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haben Alle und nicht blos dieser oder jener Einzelne eine fichere und zuverlässige Aussicht, durch Gütererwerb, Besiz und Gebrauch des Lebens möglich froh zu werden, und erst dann läßt es sich mit Zuverlässigkeit erwarten, die Betriebsamkeit Aller werde sich für Alle regelmäßig fortbewegen können und die Ueberschüsse für Alle hervorbringen, welche den für die Gesammtheit wohlthätigen reinen Ertrag bilden. Aber ganz und gar nicht läßt sich so etwas dann erwarten, wenn der Einzelne die Betriebsamkeit der Anderen niederhält, und während dem, daß er seine ihm inwohnende schaf= fende Kraft mit möglichster Lebendigkeit übt und äußert, der Andere sich in seiner Kraftübung gehemmt sieht und feiern muß.“ — Wenn man also von diesem Gesichtspuncte die Sachen ansieht, wenn man den Unterhalt der Menge beachtet und Bequemlichkeiten und Genüsse einer großen Zahl von Menschen darbieten will, dann muß man den größtmöglichen Rohertrag für das Ziel der Hervorbringung halten.

Geht man nun von der allgemeinen Betrachtung des reinen und rohen Einkommens auf die Prüfung dieser Arten des Einkommens beim Landbaue über, so findet man,

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daß die kleine Wirthschaft mehr Rohertrag, als die große gewährt.

Was die Ausdrücke große Wirthschaft und kleine anbelangt, so sind dieselben durchaus relativer Natur. Wenn ich mich hier dieser Worte der Kürze wegen bediene, so habe ich dabei immer zwei gleich große Flächen im Auge, von denen ich die eine als große Cultur anspreche, wenn deren Bewirthschaftung in Einer Hand geleitet wird, und die zweite eine kleine nenne, wenn dieselbe in mehrere von einer Leitung unabhängige Besizungen zerfällt.

Je größer eine Wirthschaft ist, desto weniger ist der Eigenthümer im Stande, Alles selbst zu verrichten; vielmehr muß er, je nachdem sie an Umfang zunimmt, mehr und mehr Fremde zu Hülfe nehmen.

Die Hülfsarbeiter können nun entweder a) Sklaven, Leibeigene oder Hörige, b) sonst auf andere Weise gezwungene, c) freie Lohnarbeiter, d) in die Familie des Eigenthümers aufgenommenes Gesinde, oder endlich e) Angehörige des Eigenthümers selbst sein.

Sklaven, Leibeigene und Hörige können von dieser Betrachtung ausgeschlossen werden, weil diese das menschliche Geschlecht entwürdigenden Verhältnisse in allen gesitteten Ländern aufgehört haben. Diejenigen Menschen übrigens, die sich in dergleichen Abhängigkeit

von Anderen befinden, arbeiten schlecht und wenig, indem sie nur die Furcht vor der Strenge zur Thätigkeit anhält. Es gibt aber noch in vielen Ländern, wo die Unterthänigkeit und Hörigkeit längst aufgehört haben, Arbeiter auf dem Lande, die Verpflichtungen zu mancherlei Diensten in der Landwirthschaft mit dem Grundbesize für ihre Besizesdauer übernommen haben; auch diese sehen in der ihnen auferlegten Verpflichtung nur eine Last, die sie sich nach Möglichkeit leicht zu machen suchen. Die Arbeit, zu der sie gezwungen sind, wird von ihnen gemeinhin ohne Liebe zur Sache, ohne Sorgfalt und Aufmerksamkeit verrichtet, und sie leisten dieselbe nur, um sich ihrer Verpflichtung zu entledigen. Auch der auf Tagelohn gesezte freie Lohnarbeiter arbeitet nur so viel, als nothwendig ist, um sich im Brode zu erhalten; seine Arbeit ist zwar bei Weitem beffer, als die der vorhergenannten Classen, aber sie bedarf noch immer der Beaufsichtigung, und nur so wird ihr die Mühe zugewandt, welche Jemand, der beim Gewinne selbst interessirt ist, sich immer auferlegt. Die Arbeit der freien Lohnarbeiter wird, gegen die von Fröhnern gehalten, gewöhnlich so angeschlagen, daß drei freie Arbeiter mindestens vier Fröhnern gleich geachtet werden.

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Die Claffe von freien Lohnarbeitern, welche in das Haus und in die Familie des Landwirthes als Gesinde aufgenommen ist, vertritt von allen fremden Arbeitern die Intereffen des Landwirthes ar Besten, und je näher sie dem Herrn steht, desto mehr liegt ihr sehr, Bestes am Herzen. In ganz nahem familienmäßigen Zusammie hange mit dem Lohnherrn steht das Gesinde nur da, wo dessen nigh wenig im Hause ist, weil immer, bei größerer Zahl, die dem Ei zelnen zugewandte Aufmerksamkeit sich zu sehr zersplittert.

