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westphälischen Frieden, geschahe im J. 1804 aus der erneuers ten Bekräftigung, welche das genannte teutsche Fundamens tal-Statut ein Jahr vorher, in dem bereits auch anges führten Reichs-Deputations-Haupt-Schluße §. 63. ausdrück lich, in §§. 68 u. 72. aber ohne diesen Frieden zu nennen, in sich aufgenommen hat, wie Leßteres eben so, auch später im Art. 16 der teutschen Bundesacte, stillschweigend geschehen ist. Aus dem Kongreße zu Wien von 1814-1815, giengen für das Religionswesen der verschiedenen christlichen Parteien, folgende Resultate hervor, welche auf den westphälis schen Frieden können angewendet werden. In der V. Sizung, abgchalten am 31. Mai 1815, wurden zwei Bemerkungen vorgetragen. Die eine betrifft, daß in verschiedenen Abs fchriften der Ausdruck,,drei christliche Religions - Parteien“ sich eingeschlichen habe. Das gab Veranlaßung zu bes schließen, daß, da die Bezeichnung von drei christlichen Religions - Parteien, selbst der vormaligen teutschen Reichsverfaßung angemeßen gewesen sey, die Zahl drei auszustreichen, und blos zu sehen „chriftliche Religions - Parteien.“ Die zweite Frage wegen andern christlichen Parteien, wurde bedenklich gefunden 45). Faks tisch hat dadurch der erwähnte Kongreß, den in der vors maligen teütschen Reichs-Verfaßung zur Grundlage gehabten Religions- oder westphälischen Frieden, auch für die Zukunft als Norm anerkannt, selbst hins sichtlich von Wiedertäufern und Herrnhuthern, wann man

sammtheit, oder das teutsche Reich denke," laut Wiener Kongreß-Acten Bd. II. Heft S. . 546 f.

45) Acten des Wiener Kongreßes. Erlangen 1815. Bd. II. 6.4. Der westphälische Friete in lustrum. Pac. Osnabr. VII. §. 1. begreift unter der Benennung,,Protestantes" die beiderseitigen Protestanten, oder auch oft Evangelische und Reformirte genannt. Die Lestern hatten bekanntlich vor dem ermeldeten Frieden, nicht gleiche Rechte mit den Erstern. Sie erhielten sie erst in diesem Frieden.

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erwägt, was darüber im Instrum. Pac. Osnabr. VII. 2. bestimmt ausgesprochen ist. Dermaßen wurden von erwähntem Kongreße, die teutschen Religions- Rechts-Verhältniße in statu quo belaßen, und es wurden auch sonst in sämmtlichen Wiener Kongreß- Acten, theils dadurch, daß man die päpstlichen Protestationen entgegen den westphälischen Frieden, unberührt auf sich beruhen ließ, theils dadurch, daß man damit und außerdem, die forts dauernde Gültigkeit der auf Verträgen, Geseßen und Herkommen sich gründenden Rechts- Verhältniße aller teutschen Staatsangehörigen überhaupt, nirgendwo bezweifelte, sondern sich als von selbst verstehend, angesehen und vorausgesezt wurde, hiezu noch in der teutschen Bundesacte vom 8. Juni 1815. Art. 16. im Grunde dasselbe bestimmt ist, was der westphälische Friede darüber in Instrum, Pac. Osnabr. V. 1. 35. VIII. 1, im Geiste der Gerechtigkeit, des Wohlwollens und christlicher Versöhnung, für vollkommene Reciprocität, zwischen beiden christlichen Hauptparteien, festgesezt hat, vollständig Genüge geleistet 46). Da die teutsche Bundesacte, als Grundlagen von sich, übrigens den Reichs-Deputations-Haupt-Schluß vom Jahre 1803, wie eine Voracte behandelt, indem sie ihn in Art. 8, 15 und 17 nicht weniger als sechs mal nennt; so ist vermöge sothanem Verfahren, für diesen Frieden, ohne ihn nur im mindesten damit aufzulösen, ein nicht unterbrochener, und folglich mehr bevestigter Zusammenhang geblieben,

