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p) Die Katirî wohnen zwischen den Awlaqî und den Mahrî. Sie versuchten gegen Makalla und Seher vorzugehen, was ebenso durch die Engländer verhindert wurde wie ihre zeitweilige Besetzung des Hafens in Dofar (Zafâr). Ein Vertrag ist nicht mit ihnen geschlossen.

q) Šeḥer und Makalla sind die beiden Haupthäfen in Hadramaut. Sie waren früher im Besitz der Katirî, die Ende des 15. Jahrhunderts durch die Qassadî, einen Unterstamm der Jâfe'î, vertrieben wurden. Am 14. Mai 1863 wurde mit den Herrschern („Nakib") von Makalla und Šeher ein Vertrag zur Unterdrückung der Sklaverei abgeschlossen. Verwandte des Ka aitî-Chefs aus Šibâm in Hadramaut waren lange in Diensten des Nizam von Haiderabad. 1873 wurden die Antisklavereiverträge erneuert. Gelegentlich eines Durbars in Delhi wurden beiden „Nakib" 12 Salutschüsse zugebilligt. Dauernd waren Streitigkeiten zwischen diesen beiden Chefs, in welche sich einzumischen die indische Regierung dem Nizam von Haiderabad verbot. Endlich aber wurde Makalla und Umgebung dem Gemadâr von Šiḥer übergeben, und der Ex-Nakib von Makalla, 'Omâr bin-Sâleḥ bin Mohammed, wurde 1888 nach Zanzibar gebracht, wo er 1888 die ihm gebotenen Abmachungen annahm.1 (Dort betrieb er jahrelang ein Geschäft zur Vermietung von Lastträgern.) Am 29. Mai 1882 wurde dem Ğemadâr von Šiḥer und Makalla vertraglich ein Stipendium von 360 Talern jährlich gewährt, wogegen er dem Residenten von 'Aden 100000 Dollar übergeben mußte für die Unterhaltung des Ex-Nakib von Makalla in Zanzibar. Am 1. Mai 1888 ist mit dem Gemadâr 'Abdallah bin Omar von Šiher und seinem Bruder ein Protektoratsvertrag abgeschlossen (s. Anhang Nr. 34). Dem Herrscher folgte am 25. November 1888 sein Bruder Awaḍ bin Omâr, bekannt unter dem Namen „Sultan Nawaz Jang" aus Haiderabad. Seit 1902 wird der Chef nicht mehr „Gemadâr", sondern offiziell Sultan" genannt. Seine Gefolgschaft wird auf 60000 Köpfe, sein Einkommen auf 223000 Rp. geschätzt. Aitchison gibt keine weiteren Verträge mit Šiḥer und Makalla an. In

1 Näheres über Šeher und Makalla bei Leo Hirsch, Reisen in SüdArabien, Mahra-Land und Ḥadramaut. Leiden 1897. S. 11 ff. Dort findet sich auch die Angabe, daß die Portugiesen 35 Jahre lang Forts an dieser Küste besetzt hätten.

Hamburgische Forschungen. Heft 1.

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neuerer Zeit wird aber immer behauptet, daß mit Makalla ganz besondere Abmachungen bestehen, die vielleicht geheim geblieben sind. Im Hinterland von Makalla sind die Engländer, wie schon erwähnt, im Spätsommer 1915 schwer geschlagen worden; die Hinterlandstämme scheinen sich im Heiligen Kriege mit den Türken verbunden zu haben. Viele Leute von Šiḥer (Wašihiri) und Makalla leben in Zanzibar und Deutsch-Ostafrika, wo sie mit Salz und Salzfischen, Matten u. a. m. handeln; viele sind nach Java ausgewandert:

r) Qišn und die Insel Soqotra. Der Al-Afrir-Stamm der Mahrî hat seinen Hauptort in Qišn und beansprucht auch die Oberhoheit über die Insl Soqotra. Am 23. Januar 1876 wurde mit dem Sultan von Qišn und Soqotra ein Vertrag geschlossen (s. Anhang Nr. 35), nach dem er sich gegen eine einmalige Zahlung von 3000 Talern und jährliches Stipendium von 360 Talern verpflichtete, kein Stück von Soqotra einer anderen Nation als England zu geben. Am 23. April 1886 nahm er ein englisches Protektorat für Soqotra an (s. Anhang Nr. 36) und verpflichtete sich, mit keiner anderen Macht als England ohne dessen Wissen zu verhandeln. In einem ähnlichen Vertrage verpflichtete er sich am 2. Mai 1888 auch für den Mahra-Stamm und Qišn an der Hadramaut-Küste (s. Anhang Nr. 37) gegen ein jährliches Stipendium von 120 Talern. Auf der Insel Soqotra hat er etwa 5000 Beduinen und eine Einnahme von 1000 Rp. Seit 1902 erhält er einen Salut von 9 Schüssen zugebilligt.

