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'Aden gehörte. Wegen der Weihrauchproduktion dieser Küste haben schon seit der ältesten Zeit Beziehungen mit Ägypten und Südarabien bestanden. Funde machen es wahrscheinlich, daß auch die Römer oder Byzantiner hier Niederlassungen hatten. Jedenfalls nennt der Periplus eine Menge Häfen dort. Ebenso haben die Abessinier während ihrer Bestrebungen in Südarabien an der Somaliküste Fuß gefaßt, wahrscheinlich auch das Christentum dort eingeführt. So soll der König von Axum 523 von Zeila aus nach 'Aden übergesetzt sein. Auch die Perser haben in ihrer arabischen Zeit mindestens Berbera besetzt, angeblich auch eine Wasserleitung dort gebaut, deren Reste noch vorhanden sind. Sehr viel reger sind natürlich viele Jahrhunderte lang die Beziehungen mit Arabien gewesen. Von dort gingen dauernd Menschen nach dem Somaliland, wo schon um 650 der Islam eingeführt wurde. Es scheint, daß nicht nur aus Jemen, sondern auch besonders aus Hadramaût und Mahra die Wanderungen nach der Somaliküste stattfanden. Anfang des 16. Jahrhunderts haben die Ägypter auch in Zeila sich festgesetzt, das aber schon 1516 durch die Portugiesen verbrannt wurde.

Im Februar 1827 schloß der Kapitän eines englischen Kriegsschiffes mit dem Sultan des Habr-Awal-Stammes einen Vertrag zum Schutze von Schiffbrüchigen ab. (Aitchison Nr. LXXXIV.)1 Bald nach der Besetzung von Aden verpflichtete sich am 19. August 1840 der Sultan von Zeila und Tağura, der früher von Jemen, dann eine Zeitlang in Ägypten abhängig gewesen war, gegenüber der East India Co., keiner anderen Macht einen Teil der anliegenden Küste abzutreten. Die kleine Insel Aubad oder Eibat wurde am 3. September 1840 an die Gesellschaft verkauft. Zur gleichen Zeit (31. August 1840) wurden auch die Mûsa(Muscha- oder Maschah-) Inseln sowie das Eiland Bâb in der Bucht von Tağura vom Sultan des Landes an England abgetreten. Alle diese kleinen Inseln sind 1888 an Frankreich übertragen, als durch einen Vertrag die englischen und französischen Interessengebiete im Somaliland festgelegt wurden. Im Laufe der Jahre sind noch verschiedene Ver

1 Ich richte mich nach R. E. Stubbs' „A historical Geography of the British colonies", Bd. 1, S. 84 ff. (Oxford 1906), sowie nach Aitchison, Bd. XIII, S. 189 ff.

träge mit Häuptlingen der Nord-Somaliküste abgeschlossen. wegen der Unterdrückung des Sklavenhandels.1

Im Jahre 1870 richtete der Chediv von Ägypten, der die Ansprüche der Türken im Gebiete des Roten Meeres übernommen hatte, Garnisonen an der Nord-Somaliküste und in Ḥarrar ein, die 1884 während der Mahdistenunruhen zurückgezogen wurden. Sofort traten europäische Mächte in die Bresche ein. Von Aden aus wurden die Plätze Zeila und Berbera besetzt, mit allen Häuptlingen wurden Verträge abgeschlossen, und 1885 schon erklärte England sein Protektorat über das Land, während 1884 die Franzosen Obok und bald darauf dessen Umgebung an sich brachten. Von 'Asab an nördlich aber nahm Italien das Land in Anspruch.

Von 1884 bis 1898 war das englische Somaliland unter der Verwaltung des politischen Residenten von 'Aden, dann kam es unter das Foreign Office" und wurde von einem Commissioner geleitet; 1905 ging es auf das „Colonial Office" über. Der Sitz der Verwaltung von Nord-Somaliland ist in Berbera. Man überließ die Stämme im Innern sich selbst, und erst in neuerer Zeit hat man den Einfluß auch ins Innere ausgedehnt. Ohne die Kosten der militärischen Unternehmungen muß das Mutterland einen jährlichen Zuschuß von etwa 136000 £ geben. Auf die großen Schwierigkeiten, die England seit 1901 im Somaligebiet mit dem „Mad-Mullah" (eigentlich „falschen Propheten" und im Wortspiel verrückten Propheten") gehabt hat, der mit seinem richtigen Namen Mohammed bin 'Abdullah Ḥasan heißt, dessen Bekämpfung große Expeditionen nötig machte, und der noch immer nicht ruhig ist, können wir hier nicht eingehen.

