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herzogsthums Hessen, Ritter des preussischen Rothen Adler- 1877 Ordens I. Classe, Grosscomthur des kgl. Hausordens von Hohenzollern, Besitzer des eisernen Kreuzes am weissen Bande. Commendator des Johanniter-Ordens, Allerhöchst Ihren ausserordentlichen und bevollmächtigten-Botschafter bei Seiner k. und k Apostolischen Majestät,

von welchen nach geschehener Mittheilung und gegenseitiger Anerkennung ihrer Vollmachten unter dem Vorbehalte der Ratification der nachstehende Vertrag verabredet und abgeschlossen worden ist:

Artikel I.

Die k. k. österreichische und die kgl. preussische Regierung sind übereingekommen, eine Eisenbahn von Chotzen über Halbstadt und Friedland nach Altwasser zuzulassen und die Vollendung des Baues nebst der Eröffnung des Betriebes derselben bis spätesten 31. Mai 1877 herbeizuführen.

Zu diesem Behufe hat die k. k. österreichische Regierung der k. k. priv. österreichischen Staats-Eisenbahngesellschaft unterm 14. September 1872 die Concession zum Baue und Betriebe der auf österreichischem Staatsgebiete, die kgl. preussische Regierung der Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Gesellschaft unterm 17. September 1873 die Concession zum Baue und Betriebe der auf preussischem Landesgebiete gelegenen Strecke der in Rede stehenden Eisenbahn ertheilt.

Artikel II.

Die specielle Feststellung der Bahnlinic, wie des gesammten Bauplanes und der einzelnen Bauentwürfe, bleibt jeder der beiden Regierungen für ihr Gebiet vorbehalten.

Der Punkt, wo die beiderseitige Reichsgrenze von der Bahn überschritten wird, soll auf Grund der von den betreffenden Eisenbahnverwaltungen auszuarbeitenden Projecte, nöthigenfalls durch deshalb abzuordnende technische Commissäre näher bestimmt werden.

Artikel III.

Die Bahn soll zwar zunächst nur mit Einem durchgehenden Geleise verschen, jedoch soll die Erwerbung des Terrains im Voraus für eine doppelgeleisige Bahn sichergestellt werden.

Bei dem Eintritte des Bedürfnisses werden die hohen Regierungen die Herstellung des zweiten Geleises anordnen.

Der Erwerb der zur Anlage der Bahn erforderlichen Grundstäcke soll, insofern eine gütliche Vereinbarung unter den

1877 Betheiligten nicht zu erreichen ist, in jedem der beiden Staatsgebiete nach den Bestimmungen des dort geltenden, beziehungsweise zu erlassenden Expropriationsgesetzes erfolgen. Die Spurweite der Geleise soll in Uebereinstimmung mit den anschliessenden Bahnen 1435 Meter im Lichten der Schienen betragen. Auch im Uebrigen sollen die Constructionsverhältnisse der nach diesem Vertrage anzulegenden Eisenbahn und deren Betriebsmittel dergestalt nach gleichmässigen Grundsätzen festgestellt werden, dass auf den beiderseitigen Bahnstrecken ein ineinandergreifender Betrieb stattfinden kann, insbesondere auch die Betriebsmittel von und nach und nach den anschliessenden Bahnen ungehindert übergehen, beziehungsweise wechselseitig benützt werden können.

Die von einer der beiden hohen Regierungen geprüften Betriebsmittel werden ohne nochmalige Prüfung auch auf der im Gebiete der anderen liegenden Bahnstrecke zugelassen werden.

Artikel IV.

Die beiden hohen Regierungen verpflichten sich, zuzulassen und anzuordnen, dass die von Chotzen nach Altwasser führende Eisenbahn an ihren Endpunkten in angemessene, den Uebergang der Betriebsmittel gestattende Schienenverbindung mit den zur Zeit daselbst anschliessenden Eisenbahnen gesetzt wird.

Artikel V.

Die volle Landeshoheit (also auch die Ausübung der Justizund Polizeigewalt) bleibt in Ansehung der die beiderseitigen Gebiete durchschneidenden Bahnstrecken auf dem österreichischen Gebiete Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich, König von Böhmen, etc. und Apostolischen König von Ungarn, und auf dem preussischen Gebiete Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, König von Preussen ausschliesslich vorbehalten.

