Page images
PDF
EPUB

und Preußen mit je zwei, Baiern, Hannover und Württemberg mit je einer Stimme, denen die ausübende Gewalt, das Kriegs- und Friedensrecht gebühre; 6) den Rath der Fürsten und Städte, welchen nebst den Kreisobersten die innere Gesetzgebung zustehe; 7) das östreichische Directorium; 8) die Rechte der Kreisobersten als Bundesbeamten wegen Vertretung des Bundes und Aufrechthaltung seiner Beschlüsse, Leitung der Kreisverhandlungen, Aufsicht über das Kriegswesen des Kreises und Erhebung ihrer Gerichte zu Kreisgerichten für die kleineren Kreisstände; 9) Verbot des Krieges und der Bündnisse und Subsidien für die, nicht auch außerhalb Deutschland begüterten Fürsten; 10) Schlichtung der Streitigkeiten der Bundesglieder durch Austrägalgericht und Bundesgericht, welches auch über Verlegung des Bundesvertrage zu sprechen hat; 11) Nothwendigkeit ständischer Einrichtungen in jedem Lande und der Feststellung eines Minimums an Rechten der Stände; 12) Rechte aller Deutschen, insbesondere freier Auswanderung und Annahme der bürgerlichen Dienste in ganz Deutschland.

Gestrichen waren von Metternich in dem Stein-Hardenbergischen Entwurfe die Bestimmungen, welche Preußen am Bunde eine gleiche Stellung neben Destreich anwiesen, so wie sämmtliche Paragraphen welche sich auf die Festsetung landständischer Verfassung, auf das Recht der Unterthanen zu Beschwerden gegen ihre Fürsten, auf Preßfreiheit und den freien Besuch deutscher Universitäten bezogen. Destreich nahm das Directorium für sich allein in Anspruch. Die Bestimmungen über die Kreis-Eintheilung, über das Kriegswesen, über die Bedrohung abtrünniger Bundesglieder mit der Acht wurden ebenfalls gestrichen.

Die Angelegenheiten Deutschlands waren, wie bereits erwähnt, den Bevollmächtigten Destreichs, Preußens, Hannovers, Baierns und Württembergs zugetheilt. Der Bevollmächtigte Hannovers, Graf Münster, hatte am 12. October, ohne deshalb von dem Prinzen - Regenten Englands hierzu ermächtiget worden zu sein, das Kurfürstenthum Hannover zur Würde eines Königreichs erhoben, und sich mit der einfachen Anzeige, daß dies geschehen sei, begnügt, ohne daß er von irgend einer Seite Widerspruch erfahren hätte; seitdem schreibt sich der Beherrscher Hannovers „Wir 2c. König von Gottes

Siebenzehntes Kapitel

Jaunkönige gewinnen Stimme; Baiern und Württemberg erheben Einspruch; Metternich ift gegen die Sondergelüßte der Kleinen; König Friedrich I. von Württemberg; König Mar I. von Baieru und der Minister Montgelas; Fürst Wrede; der rheinische Merkur zicht gegen Baiern los; Stein und der Kronprinz von Baiern; der Graf Münßter ein Verbündeter Steins in den deutschen Verfassungsangelegenheiten; das Votum der Hannöverschen Bevollmächtigten vom 21. October 1814; Metternich tritt als Gegner despotischer Rechte auf; Stein verwendet sich bei dem Kaiser von Rußland für die deutsche Verfassungsangelegenheit; Alexander erläßt eine Note an Metternich und Härdenberg zu Gunsten einer freisinnigen Bundesverfassung; Metternichs und Humboldts Zustimmung; der Versuch die Kleinen zu gewinnen, gelingt nur im Kleinen; Baden, Baiern, Württemberg protestiren gegen die Bundesverfassung; 24 Kleine thun desgleichen; Württemberg scheidet aus; die Verfassungsberathungen werden eingestellt.

Goethe's bitter-scherzender Vers:

„Verschon' uns Herr mit Deinem Grimme,
Zaunkönige gewinnen. Stimme!"

