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Vorwort des Herausgebers.

Unter allen Rechtsdenkmälern der germanischen Vorzeit hat das Recht der salischen Franken, die Lex Salica und deren (sogenannte) malbergische Glosse, von jeher die Aufmerksamkeit der deutschen Rechts- und Sprachforscher im höchsten Grade auf sich gezogen und die zahlreichsten Bearbeitungen hervorgerufen. Die ausserordentliche, fast unüberwindliche Schwierigkeit des Verständnisses und der Erklärung dieses Rechtsdenkmals ist zu jeder Zeit, auch in der neuesten, von den gelehrtesten Männern anerkannt worden. Seine verschiedenen Bearbeitungen selbst bilden unverkennbar den Höhenmesser für den jeweiligen Stand der rechts- und sprachwissenschaftlichen Kenntniss der betreffenden Jahrhunderte. Welcher gewaltige Fortschritt in dieser Beziehung seit den Bearbeitungen von Wendelin (1649), Eckhard (1720) und Wiarda (1808), durch die Arbeiten von Pardessus (1843), Waitz (1846), J. Grimm (1850), A. Holtzmann (1852) und H. Kern (1869) stattgefunden hat, ist allgemein anerkannt, und doch liegt die Lex Salica mit ihrer Glosse noch vor uns wie ein Buch mit sieben Siegeln. Dies wird Niemand widersprechen, der die fast in allen Punkten von einander abweichenden Erklärungen vergleicht, welche die beiden grössten Beherrscher dieses Gegenstandes, J. Grimm und H. Kern, in der neuesten Zeit mit einem staunenswerthen Aufwande von Gelehrsamkeit gegeben haben. Bei dieser Lage der Sache kann die Forschung über dieses schwierigste und wichtigste aller altgermanischen Rechtsbücher noch keineswegs als abgeschlossen betrachtet werden; es muss vielmehr jeder neue Versuch willkommen genannt und mit lebhaftem Interesse aufgenommen werden, welcher von einem neuen Standpunkte aus zur Lösung der zahlreichen Räthsel der fränkischen Sphinx unternommen wird.

Ein solcher durchaus origineller selbständiger Versuch ist

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