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der

Naturforschenden Gesellschaft

in

ZÜRICH.

Redigirt

von

Dr. Rudolf Wolf,

Prof. der Astronomie in Zürich.

Siebenundzwanzigster Jahrgang. Zweites Heft.

Zürich.

In Commission bei S. Höhr.

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Billwiller, Auszüge aus den Sitzungsprotokollen

Wolf, Notizen zur schweiz. Kulturgeschichte (Forts.)

Seite

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Zur Geschichte und Theorie der elementaren Abbildungs

Methoden.

Von Wilh. Fiedler.

(Nach zwei Vorträgen in der Gesellschaft im Februar und Juni 1882.)

Bei Gelegenheit der Entwickelung neuer Projectionsmethoden, welche ich in der IV. meiner «Geometr. Mittheilungen» vom Jahre 1879 (siehe diese «Vierteljahrschrift »>< Bd. XXIV. p. 205-226) vorlegte, habe ich die Bezeichnung « elementare Projectionsmethoden» dahin näher bestimmt (a. a. O. p. 220), dass sie denjenigen Abbildungsmethoden zukomme, welche sich an den natürlichen Vorgang beim Sehen anschliessen, natürlich, wie es bei geometrischen Abbildungsmethoden nicht anders möglich ist, in der Form mathematischer Abstraction. Ich werde die Gruppe dieser elementaren geometrischen Abbildungsmethoden im Folgenden mit besonderer Berücksichtigung ihrer ich will sagen inductiven Elemente und an Hand ihrer geschichtlichen Entwickelung besprechen.

Diese Entwickelungsgeschichte ist eng verbunden mit der Geschichte der Technik und der Kunst, weil ihr Ziel für den Fortschritt in den durch diese Worte kurz bezeichneten grossen Gebieten menschlicher schöpferischer Thätigkeit unentbehrlich war: Die Entdeckung und Begründung der Regeln, nach welchen räumliche Objecte, also Objecte der Natur, der Technik und der Kunst, der Form nach, verkleinert, jedoch unter vorzugsweiser Verminderung

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der Tiefendimension, so nachgebildet werden können, dass sie einem Beschauer den Anschein der richtigen Maassverhältnisse darbieten und eventuell zur Ermittelung dieser Maassverhältnisse dienen können. Wenn die Kunst ausschliesslich das Erste fordert, so legt die Technik naturgemäss das grössere Gewicht auf das Zweite; die angenehme Täuschung, welche jene anstrebt, hat mit exakten Maassbestimmungen nichts zu thun, indess die Technik von der geometrischen Abbildung ihrer Objecte in erster Linie die vollständige und genaue Ersetzung derselben hinsichtlich aller auf ihre Formen- und Grössen-Verhältnisse bezüglichen Fragen als ihre praktische Brauchbarkeit verlangt, ohne doch auf ein gewisses Element der Täuschung, ich will lieber sagen der Erinnerung aus der Anschauung, an Angeschautes und Anschaubares mittelst der Darstellung, ganz verzichten zu können. Wenn der Techniker Modelle verwendet, bei denen alle Dimensionen des Objects nach einem und demselben Verjüngungsverhältniss verkleinert erscheinen, so ist beiden Anforderungen Rechnung getragen; wenn er aber, wie diess der grösseren Einfachheit ihrer Herstellung wegen viel häufiger geschieht, nur Zeichnungen auf ebener Fläche statt der Modelle benutzt, so kann denselben offenbar nur dadurch jenes Element künstlerischer Täuschung erhalten bleiben, dass in dem Vorgange ihrer Ableitung aus dem dargestellten Object der Entstehungsweise seines Gesichtsbildes so viel als möglich nachgegangen wird; es geschieht am vollständigsten in der perspectivischen Darstellung, wo das Object nicht nur wie in der allgemeinen Centralprojection mittelst geradliniger Strahlen aus einem Centrum oder Auge abgebildet, sondern auch in solcher Lage zu diesem und der Bildebene vorausgesetzt wird, dass es sich

ganz innerhalb des Sehkegels auf der Seite der Bildebene befindet. Die perspectivische Abbildung dient daher nicht nur dem Techniker, sondern auch dem zeichnenden Künstler, welcher sich ihrer jedoch mit Freiheit bedient, nämlich mit dem Vorbehalt, sich solche Abweichungen von ihren genauen Ergebnissen zu gestatten, welche - ohne als Fehler in der Zeichnung für den angenommenen und im Allgemeinen vortheilhaften Standpunkt bemerkt zu werden Effecte hinzufügen, die eigentlich bei strenger Richtigkeit erst mit einem etwas abweichenden Standpunkte verbunden sein würden.

Wenn wir dagegen die orthogonale Parallelprojection auf eine horizontale zusammen mit der auf eine verticale Ebene anwenden (Grundriss und Aufriss), weil nach dem natürlichen Vorwalten von verticalen und horizontalen geraden Linien an den Objecten diese Darstellungen zur Abmessung der wahren Grössen besonders bequem sind, so verzichten wir zu Gunsten dieser bequemen technischen Brauchbarkeit auf das Element künstlerischer Täuschung ganz und selbst auf die bildliche Anschaulichkeit nahezu, insofern die dargebotenen Bilder nur von einem horizontal oder vertical unendlich weit entfernten Auge so gesehen werden könnten, wie wir sie zeichnen; ja wir eignen uns. ihr zu Liebe mittelst einer geometrischen Durchbildung und Disciplinirung unserer raumanschauenden Phantasie die Fertigkeit an, aus zwei zusammen gehörigen Projectionen des Objects die Anschauung desselben zusammen zu setzen, von denen die eine uns die verticalen Abmessungen desselben gar nicht und die andere uns ein System horizontaler Maasse nicht zeigt, dafür aber alle horizontalen resp. verticalen in wahrer Grösse liefert. In den nicht seltenen Fällen aber, wo der Techniker für die Aus

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