Ein

10. Kapitel Masqat oder Omân

in durch die große Wüste ed-Dahnâ nach dem Binnenland abgesperrtes Gebiet liegt isoliert im äußersten Südosten von Arabien, das je nach der Macht seiner Herrscher mehr oder weniger lange Strecken der Küsten nach Westen und Norden in Besitz hatte, das auch nach der persischen Seite

1 Es handelt sich an der Somaliküste um die Stämme: Habr-Awal, Gadabursi, Habr Toljaala, 'Isâ, Habr Gerhajes und Warsingili.

des Golfes hinübergriff, ebenso wie es selbst von Persien aus zeitweilig beherrscht wurde. Hohe Berge im Innern gewähren eine ziemliche Fruchtbarkeit (Dattelkultur, etwas Ackerbau) und die Anlage von festen Siedlungen, zwischen die sich aber dauernd Beduinen einschieben. In 'Omân soll Kupfer, Blei, Eisen und Bernstein, bei Bahila auch Gold vorhanden sein. Kulturell wurde dies Land zwar sehr stark von Arabien selbst beeinflußt, besonders durch Einwanderungen von Jemen aus und durch den Islam; viel aber scheint auch die persische Küste eingewirkt zu haben. Besonders wird die Eigenschaft, Staaten zu bilden, hier wie vielleicht auch in Jemen dem Einströmen persischer Elemente zuzuschreiben zu sein. Das Binnenland von 'Omân hat ein „arabisches" Leben geführt, halb seẞhaft, halb nomadisch; die Küste dagegen hatte von den ältesten bekannten Zeiten an dank ihrer günstigen Lage eine ähnlich bevorzugte Stellung wie die von Jemen. Auch hier entwickelten sich Handelsemporien, die teils durch Karawanen nach dem Weihrauchlande Hadramaut, nach Jemen und Mekka sowie anderseits nach Norden verkehrten. Noch bedeutender aber waren die überseeischen Beziehungen nach den Uferländern des Perser Golfes, mit dem reichen Babylonien, mit der persischen Küste und ihren Hinterländern Susiana, Persis, Sogdiana, und weiter mit dem großen innerasiatischen Überlandweg von China her, dann aber auch mit Indien, Ceylon, den Molukken und China. Und eigenartigerweise gehen von 'Omân aus auch die großen Kolonisationsbestrebungen nach Ostafrika, offenbar im Anschluß an eine Auswanderung von Hadramaut aus. So ist auch dies an der Pforte des Perser Golfes gelegene Gebiet von großer Wichtigkeit für den Handel.

Ähnlich wie in Jemen sind also die örtlichen Bedingungen von 'Omân, aber verschieden hat die Geschichte sich hier abgespielt, indem das Land wenigstens äußerlich unabhängig blieb. Die großen Antagonisten, Rom-Byzanz und Persien, konnten hier nicht so aufeinanderprallen wie am Roten Meer, Persien hatte die natürlichen Vorteile an der Hand. Das Chalifat und die Türkei begnügten sich damit, ihre politischen Einflüsse am nördlichen Teil des Perser Golfes auszudehnen; dort wurden die Zollstellen errichtet. Als aber die europäischen Nationen vom Kap aus gekommen

waren, da belegten sie den Eingang des Golfes mit einer Kontrollstelle; Hormûz und Masqat wurden 1515 von den Portugiesen besetzt, denen die Perser mit englischer Hilfe 1622 den ersteren Ort fortnahmen. Die Engländer aber haben sich begnügt, 'Omân mit Verträgen und Geldstipendien unter ihre politische Gewalt zu bekommen. Sie beanspruchen aber den alleinigen Einfluß dort und lassen keinen Nebenbuhler hinzu.

