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zeiten, indem dabei die requirirten fremden Schiffe mit Transporten zum öffentlichen Nußen beschäftigt würden und nur eine Fracht erhielten. Calvo 15) definirt den Arrêt de prince als ein Verbot an die in einem blocirten Hafen vor Anker liegenden Schiffe oder an solche, welche in Folge politischer Umstände sich in einer Ausnahmsstellung befinden, ihren Standort einstweilen zu verlassen.

Carnazza-Amari 16) faßt aber den Arrêt de prince als einen Act auf, das Auslaufen der in den Häfen eines Staates befindlichen fremden Schiffe aufzuhalten, um zu verhindern, daß Nachrichten über in dem Lande geschehene Ereignisse verbreitet würden, und um das Ge heimniß zu bewahren über bestimmte Seeoperationen oder über irgend ein Factum, dessen vorzeitige Kenntniß dem zu dieser Maßregel greifenden Staat schädlich sein könnte. Weil aber der arrêt de prince den Eigenthümern der arretirten Schiffe schaden könnte, so hätten diese das Recht, den Schaden constatiren zu lassen und dessen Wiedergutmachung zu fordern.

Ortolan1) erwähnt dieselbe Art der Behinderung des Auslaufens, erstreckt dieselbe aber ausdrücklich sowohl auf Friedens- als Kriegs. zeiten und bezeichnet dieselbe als Sicherungsmaßregel, welche an sich nichts Feindliches noch Verlegendes habe. Weil sie aber von einem Embargo durch Repressalien sich vollständig unterscheide, müsse sie auch einen anderen Namen führen, wenn auch das Wort embargo in dem Sinn gebraucht sei im Decret vom 15. August 1851 über den Dienst der Französischen Flotte auf dem Meere, dessen Art. 117 dem Chefcommandanten, falls es die Interessen des Staatsdienstes fordern, daß die Bewegungen der von ihm commandirten Fahrzeuge geheim bleiben, gestatte, die höhere Autorität zu requiriren, um ein Embargo auf Französische und fremde Schiffe zu legen, unter Darlegung der Motive seines Ersuchens und der Zeit der Dauer des Embargo. Auch hält er schon, wie später Carnazza Amari, Schadensersaz für noth wendig.

Carnazza Amari bemerkt noch, daß der Arrêt de prince heutzutage nicht den geringsten Effect haben könnte, denn die Verkehrsmittel, die Presse, die Elektricität gewährten nicht mehr die Möglichkeit über die im Innern des Landes sich zutragenden Ereignisse ein Geheimniß zu bewahren. Auch könnte es nicht statthaft erscheinen, zu Gunsten einer geringen Verzögerung, in Verbreitung von Nachrichten, welche doch schließlich immer bekannt würden, den Handel zu stören und die Rechte der Neutralen zu verlegen, deren Interessen von den Wirkungen des Krieges nie leiden dürften.

1) Woolsey S. 186; Perels 1. c.

2) Oppenheim S. 237.

3) Calvo II. 610.

4) Phillimore III. 50.

5) Manning 143.

) Heffter § 150.

7) Carnazza. Amari II. 618.

8) F. G. v. Martens II. § 313.

9) Vattel II. 106.

10) Carnazza Amari 620.

11) Heffter 321.

12) Das Schreiben lag uns nur in einer bei Phillimore III. 51 mitge theilten Englischen Uebersezung vor.

13) Phillimore III. 53.

14) Hautefeuille III. 409. Not. 1.

15) Calvo II. 609.

16) Carnazza Amari II. 617.

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17) Ortolan 1. c.

§ 34.

Das staatspolizeiliche und civile Embargo.

Heffter1) führt die zulezt erörterte Maßregel allgemein auf, ohne sie als Arrêt de prince zu bezeichnen, indem ein vorläufiger Arrest auf die in den Häfen oder Territorialmeeren eines Staates befindlichen Schiffe einer oder mehrerer Nationen gelegt werde, um das Auslaufen derselben zu verhindern, damit nicht gewisse Nachrichten von inneren Zuständen anderswohin gebracht würden. Zwar sei diese Maßregel eine staatspolizeiliche für die inneren Interessen des sie verhängenden Staates, indeß könne sie an fremden Schiffen doch nur dann geübt werden, wenn das Völkerrecht sie zulasse, wozu Geffcken2) bemerkt, daß das Embargo aus polizeilich-politischen Motiven bei Telegraphen keinen Sinn mehr habe. Hautefeuille3) hält es aber für eine allgemeine Aufgabe des Embargo, die Verbreitung einer Thatsache, welche man geheim halten will, zu verhindern. Indeß besteht der Hauptzweck desselben gewiß nicht darin, wie wir später sehen werden. Heffter4) statuirt ferner die Anwendung des oben gekennzeichneten Embargos, da mit ein Staat eine polizeiliche oder gerichtliche Nachforschung anstellen könne. Ein solches Embargo würde sich von dem vorher be handelten nur durch den Zweck unterscheiden. Bedarf ein Staat einer Maßregel zur Ausübung seiner territorialen Jurisdiction, so wird wohl gegen dieselbe nichts eingewandt werden können, aber zum Embargo wird man sie kaum rechnen, sondern nur als eine vorübergehende Be hinderung der Abfahrt eines Schiffes und besonders der Mannschaft quali. ficiren können. Jedenfalls wird eine solche Maßregel sowohl im Frieden als Kriege ausgeführt werden können.