Aus diesen durchweg den Aufzeichnungen von Aitchison, Unterstaatssekretär in Indien, entnommenen Angaben geht hervor, daß England systematisch seit 1839 und dann wieder besonders 1876, 1895 und 1904 die meisten Stämme in Südarabien, von Bâb el-Mandeb bis etwa nach Mirbât, in seine Abhängigkeit gebracht hat, und zwar wurden mit vielen dieser Stämme formelle Protektoratsverträge abgeschlossen, welche durch den Vizekönig von Indien ratifiziert sind. Vielfach in der Presse ist ein Protektorat über Südarabien geleugnet worden. Für das ganze Land ist auch keines erklärt worden, aber überall mit einzelnen Stämmen, mit denen England als Macht zu Macht verhandelte. Bei jeder Unbotmäßigkeit gegen England wurden den Häuptlingen die Subsidien entzogen, denn diese sind das äußere Zeichen der Abhängigkeit. Soviel ich aus den

Angaben von Aitchison feststellen konnte, wurden im Beginn dieses Jahrhunderts an alle Häuptlinge zusammen 29114 Taler im Jahre regelmäßig gezahlt. Es wird sich dabei wohl um Maria-Theresia-Taler gehandelt haben, und die „cooroosh" (Groschen!) werden dieselbe Münze gewesen sein, die in Zanzibar nur Rechnungseinheit ist, dem amerikanischen Golddollar entspricht und rund 2 Rupien oder 22/3 Mark Wert hat. Wenn diese Rechnung stimmt, dann betragen die jährlichen Subsidien rund 58223 Rp. oder 77637 Mark, und außerdem hat die englische Regierung noch übernommen, den früheren Häuptling von Makalla in Zanzibar zu unterhalten von den 100000 Talern, welche der Häuptling von Šeher einzahlte.

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Die Macht in Südarabien hatte also tatsächlich der politische Resident in 'Aden, ein ungekrönter König bis zum Ausbruch des Heiligen Krieges. Wie es dort jetzt aussieht, kann man nicht beurteilen, denn von England wird jede Nachricht zurückgehalten. Der Umstand, daß dem Jaḥjâ von Jemen, der den Türken gegen die Engländer bei ‘Aden und Makalla geholfen zu haben scheint, Ende 1915 ein türkischer Orden mit Brillanten verliehen wurde, läßt darauf schließen, daß Türken und Araber gegen die Engländer große Erfolge hatten. Im März 1916 wurde, wie erwähnt, gemeldet, daß Stämme Südarabiens sich den Türken unterworfen haben, und daß die Engländer sogar in 'Aden selbst gefährdet wären. Einstweilen hat also die englische Oberhoheit dort aufgehört.

Perim. Die von den Alten die „Insel des Diodorus", von den Arabern Majûn genannte Insel Perim wurde von Albuquerque 1513 besucht, als er aus dem Roten Meer zurückkam. Er errichtete dort ein Kreuz und nannte die Insel „Vera Cruz". Eine Zeitlang haben dort Piraten ihren Stützpunkt gehabt, die später nach Saint-Marie bei Madagaskar gingen. Im Jahre 1799 ist sie von den Engländern, wie schon erwähnt, als herrenlos in Besitz genommen und kurze Zeit durch den Oberstleutnant Murray besetzt. Auch 1801 soll dort eine kleine Garnison gewesen sein. Als dann die englische Dampfschiffahrt im Roten Meer bedeutender wurde

denn man brachte ja die Post und Passagiere schon lange vor Eröffnung des Suezkanals über Alexandrien und Suez nach Indien, da beschloß man, Perim als Aus

gangsstelle des Roten Meeres dauernd zu besetzen. Man erzählt sich, daß die Franzosen zu gleicher Zeit dieselbe Absicht gehabt hätten, und daß zu diesem Zweck ein französisches Kriegsschiff nach 'Aden gekommen sei; dort aber hätten bei einem Fest die Offiziere über ihre Aufgabe gesprochen. Auf diese Kunde hin habe der Resident von 'Aden noch in der Nacht ein Kriegsschiff abgehen lassen, so daß die Franzosen bei ihrer Ankunft in Perim dort schon die englische Flagge vorfanden und unverrichteter Sache abfahren mußten. Seit 1857 ist dort eine ständige englische Garnison. Im Jahre 1861 wurde auf Perim ein Leuchtturm gebaut, 1875 errichtete die Aden Coal Comp. dort ein Kohlenlager, 1888 wurden einige Beamte der Eastern Telegraph Co. in Perim stationiert. Die 5500 m lange und 1800 m breite Insel ist der Krater eines erloschenen Vulkans; Süßwasser gibt es nicht. Von Südwesten aus kann man in die Kraterbucht hineinfahren, die einen vorzüglichen Hafen für viele Schiffe bildet mit der Möglichkeit, dicht am Ufer zu liegen.

