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oder in andern Wege sich zu hencken, oder derselben Schutz zu begehren, anzunehmen, und zu gebrauchen, so sollen Sie, die Lands-Fürsten, Herrschafften und Obern, berechtiget seyn, sich selbsten, oder, auf Bedürffen, mit Assistenz Ihrer benachbarten Stände, wider solche Ihre ungehorsame und widersetzliche Unterthanen bey Ihrer wissentlichen Befugniss zu manuteniren.

IV. Das Heerwesen. Aufhebung des Lehnswesens. Einrichtung stehender Söldnerheere nach dem Werbesystem. Vorbereitung der allgemeinen Wehrpflicht.

1. Edikt des Königs Friedrich Wilhelm I. v. Preussen, v. 30. Juni 1717 (bei Lünig, Corpus iuris feudalis germanici II, S. 843) . indessen

aber die gegenwärtige gefährliche Coniuncturen, und, da man ohne perpetuirliche Krieges-Verfassung ohnmöglich einer beständigen Sicherheit und Tranquillität sich getrösten könte, erforderten, dass an statt der sonst in casu necessitatis gestelleten Lehn-Pferde eine leidliche Geld-Summe jährlich, zu Verstärckung Sr. Königl. Majest. Armatur, aufgebracht würde; als ist . . reguliret worden, dass gegen die von Sr. Königl. Majestät allergnädigst offerirte Aufhebung der Lehnbarkeit, von dem 1 sten des gegenwärtigen Monaths Junii anzurechnen, hinführo zum jährlichen Canone auf jedes Lehn-Pferd, so bishero gegeben werden müssen, Viertzig Rthlr. entrichtet werden sollen.

2. Preuss. Allgemeines Landrecht II, 9 § 1: Dem Adel, als dem ersten Stande im Staat, liegt, nach seiner Bestimmung, die Vertheidigung des Staates, sowie die Unterstützung der äussern Würde und innern Verfassung desselben, hauptsächlich ob.

V. Die Behördenorganisation. 1. Die Gerichtsbehörden. Dorf- (Patrimonial-) und Stadtgerichte; Hof- und Kammergerichte; oberste Gerichte (Anfang des 18. Jahrh. der Geheime Justizrath für die Marken und die Oberappellationsgerichte zu Königsberg und Berlin). Die Aktenversendung. 2. Die Behörden der allgemeinen Staatsverwaltung. Ausbildung der Kollegialverfassung. Einheitliche Organisation und Centralisation der Verwaltung in Brandenburg-Preussen durch Friedrich Wilhelm I. Das General-Ober-Finanz-Kriegsund Domänen-Direktorium, unter demselben 5 DepartementsMinister, in den Provinzen die Kriegs- und Domänenkammern, in den Kreisen die Landräthe, in den Städten Steuerräthe. 1. Entwurf der Brandenburgischen K. G. 0. v. 1516: Wir Joachim haben ein camergericht uber alle unnser furstenthumb,

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lannde und lewte geordnet, gesetzt unnd uffgericht, . . und wollen,

das sich alle unnser furstenthumb, lannde unnd einwohner demselben gehorssamlich unnd getreuelich sollen haltten. Doch sollen unnser prelaten vor sich selbs und die iren, so von alters vor unns zu sthehn nicht schuldig gewest, hiemit nicht begriffen sein . . .

Und ordnen wir, das dasselbig mit zwelff personen als beysitzern, der wir vier aus unsern retten darzu verordenen, zwen von wegen unnser prelaten, graven unnd hern, vier aus der ritterschafft, . . . unnd zwen von den stetten wegen gegeben unnd erweld werden sollen. Unnd so wir durch unser selbs personen berurt unnser camergericht als der landesfurst und richtter nicht besitzen werden, wollen wir zu yederzeit einen aus den zwelff beysitzern unnsers gefallens zu richtter an unnser statt ordnen und setzenn.

2. Speyerer Reichsdeputationsabschied v. 1600, § 15: Dieweil . die höchste Nothdurfft erfordert, dass in allen Churfürstenthumen, Fürstenthumen, Landen, Herrschafften und Orten, wo die in dem Heil. Reich begriffen, die Unter- Ober- und Hoff-Gericht . . . aufs ehest förderlichst und unverhindert visitirt, reformirt, mit verständigen Urtheilern besetzt, und in ein gute richtige, der rechten Reichs- und Cammer-Gerichts Process gemässe Ordnung gebracht werde . . . ; So wollen wir hiemit allen und jeden Churfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs... befohlen haben, solche hievor, und jetzo bedachte nützliche Anordnungen ihrer Unter- Ober- und Hof-Gericht . . . anzuordnen.

§ 16: Es soll aber den Unterthanen unbenommen seyn, da sie unter benannter Summa der dreyhundert Reichs-Güldener, darvon nicht appellirt werden mag, sich beschwert zu seyn befinden, solche ihre Beschwerde und gravamina per viam supplicationis an ihre ordentliche Oberkeit und Herrschafften in gebührender Zeit Rechtens anzubringen, welche auch schuldig seyn sollen, dieselbe anzunehmen endlich zu entscheiden oder

aber nach Gelegenheit einer jeden Sachen . . . auf einer Universität, oder aber zweyen oder dreyen Rechts-Gelehrten ad revidendum zu überschicken.

