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3.

Sofern der Eigenthümer seine gefallenen oder getödteten Thiere selbst zu verwenden oder vorschriftsmässig zu beseitigen nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, tritt die polizeiliche Fürsorge der Gemeinde ein. Das letztere ist auch der Fall, wenn der Eigenthümer eines gefallenen Thieres nicht bekannt ist.

4.

Jede Gemeinde ist verpflichtet, für sich oder in Gemeinschaft mit benachbarten Gemeinden für einen entsprechenden Verscharrungsplatz (Wasenplatz) mit den erforderlichen Einrichtungen zu sorgen.

Die Verscharrungsplätze der Gemeinden oder von Privaten sollen, soweit es thunlich, 200 m von Wohngebäuden, Quellen, Bäumen und wenigstens 100 m von öffentlichen Wegen, gemeinschaftlichen Tummel- oder Weideplätzen entfernt sein.

5.

Die Beseitigung der Cadaver von Thieren, welche an einer ansteckenden Krankheit nicht gelitten haben, soll nicht über 24 Stunden verschoben werden. Am zweckmässigsten werden die Cadaver durch chemische Zerstörung oder hohe Hitzegrade (z. B. Kochen, Verbrennen) unschädlich gemacht. Die Vergrabung der Cadaver ist nur dann für statthaft zu erachten, wenn die erstbezeichnete Verwerthung unausführbar ist.

6.

Das Abledern, Oeffnen und Zerlegen von Cadavern solcher Thiere darf, insoferne die Vorschriften der Seucheordnung nicht anders bestimmen, ausser in geschlossenen Räumen nur auf der Wasenstätte oder dem Verscharrungsplatze vorgenommen werden.

7.

Die Gemeinden oder Gemeindeverbände haben für die geeigneten Arbeitskräfte zum Abledern, Oeffnen u. s. w. der Cadaver Sorge zu tragen. (Hier würde ich eventuell für einen Zusatz der Worte „durch Anstellung eines Abdeckers" sein. Verf.)

8.

Die Verpflichtung zur Anzeige ansteckender Kranheiten bei gefallenen oder getödteten Thieren liegt sowohl den Thiereigenthümern als auch allen jenen ob, welche sich mit der Ausnutzung und Verwerthung der Cadaver gefallener oder getödteter Thiere befassen. (Ist jetzt gesetzliche Bestimmung. Verf.)

9.

Auf die Cadaver von Lämmern, jungen Ziegen, Saugferkeln, Geflügel, Katzen und Hunden, sowie auf todtgeborene Hausthiere jeder Art finden vorstehende Grundsätze keine Anwendung.

Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschloss am 18. Januar 1881 Folgendes:

„Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt eine einheitliche Regelung des Abdeckereiwesens in ähnlicher Weise, wie es bei dem Reichsviehseuchengesetze geschehen ist, durch die Reichsgesetzgebung, bezw. Landesgesetzgebung aus sanitäts- und veterinärpolizeilichen, sowie aus wirthschaftlichen Gründen für ein Bedürfniss.

I. Bei dem Erlass eines bezüglichen Gesetzes ist ganz besonders darauf Rücksicht zu nehmen:

1. Dass die polizeiliche Anzeigepflicht der Viehbesitzer nicht auf die an der Seuche gefallenen resp. getödteten oder der Seuche verdächtigen Thiere beschränkt, sondern auch auf den Abgang oder die Nothtödtung sämmtlicher zu landwirthschaftlichen Zwecken benutzten grösseren Hausthiere (einschliesslich Schafe und Schweine) ausgedehnt werde.

2. Dass das abgehende Vieh eine entsprechende möglichst hohe Verwerthung im Interesse des Besitzers finde, soweit es mit Rücksicht auf die sanitätspolizeilichen Vorschriften möglich ist.