Im Altertum lag der Persische Golf weiter von den Stätten klassischer Kultur entfernt als das Rote Meer. Es ist deshalb verständlich, daß wir weit weniger über ihn in alter Zeit hören. Viɛlfach nannte man den Südteil des Perser Golfes die „Erythräische See", nach einem sagenhaften König Erythras, dessen Grab auf der Insel Ogyra (Organa) gewesen sein soll, in der Sprenger die Insel Kišm vermutet. Der Admiral des Alexander, Nearchos, welcher die Küste von Gedrosia (Mekran) entlang fuhr, kannte das Kap Asabon, das heutige Musandum in 'Omân, und sein Begleiter Androsthenes muß einen der Weihrauchplätze besucht haben, vielleicht die Bahrain-Inseln, von wo er eine ganze Schiffsladung des gesuchten Stoffes mitbrachte. Auch der Periplus kennt Orte im Perser Golf. Zur Zeit des Ptolomäos sollen im heutigen 'Omân die Macae (Maka?) und die Ichthyophagen im Norden, die Cottabani (wohl Qoḍâ'a?) in der Höhe von Masqat und die Sachalitae (d. h. Küstenbewohner") am Ufer der Weihrauchgegend gewohnt haben, wo im Innern die Chatramonitae (d. h. „die Leute von Hadramaut") saßen. Eine genaue Vorstellung über den Kulturzustand der dortigen Völker zu jenen Zeiten können wir uns nicht machen, wenn wir auch hören, daß die Küstenleute einen regen Handelsverkehr hatten. Die Mohammedaner haben auch hier wie überall die geschichtlichen Überlieferungen aus der vorislamischen Zeit der Unwissenheit" ausgetilgt. Nur sehr wenig ist bewahrt worden, meist in Form von Genealogien.

Wir wollen für 'Omân der Chronik von Salîl ibn-Raziq, die von Badger herausgegeben ist, folgen, besonders der Einleitung des Herausgebers, der sich wohl meistens Caussin de Perceval anschließt.

Ein gewisser Ja arûb, Nachkomme von Qaḥṭan, soll 754 vor unserer Zeitrechnung in Jemen und 'Omân geherrscht

und sein Nachkomme Šammar die Herrschaft der Perser über 'Oman anerkannt haben. Nun ist Qaḥṭan, der mit dem hebräischen Joqtan identisch ist, nach den arabischen Genealogien der Urvater der südarabischen Stämme. Sein Nachkomme Ğa rûb wird als erster genannt, der Arabisch redete; dessen Enkel ist Saba, Vater des Himjar und des Kahlân, gewesen. Es scheint also, als ob sich in dieser sagenhaften Genealogie die Vertreter des ansässigen Kulturvolkes, der Städte- und Staatenbildner von Südarabien, verkörpern, die ja möglicherweise von anderer Rasse als die nomadischen Araber gewesen sind (?). Jemen und 'Omân müssen demnach vielleicht einer gemeinsamen Kulturschicht angehört haben. Zwischen beiden haben rege Beziehungen stattgefunden. In 'Omân ist bis auf den heutigen Tag ebenso wie in fast ganz Arabien der Gegensatz zwischen den seßhaften Städtern mit ihrer Landwirtschaft und den nomadischen Beduinen zu finden. Beide machen sich dauernd ihr Gebiet streitig. Und außerdem sehen wir im Laufe der Geschichte, daß das Binnenland und die Küstenzone oft voneinander getrennte politische Entwicklungen durchmachen. So wird es auch in alter Zeit gewesen sein.

Šammar soll also etwa zur Zeit des Kyros die Herrschaft der Perser über 'Omân anerkannt haben, die mit Hilfe neuer Einwanderer aus Jemen vom Stamme el-Azd zurückgetrieben sein sollen. Die Auswanderung von diesem brachte man mit dem bekannten Dammbruch von Ma'rib zusammen, dessen Zeitpunkt von den Forschern verschieden angesetzt wird, von Glaser z. B. erst 534 n. Chr. Dies geschichtliche Ereignis wird aber wohl nur als sehr unsichere Zeitangabe in der Überlieferung angenommen; irgendwelche Naturereignisse oder politische Umwälzungen werden die Auswanderung aus Jemen bedingt haben, die sich ja nach verschiedenen Gegenden richteten. Andere sogenannte Azditenfamilien sollen auch aus Neğd in 'Omân eingewandert sein. Diese haben unter dem jungen König Sapur II. von Persien die persischen Küsten heimgesucht, doch hat Sapur um 320 n. Chr. wieder die arabische Küste von el-Qatîf an unterworfen.

Andere Einwanderer von Jemen waren Nachkommen von Tai vom Stamme Odad, die um 250 n. Chr. aus

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