Ebensowenig als das staatspolizeiliche ist das s. g. civile ein internationales Embargo.

Phillimore) erklärt das civile Embargo für eine Materie des Englischen öffentlichen Rechtes. Der Souverän könne einem seiner Unterthanen verbieten, das Reich zu verlassen. Eine dieses Verbot gewöhnlich auf drei Wochen erstreckende Proclamation durch Verhängung eines Embargo auf alle Schiffe in Kriegszeiten sei dann ebenso verbindlich als ein Parlamentsact, weil sie auf einem früheren Geseß basire. Solche Civilembargos seien begründet auf einer besonderen und dringenden und unumgänglichen Nothwendigkeit des Staates, nach der Maxime salus populi suprema lex, wenn auch die Proclamationen, durch welche sie verhängt würden, illegal seien, wenn sie mit einem bestehenden Gesetz sich in Widerspruch befänden. Durch ein Präjudicat sei aber richterlich entschieden, daß der König wohl Embargos verhängen könne, aber nur pro bono publico, nicht aber zum Vortheil eines Einzelnen, von Negocianten oder einer privaten Gesellschaft. Die Krone habe indeß nicht das Recht, das Embargo in fremden Häfen zu verhängen, wenn auch möglicherweise in den Häfen eines Alliirten.

Der Unterschied zwischen dem Civil- und Kriegsembargo findet sich auseinandergesezt in einem Urtheil des Lord Stowell) in dem Fall der Zurückhaltung Holländischer Schiffe im Hafen des Caps der guten Hoffnung vor einer an Holland ergangenen Kriegserklärung.

Woolsey) nimmt an, daß ein Civilembargo verhängt werden könne sowohl zum Zweck nationaler Wohlfahrt oder Sicherung, als auch zum Schuß von Handelsschiffen gegen sie capturirende kriegführende Mächte. Eine solche Maßregel hätten die Vereinigten Staaten im December 1807 adoptirt und in Folge dessen alle Fahrzeuge in den Häfen zurückgehalten, mit Ausnahme der öffentlichen oder der bereits beladenen oder mit Ballast segelnden. Dieses Embargo, welches sich auf fremde und eigene Schiffe erstrecken sollte, war durch das Berliner Decret Napoleons und die Britischen Orders in council veranlaßt, weil diese dahin interpretirt wurden, daß die Schiffe der Vereinigten Staaten durch sie äußersten Gefahren ausgesezt würden. 8)

Twiss) bemerkt, daß man sich des Terminus: embargo bediene, um damit die Beschlagnahme von Schiffen und Ladungen in den Häfen einer Nation in Gemäßheit ihres Landesgeseßes zu bezeichnen, und daß diese Beschlagnahme und die daraus folgende Zurückhaltung als Civil. embargos charakterisirt würden.

Bluntschli10) constatirt nur, daß man das civile Embargo als eine Maßregel der hohen Staatspolizei ohne völkerrechtliche Bedeutung von dem Embargo als völkerrechtliche Vorbereitungsmaßregel für den erwarteten Krieg unterscheide.

von Holzendorff faßt in speciellerer Weise als Zweck der Ver. hängung eines Civilembargo auf, daß der Staat aus Gründen der Wirthschaftspolitik, z. B. aus Anlaß eines Ausfuhrverbotes seine Unterthanen oder deren Fahrzeuge am Auslaufen aus seinen Häfen verhindere, und hält es für zulässig je nach den Gesezen der einzelnen Staaten.

Endlich wird von anderen Autoren ein bedingt civiles Embargo angenommen, wie wir aus der folgenden Darlegung des internationalen Embargos ersehen werden.

Wir sind der Ansicht, daß ein sog. civiles Embargo von einem Staat in Gemäßheit seiner Gesetzgebung auf Schiff und Ladung der Kauffahrteischiffe, indeß nur auf die seiner Unterthanen gelegt werden dürfe und daß die gleiche Beschlagnahme gegen fremde Schiffe und deren Ladung völkerrechtlicher Begründung bedürfe und daß auch sie allein in das Völkerrecht gehöre. Das Civilembargo würde dann aber richtiger, wie auch schon von Holzendorff gethan, im Gegensaz zum völkerrechtlichen staatsrechtliches genannt werden.

