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gleichstehen wird. Berghaus' Africa ist ein Meisterwerk der Ausführung und er hat doch das Neueste über die Ashantees gesehen: See Tzad steht jezt zwischen zwei Schwellen (arrêtes) und hängt weder mit dem Nil noch Joliba zusammen, da letterer in den Golf von Benin fließt. Wollte doch Berghaus einst einen kleinen Atlas über Länderprofile zusammentragen. Ich selbst habe etwa 10-12 herausgegeben, die in theuren Werken wie verloren stehen. Verkleinerten Nachstich würde ich gerne sehen; man lasse nur jedem Profile den Namen des Verfassers. Das Hochland von Mexico, Bogotá, Carracas, Pic von Teneriffa, Chimborazo, die Pässe der Alpen (Buch), Deutschland (Ihr schönes Werk), eine Höhenkarte aller großen Städte von America (Brué's Colombia), wären Gegenstände der von Berghaus' Hand gewünschten hypsographischen Arbeit; aber der deutlichen Darstellung wegen glaube ich, daß die Projection nur auf einer Fläche ohne perspectivische Schattirung sein müsse; für die Wendepunkte müssen Länge und Breite angegeben und Direction und Entfernung bezeichnet werden, wie auf meinem Profil von Spanien. Diese Wendepunkte und Entfernungen habe ich ungern auf Oeynhausen's sonst so interessanten Profile' vermißt.*) Wollen Sie für die Hertha das Profil von Spanien, wenigstens das obere, und meine neueste Zusammenstellung der Himalaya-Kette, der Andes und Pyrenden aus Annales des sciences naturelles T. IV, 1825 Mars, nachstechen lassen, so sende ich Ihnen zwei Auffäße — 1) über das Spanische Hochland mit ungedruckten Messungen

*) Profil vom Bodensee bis Paris. Von Dechen gezeichnet 1824. In der Hertha. Jahrgang 1825. Band I.

B.

von Bauzá, die ich besize; und 2) über die wahre Höhe des Himalaya, ein Auffag von dem in den Annales ganz verschieden, mit einem Briefe des Hrn. Colebrooke und anderen Manuskript-Nachrichten. Ich wünschte, daß das Spanische Profil der Deutlichkeit wegen gestochen und nicht lithographirt würde, es sei denn, daß man die Namen recht leserlich schreiben könne. Eine Reihe Briefe aus Colombia von Hrn. Boussingault an mich mit vortrefflichen Nivellements der ganzen Andeskette zwischen Carracas und Bogotá biete ich Ihnen ebenfalls an. In meinem so eben erschienenen Bande der Reisen sind 2 (über 15 Bogen lange) Aufsäge über Oceanische Canalverbindung durch America und ein geographisch-geognostisches Gemälde aller Gebirgssysteme von ganz America enthalten. Ich glaube beide in ein paar Bogen zusammen drängen zu können und verstehe wahrscheinlich am sichersten das Originelle in meiner neuen Ansicht der Gebirgssysteme hervorzuheben. Wenn es Ihnen angenehm ist, so übernehme ich auch diese beiden Arbeiten. Zu der der Canäle kann ich aus meiner Correspondenz die neuesten Nachrichten über die Verträge mittheilen, welche mit dem Mexicanischen Gouvernement geschlossen sind. Ich besize durch Mittheilung des russischen Ministeriums ein barometrisches Nivellement der Straße des Caucasus, welches ungedruckt ist. Sie ist wichtig in Vergleich mit der Simplonstraße. Man könnte beide Nivellements zusammenziehen. Wünschen Sie dies? Mit der innigsten Achtung und Freundschaft

Paris, den 29 Juni 1825.

Jhr

Al. Humboldt.

Wenn es Ihnen angenehm ist, so könnte auf dem Titel der Hertha hinzugefügt werden: Diese Zeitschrift er

scheint unter Mitwirkung des Herrn Alexander von Humboldt. Ich bin ebenfalls mit H. v. Cotta über die Art übereingekommen, wie der Sinn dieses Zusages dem Publikum erklärt wird. H. v. Cotta wird Ihnen diese Anzeige von wenigen Linien senden.

2.

Schreiben an Heinrich Carl Wilhelm Berghaus.

(In Berlin eingegangen den 8. Juli 1825.)

