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14) Lueder, Genfer Conv., S. 196 ff., woselbst auch der Wortlaut des Énoncé. Außerdem hatte das Comité den Mitgliedern des Congresses eine kleine Denkschrift überreicht, in welcher es seine Ansicht über die beste Art und Weise, die Genfer Convention zu verbessern, darlegte; s. dieselbe in den Actes du Comité international, p. 117 ff.

15) Ebendas. S. 199 ff. Daselbst der Text des Projects der Zusazartikel, S. 218 ff. Derselbe findet sich (außer im Protokoll, am Schluß desselben) u. A. bei Mary, Praktische Aufgaben, S. 249 ff., Moynier, Étude, S. 123 ff., auch Dix premières années de la croix rouge, p. 86 ff., im Kriegerheil, October 1868, G. 98 f.

16) S. gleich folgenden § 79.

17) S. das Nähere auch hierüber weiter unten im folgenden Stück.

18) Lueder, Genfer Conv., S. 231. Vgl. die fortgehenden Mittheilungen im Bulletin International. Allein von Nord-Amerika ist (wohl irrthümlich in Folge eines Uebersehens des Umstandes, daß die Zusaß-Artikel, die nicht zum Völkervertrage geworden, nicht Gegenstand einer Beitrittserklärung sein konnten) eine förmliche Anerkennung erfolgt, Bulletin intern. 1882, p. 92, 133, was ja aber an der Thatsache, daß eine internationale Vereinbarung der Mächte über die Zusazartikel bisher nicht erfolgt ist, so wenig ändert wie die Zusage der Befolgung seitens Deutschlands und Frankreichs vor dem 1870/71er Kriege. Der Gang der Dinge ist folgender gewesen: Frankreich verlangte zunächst eine Aenderung bezüglich eines der Marine-Artikel, des 9. (Bulletin intern. 1871 p. 97) und England im Verein mit Frankreich die bestimmte Interpretation eines anderen Marine-Artikels, Art. 10 (Bulletin intern. 1871, p. 98 ff.) Die Bereitwilligkeit, auch diesen Aenderungen beizutreten, war allgemein vorhanden (Bulletin intern. 1871, p. 104, 108, Note des Schweizer Bundesraths vom 18. Juli 1871; Bulletin intern. 1873, p. 149). Dann schlug Rußland eine Modification des Art. XII. vor (Bulletin intern. 1871, p. 104). Hieraus erwuchsen Schwierigkeiten, und wenigstens Deutschland zeigte sich zur Anerkennung nicht bereit (Bulletin intern. 1875, p. 112 ff., 1880, p. 36), und so ist eine bindende Anerkennung bis heute nicht erfolgt, vgl. Bulletin intern. 1883, p. 60, so daß in Brüssel der Deutsche Bevollmächtigte erklären konnte, daß für sein Land die 1868er Artikel nicht bestünden (Bulletin intern. 1875, p. 10 unten). Die Angelegenheit zog sich so lange hin theils wegen der Amendements, theils wegen des 1870/71er Krieges, theils auch wegen der Erwartungen, die man in dieser Beziehung von der Brüsseler Conferenz hegte. In Anschluß an die Amerikanische Erklärung der Anerkennung der Zusazartikel versuchte das die allgemeine Anerkennung unermüdlich erstrebende Genfer internationale Comité, den Schweizer Bundesrath zu veranlassen, die Initiative zu einer Herbeiführung der Annahmeerklärung sämmtlicher Mächte zu veranlassen, jedoch ver geblich Bulletin intern. 1883, p. 59.

19) § 72 Note 5.

20) Auch die Königlich Italienische Regierung erkannte thatsächlich die Zusah. artikel an, indem sie auf Grund derselben durch Decret vom 13. October 1870 im Deutsch-Französischen Kriege ein neutrales Hospitalschiff in Dienst stellte. Vgl. Bulletin intern. 1870, p. 105 ff., p. 109, 110. Daselbst den Wortlaut des Italienischen Decretes.

21) S. Lueder, Genfer Conv. 226 ff.

22) S. schon Lueder, Genfer Conv., S. 233, 258.

§ 79.

