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B. Auf den Antrag einer Commission hat die Tagsazung am 27. Juni 1804 definitive Bcstimmungen über die gerichtlichen Betreibungen festgesezt, die also lauten: 1) Es liegt in den Befugnissen jedes Kantons, seine eigene Rechtspflege in Schuldbetreibungssachen gesezlich zu bestimmen; doch so, daß alle Schweizer ungehemmter und gleicher Rechte genießen, als wie die Kantonsbürger selbst. 2) Die Kantonalregierungen sind eingeladen, diese Triebrechte möglichst zu beschleunigen und unkostspielig einzurichten. 3) Die Kantone werden endlich gegen betrügerische Falliten entweder schon bestehende Geseze handhaben, oder, wo keine solchen vorhanden sind, das Erforderliche darüber festzusezen ersucht.

C. Am 5. Juni 1805 hat die Tagsazung in Bezug auf die im lezten Jahr gefaßten Bestimmungen, welche eigentliche Wünsche und blos in der Competenz der Kantonalgewalt liegen, gefunden, daß dieselben als solche auch durch den diesjährigen Abschied bestätiget werden können, und zwar in der Hoffnung, es werden in den Kantonen, wo für eine einfache, wenig kostspielige Einrichtung der Triebrechte und Bestrafung betrügerischer Falliten noch nicht hinlänglich gesorgt worden, die Regierungen sich angelegen sein lassen, nach und nach darauf abzwekende heilsame Verfügungen zu treffen.

1804, XIV

1805, VI

§ 87. Concursrecht in Fallimentsfällen.

A. Am 18. Juli 1803 sind die Kantone eingeladen worden, der Tagsazung des Jahres 1804 Anträge für Einführung eines allgemeinen Concursrechtes einzugeben und gegen fraudulöse Bankerottirer schärfere Maßregeln zu ergreifen.

B. Am 15. Juni 1804 ist ein als dringend nothwendig erkanntes Concordat, betreffend das Concursrecht in Fallimentsfällen, durch die Mehrheit der Kantone unter Ratificationsvorbehalt angenommen worden. Folgendes ist der Wortlaut desselben: 1) In Fallimentsfällen werden alle Schweizer, sowohl in verpfändeten als laufenden Schulden, in der privilegirten und der allgemeinen Classe, nach gleichen Rechten behandelt und collecirt, als wie die Bewohner des Kantons selbst, in welchem der Geldstag vorgeht. 2) Zwischen denjenigen Kantonen, welche dieser Verkommniß beitreten, dürfen nach ausgebrochenem Falliment keine Arreste auf bewegliches Eigenthum des Falliten anders als zu Gunsten der ganzen Schuldenmasse gelegt werden; und endlich 3) Diese Bestimmungen sind einzig zwischen den beitretenden Kantonen gültig, und zwar von dem Augenblik an, wo der Landammann der Schweiz den Kantonen das Verzeichniß der beigetretenen mitgetheilt haben wird; zu dem Ende hin der Landammann diesen Beschluß den Kantonen zuzusenden und ihre Beitrittserklärung bis 1. Januar 1805 einzufordern ersucht ist.

Der Kanton Waadt ist der lezten Bestimmung dieses Concordats nicht beigetreten. Zürich hat sich gegen die nicht beitretenden Kantone vollkommene Reciprocität vorbehalten. Ferner haben sich Basel, Schaffhausen, St. Galllen und Aargau vorbehalten, mit denjenigen Kantonen, welche dem allgemeinen Concordate nicht beitreten sollten, besondere Verkommnisse abzuschließen.

C. Am 5. Juni 1805 ist das voriges Jahr unter Ratificationsvorbehalt angenommene Concordat (in dem Verstande jedoch, daß die Gleichheit in Collocationen und Concursen, welche der eine Kanton den Einwohnern des andern gestattet, nach den besondern Gesezen des Kantons, wo das Falliment

1803, XIV

1801, XIV

1805, VI

1806, VI

1807, XVIII

1808, VIII

ausbricht, zu verstehen sei) definitiv angenommen worden durch die Kantone Uri, Unterwalden, Lucern, Zürich, Zug, Bern, Basel, Schaffhausen, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau und Tessin, ebenso Waadt, von lezterm Kantone jedoch mit einer Einwendung gegen den dritten Artikel desselben, welcher überflüssig sei. Gegen die dissentirenden Kantone wurde von den concordirenden Gegenrecht vorbehalten und das angenommene Concordat sofort in Vollziehung gesezt. - Die Kantone Schwyz und Freiburg haben das Concordat nicht ratificirt, sondern sich Convenienz und Gegenrecht vorbehalten. Solothurn wollte nur mit denjenigen Kantonen concordiren, deren Gesezgebung für die Gläubiger eben so günstig sei, als seine eigene. Appenzell nahm die Verhandlung ad referendum und Glarus behielt sich spätern Beitritt vor und wird inzwischen gegen= über den Concordatskantonen nach bisheriger Übung verfahren.