Artikel VI.

Die hohen Regierungen behalten sich vor, zur Handhabung des ihnen über die Bahnstrecke in ihrem Gebiete zustehenden Hoheits- und Aufsichtsrechtes, Commissäre zu bestellen, welche die Beziehungen ihrer Regierungen zu den Eisenbahnverwaltungen in allen denjenigen Fällen zu vertreten haben, die nicht zum directen gerichtlichen oder polizeilichen Einschreiten der competenten Landesbehörden geeignet sind.

Artikel VII.

Unbeschadet des Hoheits- und Aufsichtsrechtes der hohen vertragschliessenden Theile über die in ihren Gebieten gelegenen Bahnstrecken und über den darauf stattfindenden Betrieb, verbleibt die Ausübung des Oberaufsichtsrechtes über die den Betrieb führenden Eisenbahngesellschaften oder Eisenbahnverwaltungen im Allgemeinen derjenigen Regierung, in deren Gebiete dieselben ihren Sitz haben.

Artikel VIII.

Insoweit die österreichische Actiengesellschaft innerhalb des preussischen Gebietes, oder die preussische Actiengesellschaft innerhalb des österreichischen Gebietes den Betrieb der von Chotzen nach Altwasser führenden Eisenbahn übernimmt (Artikel XIII), oder künftig übernehmen sollte, unterliegen diejenigen Entschädigungsansprüche, welche von Unterthanen der einen der contrahirenden Regierungen, gegen die dem Unterthanenverbande der anderen angehörende Bahnverwaltung, erhoben werden, der Gerichtsbarkeit und den Gesetzen des Staates, in welchem die Schadenszufügung stattgefunden hat, sofern dieselbe bei dem Bahnbetriebe veranlasst ist, und der Entschädigungsanspruch nicht aus einem mit der betrieb führenden Bahnverwaltung oder einer der übrigen an dem Transport betheiligten Bahnen abgeschlossenen Frachtgeschäft hergeleitet wird. Artikel IX.

Reichsangehörige des einen der hohen vertragschliessenden Theile, welche von den Eisenbahnverwaltungen beim Betriebe der Bahnstrecke im Gebiete des anderen Reiches angestellt werden, scheiden dadurch nicht aus dem Unterthanenverbande ihres Heimathslandes aus.

Die Stellen der Localbeamten mit Ausnahme der Bahnhofsvorstände, der Telegraphen- und derjenigen Beamten, welche mit der Erhebung von Geldern betraut sind, sollen jedoch thunlichst mit einheimischen Staatsangehörigen besetzt werden.

Sämmtliche Beamte sind ohne Unterschied des Ortes ihrer Anstellung bei der Bahn rücksichtlich der Disciplinarbehandlung nur der Anstellungsbehörde, im Uebrigen aber den Gesetzen und Behörden des Staates unterworfen, in welchem sie ihren Wohnsitz haben.

Artikel X

Die Feststellung und Genehmigung der Fahrpläne und Tarife bleibt derjenigen Regierung vorbehalten, in deren Gebiet die betreffende Eisenbahnverwaltung ihren Sitz hat. Jedoch soll

X. Recueil.

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1877

1877 die Feststellung der Tarifsätze für Bahnstrecken, welche in den beiderseitigen Gebieten gelegen sind, und von einer und derselben Verwaltung im Betriebe geleitet werden, nach gleichen Grundsätzen erfolgen.

Beide vertragschliessenden Theile verpflichten sich ferner, dahin zu wirken,

1. dass die auf ihrem Gebiete gelegene Strecke der von Chotzen nach Altwasser führenden Eisenbahn mit einer für den Verkehr genügenden Anzahl von Betriebsmitteln, welche den im Artikel III vereinbarten Voraussetzungen entsprechen, ausgerüstet werde,

2. dass von den betriebführenden Verwaltungen zwischen Chotzen und Altwasser und möglichst im Anschlusse an die Züge der angrenzenden Bahnstrecken für die Personenbeförderung mindestens zwei Züge täglich in beiden Richtungen und für den Güterverkehr so viele Züge eingerichtet werden, als zur Bewältigung desselben erforderlich sind,