kenntzeichnete treffend die Art und Weise, wie die Könige von Napoleons Gnaden an der Congreßtafel ihre Stimme erhoben. In der dritten Versammlung des Ausschusses für die deutschen Angelegenheiten erklärte Baiern und Württemberg sich keineswegs einverstanden mit dem Entwurfe der zwölf Artikel. Baiern stellte die Behauptung auf: der König besige unbedingte Regierungsrechte über seine Unterthanen, könne ihnen daher nicht das Recht der Berufung an den Bundestag einräumen; es erklärte, sich der Ausübung feines einzigen Regierungsrechtes begeben zu wollen, verzichte eben so wenig auf das Gesandtschaftsrecht und halte es unzweckmäßig, ein Minimum von ständischen Rechten anerkannt zu sehen, da Baiern eine Verfassung erhalten sollte. Württemberg tadelte die beabsichtigte Sicherung der verfassungsmäßigen Rechte jeder Klasse der Nation, da es noch die Frage sei, was unter verfassungsmäßigen Rechten verstanden werde und ob selbige mit dem Zweck des Bundes in Verbindung kämen; auch könne es nicht die Absicht sein, aus so verschiedenen Völkerschaften, z. B. Preußen und Baiern so zu sagen eine Nation schaffen zu wollen. Außerdem erklärte es sich gegen Beschränkung der

Souverainetätsrechte insbesondere durch Untersagung des Kriegführens (auf eigene Faust), Niedersetzung eines Bundesgerichts, und Aussprechen eines Minimums ständischer Rechte, so wie auch die Erwähnung von Unterthanenrechten, welche in einem Staatsvertrage durchaus wegfallen müßte. Württemberg sowohl als Baiern erklärten sich auch gegen Oestreichs und Preußens Doppelstimme und gegen deren Aufnahme in den Bund, welchen sie vielmehr nur zu einem Mittel eigener Herrschaft benugen zu wollen schienen. Gegen solche Anmaßung und Sondergelüft legte Metternich, damit er zu Haus desto unbeschränkter schalten und walten könne, die liberale Lanze ein und erklärte: „die Festsetzung der Rechte der Unterthanen deutscher Nation sei schlechterdings nothwendig; in der früheren Verfassung seien den Unterthanen gewisse Rechte zugesichert gewesen, in den letzteren Zeiten aber in einzelnen Staaten solche Bedrückungen eingetreten, wider welche die Unterthanen in der Zukunft nothwendig geschützt werden müßten." Dem Einwurfe wegen Beschränkung der Souverainetät entgegnete er: „daß die Versammlung einen Bund zu schließen habe, welcher nicht bestehen könne, wenn die einzelnen Mitglieder nicht in Gefährdung desselben beschränkt würden, folglich, wer den Zweck wolle, auch die Mittel wollen müsse."

Die Drachenzähne der Herrschbegier und des Unfriedens, welche Napoleon in Deutschland gefäet, waren in Baiern und Württemberg in überwuchernder Ueppigkeit aufgeschossen.

„Dem Könige Friedrich I. von Württemberg, so schildert ihn ein, mit den Persönlichkeiten und Verhältnissen Süddeutschlands vertrauter Geschichtschreiber*),,,war der ganze aufgeloberte deutsche vaterländische Geist der Jahre 1813 und 14 ein Greuel. Er bedrohte ihn als überspannte Ideen und einen unterdrückungswürdigen Geist. Mit seinem Sohne, dem edlen Kronprinzen, der, im schroffen Gegensaße zu dem Vater, die Hoffnung der Frei- und Deutschgesinnten war und für eine deutsche Bundes- und Württembergische Landesverfaffung mit Stein zusammenstimmend arbeitete, war er zerfallen. Als der König bei dieser Stellung seines Sohnes und nach dem ganzen Stande der Dinge im Anfang des Congresses fürchtete, daß er in beiden Beziehungen weder nachgeben müssen, klagte er seufzend: man werde sich bald

schämen müssen, ein Württemberger zu sein. Er war das Musterbild jener Napoleonischen Willkührherrschaft, die Stein mit dem Namen des Sultanismus belegte; die kundigen Zeitgenossen schildern ihn als einen Vitellius an Wohlbeleibtheit und als einen Ludwig XV. an Gemüth und Gesinnung. Die Flugblätter der Befreiungskriege nannten ihn in ungezähmter Herrschsucht und Stolz allen grausamen Launen orientalischer Despoten, in Wollust ihren unnatürlichen Lastern verfallen. Die Verfassung seines Landes hob er 1805 eigenmächtig auf; kein Recht des Einzelnen, kein Spruch der Gerichte war ihm heilig; er quälte seine Unterthanen wie Soldknechte zur Unterwürfigkeit unter jede Plackerei seiner Hof- und Regierungsgrillen; besonders dem Adel seine souveraine Macht fühlen zu lassen war ihm eine boshafte Freude. Er nahm ihm, wie die meisten Rheinbundfürsten, feinen privilegirten Gerichtstand und seine Patrimonialgerichte und freute sich, ihn denselben Dorfschulzen zu untergeben, die sonst der Adel selbst angestellt und besoldet hatte; er sog ihn mit Steuern so aus, daß seine Güter auf ein Drittheil ihres früheren Werthes herabsanken; er bestimmte über Person und Aufenthalt, indem er die Einzelnen, wie Leibeigene einen Theil des Jahres an seinem Hofe zu leben zwang und ihnen und allen anderen Unterthanen die Auswanderung verbot. In Württemberg gährte es daher in stiller und offener Empörung. Der König aber hatte sie niederzuhalten gewußt, denn er war gescheidt und kräftig. Hatte er doch Napoleon selbst und seinen Werkzeugen gegenüber seine Herrscherwürde zu wahren gewagt, und den verbündeten Mächten und ihrer Centralversammlung einen unbeugsamen Troß entgegengesett. Er war über die Begünstigung Baierns (durch Destreich im Vertrage von Ried) vor Württemberg in dem Maße empört, daß er noch im December 1813 an Napoleon schrieb, er sei zu dem Bunde gegen ihn gezwungen worden und er sehe der Zeit entgegen, wo er sich wieder zu seinen Fahnen werde sammeln können."

