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durch wurden noch höhere Erträge erzielt. Diese so prächtige Kulturanlage ist nun durch den Oder-Spree-Kanal vollständig verwüstet, indem das gehobene Grundwasser die Ländereien versumpft hat. Wo noch vor zwei Jahren der üppigste Klee und die edelsten Gräser wuchsen, standen im Frühjahr 1890 Binsen.

Wesentlich durch die eifrige Mitwirkung des Vereins zur Förderung der Moorkultur ist das Interesse gerade für Dammkultur-Anlagen auf Niederungsmooren überall ein sehr reges geworden und sind zahlreiche neue Anlagen entstanden. Um einen Ueberblick über die seitherigen Erfolge der bezüglichen Bestrebungen zu gewinnen, veranlasste der Verein, wie im Eingang erwähnt, im Februar 1890 eine Erhebung über den Umfang und die Art der Moorkulturen. Danach 1) umfassten die gesamten Moorkulturflächen im Reich 16 395 ha, wovon 10505 ha in Ackernutzung, die übrigen Kulturen in Wiesen- und Weidenutzung sich befanden. Die Moor-Dammkulturen umfassten allein 9503 ha. Wie die Erhebungen ergeben haben, ist die Moor-Damm kultur in allen Regierungsbezirken, wo Moorboden überhaupt vorhanden, verbreitet. Am ausgedehntesten sind sie nach den Erhebungen in den Provinzen Pommern, Brandenburg und Posen, in welchen Landesteilen mehr als die Hälfte der ermittelten Moorkulturen des Reichs belegen sind.

Ein grosses Interesse an der Förderung der Moor-Dammkulturen hat auch die preussische Regierung an den Tag gelegt, indem sie die Anlage von solchen Kulturen auf den zu den Königlichen Domänen gehörenden Moorgrundstücken anregt und fördert.

Ausser den soeben besprochenen Kulturmethoden haben in neuester Zeit noch zwei weitere Kulturarten grössere Beachtung gefunden, nämlich die Hochmoorkultur und Moor-Waldkultur.

Die Hochmoor-Kultur ist die jüngste Kulturmethode. Dieselbe ist eine Errungenschaft der unausgesetzten Versuche und Bemühungen der Moor-Versuchsstation. Die Kultur der Hochmoorflächen hatte noch bis in die neueste Zeit mit grossen

1) Vgl. »Stat. Korrespondenz vom 5. Juli 1890: I. Die Moorkultur in Preussen und Deutschland 1890.

Schwierigkeiten zu kämpfen, da das kalkarme, in seinen oberen Schichten aus wenig zersetzter Pflanzenfaser bestehende Hochmoor sich gegen Kulturversuche, nach Analogie der Dammkultur, widerspenstig zeigt. Die Verwendung von Sand auf den Hochmoorflächen ist wegen der Kostspieligkeit fast ausgeschlossen, ebenso die Verwendung von animalischem Dünger wegen der geringen Viehhaltung.

Die Versuche der Moor-Versuchsstation sind daher darauf gerichtet gewesen, zu ermitteln, wie den kalkarmen Hochmooren durch Zuführung kalkhaltiger Materialien, von Phosphaten, Kalisalzen, Stickstoffdünger etc. lohnende Erträge an Kartoffeln, Roggen, Hafer, Erbsen, Klee etc. abgewonnen werden können, so dass der Moorkolonist zur Not auch auf den Absatz von Torf verzichten kann.

Nach den Ergebnissen der bisherigen Untersuchungen hat sich nun für Hochmoore diejenige Kultur am erfolgreichsten erwiesen, bei welcher mit einer gründlichen Bearbeitung und einmaligen leichten Brandkultur der oberen Moorschicht eine energische Kalkzufuhr und eine reichliche Düngung mit Stickstoff, Kali und Phosphorsäure verbunden wird. Hierdurch ist es gelungen, auch auf ganz rohem Moore gleich im ersten Jahre sehr ergiebige Ernten an Roggen und Kartoffeln, sowie Hülsenfrüchten zu erzielen; auch steht zu hoffen, dass der Futterbau auf dem so behandelten Moore gute Resultate zeitigen wird. Auf dieser neueren Kulturmethode beruht die Hoffnung, die weiten unerschlossenen Moorgebiete zu beiden Seiten der Ems, soweit sich für dieselben die Fehnkultur als aussichtslos erweist, zu kultivieren und zu kolonisieren.