II. Die in einzelnen Staaten für Abdeckereien noch bestehenden Zwangsund Bannrechte sind aufzuheben resp. zur obligatorischen Ablösung zu bringen 1).“

Wie man sieht, ergänzen sich beide Resolutionen in gewisser Weise und geben so zusammen ein kurzes und prägnantes Bild der ganzen Angelegenheit.

Es ist bereits erwähnt, dass in Baden und Württemberg in letzter Zeit das Abdeckereiwesen gesetzlich neu geregelt ist; die dortigen Einrichtungen dürften daher bei Regelungen in anderen Gegenden werthvolle Anhaltspunkte geben. Fernerhin würden solche in den Entwürfen von Abdeckereiordnungen zu finden sein, wie sie für den Veterinärrath von dem Veterinärassessor Dr. Ulrich-Breslau 2) und für den Landwirthschaftsrath von dem Oekonomierath Nobbe - Niedertopfstedt) ausgearbeitet worden sind.

Ein genaueres Eingehen auf dieselben würde aber zu weit führen.

Hoffen wir, dass auch in diesen Dingen eine nicht allzu ferne Zukunft unserem deutschen Vaterlande die gewünschte Einheit und Regelung der Verhältnisse bringen möge!

1) Archiv des Deutschen Landwirthschaftsraths, V. Jahrg. 1881, Heft 6, S. 238.

2) Bericht über die Verh. d. D. Veterinärrathes, 1. c. S. 66 bis 74.

3) A. d. D. Landwirthschaftsrathes, 1. c. S. 188 bis 193.

Zur Frage der Verunreinigung des Wassers durch bleierne Leitungsröhren.

Von Dr. Pullmann (Offenbach a. M.).

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Unter dem Titel „Bleiröhren zur Wasserleitung" veröffentlicht E. Reichardt (Jena) im 4. Hefte des XVII. Bandes der Deutschen Vierteljahrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege eine Abhandlung, die er selbst als Entgegnung auf die von A. Hamon in Paris unter der Ueberschrift Hygiène publique (Etude sur les eaux potables et le plomb, Paris 1881)" herausgegebene, dasselbe Thema behandelnde Broschüre bezeichnet, und womit er beabsichtigt, diese hygienisch so wichtige Frage wiederum klar zu stellen". Ob dieser beabsichtigte Zweck erreicht wird, muss ich nach Kenntnissnahme untenstehender Erfahrungen und Versuche dem Urtheile der Fachmänner überlassen, stehe aber nicht an, vom Standpunkte des praktischen Arztes aus es zu verneinen.

Die Literatur über unser Thema schwillt von Jahr zu Jahr an; de facto bestehen seit Jahrhunderten Wasserleitungen, zu denen Bleirohre ohne merklichen Schaden für die Gesundheit der das betreffende Wasser Geniessenden benutzt wurden und werden (z. B. in Altenburg, Berlin, Bochum, Danzig, Dortmund, Essen, Frankfurt a. M., Halle, Hannover, London, Paris, Posen, Rostock, Steele u. a. O.); wenn trotzdem die Meinungen über die Zulässigkeit dieses Materials zu dem bewussten Zwecke differiren, so geschieht dies doch wahrscheinlich nicht einzig und allein aus Neigung zu Widerspruch.

Mehrere mir in der Praxis vorgekommene Fälle chronischer Bleiintoxicationen waren geeignet, mich in meinem Glauben an die Unschädlichkeit der Verwendung von Bleiröhren zu Wasserleitungszwecken wankend zu machen. Die Ursache dieser Intoxicationen konnte in keinem einzigen Falle in der Beschäftigung mit Blei gesucht werden, fand sich vielmehr unzweifelhaft im Leitungswasser.

Um zunächst für mich in der Frage klarer zu werden, vertiefte ich mich in die diesbezügliche Literatur. Anstatt nun hier die gesuchten sicheren Thatsachen zu finden, musste ich sehr bald erfahren, wie recht Bolley 1) hat, wenn er sagt, vielleicht giebt es in der chemischen Technik keine Frage, welche so voller Widersprüche ist, wie die des Verhaltens des Bleies gegen Wasser".