1) Heffter § 112.

2) Geffden 1. c.
3) Hautefeuille 1. c.

*) Heffter § 112.

5) Phillimore III. § 26.

6) Siehe dasselbe bei Phillimore III. 46.
7) Woolsey § 118.

8) Wharton III. § 320.

9) Twiss II. 21.

10) Bluntschli § 509.

§ 35.

Das internationale Embargo.

Es sind drei Arten desselben zu unterscheiden:
1) das Embargo als Repressalie;

2) das Embargo bei drohendem Kriegsausbruch;

3) das Embargo nach ergangener Kriegserklärung.

Auf die erste Art erleiden im Allgemeinen die Grundsäße der vorher behandelten Repressalien Anwendung.

1. Das Embargo als Repressalie.

Wurm1) erklärt als eine der gewöhnlichsten allgemeinen Repressalien die Beschlagnahme (das Embargo) von allen Schiffen unter der Flagge des beleidigenden Staates, welche sich zur Zeit in den Häfen der beleidigten Nation vorfinden.

Fiore) referirt, daß man in früheren Zeiten das Recht der Souveräne anerkannt habe, provisorisch auf die fremden Handelsschiffe, welche sich in deren Häfen befinden, Beschlag zu legen, um den Staat, zu welchem die Eigenthümer der Schiffe gehörten, zu veranlassen, die verlangte Genugthuung zu gewähren. Dieser Gebrauch Englischen Ur

sprunges könne aber durch Rechtsprincipien nicht gerechtfertigt werden. F. G. v. Martens3) erwähnt nur, daß man sich troß der Verträge und Geseze mitunter erlaube, provisorisch die Güter des Feindes mit Beschlag zu belegen, bis man sich dessen versichert habe, daß er die unserer Unterthanen freigebe, oder sie selbst unter dem Vorwande der Repressalie zu confisciren.

Heffter) rechnet das Embargo zu den Gewaltmaßregeln der Staatspraxis gegen andere Nationen, welches einen vorläufigen Arrest auf die in den Häfen oder Territorialmeeren eines Staates befind lichen Schiffe einer oder mehrerer Nationen verhänge, um das Auslaufen derselben zu verhindern, und bezeichnet diese Maßregel als auch von anderen Nationen übernommene Britische Erfindung. Indeß müßte man der Bezeichnung nach5) diese Maßregel wohl eher für eine Spanische oder Portugiesische halten.

Heffter nimmt verschiedene Arten des Embargo an und bezeichnet dasselbe zulezt auch als ein Mittel oder eine Vorbereitung specieller Repressalien.

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Fiore hat demnach das Embargo als Mittel zur Genugthuungserlangung bezeichnet, F. G. v. Martens als Repressalie und die Con fiscation als Vorwand zu einer solchen, Heffter als Mittel oder Vorbereitung zu Repressalien. Unzweifelhaft ist das Embargo selbst Repres salie und so am allerehesten dessen Anwendung in Friedenszeiten zu rechtfertigen. Mit Recht sagt Calvo:6) Bei der gegenwärtigen Sach. lage können die Embargos nicht anders gerechtfertigt werden, noch einen anderen Charakter haben als den eines Zwangsmittels, um Abhülfe ernster Beschwerden oder eine Aenderung der politischen Lage oder die Genugthuung für eine flagrante Verlegung des Völkerrechts zu erlangen.“ Als Embargos dieser Art citirt dann Calvo das von Frankreich auf die Portugiesische Marine 1831 zur Zeit seiner Differenzen mit dem Infanten Don Miguel; ferner dasjenige, zu welchem England und Frankreich 1839 ihre Zuflucht nahmen, um Holland zur Anerkennung der Unabhängigkeit Belgiens zu zwingen, und endlich das durch England im Jahre 1838 auf die Neapolitanischen Schiffe gelegte. Indeß bezeichnet Oppenheim) das an zweiter Stelle erwähnte Embargo richtig als Feindseligkeit, wogegen das an dritter Stelle rechtlich unbegründet erscheine, da in dem zwischen Großbritannien und den beiden Sicilien abgeschlossenen Handelsvertrage von 1816 ersterem nur in Bezug auf Handelsvortheile Meistbegünstigung zugestanden war, das aber von lez terem einer Compagnie zugestandene Monopol der Ausbeutung von Schwefelgruben in Sicilien doch nicht als Handelsunternehmung gelten konnte. Phillimore 8) charakterisirt das Embargo als ein völkerrechtliches Mittel zur Wiedergutmachung zwischen den Repressalien und dem Kriege, bezeichnet es im Hinblick auf Feindseligkeiten als retorsio facti und als Repressalie im Kriege. Indeß ist auch in Friedenszeiten das Embargo als Repressalie möglich und üblich, dagegen nicht als Retorsion.

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