc. civ. art. 404-413.

***) Les matierès sommaires seront jugées à l'audience après les délais de la citation échus, sur un simple acte, sans autres procédures et formalités. Code de procéd. civ. art. 405.

†) Code de proc. civ. art. 406.

Weder die alten procureurs der ordonnance de 1667 noch die avoués *) des heutigen Civilprocesses hatten und haben die Befugniß, die Rechte der Partheien mündlich vor Gericht auszuführen (de plaider). Das Gesetz hat vielmehr die mündliche Ausführung der Rechte der Partheien (la défense, la plaidoirie) besonderen Personen übertragen. Diese Personen sind die Advocaten.

III.

Von der Aufsicht und Disciplinargewalt über die Huissiers und Anwälte.

Die Aufsicht über die officiers ministériels d. h. über die Huissiers und Anwälte, hat das Gesetz den Beamten der Staatsanwaltschaft übertragen. Der Generalstaatsprocurator an dem Appellhofe hat die oberste Aufsicht über die officiers ministériels im ganzen Umfange des Gerichtsspren gels dieses Gerichtshofes*). Die Staatsbehörde an den Erste. instanzgerichten besorgt, unter den Befehlen des Generalstaats= procurators an dem Appellhofe, die Ueberwachung der im Gerichtssprengel dieses Gerichts befindlichen Anwälte und Huiffiers. Kraft dieses Aufsichts- und Ueberwachungsrechts können sowohl die Anwälte als auch die Huissiers von den Generalprocurato=" ren und im Namen derselben von den Staatsprocuratoren der Erstinstanzgerichte zurechtgewiesen werden. Wenn jedoch solche einfache Zurechtweisungen ohne Erfolg geblieben sind, so tritt nun die Disciplinar gewalt über diese Beamten ein.

Die officiers ministériels fönnen, wenn sie in irgend einer Weise das Gefeß verleßen, auf dem Disciplinarwege, nach Umständen, entweder mit einfachen, oder geschärften Verweisen, oder mit zeitweiser Suspension, bestraft werden. Der Gerichtshof, oder das Gericht, in dessen Gerichtssprengel die Dis

*) Es sei dann, daß diese zuglrich auch Advocaten find. 1*) Gesetz vom 20. April 1810. Art. 45.

ciplinarfehler begangen worden sind, hat in der Rathskammer nach Anhörung, oder doch mindestens nach Vorladung der Inculpirten jene Strafen aussprechen. Das Gericht kann auch nöthigenfalls die Abseßung des officier ministériel provociren. Die Abseßung selbst geschieht alsdann durch die Regierung auf Anstehen des Justizministers. Die Disciplinargewalt durch das Gericht bezüglich der officiers ministériels kann sowohl auf Betreiben der Partheien als auch auf Anfuchen der Beamten des öffentlichen Ministeriums ausgeübt werden. Die vom Gerichte verhängten Disciplinarmaaßregeln sind nur dann der Appellation oder Cassation unterworfen, wenn die officiers ministériels zur Strafe der Suspension verurtheilt worden sind.

Ueber alle und jede Disciplinarmaaßregeln muß vom Generalstaatsprocurator an den Justizminister berichtet werden *).

*) Vgl. Gefeß vom 30. März 1810. Art. 102. ff.

Sechszehntes Kapitel.

Von den Advocaten*).

Advocaten, Sachwalter (avocats) heißen diejenigen Rechtsgelehrten, welche die Rechte und Ansprüche der Partheien vor Gericht ausführen. Diese Rechtsausführung geschieht in dem mündlichen Verfahren, hauptsächlich in der öffentlichen Audienz durch mündliche Rede (la plaidoirie) und wird la défense **) genannt. Die französischen Advocaten find also Personen, deren Beruf es ist, die Rechte und Ansprüche der Partheien, nachdem der Proceß durch die Advocaten instruirt worden ist, mündlich oder in mündlicher Rede oder nach Umständen auch schriftlich vor Gericht zu vertheidigen. Hier ist jedoch wohl zu bemerken, daß man zur mündlichen

*) S. Gesetz vom 22. Ventose XII. art. 29-32. Deerete vom 14. December 1810, vom 2. Juli 1812. Ordonnance du roi vom 20. Nov. 1822, vom 27. Aug. 1830. Literatur: Histoire des avocats au parlement du barreau de Paris depuis St. Louis jusqn'au 18. Oct. 1790. Par Fourrel Paris 1813. II. Vol. Lettres sur la profession d'avocat. Par Camus. In dem profession d'avocat. Par Dupin ainé. Paris 1831. II. Vol. Merlin repert. m. avocat. **) Die Exceptionsschrift die im schriftlichen Verfahren der avoué

du défendeur dem avoué du démandeur zustellen läßt, heißt jedoch auch la défense. Der Zusammenhang ist hier eine entscheidende Nück

[ocr errors]

Ausführung seiner Rechte keinen Advocaten nehmen muß*). Wer Beruf, Kenntniß und Talent genug in sich fühlt, um vor Gericht als Redner aufzutreten, dem bleibt dieß unbenommen, oder man kann sich auch durch jedes beliebige Individuum, dem man die erforderlichen Talente und Kenntnisse zutraut, die gerichtliche Vertheidigung führen lassen. Es ist mir mehr als ein Fall bekannt, da die Partheien das Plaidoyer selbst und sogar mit Erfolg gehalten haben, oder daß sie sich durch einen Freund, der gerade kein Jurist ex professo war, vertheidigen ließen. Plaidiren dürfen die Partheien, allein sie dürfen keine auf die Proceßinstruction bezüglichen Handlungen vornehmen, oder - wie es in der Kunstsprache heißt fie dürfen weder postuliren noch concludiren. Das ist ein ausschließlis ches Recht der Anwälte**).

Es besteht zwar der Hauptberuf eines Advocaten darin, daß er die Rechte und Ansprüche der Partheien in mündlicher Rede auszuführen hat. Allein nebenbei beschäftigen sich die französischen Advocaten auch noch mit Berathung und Rechtsbelehrung der Partheien, ingleichen mit Ausstellung von Rechtsgutachten. So leben in Paris mehrere Advocaten, die nie plädiren, sondern sich lediglich mit Berathung der Partheien und Stellung von Gutachten beschäftigen. Hierauf beruht auch die Eintheilung der Advocaten in avocats plaidans und in avocats consultans.

Die Zahl der Advocaten ist nicht, gleich wie bei den Anwälten, geschlossen, sondern ist schlechthin un beschränkt. Nur die Advocaten des Cassationshofes machen hierin eine Aus

*) S. jedoch Code de procéd. civ. art. 85.

**) Das Gesetz vom 27. Ventose an VIII. art. 94 fagt:,, les avoués auront exclusivement le droit de postuler et de prendre des conclusions dans le tribunal, pour léquel ils seront établis. Néanmoins les parties pourront toujours se défendre elles-mêmes, verbalement ou par écrit, ou faire proposer leur défense, par qui elles jugeront à propos." S. auch Code de procéd. civ. art.

85.

« PreviousContinue »