Lurch solches familienmäßige Band kann man den einzelnen Knecht, die einzelne Magd, welche bei einem kleinen Wirthe im Hause leben, den Angehörigen desselben gleich achten; diesen aber ist durch ihr, an den Eigenthümer geknüpftes Interesse sein Vortheil auch der ihrige. So dürfte es wohl nicht unrichtig sein, wenn bei den ge= ringeren Wirthschaften Gesinde und Angehörige dem Eigenthümer selbst gleich gerechnet werden, da sie noch überdies seiner immerwährenden Beaufsichtigung und Ueberwachung unterliegen.

Derjenige Arbeiter, welcher, wie man zu sagen pflegt, für seine eigene Tasche fleißig ist, dem der Grund und Boden, den er bebaut, selbst gehört, ist endlich am meisten geeignet, den Boden durch Pünctlichkeit, Mühe, Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Unverdroffenheit Alles das abzugewinnen, was ihm nur abgetrost werden kann.

Die

Arbeit zum eigenen Nußen der Eigenthümer dürfte mit der der freien Lohnarbeiter nicht unrichtig also abgeschäßt werden, daß erst 5 freie Lohnarbeiter 4 selbstthätigen Eigenthümern gleichgesezt werden. Stellt man diese verschiedenen Classen nunmehr zusammen und reducirt Alles auf Eigenthümerarbeit, so ergibt sich, daß der selbstthätige Eigenthümer in 4 Arbeitstagen so

viel verrichtet als der freie Lohnarbeiter in

und der Fröhner

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Je kleiner die Befizungen in einer bestimmten Fläche sind, desto mehr Eigenthümer kommen zur Arbeit, und desto weniger bedarf es der fremden Hülfe, um die nöthigen Verrichtungen auszuführen. Hierzu kommt, daß es bei einer geringen Ausdehnung der Bodenfläche leichter ist, als bei einer großen, die Eigenthümlichkeiten des Bodens kennen zu lernen und diesen gemäß wirthschaftlich zu verfahren, ferner die günstigen Zeitumstände für die Arbeit wahrzunehmen und kleine Verluste durch zweckmäße Veranstaltungen zu vermeiden.

Wenn also selbst vorausgesezt würde, daß der Anbau mit einem gleichen Fleiße stattfände, so wird bei der kleineren Wirthschaft doch gewöhnlich eine passendere Behandlung stattfinden, als bei der großen. Ueberdies ist der Besizer einer kleines Wirthschaft durch feine eigene Arbeit eher im Besize des Capitales, welches nothwendig ist, um auf seinem geringen Areale die hervorbringenden Kräfte der atur nachhaltig zu unterstüßen, als der größere Eigenthümer, A es leicht an einem zureichenden Capitale fehlt, um so viel Arer erkaufen zu können, wie sie auf den Boden von geringerem Hange verwendet werden.

Die größere Menge der dem Boden zugewendeten Arbeitskräfte, jagt Rau1), zeigt sich unter Anderem in solchen Fällen besonders vortheilhaft, wo Verrichtungen in kurzer Zeit vollendet sein müssen, wegen der Witterungsbeschaffenheit. Das Einbringen des Heues und der Garben vor Regen oder Ueberschwemmung; die Herbstbe stellung, die Bearbeitung thoniger Felder 2c. müssen oft in wenige Tage zusammengedrängt werden, wenn sie ohne Verlust vor sich gehen sollen. Hierbei wird bei großen Gütern die verhältnißmäßige Minderzahl arbeitender Hände nothwendig fühlbar werden.

Es ist hier auch die Stelle, an die Aeußerungen von Schwerz 2)

1) Ansichten der Volkswirthschaft mit besonderer Beziehung auf Deutschland, Leipzig 1821. S. 189 f.

2) Anleitung zum praktischen Ackerbau. Bd. III. S. 112.