D. Am 6. Juni 1806 haben die Kantone Freiburg, Solothurn und Appenzell dem am 5. Juni vorigen Jahres in Rechtskraft erwachsenen Concordate über das Concursrecht in Fallimentsfällen die Ratification ertheilt. Schwyz und Glarus dagegen mußten auch jezt wieder im Hinblik auf ihre eigene Gesezgebung, die mit den Grundsäzen des Concordats nicht übereinstimme, den Beitritt verweigern, ersteres jedoch unter der Erklärung, daß im Kanton Schwyz Fremde wie Kantonsbürger gleich gehalten werden. In der Hoffnung jedoch, die beiden Stände werden um des Vortheils eines allgemeinen Einverständnisses willen, und da ja durch das angetragene Concordat den Rechten der Kantone im Wesentlichen kein Abbruch geschehe, sich doch noch an die Mehrheit ihrer Bundesbrüder anschließen, hat die Tagsazung dieselben nochmals dringend zum Beitritt aufgefordert. Auf den Antrag Lucerns ist im Fernern der Wunsch in den Abschied aufgenommen worden, daß alle rüksichtlich auf Concurse und Collocationen bestehenden Civilgeseze, gleichwie die allfälligen Abänderungen derselben, in das eidgenössische Archiv niedergelegt und sämmtlichen Kantonen gegenseitig mitgetheilt werden sollen.

E. Am 3. Juni 1807 ist die vorstehende Einladung an die Kantone Schwyz und Glarus, die abermals aus den gleichen Gründen den Beitritt verweigerten, erneuert worden. Dagegen wurde der voriges Jahr auf Antrag Lucerns in den Abschied genommene Wunsch in Betreff der gegenseitigen Mittheilung der auf Collocationen und Concurse bezüglichen Civilgeseze und deren Niederlegung ins eidgenössische Archiv mit Rüksicht auf die Beschwerlichkeit der Sache wieder beseitiget.

F. Am 7. Juni 1808 hat die Tagsazung die vom Kanton Schwyz hinsichtlich des vorwürfigen Concordats abgegebene Erklärung, daß bezüglich der Gleichheit der Behandlung der andern Schweizerbürger mit den eigenen Kantonsangehörigen bei ihm kein Unterschied gemacht werde, daß dagegen, wenn die Intention des Concordats noch weiter gehe, Schwyz bei seiner Gesezgebung verbleiben und sich die Convenienz vorbehalten müsse, ad referendum genommen, damit jeder Kanton selbst einsehen möge, was ihm weiter deshalb vorzukehren obliegt. Glarus hinwieder, das in Rüksicht der im dortigen Kanton bestehenden gesezlichen Verordnungen über das Weibergut und den Rükfall dem Concordat fern geblieben ist, sich aber bereit erklärt hat, auf den Grundsaz der Reciprocität mit allen Kantonen besondere Verkommnisse abzuschließen, was gegenüber St. Gallen bereits geschehen ist, wird neuerdings auf das nachdrüklichste zum Beitritt aufgefordert.

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die als Pfand in einem andern Kantone in Creditorshänden liegen.

A. Am 14. Juli 1808 hat die Tagsazung den Antrag Zürichs auf Feststellung des Grundfazes, daß die bis auf kurze Zeit bestandene, für die Concurrenz- (Concurs-) Verhältnisse vortheilhafte Übung wieder allgemein festgesezt und die nachtheilige Zersplitterung und Sönderung einer kaufmännischen Concurrenzmasse dadurch verhütet werde, daß jeder Creditor, der im Besiz von einem Falliten zuständigen Effecten sich befindet, verpflichtet sein solle, seine Ansprache auf solche Effecten vor dem competirlichen Auffallsrichter in loco der Hauptmasse vindiciren zu lassen, ad referendum et instruendum in den Abschied aufgenommen.