3. Interims-Ordnung des Ober-Appellations-Gerichts zu Cölln a. d. Spree v. 1703 (Mylius, C. C. M. II, 4 No. III S. 7), Einleitung: Wann Wir nun ferner allergnädigst beschlossen, gedachtes OberAppellation-Gericht vollenkommen auf- und einzurichten, und demnach Unsern würklichen geheimen Etats-Rath etc, den von Brand zum Präsidenten gedachten Tribunals, nebst sechs aus Unserm hiesigen geheimen Rath, geheimten Staats- und Justitz-Collegio erwehlten, und künfftig zu erwehlenden Assessoribus, wie auch zweyen Secretariis oder Protonotariis und zweyen Cantzellisten, auch Cantzeley-Dienern bestellet. . haben.

4. Instruktion für dasselbe Gericht v. 1703 (daselbst No. IV S. 9) § 2: Gestalt Wir dann nicht wollen, dass die Acta ad extraneos verschicket werden sollen, sondern auch hiemit anbefehlen, die Sententias selbsten abzufassen, in decidendo euch nach denen Statutis einer jeden Provintz aus welcher die Sachen herkommen (wann selbige a iure communi discrepiren) zu richten.

5. Preuss. Notifications-Patent v. 24. Jan. 1723 (Mylius, C. C. M. VI, 2 No. CLIII S. 241): Nachdem Wir. . vor gut gefunden, Unsere bissherige beyde Collegia des General-Commissariats und General-Finantz-Directorii gäntzlich aufzuheben, dagegen aber ein besonderes General-Ober-Finantz-Krieges- und Domainen-Directorium anzuordnen, welches unter Unserem eigenen höchsten Praesidio . . . dergestalt verfahren soll, dass Unsere und Unserer sämtlichen getreuen Unterthanen Wohlfahrt und Bestes in Unserm Königreich und sämtlichen Landen rechtmässig befördert, die Zahl und Nahrung Unserer Unterthanen möglichst vermehret, die Commercia mehr und mehr empor und in einen florissanten Zustand gebracht, die hin und wieder noch vorhandene öde und wüste Plätze, auch wüste Stellen in Städten bebauet, die wüste Hufen und Höfe aufm platten Lande besetzet, die Manufacturen von allerhand Gattungen . . . verbessert, . . . Woll- und FlachsSpinnereyen in Städten und Dörffern angerichtet, der Debit der in Unseren Landen fabricirten Waaren best-möglichst befördert, gute Policey eingeführet . werde.

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2. Abschnitt. Grundzüge der Entwicklung des Prozess-, Straf- und Privatrechts.

§ 134. Das Strafprozessrecht.

Eichhorn III § 459, IV §§ 576, 620, Schröder § 88, v. Schulte § 135, Siegel §§ 193 u. 194, Zöpfl III § 134, v. Holtzendorff, Handbuch des deutschen Strafprozessrechts, I, 1879, S. 5 flg., Geyer, Grundriss des Strafrechts, I §§ 11 u. 12, S. 46 flg., Lehrbuch des gemeinen deutschen Strafprozessrechts, 1880, §§ 14-18, Glaser, Handbuch des Strafprozeses (Binding, Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft IX, 4, 1) I, 1883, §§ 9-12, Hälschner, Das Preussische Strafrecht, I. Theil: Geschichte des Brandenburgisch-Preussischen Strafrechtes, 1855, S. 57 flg., Trummer, Vorträge über Tortur, Hexenverfolgungen, Vehmgerichte und andere merkwürdige Erscheinungen in der Hamburgischen Rechtsgeschichte, I, 1844, Ein peinliches Verfahren unter Anwendung der Carolina nach Gerichtsakten vom Jahre 1548, i. d. Z. f. deutsches Recht, XIII S. 431 flg., Brunner, Die Entstehung der Schwurgerichte, 1872, Güterbock, Ent

stehungsgeschichte der Carolina, 1876, Köstlin, Der Wendepunkt des deutschen Strafverfahrens, 1849.

1499, die

I. Die Carolina als Grundlage des Strafverfahrens. Vorbilder die tirolische Malefizordnung v. Halsgerichtsordnungen für Bamberg v. 1507 und für Brandenburg v. 1516. Die Carolina v. 1532. Einführung des schriftlichen, nicht öffentlichen Verfahrens. Begründung des Inquisitionsprinzips. Die Tortur. Ausbildung des Beweisverfahrens (Ausschluss des Indicien beweises). Der endliche Rechtstag.