V. Die Ausdehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg und die Marine.

Literatur: Protocole de la Conférence internationale de 1868, p. 34 ff. Lueder, Genfer Conv., S. 210 ff., daselbst auch S. 222, N. 80 Angaben darüber, wo der auf dem 1868er Pariser Congreß vereinbarte Text der Marine-Artikel sich abgedruckt findet, ferner S. 408 ff., 443 f. Moynier, Étude. Ferguson, The red-cross alliance at sea. Haag 1871 (dazu Steinberg im Kriegerheil 1871, 4 Beiheft). Berels, Das internationale öffentliche Seerecht der Gegenwart. D. Field, Outlines, ch. 61.

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Die im vorigen Paragraphen erwähnte Ausdehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg und die Marine steht in so innigem Zu sammenhange mit dem Wesen und der Bedeutung sowie mit der Ent. wickelungsgeschichte der Genfer Convention, daß auf diese Ausdehnung hier eingegangen werden muß, obgleich damit ja das Gebiet des See. friegsrechts betreten wird.1)

Die Ausdehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg oder vielmehr die Nichtausschließung derselben vom leßteren ist an sich etwas ganz Natürliches und Selbstverständliches.2) Es ist auch in dieser Beziehung kein Grund vorhanden, auf einem Gebiete des Krieges andere kriegsrechtliche Grundsäge gelten zu lassen als auf dem andern oder vielmehr die für richtig erkannten Grundsäße nur auf dem einen Gebiete anzuerkennen und von dem anderen auszuschließen.

Von einer ausdrücklichen Ausschließung des Seekriegsrechts von den Wohlthaten der Genfer Convention, d. h. von einer Bestimmung, wonach die Genfer Convention für den Seekrieg keine Gültigkeit haben solle, ist deshalb auch niemals die Rede gewesen; und man darf deshalb nicht bezweifeln, daß im Gegentheil auch die Marinetruppen unter die Wohlthaten der armées en campagne" fallen, von denen die Genfer Convention handelt und daß zu den unverleßlichen Transporten des Artikel 6 der Genfer Convention auch die Wassertransporte gehören,3) ebenso, daß die über die Hülfsbedürftigen und über die Hülfspersonen und Anstalten geltenden Bestimmungen auch dann in Gültigkeit bleiben, wenn es sich um verwundete Seesoldaten und Hülfsleistungen auf dem Lande handelt. Gleichwohl wird von einer noch herbeizuführenden Aus. dehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg mit Recht gesprochen, weil eine wirkliche Einbeziehung des Kriegsrechts in das Herrschaftsgebiet der Genfer Convention bei der eigenthümlichen Natur des Seewesens, der Seegefahr und der See Communicationsmittel erst dann vorhanden ist, wenn detaillirte, diese eigenthümliche Natur berücksichtigende Bestimmungen für den Seekrieg getroffen sind.*)

Eben deshalb ist nun auch der Wunsch nach der Aufrichtung be sonderer Marine-Artikel laut geworden und hat zu dem im vorigen Paragraphen erwähnten Projecte geführt, und eben deshalb gehört zu den Aufgaben der Revision und Weiterentwickelung der Genfer Convention die Einfügung von näheren das Seekriegsrecht betreffenden Bestimmungen in dieses Gesez.

Für diese Bestimmungen muß dasselbe Princip maßgebend bleiben, welches oben im § 53 und 71 als die unbedingt festzuhaltende Richt. schnur für alle Humanitätsbestrebungen bezeichnet worden ist: es darf, aber es soll auch geschehen Alles, was für die Humanität, hier also für den Schuß der Marinetruppen geschehen kann, soweit der Krieg es gestattet. Auf Grundlage dieses Principes ist nach analoger Anwendung der für den Landkrieg geltenden Genfer Conventionsbestimmungen auch auf den Seekrieg, oder vielmehr nach Einführung derselben Bestimmungen für den Seekrieg wie für den Landkrieg zu streben, soweit nicht die Besonderheiten der maritimen Verhältnisse eigenthümliche Festsetzungen nöthig machen. Denn es handelt sich bei der Genfer Convention um die Humanisirung des Krieges in einer bestimmten Richtung, und Krieg ist der Seekrieg so gut wie der Landkrieg. Nur auf eine Art des Krieges diese humanen Bestimmungen zu beschränken, hätte keinen Sinn und würde zugleich gerade eine Verleßung des Humanitäts-Principes darstellen. Es ist deshalb die Gültigkeit der Sazungen der Genfer Convention für beide Arten des Krieges auszusprechen und Besonderes nur zu statuiren, soweit es von der bereits erwähnten Besonderheit des See krieges verlangt wird. Dies ist auch als etwas ganz Natürliches und Selbstverständliches bei den der Ausdehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg gewidmeten Berathungen empfunden worden.")