Keineswegs schmeichelhafter lautet der Bericht desselben Verfassers über die damaligen Zustände in Baiern. „Sehr anderer Natur als Friedrich I. von Württemberg war der König Maximilian I. von Baiern, der die Bourbonenartige Hofzucht und Unzucht, die Karl Theodor nach München gebracht hatte, das Unwesen mit Tänzerinnen, Sängerinnen und Maitressen fortsette und jene Sittenlosigkeit einpflanzte, die München neben Stockholm in der Reihe der verderbtesten Mittelstädte obenan stellte. Max Josephs autokra

tische Neigungen waren mehr die eines gutmüthigen Polterers, dem nichts von der grausamen Schärfe des dicken Königs von Württemberg eigen war. Was aber ihm an dem Geiste des rheinbündischen Sultanismus gefehlt haben möchte, erseßte sein Minister Montgelas, der in Baiern den Richelieu spielte. Bon französischem (javohischem) Abstamme und Wesen, in Nanch und Straßburg burch eine gute Schule gegangen, war er in seiner Jugend aus Baiern als Illuminat ausgetrieben, in die Dienste Max Josephs getreten, als dieser noch Prinz von Zweibrücken und in Mangel und Unglück war; dies ebnete den Weg zu seinem allmächtigen Einfluß bei dem nachherigen Kurfürsten und Könige. In dieser Gewalt erhielt ihn der kluge Gebrauch, den er in persönlichen und politischen Beziehungen davon machte. Er bestach seinen Fürsten durch gleiche Neigungen der Prunksucht, der Verschwendung und lockeren Sitten; er gewann ihn zu Allem durch schlaue Behandlung, die dem Ueberlisteten den Glauben an seine eigene List ließ. Er erwarb sich allerdings das große Verdienst, an dieser unwirthlichen Stätte die Wissenschaften ge= fördert, das hierarchische Dunkel in Baiern auf eine Weile gelichtet und den dort urheimischen Pfaffengeist, Jesuitismus, Kapuzinerbettel und Wallfahrtenskandal abgestellt zu haben, was freilich nach seiner Entlassung (bald nach dem Wiener Congreß) wie eine Fluth wieder hereinbrach. Vor allem aber wußte er für Baierns politische Lage die Zeit gut zu nüßen; er stellte des Landes Existenz sicher gegen die Nachstellungen Oestreichs, denen es im 17. und 18. Jahrhundert mehrfach unterlegen wäre ohne französische oder preußische Hülfe. Zu diesem Zwecke war ihm jedes Mittel gut. Die knechtischste Hingebung an Napoleon, die seinem Könige das Lob eines Normal-Vafallen aus dem Munde des Kaisers eintrug, ward so weit getrieben, daß sich die bairische Regierung jest wie einst im Osnabrücker Frieden zum Spionendienste für Frankreich hergab, und daß sie 1812 den stärksten Truppensaß stellend in Rußland die Blüthe des Landes hinopferte. Mit gleicher Rücksichtlosigkeit wie gegen außen, war Montgelas mit der Feststellung der Königlichen Unumschränktheit nach innen verfahren. Die Vergrößerung des Staats mit neuen Gebieten, mit den fränkischen Fürstenthümern und Throl, mit geistlichen Staaten und freien Städten, mit den Besitzungen von Klöstern, Ritterorden und Mediatisirten gab Vorwand und Mittel, die alten Stände zu beseitigen, nach dem gleichmachenden System der Franzosen die Adelsvorrechte, die

« PreviousContinue »