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mathlichen Rechtsquellen dem Unterricht mehr und mehr zu erschliessen. Dem gleichen Zweck dienen die höchst nützlichen Sammlungen von LOERSCH und SCHROEDER, ALTMANN und BERNHEIM und LEHMANN. Allein abgesehen davon, dass diese Arbeiten ihrer Anlage nach nicht für das gesammte Gebiet verwerthet werden können, fehlt es noch durchaus an einer kurz gefassten Anleitung und Anregung zum wissenschaftlichen Gebrauch der Quellen. Dem mündlichen Vortrage, der nur mit Mühe den ganzen Stoff zu meistern sucht, kann diese Anweisung nicht überlassen bleiben, und die in geringer Zahl vorhandenen, zum Theil sehr umfangreichen Lehrbücher der deutschen Rechtsgeschichte müssen ebenfalls nothwendiger Weise auf eine stete Wiedergabe der Quellentexte verzichten. So lag der Gedanke nicht fern, wie einst KRAUT auf verwandtem Gebiete, den Versuch zu machen, eine neue Anregung und zugleich ein Hülfsmittel bei Vorlesungen in der Form eines Grundrisses zu geben, in dessen System zahlreich eingefügte Belegstellen die Hauptpunkte zu veranschaulichen, die Grundzüge zu vervollständigen, mit den Quellen selbst bekannt zu machen und zu ihnen hinzuleiten geeignet sein möchten. Der pädagogische Werth eines solchen Grundrisses, der ein tieferes Studium nicht ersetzen, sondern erleichtern soll, dürfte unbeschadet der Freiheit jedes einzelnen zu selbstständiger Gestaltung und Darstellung des Rechtsstoffes, nicht bezweifelt werden und ist auf dem Gebiete des Privatrechts (KRAUT, FRANKLIN), Handelsrechts u. s. w. bereits zur Genüge anerkannt. Auch für die Rechtsgeschichte ist der gleiche Gedanke bereits verwerthet worden: nur ist GENGLER's leider unvollendet gebliebener Grundriss inzwischen in Einzelheiten durch neuere Forschungen überholt, während der anders angelegte Grundriss von SCHULER - LIBLOY in Deutschland kaum Eingang gefunden hat. Hiernach dürfte die auf den ermuthigenden Wunsch angesehener Fachgenossen erfolgte Veröffentlichung einer Arbeit nicht ungerechtfertigt erscheinen, welche der Verfasser zunächst zur eignen Belehrung und zum eignen

Gebrauch unternommen hatte. Einer weiteren, freilich mit Rücksicht auf den hier zur Verfügung stehenden Raum auf das nothwendigste beschränkten Begründung bedarf daher nur noch die Frage, wie die Lösung der gestellten Aufgabe versucht wurde. Auf drei Punkte wird sich dieselbe erstrecken müssen: auf die Stoffordnung und -eintheilung, die Litteraturangaben und die Auswahl der Quellenstellen. Der kurze Text selbst erhebt mangels näherer Ausführungen und Beweise weder Anspruch auf Billigung, noch bedarf er der Vertheidigung gegen Angriffe und Bedenken.

