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§ 3. Bei mangelhaftem Befund wenden sich die Experten, nach genommener Rücksprache mit den Gemeindsbehörden, in erster Linie um Abhülfe an die verantwortliche Kantonsbehörde, und wenn diese Abhülfe nicht rechtzeitig erfolgt, an den Bundesrath, beziehungsweise deffen Departement des Innern. In Dringlichkeitsfällen haben die Erperten die Pflicht, auf Grundlage der Vorschriften des Bundesrathes, das Nöthige unverzüglich anzuordnen und von den getroffenen Anordnungen der fantonalen Sanitätsbehörde sofort Mittheilung zu machen.

§ 4. Sie ertheilen kantonalen und Gemeinde-Gesundheitsbehörden über Alles, was die Cholera-Schutzmaßregeln und deren zweckmäßigste Ausführung betrifft, auf Begehren Aufschluß und Rath, wobei sie sich in Betreff der technischen Vorkehren, wie z. B. Desinfektion, an die amtlich adoptirten Grundsäße. und bezüglich der ökonomischen Fragen an die Ziffer 3 des Titels III des Kreisschreibens halten.

$ 5. Bei Ausbruch der Cholera im Lande haben sie die Eingrenzung der ersten Fälle zu überwachen. Sie begeben sich, sobald sie vom eidg. Departement des Innern oder von einer kantonalen oder kommunalen Behörde Anzeige erhalten, sofort an den betreffenden Ort, um sich von der Vollständigkeit und Genauigkeit der getroffenen Maßregeln zu überzeugen, beziehungsweise die Ergänzung derselben zu veranlassen.

§ 6. Sie haben bei Privatnachrichten oder Gerüchten die Pflicht sofortiger Telegrammnachfrage bei den betreffenden Ortzgesundheitsbehörden oder Aerzten.

S 7. Nach Einrichtung der ersten Schutzmaßregeln werden. sie den Gang aller Vorkehrungen: Absperrung, Nothspitäler, Auslozirung, Desinfektion, Hausbesuche und Verpflegung, vor Allem auch die Regelmäßigkeit der Anmeldungen überwachen, und sich in geeigneter Weise darum bemühen, daß nichts unterlassen werde, was zur Eingrenzung der Seuche und zur Tilgung derselben geschehen kann.

§ 8. Sie besuchen die einzelnen Choleraorte so oft als sie es für nöthig finden, sowie auch nach Auftrag des eidg. Departements des Innern oder auf Ansuchen kantonaler Sanitätsbehörden.

S 9. Sie berichten über ihre Thätigkeit an das eidg. Departement des Innern, bei Ausbruch und Dauer einer Epide mie täglich durch Telegramme und wöchentlich einmal schriftlich.

Wo keine Epidemie in Frage kommt, genügt nach den ersten Berichten über Ziffer 2 und 3 der Instruktion ein Schlußbericht.

S 10. Die Experten genießen für ihre amtliche Korrespon denz in Choleraangelegenheiten Portofreiheit.

S 11. Die Normirung der Entschädigung der Experten wird einem besonderen Beschluffe vorbehalten.

Anleitung

zur Desinfektion bei Cholera.

(Vom 1. August 1884.)

1. Leibwäsche, Bettwäsche und Wolldecken, welche durch die Entleerungen Cholerakranker beschmußt werden. sind, werden am besten durch Verbrennen vollkommen beseitigt. Soweit dies nicht angeht, sind dieselben sofort in fünfprozentige Karbollösung zu werfen und sollen in derselben 24 Stunden verweilen, bevor sie zur Wäsche gegeben werden.

In derselben Weise durch fünfprozentige Karbollösung zu desinfiziren ist ferner Leib- und Bettwäsche Chelerakranker, auch wenn sie nicht in erkennbarer Weise durch Entleerungen verunreinigt ist.

Die Herstellung der fünfprezentigen Karbollösung ist in dem Verhältniß auszuführen, daß 1 Liter flüssige Karbolsäure *) mit 18 Liter Wasser verdünnt wird. Ist eine fünfprozentige Karbollösung nicht vorhanden, so läßt sich diese Vorschrift dadurch erseßen, daß die Cholerawäsche 1 Stunde lang gekocht wird. Die Karbollösung und das Kochwasser, das von derartiger Wäsche abgezogen wird, ist in die Abtritte zu entleeren.

Cholerawäsche soll nicht herumgeführt, sondern stets am Orte der Erkrankung desinfizirt werden. Sie darf niemals undesinfizirt zur Wäsche gegeben werden.

