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oben mitgeteilten Zahlen zeigen aber, welch ungeheure Zahl von Waffen allein von Masqat aus schon vorher ins Innere von Arabien gekommen ist, auch wenn man annimmt, daß ein Teil davon nach Persien und Afghanistan gebracht wurde.

11. Kapitel

Die Bahrain-Inseln und die türkische Provinz El-Aḥsâ (Laḥsâ, El-Ḥasâ)

An

n der Ostküste Arabiens liegen in dem von der Halbinsel el-Qatar gebildeten Golfe die Baḥrain-Inseln, die von manchen Geschichtsforschern mit dem Dedan der Bibel, der Insel Tylos der Griechen, identifiziert werden. Dort soll die Alexander-Expedition die Baumwollstaude entdeckt haben (gossympinos des Plinius). Nach der von Herodot gegebenen Überlieferung haben die Phönizier von hier aus ihren Zug nach Norden angetreten. Strabo berichtet von phönizischen Tempeln auf der Insel. Es ist auch sehr wahrscheinlich, daß die älteste Kultur von Babylonien enge Beziehungen mit diesen Inseln hatte. Beweisen können wir diese Zusammenhänge leider noch nicht, da die Untersuchung der riesigen Grab-Tumuli auf der Hauptinsel durch Bent und andere bisher ohne wesentliche Ergebnisse verlaufen ist. Es liegen nämlich auf einer weiten Ebene im Innern der Insel Tausende von riesigen Grabhügeln, teils von 30 und mehr Metern Höhe, die enorme SteinkistenGräber in zwei Stockwerken enthalten. Außer auffallend dolychocephalen Schädeln, Brüchstücken eines Goldarmbands, einigen Tontöpfen und einer an phönizische Stücke erinnernden Elfenbeinschnitzerei eines Ochsen ist nichts darin gefunden. Die weitere genaue Untersuchung aber wäre sehr erwünscht; denn es ist kein Zweifel, daß wir hier uralten Kulturboden vor uns haben. Gegenüber, landeinwärts im Festland, lag die alte Handelsstadt Gerra,2 über

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1 Prideaux, F. B.: „The sepulchral Tumuli of Bahrain." Archaeological Survey of India Annual Rep. 1908-1909. Calcutta 1912. S. 65. Jouannin, A.: Les Tumuli de Bahrain. Memoirs de la Délégation in Perse." T. VIII. 1905. V. 149-157. Bent: The Baharain Islands." Proc. Roy. Geogr. Soc. 12. London 1890.

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2. Nach Sprenger ist el-Ġer â (arabisch) ein „Ort, wo nichts wächst". Strabo sagt, daß Gerra von Chaldäern gegründet sei.

deren Lage man sich noch nicht einig ist.

Einige suchen sie bei El-Qatif, andere im Grunde der Bucht von ElQatar; das Wahrscheinliche ist aber, daß sie in der Oase von El-Hufhûf lag. Jedenfalls ging von hier aus eine der allerwichtigsten Handelsstraßen quer durch Arabien, teils nach Makoraba-Mekka, teils wohl nach Jemen entlang dem Wâdî ed-Dawâsir, teils nach Nordwesten. Und nach Osten hin gingen die Handelswege von Gerra über den Golf nach Persien und weiter wohl bis nach China. Schon zu Plinius' Zeit waren die Baḥrain-Inseln berühmt durch ihre Perlenfischerei, die noch heute blüht. An 900 Boote widmen sich vom Juni bis Oktober von dort aus der Perlenfischerei im Persischen Golf.1

Besonders dieser reichen Perlenfischerei wegen waren die Inseln immer eine begehrenswerte Beute umliegender Stämme. Schon im Altertum müssen Babylonien und Persien dort abwechselnd großen Einfluß gehabt haben. Der Islam wurde sehr früh eingeführt. Vor Mohammed stand ein Teil des Landes unter persischer Herrschaft, der Statthalter war Ispid weih (Weißes Gesicht), woraus die Araber Asbads gemacht haben. Zur Zeit der Propheten war die Hauptbevölkerung von el-Bahrain die Benû 'Abd el-Qais bin Afșa, die aus der Tihâma gekommen waren und die Ijâd vertrieben hatten. Im Jahre 6-8 d. Hiğra wurde 'Alî bin Abdâllâh el-Ḥaḍramî nach Baḥrain gesandt, um den persischen Häuptling el-Mundsir bin Sâwî zu bekehren. Viele Magier" (Perser), Juden und Christen lebten damals dort. Nach Mohammeds Tode empörte sich Šureiḥ bin Dubeiâ el-Huṭam bin Ghuwâtâ. Dort war um 900 die Hochburg der Qarmaten, die 922 die Stadt el-Aḥsâ (el-Hufhûf) bauten. (Ihr Gründer war Abû Tâhir Suleimân bin Abû Sa îd el-Ghanâbî.) Um 1330 wurde el-Bahrain von der

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Der Unterschied zwischen Ausfuhr und Einfuhr ist jedenfalls der Wert der im Gebiet von el-Baḥrain selbst gewonnenen Perlen.