Kamarân ist eine kleine Insel, 166 qkm groß, die im Roten Meer nördlich von Ḥôdeida liegt. Sie wurde von Albuquerque 1513 auf seiner erfolglogen Reise gegen 'Aden besucht. Im Jahre 1858 haben die Engländer sie besetzt, damit keine andere Macht dort ein Telegraphenkabel landen könne. Die englischen Handbücher zählen die Insel heute noch als britisches Eigentum auf, während andere Angaben dies bezweifeln. So erwähnt z. B. das türkische Staatshandbuch Sâlnâmé im Sangaq Ḥôdeida ein „Nâḥije“ (Bezirk) Kamarân als türkisch.

Jedenfalls ist in Kamarân die Quarantänestation, wo die von Süden kommenden Pilger, also hauptsächlich Indier und Javanen, 10 Tage bleiben müssen, bevor sie nach Gidda und Mekka gehen.

Soqotra, auf der Höhe des Kap Guardafui gelegen und von einer Urbevölkerung bewohnt, deren Sprache der von Mehrî in Südarabien verwandt sein soll, war schon im Altertum als „Insel des Dioskurides" bekannt. Sie soll damals von Griechen kolonisiert worden sein. Im Jahre 1506 besetzten die Portugiesen unter Tristan d'Almeida dort eine Stadt, wo sie noch Thomas-Christen fanden. Sie ließen auch kurze Zeit eine Besatzung auf der Insel. 1507 war

Albuquerque auf seiner Rückreise vom Roten Meer auch in Soqotra. Später gehörte die Insel dem Sultan von Masqat, dann dem von Qišn in Mahra; 1835 besetzten die Engländer sie zum erstenmal, landeten dort zeitweilig indische Truppen und richteten auch eine Kohlenniederlage ein, doch mußten sie des schlechten Klimas wegen die Insel aufgeben. Am 23. Januar 1876 wurde von den Engländern diesmal mit dem Sultan von Sogotra - wieder ein Vertrag geschlossen, nach welchem der Sultan sich gegen eine einmalige Zahlung von 3000 Maria-Theresia-Talern und eine jährliche Pension von 360 Talern verpflichtete, niemals anderen Mächten außer England Zusagen oder Landkonzessionen zu machen, und allen Schiffbrüchigen zu helfen.1 Irgendeinen direkten amtlichen Einfluß übt England auf Soqotra nicht aus, hat auch keinen Leuchtturm 2 dort gebaut. Doch hat es 1886 formell das Protektorat erklärt. Ein Vertreter des Sultans von Qišn wohnt in Tamarida auf Soqotra.

Die Ghûriâ-Mûriâ-Inseln bilden eine Gruppe von fünf winzigen Eilanden an der Südküste von Arabien, die 1503 von Albuquerque entdeckt und besucht wurden. Der Sultan von Masqat machte wohl auf Wunsch der Engländer Anspruch auf diese Küste, und mit ihm haben die Engländer am 14. Juli 1854 einen Vertrag geschlossen, demzufolge der Sultan die Inseln an England abtrat. (Siehe Anhang Nr. 38.) Man dachte daran, dort das Kabel nach Indien zu landen, ein Plan, der aber nicht ausgeführt wurde. Außerdem hoffte man die Guanolager der Inseln ausnützen zu können, zu welchem Zwecke am 15. Juli 1856 drei Engländern eine Konzession erteilt wurde. (S. Anhang Nr. 39.) Jedoch soll nur sehr wenig von diesem Stoff tatsächlich ausgeführt sein. Die größte der Inseln heißt Halanija, die anderen es-Sôda, Hasik und Qablia.

Das Britische Somaliland muß hier wenigstens kurz erwähnt werden, da es zeitweilig zum Machtbereich von

1 Siehe weiter oben unter Qišn. (Anhang Nr. 35 u. 36.)

2 Für das Rote Meer erhielt die Firma Barbier, Rénard & Turenne (um 1900?) die Konzession von der türkischen Regierung, Leuchttürme auf den Inseln usw. zu erbauen. (Zebair, auf der Gruppe Abon-Aîl, Gebel Têr und bei Mochâ.) Der Dampfer „Afrique“ verließ Rouen mit Personal und Material für diese Arbeiten (De la Tour). Wie weit sie gediehen, ist mir unbekannt. Jedenfalls sind jetzt Leuchtfeuer auf der Insel Teir, Nord-Sukur, bei Mochâ und auf Perim.

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