*) Flüssige Karbolsäure gleich: 100 Gewichtstheilen acid. carbol. crystallis, mit 10 Gewichtstheilen Wasser.

2. Federbetten, Matraßen und Kleider, welche obiges Verfahren nicht zulassen, können durch einstündiges Verweilen in einem von Wasserdampf durchströmten Kasten desinfizirt werden. In diesem Falle ist darauf zu halten, daß die Temperatur des Dampfes an der Ausströmungsöffnung der Temperatur des siedenden Wassers entspricht.

Wenn ein solcher Kasten nicht zur Verfügung steht, so lasse man diese Gegenstände, nachdem die Verunreinigungen in der sub Ziffer 4 zu beschreibenden Weise abgewischt sind, 6 Tage Lang an einem luftigen, trockenen, vor Regen geschützten Raume stehen.

Wie die Effekten Cholerakranker, sind Wäsche und Kleidung des Wartpersonals derselben zu behandeln.

Werthlose Gegenstände, wie Bettstroh, Laub, schlechte Kleider, sind durch Verbrennen zu beseitigen.

3. Die Entleerungen Cholerakranker und Choleraverdächtiger sind in Nachttöpfen und Becken aufzufangen, welche mit fünfprozentiger Karbollösung soweit gefüllt sind, daß die entleerten Massen vollständig in die Karbollösung hineinfallen. Ist dies nicht geschehen, so sind die entleerten Massen mit dem gleichen Volumen fünfprozentiger Karbollösung zu übergießen. In jedem Cholerahause soll ein Kübel von Eisenblech mit Deckel, handhoch mit fünfprozentiger Karbollösung gefüllt, die desinfizirten Ausleerungen aufnehmen und es sollen diese dann täglich einmal in einem Garten oder Acker, weit entfernt von Brunnenleitungen, Bächen und Kanälen, vergraben werden. Ist solches, z. B. in Städten, nicht möglich, so wird der Inhalt dieses Kübels alle 24 Stunden in den Abtritt_entleert.*)

4. Werden Böden, Wände und Möbel durch Choleraentleerungen verunreinigt, so sind dieselben nicht zu waschen, sondern mit fünfprozentiger Karbollösung befeuchteten Lappen aufzuwischen. Diese Lappen sind zu verbrennen.

*) Die gleiche desinfizirende Wirkung wie durch fünfprozentige Karbollösung wird durch eine Lösung von Sublimat (1 Gewichtstheil auf 1000 Gewichtstheile destillirten Wassers) erzielt.

5. Zimmer, in welchen Cholerakranke gelegen haben, sind zu räumen und müssen, bevor sie wieder bezogen werden. dürfen, 6 Tage hindurch leer stehen, damit alle Infektionsstoffe austrocknen. Das Austrocknen ist durch Heizen zu unter

stützen.

6. Für den Transport von Cholerakranken zum Spital müssen eigene Fuhrwerke bereit gestellt werden.

Werden zum gewöhnlichen Gebrauch dienende Fuhrwerke - Droschken, Postwagen, Omnibus, Eisenbahnwagen von Cholerakranken benutzt, so sind die Verunreinigungen so wie unter Ziffer 4 angegeben abzuwischen. Dann sind die betref= fenden Fuhrwerke auszurangiren und haben 6 Tage an einem trockenen, luftigen, vor Regen geschüßten Orte zu stehen. Erst dann können sie wieder in Gebrauch gestellt werden.

7. Alle Personen, welche Chelerakranke und deren Entleerungen berührt haben, sollen sich unmittelbar darauf Hände und sonst verunreinigte Körpertheile mit fünfprozentiger Karbgllösung waschen.

8. Leichen dürfen nicht gewaschen werden, sondern find unmittelbar nach dem Tod in ein in fünfprozentiger Karbollösung getränktes Leintuch einzuschlagen.

9. Abtritte sind vor Ausbruch der Epidemie gründlich zu reinigen. Während der Dauer der Epidemie dürfen sie nicht häufiger geleert werden, als es die Anfüllung erforderlich macht. Es soll in die Abtritte der öffentlichen Gebäude und der Logishäuser täglich rohe Karbolsäure oder statt derselben Wienerlösung, welche aus 1 Kilo roher Karbolsäure, 2 Kilo Eisenvitriol und 20 Liter heißem Wasser besteht, geschüttet werden, bis dieselben deutlichen Karbolgeruch annehmen.

10. Deffentliche Bedürfnißanstalten (Pissoirs), ebenso die entsprechenden Abtheilungen der Schulhausabtritte sind täglich mit trockenem Chlorkalk zu bestreuen.

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