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Im Handbuche der Hygiene und Gewerbekrankheiten (herausgegeben von Prof. v. Pettenkofer und v. Ziemssen) äussert sich Regierungs

1) Bolley, Chem. Technologie des Wassers, S. 95.

rath Dr. Wolffhügel zu unserer Frage. Nach seinen hier gemachten Angaben sind die Autoren F. Fischer, Christison, Solly, Faiszt, v. Pettenkofer, Besnon und Robierre, Dumas, Balard, Lissauer und Andere der Ansicht, dass das gewöhnliche Brunnen- und Leitungswasser kein Blei löse, und hebt auch die englische Commission zur Verhütung der Flussverunreinigung hervor (in ihrem sechsten Berichte S. 224), dass jedenfalls die Furcht vor Bleivergiftung durch Bleiröhren als übertrieben zu erachten sei".

Bei Dr. Wolffhügel (1. c.) lesen wir weiter S. 239: Sicherlich ist die Schädlichkeit der Bleiröhren nicht zu fürchten, wenn dieselben für geschlossene Rohrleitungen Verwendung finden, in welchen die Mitwirkung der Luft durch einen ununterbrochenen Betrieb, d. h. eine fortwährende Füllung mit Wasser ausgeschlossen ist."

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Bei Dr. E. Reichardt (Grundlagen etc.) fand ich S. 106: Die Untersuchungen über die Abnutzung der Bleiröhren durch Lösung des Metalls haben sehr beruhigende Ergebnisse gerade für Wasserleitung mit Hochdruck ergeben."

Im Handbuche der Hygiene von Dr. Wiel und Prof. Dr. Gnehm fand ich S. 477 die Worte: „In hygienischer Beziehung verdienen die Bleiröhren die grösste Beachtung. Es ist keinem Zweifel unterstellt, dass das Trinken von bleihaltigem Wasser auch bei äusserst geringem Bleigehalt sehr gefährlich werden kann. Dagegen ist die Art, wie das Wasser Blei aufnimmt, keineswegs mit der erwünschten Bestimmtheit aufgeklärt. Nur ein Trinkwasser mit grossem CO2- Gehalt (wie es höchstens bei Heilquellen vorkommt ? d. V.]) kann durch Bildung von doppeltkohlensauren Salzen die Löslichkeit des Bleies fördern. Immerhin muss also die Hygiene die Anwendung gewöhnlicher Bleiröhren verwerfen."

Ferner fand ich im Archiv der Pharmacie, Bd. 215, S. 54, von Reichardt folgenden Satz: „Bei Wasser der gewöhnlichen Quellen findet ein Angriff auf Blei überhaupt nicht statt, wenn die Röhren gänzlich mit Wasser gefüllt sind." Was sind nun aber gewöhnliche Quellen" und was ist gewöhnliches Wasser", und entstammt unser hiesiges Wasserleitungs-Quellwasser gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Quellen?

Im Gegensatze zu den oben erwähnten beruhigenden Versicherungen steht auch die Zusatzbemerkung von Dr. Wolffhügel zu seinem oben angezogenen Urtheile.

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Vorsichtshalber sollte man das längere Zeit, z. B. über Nacht in der Leitung gestandene Wasser unbenutzt abfliessen lassen und eine derartige Ausspülung der Bleiröhre auch unmittelbar nach einer zu Reparatur- oder Anschlussarbeiten stattgehabten Entleerung der Leitung vornehmen, bevor Wasser zu Genusszwecken wieder entnommen wird."

S. 79 (1. c.) sagt derselbe Autor: „Das Trinkwasser führt zu schweren Schädigungen der Gesundheit, wenn es giftige Bestandtheile aus metallischen Leitungsröhren der Wasserversorgung aufgenommen hat, am meisten giebt davon Blei zu sanitären Bedenken Anlass, wie praktisch und experimentell bewiesen."