Was zunächst das System anlangt, so musste bei der heute allseits anerkannten Bedeutung der Wirthschafts- und Kulturgeschichte für das Verständniss der Rechtsentwicklung unzweifelhaft auch der ersteren Aufnahme, wenn auch in bescheidensten Grenzen gewährt werden. Einen kurzen Ueberblick über die politische Geschichte wird nicht überflüssig finden, wer die Erfahrung gemacht hat, wie rasch nach der Vollendung der gymnasialen Vorbereitung selbst die wichtigsten geschichtlichen Thatsachen dem Gedächtnisse zu entschwinden pflegen. Die unbedingt nothwendige Schilderung der Entwicklung der Rechtsquellen einbegriffen, ergab sich somit ziemlich ungezwungen eine Stoffgruppe, welche nach dem Vorgange BRUNNERS unter der treffenden Bezeichnung „Allgemeine Rechtsgeschichte“, dem übrigen Inhalt, der „Besonderen Rechtsgeschichte", vorangestellt werden konnte. Im übrigen war die synchronistische Methode schon aus praktischen Gründen, zur leichteren Benutzung der angeführten Lehrbücher, durchweg durchzuführen. Erheblichere Schwierigkeiten bereitete die richtige Eintheilung des Stoffes nach Zeitabschnitten. Aus verschiedenen Gründen, die hier ausführlicher darzulegen zu weit führen würde, deren vornehmste aber eine eingehendere Berücksichtigung des für die deutsche Staats- und Rechtsgeschichte hochbedeutsamen Lehnswesens sowie die Würdigung der Ereignisse dieses Jahrhunderts waren, wurde eine Eintheilung in sechs Perioden versucht, die wenigstens für die ältere Zeit die Autorität von EICHHORN, WAITZ

u. a. für sich hat. Die dem Verfasser nicht entgangenen Mängel dieses Verfahrens, wonach insbesondere manche zum Lehnswesen nicht gehörige Dinge im dritten Buche eingereiht werden mussten, wurden durch die Vorzüge einer abgerundeten und geschlossenen Darstellung jenes charakteristischen Instituts zurückgedrängt.

Die Litteraturangaben waren einerseits auf das nothwendigste Maass, auf die besten und umfassendsten Werke zu beschränken, andrerseits so reichlich zu gestalten, dass dem Anfänger wenigstens die Möglichkeit gegeben wurde, an der Hand der mitgetheilten Schriften selbstständige weitere Forschungen vorzunehmen, obwohl die Erfahrung lehrt, dass nur selten hiervon Gebrauch gemacht wird. Ein über den nächsten Zweck hinausgehendes Mehr möge daher auch anderen Benutzern dieses Buches zu gute kommen.

Bei der Auswahl der Belegstellen endlich war ebenfalls Verschiedenes zu erwägen: Die mitzutheilenden Auszüge mussten nicht allein inhaltlich für die Bestätigung oder Erläuterung des Textes die geeignetsten, sondern auch aus dem Zusammenhang gehoben nicht allzu schwer verständlich sein und in möglichst knapper Fassung die wesentlichsten Punkte enthalten. Nicht immer waren alle diese Eigenschaften vereint zu finden, und inwieweit ich hierin das Richtige getroffen, muss ich der wohlwollenden Beurtheilung der Fachgenossen überlassen. Kaum der Erwähnung bedarf es, dass ich die Belege möglichst aus den besten, regelmässig im Texte angeführten Ausgaben geschöpft, auch da, wo ich dieselben schon anderweit mitgetheilt fand, mich nicht mit der Wiedergabe dieser Citate begnügt, sondern auf den Text selbst zurückgegriffen habe. Dem Zwecke der Arbeit erschien es angemessen, die Auszüge unter thunlichster Beibehaltung der Schreibweise der Quellen wiederzugeben, und nur bezüglich der Stellen aus dem Schwabenspiegel nach der LASSBERG'schen Ausgabe musste dies Princip aus typographischen Gründen kleine Abweichungen erleiden.

Die beigegebenen Karten werden, obschon sie, um das Buch nicht zu vertheuern, in einfachster Ausführung, namentlich in Bezug auf den orographischen Theil, gehalten sind, hoffentlich dem anschaulichen Unterricht zu Hülfe kommen.

Ich schliesse mit Dank und Wunsch, mit Dank für die von vielen Fachgenossen durch sachkundigen Rath mir freundlichst gewährte Unterstützung, und mit dem Wunsche, dass das vorliegende Buch als ein weiterer Versuch, die Rechtsbeflissenen auf das Studium der deutschen Rechtsgeschichte hinzuleiten, wohlwollende Aufnahme finden und die mühevolle Arbeit nicht vergeblich gewesen sein

möchte.

Greifswald, im August 1894.

Georg Frommhold.

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