Insel Hormûz aus durch Qutb ed-Dîn erobert. Ihr alter Name war Owâl, Awâl; die Bezeichnung el-Bahrain, zwei Meere", tritt erst später auf. Der alte Hauptort hieß Tarm (Dârîn). Wir sahen schon, wie Perser und 'Omân sich um den Besitz stritten, wie dann die Portugiesen die Insel besetzten. Nach ihrem Abzuge 1622 waren die Perser dort wieder Herren, zuletzt von 1735-1783.1 Zeitweilig mußte die Insel Tribut an Masqat zahlen, bis im Jahre 1783 der 'Utubî-Stamm von Zobara auf dem arabischen Festland zusammen mit dem Al-Sabah-Stamm el-Bahrain besette. Zum Stamm 'Utubî gehört noch heute die Familie des dortigen Scheich. 1800-1801 hatte wieder Masqat und bis 1810 die Wahhâbiten die Gewalt. Die 'Utubî kamen darauf wiederum ans Ruder, mußten aber oft an 'Omân oder Persien Tribut zahlen. Lord Curzon schreibt, daß einmal zu gleicher Zeit die Flaggen von England, ‘Omân und Neğd über dem Hauptorte Menâma wehten. Im Jahre 1820 schloß sich der damalige Chef Suleimân bin Aḥmed dem allgemeinen Vertrage der „Trucial Chiefs" mit England an. Von 1820-1828 bezahlte Bahrain Tribut an Masqat, 1830 an die Wahhâbiten. Im Jahre 1839 wollte der ägyptische Kommandeur, der in der Nähe gegen die Wahhâbiten kämpfte, Baḥrain angreifen, jedoch verhinderte England dies ebenso wie 1843 die persischen Absichten auf die Inseln. Mohammed bin Chalifa, der Enkel von Soleimân bin Ahmed, schloß mit England 1847 einen Vertrag über die Unterdrückung der Sklaverei. Als kurz darauf die Pforte wieder versuchte, ihre Anerkennung in Bahrain durchzusetzen, erklärte England, es habe mit dem unabhängigen" Herrscher dort einen Vertrag abgeschlossen und würde es nicht dulden, daß er sich unter die Oberhoheit der Pforte stelle. Um ihn noch mehr zu binden, wurden 1861 und 1868, nachdem er einen Seekrieg mit el-Qatar geführt hatte, wieder Verträge von England mit dem damaligen Häuptling Alî bin Chalîfa abgeschlossen, in dem er sich bereit erklärte, Seeräuberei, Krieg und Sklavenhandel zu unterdrücken; für den Bruch des Friedens in jenem Seekriege aber wurden an die Engländer 100000 £

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1 Nach einer Nachricht vom 29. Dezember 1915 soll Persien in einer Antwortnote auf ein russisches Ultimatum, das am 24. Dezember abgelaufen war, unter anderem gefordert haben, daß England Persiens Hoheit über el-Bahrain anerkennt.

Strafe bezahlt. Im Vertrage von 1861 war abgemacht, daß die Engländer dort nur 5% Einfuhrzoll zu bezahlen hatten. Ein Verwandter von 'Alî, namens Mohammed, eroberte Bahrain, tötete den Chef und beteiligte sich 1869 wieder am Seeraub, so daß die Engländer seine Hauptstadt Menâma bombardierten und ihn nach 'Aden deportierten. An Stelle des gefallenen 'Alî wurde 1869 dessen Sohn 'Îsa (Curzon nennt ihn Esau!) von den Engländern zum Herrscher gemacht, der ihnen treu blieb. Am 22. Dezember 1880 und 13. März 1892 schloß er Verträge mit England (s. Anhang Nr. 51, 52), nach denen er sich verpflichtete, mit keiner Macht außer mit England Verträge zu schließen oder in Schriftverkehr zu treten, kein Land an fremde Regierungen zu geben oder die Niederlassung eines andern Konsuls als des englischen in Baḥrain zuzulassen. Formell ist Scheich 'Îsa jedoch noch unabhängiger Herrscher, der aber zugunsten Englands auf einen großen Teil seiner Hoheitsrechte verzichtet hat. Ende 1912 wünschte der englische Resident, daß der Scheich ein Viertel seiner Zolleinkünfte zu Meliorationen und Anstellung eines englischen (!) Richters für Zivilsachen verwandte. Da er sich weigerte, verschob der Resident von Bûšehr die Regelung der Frage auf spätere Zeiten. Ein englisches Protektorat über Bahrain ist nicht bekannt geworden.