Die Erfolge dieser Kulturmethode und deren Anwendung zunächst auf die links der Ems belegenen Moorgebiete sind erprobt durch eine im Gross-Fullener Moor, westlich von Meppen, errichtete Versuchswirtschaft. Zu dem Zweck wurde 1885 von der linksemsischen Kanalgenossenschaft eine Fläche von 14,72 ha angekauft und der Moor-Versuchsstation zur Einrichtung einer Versuchswirtschaft überwiesen. Die dort gemachten Versuche sind glänzend gelungen. Auf einer Moorfläche, auf welcher vordem kein grüner Halm sichtbar war, ist eine vorzügliche

Ernte, namentlich an Kartoffeln und Erbsen erzielt. Diese Versuchswirtschaft bildet den Anfang und die Grundlage für die Kolonisierung des linksemsischen Moorgebiets. Mit den hier erzielten Erfolgen ist eine neue Aera in der wirtschaftlichen Erschliessung der Hochmoorflächen angebrochen.

Moorwaldkultur. Dieselbe beschäftigt sich mit der Aufforstung der Moorflächen. Beobachtungen, welche auf den ostpreussischen Moorflächen gemacht sind, haben es nahegelegt, dass die Moorflächen sich auch sehr wohl zur Aufforstung eignen. Dort sind nämlich die Moore vielfach durch Holzbestände begrenzt. Nach Massgabe der fortschreitenden Entwässerung fliegen die Ränder dieser Moorflächen mehr und mehr mit Birken und Nadelholz an. Auf den Mooren der Provinz Hannover liegen so günstige Verhältnisse nicht vor, hier muss zu künstlichem Holzbau geschritten werden. Ein solcher künstlicher Holzanbau ist z. B. auf dem Augustendorfer Moore in der Oberförsterei Kuhsted auf einer nahezu 1000 ha umfassenden Fläche, auf welcher vorher etwa 6 Jahre hindurch Brandfruchtbau betrieben wurde, vollendet. Die Aufforstung mit Eichen, Kiefern und Fichten hat sich als nicht sehr kostspielig erwiesen. Zu dieser Waldkultur eignen sich am besten die totgebrannten Moore.

III. Die Moorkolonisation.

Bei den Moorflächen haben wir nach ihrer Beschaffenheit und Kulturfähigkeit unterschieden zwischen den Grünlandsoder Niederungsmooren und den Hochmooren. Während die. Kultivierung der ersteren, welche, weil sie meist zerstreut und in Flächen von geringerer Ausdehnung vorkommen, wohl in den meisten Fällen durch bereits bestehende Wirtschaften in moorwirtschaftlichen Nebenbetrieb genommen werden können, lässt sich die Kultivierung der grossen zusammenhängenden Hochmoore mit Erfolg nur durch Begründung neuer Moorwirtschaften ins Werk setzen. Dadurch wird die Kultivierung dieser Hochmoorgebiete allerdings weit schwieriger, kostspieliger und im Erfolg unsicherer, denn bei dieser mit Kolonisation verbundenen Kultur spielen eine Reihe anderer wirt

Zeitschr. f. Staatsw. 1891. III. Heft.

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schaftlicher, sozialer und auch politischer Fragen mit, deren Lösung oft mit Schwierigkeiten verknüpft ist.