1. C. C. C. (Ausg. v. Zöpfl, 2. Ausg., 1876) CLXXXI: Item eyn jeder gerichtsschreiber soll inn peinlichen Sachen bei seiner pflicht alle handlung, so peinlicher klag vnd antwurt halb geschicht, gar eygentlich, vnderschiedlich vnd ordenlich auffschreiben.

CLXXXIX: Vnd soll die beschreibung aller obberürten handlung, sie geschehe von ampts wegen oder auff ankläger, durch eynen jeden gerichtschreiber der peinlichen gericht, vorgemelter massen, gar fleissig vnd vnderschiedlich nacheynander vnd libels weiss geschriben werden, vnd alweg bei jeder handlung, wann die geschehen ist, jar, tag, vnd stund, auch wer dabei gewest sei, melden, darzu soll sich der schreiber selbst, auch wie obsteht, dermassen vnderschreiben, dass er solchs alles gehört vnd geschriben hab, damit auff solch formliche gründliche beschreibung stattlich vnnd sicherlich geurtheylt, oder wo es nott thun würde darauss nach aller notturfft geradtschlagt werden möge . . .

2. VI: Item so jemandt eyner übelthat durch gemeynen leumut, berüchtiget oder andere glaubwirdige anzeygung verdacht vnd argkwonig, vnnd derhalb durch die oberkeyt vonn ampts halben angenommen würde, der soll doch mit peinlicher frage, nit angegriffen werden, es sei dann zuuor redlich, vnd derhalb gnugsame anzeygung vnnd vermutung von wegen derselben missenthat auf jnen glaubwirdig gemacht. Darzu soll auch eyn jeder richter, inn disen grossen sachen vor der peinlichen frag, souil müglich vnd nach gestalt vnd gelegenheyt eyner jeder sachen, beschehen kan, sich erkundigen vnd fleissig nachfragens haben, ob die missethat darumb der angenommen berüchtigtet vnnd verdacht, auch beschehen sei oder nit.

3. XX: Item wo nit zuuor redlich anzeygen der missthat darnach man fragen wolt vorhanden, vnnd beweist wurde, soll niemants gefragt werden, vnd ob auch gleich wol, auss der marter die missethat bekant wurd, So soll doch der nit geglaubt noch jemants darauff verurtheylt werden.

4. XX: Item es ist auch zumercken, dass niemant auff eynicherley anzeygung, argkwons warzeichen, oder verdacht, entlich zu peinlicher straff soll verurtheylt werden, sondern alleyn peinlich mag man darauff fragen, so die anzeygung (als hernach funden wirdet) gnugsam ist, dann soll jemant entlich zu peinlicher straff verurtheylt werden, das muss auss eygen bekennen, oder beweisung.. beschehen, vnd nit auff vermutung oder anzeygung. 5. XCVI: Item wann der beklagt entlich zu peinlicher straff geurtheylt wirdet, soll der Richter an den orten da es gewonheyt, seinen stabe zerbrechen, vnnd den armen dem nachrichter beuelher, vnd bei seinem eyde gebieten, die gegeben vrtheyl getrewlich zuuolnziehen, damit vom gericht auffstehn vnd darob halten, damit der nachrichter die gesprochen vrtheyl, mit guter gewarsam vnd sicherheyt volnziehen müge.

6. CCXIX: Vnd nach dem vilfeltig hieuor inn diser vnser vnd des heyligen Reichs ordnung der peinlichen gericht von rath suchen gemelt wirdet, so sollen allwegen die gerieht, so inn jren peinlichen processen, gerichts übungen vnd vrtheylen, darinn inen zweiuel zufiel, bei jhren oberhofen, da sie aus altem verjärtem gebrauch bissher vnderricht begert jren rath zn suchen schuldig sein, Welche aber nit oberhoffe hatten vnd auff eyns peinlichen anklegers begern die gerichtsübung fürgenommen wer, sollen inn obgemeltem fall bei jrer oberkeyt die dasselbig peinlich gericht fürnemlich vnd on alle mittel zu bannen, vnd zu hegen macht hat, rath suchen. Wo aber die oberkeyt ex officio vnd von ampts wegen wider eynen misshandlern, mit peinlicher anklag oder handlung volnfüre, so sollen die Richter, wo inen zweifeln zufiele, bei den nechsten hohen schulen, Stetten, Communen oder andern rechtuerständigen, da sie die vnderricht mit dem wenigsten kosten zu erlangen vermeynen, rath zu suchen schuldig sein.

II. Entwicklung des gemeinen deutschen Inquisitionsprozesses durch die Theorie (Carpzow, Brunnemann). General- und Spezialinquisition (artikulirtes und summarisches Verhör). Abschaffung der Folter (in Preussen 1740 durch Friedrich d. G.). Die Kodifikationen am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts (Codex juris bavarici criminalis v. 1751, Mariae Theresiae peinliche Gerichtsordnung v. 1768, Josephs II. Criminalgerichtsordnung v. 1788, die österreichische und die preussische Criminalgerichtsordnung v. 1803 bzw. 1805).

1. Preuss. Criminalordnung v. 1805, § 2: Verbrechen müssen in der

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