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wie jedoch die römische Kurie fortwährend eine ganz volls kommene Unwandelbarkeit, auch insonderheit wegen Verträgen, die nur irgend auf die katholische Religion, oder Kirche Bezug haben, und ohne ihre Mitwirkung und Einwilligung geschlossen wurden, beweißt; so wurde der westphälische Friede auch von ihr höchstens nur als ein Waffenstillstand angesehen, dessen Aufhören die Gunst der Umstände rechtfertigt 16). Sie ließ deswegen protestiren, und protestirte, als der besagte Friede in den Reichsabschied von 1654 fam, dann im J. 1679 bei Abfassung des nimweger Friedens, und 1706 bei dem altranstädter, die schlesischen Protestanten (wie oben ersichtlich) so sehr berührenden Frieden, ferner bei dem Kaiser-Wahl- Convent 1658, und in einer Urkunde des päpstlichen Nuntius vom 4. Nov. 1690, welche bei dem damaligen Wahl-Convente war übergeben worden, endlich bei gleicher Gelegenheit 22. Jan. 1742 wiz der diejenigen Stellen. der Wahl- Kapitulation, durch welche der ofterwähnte Friede bestätigt ward, und wider den 14. Art. der Wahl- Kapitulation 17). Auf dem Wahl-Konvent 1799

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1722. Ein kaiserl. östreich. Hodecret vom 6. März 1839 weißt die obern Landes - Stellen an: hinsichtlich Weigerungen von kathol. Geistlichen, Ehen zwischen Katholiken und Prote stanten ohne Reversalien einzusegnen, die Landesgeseße anzuwenden. Offenbare Folgen aus erwähntem Frieden. 16) Eine einzige, jedoch merkwürdige Ausnahme von sotha= nen Protestationen, wird in dem 12. Febr. 1803 vom Papste nach Bayern erlassenen Breve wegen Anwendbarbarkeit des westphäl. Friedeus, hinsichtlich unerlaubten Zwangs der in Note 15 so eben genannten Ehen, sichtbar, weil sich der Pavst darinnen auf sothanen Frieden namentlich beruft. Vollständig ist dieses Breve abgedruckt Aler Mülle encyclopädischen Handbuche de Kirchenst redt, B. T.

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17) Moser's teutsches Staatsrecht VIII. S. 405 und Häber lin von der kaiserl. Wahl- Kapitulation. (Nürnberg) 1792,

Concordal
Coursadi E. 102.

wurde die vom Nuntius übergebene Protestation von Kurmainz mit der Bedeutung zurückgewiesen, daß der Wahl-Konvent bereits geschlossen sey 18). In der Protestations - Urkunde des päpstlichen Legaten Kardinals Consalvi zu Wien vom 14. Juni 1815, beruft er sich auf publica documenta, durch welche der Papst die Bestimmungen des Reichs Deputations - Schlußes mißbilligt habe, allein 1803 ist darüber öffentlich nichts bekannt geworden. In seiner zu Wien gehabten Instruction, soll der Ausdruck ,,la disastrosa pace de Westphalia" enthalten gewesen seyn 19). Diese Ansicht zieht sich gleich einem Nebel in die Höhe, sobald erwogen wird, daß im ganzen europäischen Staaten-Systeme durch den westphälischen Frieden, eben so eine neue Ordnung der Dinge, und damit ein wohlt häs tiges Gleichgewicht, mithin eine neue Zeit zum Vorschein kam, wie nach des Frhrn. von Gagern's Ueberzeugung, die heilige Allianz der erste Lichtstrahl abermals von einem neuen Zeitalter geworden ist, worüber sich am Schluße

18) Häberlin a. a. D. S. 103.

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19) Brendel a. a. D. §. 181. S. 501. Note **). In einer 18. Jul. 1839 gehaltenen Sigung der Kammer II. von der StändeVersammlung zu Carlsruhe, äusserte der Abgeordnete Kuen= zer, katholischer Dekan von Konstanz: „daß, wie bekannt, die Beschlüsse des westphälischen Friedens ausserhalb Teutschland sehr ungerne wären gesehen worden, und nicht nur noch niemals genehmigt, sondern dagegen zu ver schiedenen Beiten geheime und offene Schritte gethan worden, und auf vielerlei Weiße, selbst in der aller neuesten Beit versucht worden sey, sie zu untergraben und um= zu stürzen." Conf das frankfurther (teutsche) Journal in der Beilage Nr. 203 vom 22. Jul. 1839. Auch wurde noch geäußert:,,daß alle Pressen in Bewegung seyen, um die Früchte, welche der westphälische Frieden getragen hat, zu verderben.“ Man vergl. die teutschen Blätter für Protestanten und Katholiken. Heidelberg 1839. Heft I. S. 3.

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gegenwärtiger Ausführung näher geäußert wird. Beinahe völlig, verschwanden durch den westphälischen Frieden die Formen des Mittelalters, die aus Rom nicht wollen, am wenigsten in der neuesten Zeit, vermißt, wohl aber wieder in Gang gebracht werden, was jedoch unmöglich bleibt; denn auf sothane Weiße veränderte sich der Grund- Character der europäischen Politik, darinnen das religiöse Princip war vorherrschend gewesen, jedoch durch diese Veränderung aufhören mußte, wie die, bereits auch in Oestreich mit Bestrafung erfolgte Vollziehung des genannten Friedens, welche erwähnt wurde, beweißt. Nachhaltend und folglich mehr begründet, ergiebt sich Solches aus der vorzüglichen Theilnahme, welche der schon oben angeführte und ebenfalls nirgends aufgehobene teschener Friede zwischen Oestreich und Preus Ben vom 3. Mai 1779, nachher fand, der in Art. 8 und 12 den westphälischen Frieden erkräftigte, und worüber Frankreich und Rußland die Garantie übernommen has ben, wie Art. 16. des ermeldeten teschner Friedens ersehen läßt 20). Die Kaiserin Katharine II. von Rußland ers klärte sich noch für diese Garantie, in einem Erlaße an die Stände des schwäbischen, Kreises vom 14. April 1783, weshalb ihr bei diesem Kreise accreditirter Minister Graf Ostermann, in einem Schreiben an diese Stände vom 23. Mai (3. Juni) 1785, die kaiserliche Gesinnung wiederholt und aus, drücklich auf den westphälischen Frieden hin deklarirte 21). Verschiedene Autoren halten auch Rußland für einen Garanten des westphälischen Friedens, worüber bei ihnen

20) de Martens Recueil T. II. p. 7 und Faber's Staats= kanzlei Th. 53. S. 1 ff.