Vorgestern habe ich einen sehr ausführlichen Brief an Hrn. Hoffmann geschrieben, meine Theilnahme an der Herausgabe der Hertha betreffend. Ich kann vorausseßen, daß Ihnen dieses Sendschreiben vorgelegt werden wird, daher ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Inhalt desselben nicht zurückkomme. Nur das muß ich Ihnen, verehrter Freund, sagen, daß mir die Aufforderung zur Theilnahme an der Hertha sehr schmeichelhaft gewesen ist. Mit Vergnügen wirke ich bei einem journalistischen Unternehmen welches, seitdem die ersten Lieferungen hierher gelangt find, mir die größte Achtung für den wissenschaftlichen Ernst eingeflößt hat, der vom Inhalt und der Form fund gegeben wird. Ich freue mich hinzufügen zu können, daß diese gute Meinung von hiesigen Fachgelehrten, wie Malte Brun, Eyriès, Barbié du Bocage, Walckenaer, Jomard, Depping, Delarenaudière 2c. lebhaft getheilt wird. In meinem Schreiben an Hoffmann werden Sie einige Winke finden, die ich Ihrer Aufmerksamkeit anheim gebe. Malte Brun gedenkt noch immer mit Wohlgefallen der Stunden, die er mit Ihnen

verplaudert, als Sie, mitten im Geräusch der Waffen aller Nationen Europa's, von St. Germain in die Stadt geritten famen, ihm einen wiederholten Besuch zu machen 1). Ihr Andenken ist auch bei der - alten Garde vom Corps des ponts et chaussées, dem Sie ja einst im ci-devant grand Empire angehört haben, nicht erloschen. Deutscher Patriotismus ist ein recht hübsch klingendes Wort! La jeunesse allemande au-delà de l'Elbe était enragée de ce mot en 1813! Und was ist aus den unendlichen Opfern von Gut und Blut geworden? Wie es kommen würde merkte man schon 1814 als die hohen Herren hier versammelt waren! Und nun erst Wien! Mein Bruder hatte die besten Vorfäße, als er nach Wien ging; allein---! Männer von Talent finden hier in der Weltstadt bald und dauernd Anerkennung; in Berlin's nebuloser Atmosphäre, die den Gesichtskreis ringsum verschleiert und wo Alles und Jedes nach der Schreiber-Schablone gemessen wird, kann davon nicht die Rede sein. Sie hätten nach Frankreich zurückkehren sollen, als der Friede geschlossen und Sie Ihrer Feldzugspflicht entbunden waren. Gehörten Sie doch vermöge des 5 April 1795 Frankreich von Geburt an 2). Tarbé hat noch oft mit mir darüber gesprochen, daß Sie auf seine Wünsche und Anträge nicht eingegangen; auch Graf Molé gedenkt Ihrer in dem nämlichen Sinne, beide Männer mit Bedauern, daß Sie nicht gleich im November 1813 beim Rückzug der französischen Waffen aus den hanseatischen Departements mit berübergekommen sind ins Herz des Kaiserreichs! Verzeihen Sie, daß ich unachtsamer Weise vielleicht alte Wunden aufreiße, was schmerzhaft für Sie sein muß 3). Ich habe mich also für die Hertha Ihnen angeschlossen und hoffe im Stande zu sein,

mit dem nächsten Gesandtschafts - Courier einen Beitrag zu übersenden. In meinem Briefe an Hoffmann habe ich angedeutet, wie meine Theilnahme an der Herausgabe der Hertha auf dem Titel derselben ausgedrückt werden könne. Seien Sie so gütig, dafür zu — sorgen, daß ich nicht mit zu den „Besorgern“ gezählt werde. „Besorgen“ ist doch ein ganz vertrackter Ausdruck! Wer von Ihnen beiden hat ihn

erfunden ?4)

Freundschaftlichst

Paris, den 1 Juli 1825.

Ihr

Al. Humboldt.

Erläuterungen.

1) Während des Feldzugs von 1815 war ich beim Vorrücken des 6. Preußischen Armee-Corps von Namur aus ins Innere von Frankreich commandirt worden, um in Gilmärschen, täglich zwei Etappen, nach St. Germain-en-Lave zu gehen, woselbst ich dann acht Tage lang in Cantonnirung stand. Mein Corps, die Reserve-Cavalerie-Brigade, erwartend, war ich in St. Germain mir ganz überlassen. Ich benußte diese Zeit zu haufigen Besuchen in Paris, indem ich früh Morgens in die Start ritt und spät Abends zurückkehrte. Es war in den langen Tagen des Monats August. In St. Germain war ich am Plaze dem alten ehrwürdigen Schlosse gegenüber bei einer Wittwe einquartiert, die einen berühmten Namen führte; sie hieß nämlich Molière und stammte, wie sie versicherte, vom großen Dichter ab. An den Tagen, wo ich nicht in Paris war, lebte ich im Kreise dieser kleinen, liebenswürdigen Familie, bestehend aus der Mutter und einer Tochter, die den wildfremden „Prussien“ gleich am ersten Tage so aufnahmen, als wär' ich ein Sohn des Hauses gewesen. Am Spätabend meines Lebens gedenk ich mit innigstem Wohlbehagen der Stunden, die ich lustwandelnd auf der großen Terrasse von St. Germain, mit der herrlichen Aussicht aufs Seine-Thal, in Gesellschaft der eben so geist als gemüthreichen Aurore Molière zugebracht habe.

2) Am 5. April 1795 wurde der Baseler Friede geschlossen.

3) Daß ich meine Anwesenheiten in Paris benußte, um meine früheren Vorgesezten, den Grafen Molé, Directeur général, und Tarbé,

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