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46) Wiener Kongreß - Acten Heft V. S. 108. 125. dann Heft VII. S. 307 u. 320. ferner Heft VIII. S. 416. 420. u. 611. Auch bildet die teutsche Bundesacte nicht nur die Beilage IX. zur Wiener Kongreß- Acte vom 9. Juni 1815., sondern diese Kongreß-Acte ist auch von Frankreich und Schweden, Garanten des westphälischen Friedens, abermals mit garantirt. Der westphäl. Friede ist überdies auch eine Quelle des teutschen Privatrechts, Runde's Grundsäße des teutschen Privatrechts. Göttingen 1801. §. 41. S. 38.

theils aus dieser nicht geschehenen Vernichtung, theils vers möge der bereits nachgewiesenen Anerkennung, in so vielen Verträgen und Erkräftigungen, zulezt in dem angeführten Kongreß - Protokoll vom 31. Mai 1815, dergleichen wieders holende Bestätigungen und Zugeständnisse für keinen ans dern europäischen Völker- Vertrag, können aufgefunden were den. Dieser Friede gab auf die dargestellte Weise, dem teuts schen Staatsgebäude immer neuen Glanz, so wie verstärkte Vestigkeit, theils durch Erneuerung, theils vermöge Bevestis gung der alten Grundlagen, theils durch Erweiterung, wie es noch in der teutschen Bundesacte, für beide christs liche Hauptparteien, ́nachhaltend geschehen konnte, theils vermöge neuer, in Harmonie des Ganzen geschöpften, und ins Leben gebrachten Grundsäße, und so ward, erwiesen aus der Geschichte, und erprobt aus Erfahrungen, der wests phälische Friede das Bollwerk oder Palladium teutscher Freiheit, so wie höchster und nachdrücklichster Schuß gegen Zwang an Gewissen, ohne welche Beschirmung in teutschen Staaten, Katholiken und Protestanten nicht neben einander leben könnten, und Solches um so weniger gesichert, als noch kein teutsches Bundesgericht vorhanden ist, das, wie ehemals die teutschen Reichsgerichte eingeschritten sind, Religions- Bedrückungen und Differenzen, vermöge prompter Rechtshülfe abhält und schlichtet. Die Beweise für die nicht geschehene Aufhebung des westphälischen Friedens, des vorhandenen einzigen Fundamental Statuts zwischen Katholiken und Protestanten, dürften nun insoweit eruirt, und damit auch nachgewiesen seyn, daß der westphälische Friede, der erste Grundvertrag von Europa, und insonderheit die charta magna von teutschen Staaten unverrückt geblieben ist, wie mehrere Autoren gründlich dargethan haben 47). Dieser Vertrag verbleibt nach den

47) Zachariae jus publ. civit., quae foederi rhenano adscriptae sunt. Heidelb. 1807. §. 12. p. 13., von Berg's Abhandl. zur Erläuterung der rheinischen Bundesacte. Han=

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Grundsäßen des Völkerrechts:,,pacta gentium aeterna et realia sunt" 4), ein europäischer Völker - Vertrag, welchen die teutsche Gesammtheit, und davon jeder teutsche Landesherr, als solcher, noch überdies insonderheit mit Frankreich und Schweden auf immer abges schlossen hat, darauf die Parömien Anwendung haben: ,,justa imperio sunto" und der ewige Staat lebt in jedem Regenten fort," oder ,,le roi est mort, vive le roi." Wer das Gegentheil behauptet, hat es zu ers weisen 49). Weil die Auflösung von Völker Verträgen, äusdrücklich von den Paciscenten erforderlich ist, wann sie von Wirkung seyn soll; so wurde auch bekanntlich der Friede zu Basel vom Jahre 1795, der zu Presburg vom Jahre. 1805, dann der Friede zu Tilsit vom Jahre 1807, und der aus Wien vom Jahre 1809, in Additional-Artikeln zu dem Frieden zu Paris vom 30. Mai 1814, förmlich 'von › den Kontrahenten dieser Verträge aufgehoben 50). Damit