B. Am 17. Juni 1809 ist der vorstehende Antrag an eine Commission zu näherer Prüfung gewiesen worden.

1808, XXXVI

1809, IX

C. Auf den Vorschlag dieser Commission wurde am 27. Juni der Entwurf eines Concordates theils ad ratificandum, theils ad referendum genommen, während Zürich und St. Gallen ihre instructionsmäßigen Eröffnungen zu Protokoll gaben. Der Concordatsentwurf lautet also: 1) Es sollen in Fallimentsfällen alle einem Fallit zugehörigen Effecten in die Hauptmasse fallen, solche mögen liegen wo sie wollen; unbeschadet jedoch den darauf haftenden Rechten und Ansprüchen des Inhabers. 2) So oft indeß der Fall eintritt, daß bei solchen Effecten, die in einem andern Kanton als in jenem, dem der Fallit angehört, liegen, entweder das Eigenthum derselben oder die Hypothek oder das Pfandrecht darauf von der Fallimentsmasse in Streit gezogen wird, so ist selbige gehalten, ihre behauptenden Rechte vor dem competirlichen Richter desjenigen Kantons geltend zu machen, in welchem die Effecten sich befinden. 1809, IX D. Am 7. Juni 1810 ist der leztjährige Concordatsentwurf ratificirt worden durch die Kantone Uri, Lucern, Bern, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel, Schaffhausen, Graubünden, Thurgau, Tessin und Waadt, sowie Appenzell - Außerrhoden, und es sind also für diese die vereinbarten Grundsäze in volle Kraft eines Vertrages erwachsen. Die Voten der dissentirenden Kantone sind im Protokoll enthalten. Besonders bemerkenswerth ist darunter das Votum St. Gallens. Das Concursrecht - Concordat, sagt es, entscheide über den Grundsaz deutlich genug; jene Effecten aber, über welche ein anderer Pfandbesizer entweder Abtretung des Eigenthums oder verwilligtes Pfandrecht behauptet, seien keine liquiden Effecten des Falliten mehr. Die Approche auf dieselben, folglich auch die Beweisführung, gehöre nach allgemeinen Rechten vor denjenigen Richter, hinter welchem der angesprochene Besizer gesessen ist, und nicht vor den Auffallsrichter, welcher in solchen Fällen nicht anders als das Forum des Klägers und Ansprechers sei. St. Gallen finde aber, daß es hinlänglich sei, diese Ansichten im Allgemeinen geäußert zu haben, und wolle daher nicht ein zu verschiedenen Deutungen Anlaß gebendes Concordat abschließen, wodurch oft der civilrichterliche Gang durch Erläuterungsforderungen und Weitersziehung an die Tagsazung behindert werden dürfte.

E. Am 11. Juli 1811 hat der Kanton Aargau die Ratification des vorerwähnten Concordats erklärt.

F. Betreffend einen auf einen Specialfall basirten Anstand zwischen den Kantonen St. Gallen und Appenzell - Innerrhoden, hinsichtlich der Fallimentsmasse eines im Kanton St. Gallen

1810, XVI

1811, XLII

1813, XIII

niedergelassenen Angehörigen von Appenzell-Innerrhoden, wurden diese Kantone am 15. Juli 1813 von der Tagsazung zu freundschaftlicher Verständigung gewiesen. Bei diesem Anlasse zeigte sich, daß eine der schwierigsten Fragen des eidgenössischen Staatsrechts weder durch Beschlüsse, noch durch Concordate entschieden sei, die Frage nämlich, an welchem Orte die Hauptfallimentsmasse eines Niedergelassenen, ob an seinem Wohnsiz oder in seiner Heimath, gebildet, ob alles Vermögen desselben, wo es auch liegen möge, bewegliches und unbewegliches Eigenthum, zu dieser Hauptmasse gezogen, oder ob in Hinsicht des liegenden Guts überhaupt und der Hypotheken insbesondere eine Ausnahme festgesezt werden solle? Hierüber nun machten sich in der Discussion verschiedene Ansichten laut, und es wurde schließlich in das Mehr gesezt: 1) zu erklären, „daß die Hauptfallimentsmasse an demjenigen Orte solle gebildet werden, wo das wahrhafte Domicilium des Falliten gewesen ist", und 2) ob es der Tagsazung belieben wolle, zu entscheiden, „daß alle Güter, wo selbe auch liegen mögen, in diese allgemeine Auffallsmasse fallen, oder aber, daß Modificationen oder Ausnahmen von dieser Regel Plaz finden sollen?" Die Abstimmung ergab für 1 die Zustimmung von 81/2 Ständen unter Ratificationsvorbehalt, während sieben ihn ad referendum nahmen und 31⁄2 nicht beistimmten; für 2 erklärten achtzehn Stimmen die Referendumsnahme; zwei Kantone wollten in den Gegenstand nicht eintreten.

1908, XXXVI

1809, VIII

§ 89. Gegenseitige Stellung der Zeugen in Civilsachen.

A. Am 5. Juli 1808 ist der Antrag des Kantons Solothurn auf Abschluß eines Concordates über gegenseitige Stellung der Zeugen in Civilsachen in den Abschied gefallen.