Rau und Hanssen, Urchiv d. polit. Dekon. VIII. (Neue Folge III., 1.) 2

zu erinnern.,,Bei dem kleinen Wirth kommt der Boden, bei dem großen die Arbeit mehr in Betracht; der größte Vortheil für jenen ist, eine höchst intensive, für diesen eine mehr extensive Wirthschaft zu treiben. Bei jener schafft jede Hand für sich, es kommt ihr auf Ersparung von Zeit und Arbeit nicht besonders an, da sie erstere findet und legtere ihr nichts kostet. Bei dieser schafft eine Hand in die andere und sie gewinnt dadurch an Zeit und Arbeit. Eine mit vieler Arbeit verknüpfte Cultur paßt sehr gut für einen Mann, der das Meiste selbst mit Frau, Kind und dem gewöhnlichen Gesinde vollführt, der daher die Vermehrung der Arbeit wenig oder gar nicht in Anschlag bringt; da er keine baaren Auslagen zu machen hat, so sieht er jede Vermehrung der Production für reinen Ertrag an. Er jätet, er hackt, er schafft mit nicht zu ermüdendem Fleiße, weil es ihm selbst und denen, die ihm dabei zur Seite stehen, gilt. Anders verhält sich die Sache bei einem größeren und noch anders bei einem Areale von sehr großer Ausdehnung. Alles kostet hier Gelb, der Rückschlag jeder Art ist daher für den Betreiber baarer Verlust, er muß also mit der größten Umsicht bei der Ausgabe zu Werke gehen."

Was hier von der Anwendung der Capitale bei kleiner und großer Cultur gesagt ist, findet auch dadurch seine Bestätigung, daß dort, wo durch die mögliche Concurrenz kleiner Besizer dem Ackerbaue hinreichende Capitale zufließen, keine großen Strecken öde liegen, während bei der Theilung des Landes in große Erbtheile ganz anfehnliche Quoten des Areales unangebaut sind. Es werden z. B. nach Soden in England von 46,916,000 Acres nur 39,027,000 angebaut und die Oedungen betragen 7,889,000 Acres, also beinahe den sechsten Theil des Ganzen. Die wohlthätigen Folgen des kleinen Anbaues zeigt jezt als Gegensatz Frankreich, wo früher nach demselben Gewährsmanne die Hälfte des Landes wüste lag, im vormaligen Guyenne die Haiden allein 300 Quadratmeilen betrugen und von der Bretagne 3/5 unangebauet waren.

Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß der größere Grundbesizer bei einem gewöhnlich reichlicheren Auskommen auch gar nicht in die Nothwendigkeit versegt ist, mit der größten Aengstlichkeit jeden kleinen Vortheil wahrzunehmen, wie dies der kleinere Besiger beinahe immer thun muß. Alles dies wirkt zusammen, um bei kleinen Wirthschaften in der That mehr Rohertrag zu gewähren, als bei den großen.

Sollen in Kürze die Gründe hiervon zusammengefaßt werden,

fo kommen die Hauptsächlichsten auf zwei Erfahrungen hinaus, die im alltäglichen Leben überall ihre Bestätigung finden, nämlich:

a. im eigenen Intereffe unternommene Arbeit wird fleißiger verrichtet, als die für fremden Nugen, und

b. es ist leichter, in einem beschränkten Kreise Tüchtiges zu leisten, als in einem ausgedehnten.

Der zweite Saß der Theorie, welcher wider die Dismembrationsfreiheit anstrebt, ist nur zum Theil richtig, wie die nähere Betrachtung alsbald ergeben wird. Es wird behauptet: der Reinertrag bei der kleinen Wirthschaft sei geringer, als bei der großen, und dies zwar in dem Maaße, als die Wirthschaften kleiner werden.

Arthur Young nimmt an, daß bei kleinen Wirthschaften, die von einem Pächter und seinem einzelnen Gesinde mit einem Pfluge bestellt werden, jeder Mensch nur 15 Acres oder 221⁄2 Magdeb. Morgen bearbeiten kann, während er bei einer größeren Wirthschaft, wo ein Pächter und 3 Gehülfen mit 3 Pflügen thätig sind, 18% Acres 2712 Magdeb. Morgen bestellen kann. Im ersteren Falle wird für 11 Acres 161⁄2 Magdeb. Morgen, im legteren erst für 1423 Acres 22 M. M. ein Pferd zur Arbeit nöthig.

=

Hiernach berechnet Jean Baptiste Say 1), daß eine Ausdehnung von 10,000 Acres 15,000 M.M., wenn sie in kleinen Wirthschaften von einem Pfluge bebaut würden, 666 Menschen und 1000 Pferde, bei einer Eintheilung aber in Wirthfchaften von drei Pflügen nur

beschäftigen würde. Bei der lezteren Weise werden also in den Bestellungs

kosten

gespart.

Dies würde auf die Quadratmeile eine Ersparniß von .

ergeben.

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162 Menschen und 425 Pferden

Diese Ersparniß ist aber auf Kosten des Rohertrages, von dem oben gezeigt worden ist, daß er bei kleinen Gütern bedeutender ist, als bei größeren, also auch auf Kosten der Arbeitsqualität herbeigeführt. Soll gleich viel Fleiß und dieselbe Menge Arbeit auf den Boden verwendet werden, wenn er in größeren Wirthschaften 1) Cours complet d'écon. pol. (Bruxelles) p. 118.

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