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nover 1808. Th. I. J. L. Klüber's Staatsrecht des Rheinbundes. Tübingen 1808. §. 27. S. 35 f. wo noch mehrere fortbestehende teutsche Reichsgesehe, als recipirtes Recht, insonderheit der den westphäl. Frieden enthaltende Reichsabschied von 1654, citirt sind, Schrader in Crome's und Jaup's Germania 1807 bis 1811. Bd. H. Nro. 5. Bb. III. Nr. 20, Wiesand Abh. über die Kraft und Wirkung der Aufhebung von teutschen Gefeßen in den Staaten des rheinischen Bundes, Leipz. 1810, H. Meiselii quaest. de jure civit. foed. rhen. adscript. Lips. 1811, Frey's Frage: ist der westphälische Friede ic. aufgehoben? Bamberg 1816. Dresch's öffentl. Recht des t. Bundes. Tübingen 1820. §. 19. S. 46 f. Klüber's europäisches Völkerrecht, Stuttg. 1821. §. 31. S. 65 f. nota e) u. im

Hamburger polit. Journal v. J. 1815. St. VI.

48) H. Grotius in jure belli et pacis, P. II. 14. 11.

49) C. E. Waechter in diss. de modis tollendi pacta inter

gentes. Stuttg. 1779. §. 73.

50) Bauer's, Behr's und Schott's allgemeine Staats

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erfolgte aus aufgelößtem Tilsiter Frieden die darinnen Art 25. bestandene, und nun aufgehobene Garantie, von Seite Rußlands über den Rheinbund, so wie auch das im preußischen Frieden aus Tilsit Art. 4. gewesene Ans erkenntniß dieses Bundes dermaßen vernichtet wurde.

Ein weiterer Stüßpunkt und Sanction für das Fortbestehen des westphälischen Friedens, ist außer der Wiener Kongreß - Acte vom ́9. Juni 1815, noch die heilige Allianz aus Aachen vom 1426. Sept. 1815, welche in Art. I. insonderheit zusichert: „die Religion, den Frieden und die Gerechtigkeit zu beschüßen“ dann in Art. II. noch also verlautet: Dem zu Folge wird das einzige in Kraft bestes hende Princip sowohl unter den besagten Regierungen (Dests reichh, Preußen und Rußland), als unter ihren Unterthanen, das seyn: sich gegenseitig Dienste zu leisten, sich durch ein unwandelbares Wohlwollen die gegenseitige Zuneigung zu bezcugen, wovon sie beseelt seyn müssen, und sich alle nur als Mitglieder derselben christlichen Nation zu bes trachten, so wie die drei Fürsten Ihrer Seits, Sich selbst nur als Abgeordnete der Vorsehung ansehen, um drei Zweige einer und derselben Familie zu regieren, näm lich Destreich, Preußen und Rußland, solchergestalt bekennend, daß die christliche Nation, von welcher Sie und Ihre Völker Theile ausmachen, in That und Wahrheit keis ren andern Souverain, als denjenigen hat, dem allein als Eigenthum die Macht angehört, weil in ihm allein sich finden alle Schäße der Liebe, des Wissens, und der unendli chen Weisheit, nämlich Gott, unsern göttlichen Erlöser Jesus Christus, das Wort des Allerhöchsten, das Wort des Lebens. Ihre Majestäten empfehlen demnach mit der zärtliche ften Sorgfalt ihren Völkern, als das einzige Mittel jenes Friedens zu genießen, der in dem guten Gewissen ents springt, und allein dauerhaft ist, sich mit jedem Lage

Korrespondenz. Aschaffenburg 1814. Bd. 1. Heft 3. S. 502

u. 512.

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