3. dass die Beförderung der Personen und Güter auf der von Chotzen nach Altwasser führenden Eisenbahn zu möglichst mässigen Tarifsätzen, die Beförderung von Kohlen, Coaks, Steinen, Erzen, Roheisen, Dungsalz und sonstigen Düngungsmitteln in ganzen Wagenladungen und auf grössere Entfernungen thunlichst zu dem Satze von fünf Sechstel Markpfennig deutscher Währung oder dem entsprechenden Satze in österreichischer Währung Silber für je 50 Kilogramm und 75 Kilometer nebst einem Expeditionszuschlag von höchstens 6 Reichsmark deutscher Währung oder dem entsprechenden Satze in österreichischer Währung Silber für je fünftausend Kilogramm stattfindet,

4. dass der Einführung directer Expeditionen im Personenund Güterverkehr, sobald dieselben im Interesse des Verkehres von beiden hohen Regierungen als wünschenswerth bezeichnet werden, seitens der betriebführenden Verwaltungen der ChotzenAltwasser Bahn, soweit dieselbe betheiligt ist, nicht widersprochen wird.

Artikel XI,

Es soll bei Beförderung auf der Altwasser-Chotzener Eisenbahn sowohl hinsichtlich der Beförderungspreise, als der Zeit der Abfertigung kein Unterschied zwischen den Bewohnern beider Reiche gemacht werden, namentlich sollen die aus dem Gebiete des anderen Reiches übergehenden Transporte weder in Beziehung auf die Abfertigung, noch rücksichtlich der Beför

derungspreise ungünstiger behandelt werden, als die aus dem 1877 betreffenden Reiche abgehenden oder darin verbleibenden Transporte.

Artikel XII.

Die Bahnpolizei wird unter Aufsicht der dazu in jedem der beiden Reichsgebiete competenten Behörden in Gemässheit der für jedes Gebiet geltenden Vorschriften und Grundsätze zunächst durch die Beamten der Eisenbahnverwaltung gehandhabt

werden.

Artikel XIII.

Der Betriebswechsel soll auf derjenigen Eisenbahnstation stattfinden, welche auf österreichischem Gebiete zunächst der Grenze bei Halbstadt zu errichten ist. Die k. k. österreichische Regierung wird deshalb der k. k. priv. österreichischen StaatsEisenbahngesellschaft die Verpflichtung auferlegen, den Betrieb auf der Strecke von der beiderseitigen Grenze bis zur Wechselstation bei Halbstadt an die Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahngesellschaft zu überlassen, welcher die Ausführung des Baues und Betriebes innerhalb des preussischen Staatsgebietes übertragen worden ist.

Die Einrichtungen des Baues und Betriebes, die Construction des Oberbaues der Bahn und die Signaleinrichtungen von der beiderseitigen Grenze bis zu dem Bahnhofe bei Halbstadt sollen alsdann mit denjenigen Einrichtungen übereinstimmen, welche in diesen Beziehungen für die auf preussischem Gebiete gelegene Bahnstrecke genehmigt werden.

Die Anlage und Ausrüstung des Bahnhofes bei Halbstadt selbst, erfolgt nach den in Oesterreich-Ungarn geltenden Grundsätzen.

Artikel XIV.

Ueber die näheren Bedingungen, unter welchen die Betriebsüberlassung bezüglich der von der beiderseitigen Grenze bis zu dem Bahnhofe bei Halbstadt gelegenen Bahnstrecke stattfinden wird, bleibt eine Verständigung der k. k. priv. österreichischen Staats-Eisenbahngesellschaft, als dem Concessionär der betreffenden Bahnstrecke und der den Betrieb auf derselben übernehmenden preussischen Eisenbahnverwaltung vorbehalten. Jedenfalls soll aber die letztere seitens der kgl. preussischen Regierung bindend verpflichtet werden, die ordnungsmässige Instandhaltung der ihr in Betrieb gegebenen Strecke nebst allem Zubehör einschliesslich der nach österreichischen Verwaltungsgrundsätzen erforderlich werdenden Erneuerungen auf eigene Kosten zu übernehmen und dem Concessionär das auf die betreffende

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