Dazu kommt das fort währende Suchen nach brauchbaren Ersatzmitteln für die wenigstens zweifelhaften Bleiröhren, oder nach Mitteln, welche durch

ihre chemische Wirkung geeignet wären, die unvermeidlichen Bleiröhren im Inneren mit einem unlöslichen Ueberzuge zu bekleiden (Schwarz) und dadurch den Angriffen von Seiten des Wassers zu entziehen.

Nachdem ich nun vergebens bei Wolffhügel, Reichardt, Wiel und im Archiv für Pharmacie Aufklärung zu finden gesucht, stand ich immer noch vor der Frage: was ist Wahrheit; wie kommt es, dass in einer Frage, welche doch schon von den Römern ventilirt worden, noch heute so direct widersprechende Ansichten herrschen? Ist die verschiedene Qualität des zu den Röhren verwendeten Bleies daran schuld, oder die wechselnde Zusammensetzung des Fluidums, welches hier allgemein als Wasser bezeichnet wird?

Dies zu eruiren, stellten wir denn unsere unten stehenden Versuche an, deren Ergebnisse wir später in Uebereinstimmung fanden mit den Resultaten früherer Experimentatoren, wie sie in der uns leider erst nachträglich zugänglich gewordenen Literatur niedergelegt sind. Indem ich nun beim Studium der letzteren weniger auf abstracte Urtheilsäusserungen, als auf durch directe Versuche und Beobachtungen gewonnene Gewicht legte, glaube ich auch dort so viel gefunden zu haben, dass ich annehmen darf, im Zusammenhalt mit meinen eigenen, unten näher zu beschreibenden Versuchen einer befriedigenderen Lösung dieser wichtigen Frage näher gekommen zu sein.

Zunächst mögen hier einige mir gewichtig erscheinende Aeusserungen und Beobachtungen bedeutender Forscher Platz finden, deren Mehrzahl ich im Auslande vertreten fand.

Armand Gautier sagt in seinem „Le cuivre et le plomb dans l'alimentation etc., Paris, J. B. Baillière, 1883", dass die Gefahren der Bleivergiftungen gewöhnlich unterschätzt würden. Letzteres Metall sei in relativ kleinen, aber wiederholt genommenen Dosen, wenn es sich auch geraume Zeit indifferent zu verhalten scheine, zu fürchten. Der Genuss von Wasser, welches längere Zeit in Bleibehältern stehe, aus denen es Blei löst, könne Intoxicationserscheinungen hervorrufen. In noch viel höherem Grade geschähe dies, wenn das Wasser Kohlensäure enthält.

Erschöpfender spricht sich derselbe Autor in den Annales d'hygiène publique, tom VII, 3. sér., p. 30, aus: „On sait aussi, que les eaux, les plus pures, quelques eaux de surces, les eaux de pluie, et tout particulièrement l'eau distillée, lorsqu'elles séjournent dans les reservoirs de plomb, attaquent ce métal, grâce au concours de l'oxygène et de l'acide carbonique et peuvent le dissoudre en assez grande quantité pour produire quelquefois des accidents graves."

Zur Lösung dieser so wichtigen Frage stellte er folgende drei Versuche an:

1. Verweilen von Trinkwasser in neuem Bleirohre;

2. Verbleiben von Trinkwasser in Bleiröhren, welche schon lange zur Leitung gedient haben;

3. einfache Passage dieses Wassers durch diese Röhren.

Ad 1. Eine neue Bleischlange von 80 m Länge, in Spiralen aufgeschichtet, enthielt etwa 20 Liter Wasser und konnte an beiden Enden durch Messinghähne verschlossen werden. Behufs vollständiger Reinigung

Vierteljahrsschrift für Gesundheitspflege, 1887.

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