B. Am 20. Juni 1809 hat die Tagsazung über diesen Gegenstand, im Vertrauen auf die freundschaftlichen Gesinnungen der Kantonsregierungen und nicht zweifelnd, daß von denselben und von ihren untergeordneten Behörden allemal dasjenige würde bereitwillig zugestanden werden, was nach Beschaffenheit der Umstände zu Erleichterung der Justizadministration in jedem vorkommenden Fall zuträglich und erforderlich sein könnte; und da ferner die alte eidgenössische Übung einerseits die Ablegung des Zeugnisses vor dem natürlichen Richter des Zeugen festgesezt hat, anderseits die persönliche Stellung des leztern in außerordentlichen Fällen nicht ausschließt, und in diesem Fall die Entschädigung des Zeugen auf Kosten desjenigen, der ihn gerufen, allgemein billig erachtet wird, mit vierzehn Stimmen erkannt, es bei dieser alten Übung und bei den eigenen freundeidgenössischen Verfügungen der Kantone bewenden zu lassen.

§ 90. Gültigkeit der endlichen Urtheilssprüche der helvetischen

Gerichtshöfe.

In Folge eines Kreisschreibens des Landammanns der Schweiz an die Kantone (vom 14. April) hatte sich die Tagsazung in der Sizung vom 14. Juli 1806 mit der Frage über die Rechtsgültigkeit der von den helvetischen Gerichten gefällten Urtheilssprüche zu beschäftigen, und sie faßte über den

Gegenstand folgendes Conclusum: „Die Tagsazung, im Namen der hohen Stände der Eidgenossenschaft, anerkennt den Grundsaz, daß die zu Zeiten der helvetischen Regierung von dem obersten Gerichtshof in Civilsachen erlassenen endlichen Urtheilssprüche, worüber nach damaligen Gesezen weder Weitersziehung vor eine höhere Instanz, noch Recurs, noch Revision hätte statthaben können, in Kraft verbleiben und von den löblichen Kantonen gehandhabt werden sollen." Gegenüber dieser Schlußnahme erfolgten von mehreren Seiten Vorbehalte und Einwendungen im Hinblik auf die souveräne Stellung der Kantone.

1806, XXXV

B. Polizeiliche Verhältnisse.

§ 91. Concordat wegen gegenseitiger Auslieferung der Ausreißer aus besoldeten Kantonstruppen.

A. Am 10. Juni 1805, bei Anlaß der definitiven Annahme der Vorschrift über die Militärwerbungen in capitulationsmäßigen Militärdienst (siehe § 123 des gegenwärtigen Repertoriums), hat der Kanton Basel den Wunsch geäußert, es möchte wegen gegenseitiger Auslieferung der Ausreißer aus besoldeten Kantonstruppen ebenfalls eine Bestimmung aufgestellt werden.

B. Am 6. Juni 1806 haben die Kantone Uri, Unterwalden, Lucern, Zürich, Glarus, Bern, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin und Waadt, sowie Schaffhausen mit dem Vorbehalte der Convenienz, wenn der Auszuliefernde ein eigener Kantonsangehöriger wäre, ein Concordat über den vorliegenden Gegenstand eingegangen, indem die Gesandtschaften derselben erklärten, ihre respectiven hohen Kantonsobrigkeiten hätten den Grundsaz angenommen, daß die gegenseitige Auslieferung der Ausreißer auf diejenigen der besoldeten Kantonstruppen, seien es Landjäger und Polizeihäscher, seien es eigentliche Standescompagnien, ausgedehnt werde, in dem Verstande jedoch, daß in keinem Falle dem Kanton, welcher die Auslieferung leistet, diesfalls Kosten aufgebürdet werden können“.

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1805, XIII

1806, XVII

§ 92. Ausschreibung, Verfolgung, Festnahme und Auslieferung von Verbrechern oder Beschuldigten.

A. Durch Artikel 8 des Bundesvertrags war bestimmt: es könne kein Kanton weder einem gesezmäßig verurtheilten Verbrecher, noch einem Beklagten, der nach den gesezlichen Formen belangt werde, eine Freistätte gewähren.

B. Mit Rüksicht auf den Umstand, daß in Abgang der nöthigen Gefängnisse und Zuchthäuser in den meisten Kantonen vortheilhaft wäre, wenn den Regierungen die Möglichkeit nicht benommen würde, die Missethäter, welche den Tod nicht verdient, auf irgend eine Galeere, sei es in Frankreich oder in Italien, unterzubringen, hat am 14. Juli 1803 die Tagsazung den Landammann der Schweiz eingeladen,

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