21) Verglichen mit der Schrift unparteiische Gedancken über das kurtrierische Nachsuchen um kaiserlich rußischen Schuß und und Garantie gegen Frankreich, Philadelphia 1792. S. 24 und 27.

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kann nachgelesen werden 22). Allein die Pacifcenten des teschner Friedens, hatten kein Recht und keine Vollmacht, von den übrigen Mitcontrahenten des westphälischen Fries dens, die Garantie des Leßtern an Rußland, zu übertragen 25). Preußen betrachtet sich auch als Garanten, al sowohl vom westphälischen, als vom teschener Fries den 24), was vielleicht? dermalen (1840), wo zwischen Prew ßen und Rom die Lösung von Kirchenfragen obwaltet, schon hohen Werth haben dürfte, wann nicht Preußen diese Fragen selbst, und zwar aus dem Gesichstpunkte von Regierungs- Rechten, wie die Verfügung des k. preuß. Minis fteriums der geistl. Angelegenheiten v. 15. Nov. 1837 in verbis:,,landesherrlichen Macht einzuschreiten" an das Metropolitan - Domkapitel in Göln ausspricht, (ver-bate, glichen mit der Augsburger Postzeitung vom 29. Nov. 1837 Seite 3 u. in and. Zeitungen) ohne andere Mächte erledigen wollte, und Rom, oder die römische Kurie den westphälischen Frieden seit seinem Daseyn und bis jeht nicht

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22) Gerstlacher in corp. jur. publ. T. II. p. 642 und (Roth) ist Rußland Garant des westphälischen Friedens 1791, 8. dann F. van der Beck's Beantwortung hierüber 1793, 4. In einer Note des t. ruß. Gesandten, welche in comitiis zu Regensburg d. d. 6. Mai 1804 und communicirt 7. Mai ej. an. erhibirt wurde, nannte sich Rußland Ga= ranten der teutschen Konstitution" (Schel ha ß's) pragm. Geschichte der t. Reichstags-Verhandl. 1805. S. 305. 23) von Martens über die Erneuerung der Verträge in den Friedens-Schlüßen. Göttingen 1797. 8. (Wackerhagen's) Versuch eines Beweißes, daß der Kaiser vor Rußland den. westphälischen Frieden weder garantiren könne, noch dürfe. 8. 1794.

24) Gerstlacher im Handbuch der Reichsgesetze Th. I. S. 100 und Reuß's Staatskanzlei, Th. XII. S. 100. Entsteht Streit, ob ein Fall der Garantie vorhanden sey? so ge= bührt die Entscheidung den Garanten selbst, denn ein Drit= ter kann freilich nicht hierüber entscheiden.

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anerkennt, also wie bereits vollständig nachgewiesen ist, vers wirft, und mithin durchaus die Anerkennung versagt, deme nach römischer Seits, und auch von Preußen, gewiß auf den westphälischen Frieden sich in sothanen Differenzen niemals wird berufen werden. Dem oft genannten teschener Frieden, sind übrigens am 13. Mai 1779 beigetreten Kursachsen in Separat - Artikeln, von Oestreich mitunterzeichnet, angehängt ist auch die Convention zwischen der Kaiserin und Königin von Ungarn c., die pfalzzweis brückische Beitritts-Acte, eine besondere Convention zwischent Kurpfalz und Kursachsen, auch von beiden noch überdies Separat-Artikel, ferner zu der kurpfälzisch-sächsischen Convention, eine besondere Beitritts - Acte von Pfalzzweibrücken, dann Separat-Artikel von Kurpfalz und Pfalzzweibrücken, desgleichen eine Accessions - Urkunde vom teutschen Kaiser Joseph II., als Mitregenten und Erben der östreichischen Staaten, vom 16. Mai 1779, alsdann die Urkunde von den rußischen und französischen Bevollmächtigten über Vermittelung und Garantie wegen dem teschener Frieden, und endlich die Annehmungs- Urkunde über sämmtliche Verträge, welche über den teschener Frieden sprechen. Weil in den hier erz wähnten Separat-Artikeln, zwischen Kurpfalz und Pfalzzweibrücken, Bestimmungen wegen Religions Eigenschaft des Landesherrn vorkommen; so ist in einem spätern Vertrage zwischen den beiden dermaligen Linien des erhabenen HauBes Bayern aus Ansbach vom 12. Oct. 1796 festgesezt: ßes „daß diese Artikel bestätigt werden, in soweit solche nach dem Ausspruche des teschener Friedens Art. 8 nicht im Widerspruche mit dem westphälischen Frieden stehen," (namentlich wegen dem Religions - Character eines Landes Art. V. 31 in Verbindung mit §. 23 und 29 Instrum. Pac. Osnabr., sowie wegen der Religion des Landes herrn da selbst V. 1.) 25). Diese Anordnungen sind als nicht aufges

25) G. Frhrn. von Aretin's Genius von Bayern sc. Münchent

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