Was die Anlage von sogen. Moorkolonien anlangt, deren Aufgabe es ist, von den zu erschliessenden Moorflächen Besitz zu ergreifen und den Moorboden in moorwirtschaftliche Kultur zu nehmen, so ist das Gedeihen solcher Kolonien zunächst abhängig von dem Stande des Moorkulturwesens. So lange der Moorkolonist keine andere Kultur kennt und zu betreiben in der Lage ist, als die Moor- Brand-Kultur, welche dem Kolonisten weder sichere noch dauernde Erträge von dem in Besitz genommenen Acker liefert, kann von einer Kolonisierung der Moore kaum die Rede sein. Diese auf den Raubbau sich gründende Kulturmethode erfordert grosse Flächen; sobald ein in Brandkultur genommenes Areal nach etwa 6 Jahren totgebrannt ist, sieht sich der Moorbrenner genötigt, weiter zu ziehen. Solche Kultur macht die Kolonisten, wenn man sie so nennen will, zu Nomaden. Sie führen meist eine sehr kümmerliche Existenz. Auf den weiten ostfriesischen Mooren bestehen thatsächlich solche Verhältnisse noch heute. Je nach Umständen können auch solche Ansiedelungen einigermassen gedeihen, sofern sie am Rande der Moorflächen errichtet sind, nebenbei Torfgräberei treiben und für ihren Torf lohnenden Absatz finden. Dann können die Leute wohl auch zu einer kleinen Viehhaltung kommen und mit dem dadurch erzielten Dünger Moorkultur mit Stalldünger beginnen. Solche Moorkolonien, welche vielfach ohne Wege und Stege für Zu- und Abfuhr und ohne jedwede Entwässerung der in Besitz genommenen Moorflächen entstanden sind, treten uns z. B. in den alten Kolonien Rütenbrock, Lindloh, Hebelermoor und Twist entgegen. Zu einer Wohlhabenheit oder Blüte haben aber diese Kolonien, wie gesagt, nicht gelangen können.

Anders verhält es sich mit den sogen. Fehn kolonien, welche sich auf den Abbau und die industrielle Verwertung des Moortorfes, sowie die Kultivierung des blossgelegten Mooruntergrundes stützen. Ein Urteil über das Wesen und die wirtschaftliche Bedeutung der Fehnkolonien lässt sich am besten

gewinnen, indem man sich die Entstehung einer solchen Kolonie vergegenwärtigt.

Die Anlage von Fehnkolonien gründet sich auf die an anderer Stelle bereits in Kürze besprochene Moorfehnkultur. Da mit dieser Kultur erst begonnen werden kann, wenn ein kostspieliger schiffbarer Kanal - Fehnkanal - an das Moor heranund dann in dasselbe weiter hineingeführt wird, so muss, damit das in solchen Anlagen angelegte Kapital sich einigermassen rentiert, von vornherein auf Heranziehung einer grösseren Zahl von Moorkolonisten Bedacht genommen, also eine wirkliche Kolonie, ein Gemeinwesen gegründet werden. Mit der Errichtung von Fehnkolonien beginnt man in der Weise, dass von einem schiffbaren Flusse oder je nachdem auch von der See aus ein für kleine Seeschiffe fahrbarer Kanal allmählich in die Torfmoorschicht eingeführt wird. Der Kanal wird der Regel nach beiderseits von Wegen begrenzt, die überall, wo ein Seitenkanal einmündet, überbrückt sind. Den ganzen Kanal entlang reihen sich die einzelnen Kolonate aneinander und zwar der Regel nach mit der schmalen Seite an den Kanal oder Weg stossend. In den Hauptkanal münden meist rechtwinklig noch mehrere schmale Kanäle, sogen. Inwieken, welche wenigstens für kleinere Kähne fahrbar sind und ihrerseits wieder die Basis für eine weitere, seitwärts sich ausdehnende Kolonisation bilden. Grundbedingung für das Gedeihen eines jeden Kolonats ist die unmittelbare Berührung mit einem schiff baren Kanal. Es sind daher auch oft noch je zwei Kolonate durch schmale Kanäle von einander geschieden.

Hat der neu eintretende Kolonist, welcher der Regel nach nur mit sehr geringem Betriebskapital versehen ist, eine Moorkawel<< erworben, so wird zunächst auf dem unabgetorften Hochmoore eine vorläufige Wohnung errichtet, in welcher die ganze Familie nicht selten in einem einzigen Raume ihr Unterkommen findet. Neben der Wohnung ist noch Haupterfordernis der Besitz eines kleinen Kahns. Die Arbeit des Kolonisten beginnt mit der Abtorfung des am Kanal oder der Inwieke zunächst belegenen Teils des Kolonats. Die obere, meist aus losem Moostorf bestehende Schicht (Bunkererde) wird auf den

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