Türkische Ansprüche auf Bahrain hat England stets zurückgewiesen, so 1839, 1847, 1871, 1893 und 1895. Im Jahre 1893 soll der Türkei mitgeteilt sein, daß Bahrain under British protection" stände.

Die Gruppe der Bahrain-Inseln hat etwa 100000 Einwohner, die meist Malekî-Sunniten sind, doch leben dort auch viele schi'itische Perser, Indier u. a. m. Der Hauptort Menâma hat etwa 25 000, Muharraq etwa 20000 Einwohner.

Große Aufregung entstand, als 1898 (nicht 1896, wie die Times Hist. of the War" sagt) eine Hamburger Firma Robert Woeckhaus & Co. im Persischen Golf erschien.1

1 Das erste deutsche Handelsunternehmen am Persischen Golf wurde in Bûšehr unter dem Namen Johann Werth u. Co. gegründet. Diese Firma wurde später von der Deutsch-Persischen Handelsgesellschaft in Bremen mit Niederlassungen in Bender Abbâs, Bûšehr und Sîrâz übernommen, die aber ihre Tätigkeit wieder einstellte.

Sie befaßte sich zuerst mit dem Aufkauf von Perlmutterschalen in Lingah an der persischen Küste, einem bisher dort ganz vernachlässigten Artikel. Im Jahre 1901 verlegte sie ihr Hauptgeschäft nad Bahrain. Auch Mohammera Başra, Bender 'Abbâs und andere Orte erhielten Vertretungen dieser Firma, von der die Engländer lächerlicherweise annahmen, daß sie mit deutschen Staatsgeldern politische Zwecke vertolgte. (Times Hist. of the War", part 29 vom 9. März 1915.) Es ist dies natürlich eine der Unwahrheiten, die von den Engländern erfunden sind, welche sich nicht vorstellen können, daß eine Firma durch Rührigkeit und durch die Tüchtigkeit ihrer Angestellten in einigen Jahren aus dem Nichts etwas schaffen kann. Diese hat es fertiggebracht, durch Aufnahme eines im Persischen Golf bisher fast unbeachteten Artikels nicht nur Geld zu verdienen. sondern den Hauptmarkt für eben diese Perlmutterschalen von London nach Hamburg zu verlegen.

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Kurz nach Errichtung der Niederlassung in Bahrain wollte Robert Woenckhaus & Co. wie die Times Hist. of the War" sagt eine Konzession vom Scheich der Insel auf Ausbeutung der Perlenfischerei erwerben, was diesem von den Engländern aber verboten wurde. Darauf soll die Firma in Konstantinopel beantragt haben, die Insel Halûl auf Höhe der türkischen Station El-Bîḍâ an der Halbinsel El-Qatar zu pachten, die ein Standort der Perlenfischerei ist und nach englischer Auffassung als gemeinsames Eigentum aller perlenfischenden Stämme betrachtet wird. Auch hier hat angeblich England hindernd eingegriffen, welches fürchtete, aaß Deutschland auf Halûl eine Kohlenstation einrichten könnte. Etwas später hat die den Engländern so gefährlich schenende Firma auf der etwa 50 Seemeilen nordwestlich des Ortes Šarğa (im Lande „Schardscha" gesprochen) an der Piratenküste liegende Insel Abû Mûsa Rechte auf Lager von Eisenoxyd erworben. Die Engländer behaupten, daß diese Insel dauernd im Besitz des Häuptlings von Šarğa gewesen sei. Das Recht, die Lager von rotem Eisenoxyd auszubeuten, war vom Scheich an drei Araber vergeben, von denen zwei in Lingah (Linka, Linğa) ansässig waren. Im Jahre 1906 hat die Firma Robert Woenckhaus & Co. diese Konzession von jenen Arabern erworben. Angeblich soll der Scheich von Šarğa gegen die Übertragung protestiert

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