Es sind nun freilich viele besondere Erwägungen und Bestimmungen, die bei der Ausdehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg nöthig werden,) und das macht diese Ausdehnung schwierig und um so schwieriger, als es auf diesem Gebiete an den nöthigen für den Landkrieg ja vorhandenen Erfahrungen hinsichtlich der Anwendung und Anwendbarkeit der Genfer Convention fehlt.")

Man kann deshalb auch nicht sagen, daß die im vorigen Paragraphen erwähnte 1868 in Paris abgehaltene Versammlung ihre Aufgabe bezüglich der Einbeziehung des Seekriegs unter die Genfer Convention in vollkommener Weise gelöst habe. Abgesehen von einer sehr weitläufigen Fassung der articles concernant la marine sind die Analo gien des Landkriegsrechts oder vielmehr der Sazungen der Genfer Con vention für den Landkrieg auch da nicht immer gezogen, wo sie hätten gezogen werden können oder müssen. Doch erscheint lezteres nur als die Ausnahme. Im Allgemeinen ist der richtige, einfach die Analogie der landkriegsrechtlichen Bestimmungen ziehende Standpunct eingenommen worden.

Daß schon auf der 1867er Pariser internationalen Versammlung

eine Ausdehnung auf die Marine mit gewünscht worden war, ist oben®) bereits gesagt worden; ebenso daß sie auch da nicht zuerst, sondern in der modernen Humanitätsbewegung schon früher, und zwar bereits in dem 1864 vom internationalen Comité ausgearbeiteten Conventionsentwurfe) und vor der Bewegung der Neuzeit schon in Verträgen aus dem Ende des vorigen und dem Anfange dieses Jahrhunderts 10) berührt worden ist. Im Jahre 1868 beschäftigte man sich dann, nachdem die in der Seeschlacht bei Lissa gemachten traurigen Erfahrungen und die fortgesetzten Bemühungen einflußreicher Persönlichkeiten dahin gedrängt hatten,11) eingehender mit dieser Ausdehnung. In dem der Versammlung vorgelegten Énoncé heißt es unter 13: „étendre aux forces navales les principes de la Convention relatifs aux armées de terre". 12) Für die der Ausdehnung auf den Seekrieg gewidmeten Berathungen ward eine besondere ausschließlich aus Seeoffizieren bestehende Commission gebildet, deren Referent der Französische Contre-Admiral Coupvent des Bois war, wie überhaupt auch auf diesem Congreße Französischer Einfluß sich stark geltend machte. 13) Die Commission legte dem Plenum einen aus 8 Artikeln bestehenden Entwurf vor, ,concernant la marine".14) Dieser Entwurf wurde, nachdem die Regierungen, denen der Entwurf mitgetheilt war, zum Theil sich ablehnend erklärt hatten, modificirt, sowie um einen Artikel vermehrt und dann von dem Congresse angenommen.15)

An Kritiken und Verbesserungsvorschlägen für die Marine-Artikel hat es nicht gefehlt, 16) wenn sie auch, weil auf eine noch weniger angebaute und (im Sinne der Note 7) praktisch gewordene Materie sich beziehend, nicht annähernd so zahlreich gewesen sind, wie die auf den Theil der Genfer Convention bezüglichen, die den Landkrieg betreffen.

Auf das Einzelne kann auch bezüglich der Ausdehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg erst im weiteren Verlauf der Darstellung eingegangen werden. 17)

1) Es würde nicht richtig sein, nur aus diesem Grunde den Zusammenhang und den vollen Ueberblick über die hervorragende Erscheinung der Genfer Convention zu zerreißen und die Entwickelung dieses Geseßes in seekriegsrechtlicher Beziehung hier zu unterdrücken. Es wird im Gegentheil die systematische und einheitliche Darstellung dadurch gefördert, daß die Genfer Convention in ihrer Ausdehnung auf den Seekrieg hier und nicht in dem das Seekriegsrecht dar stellenden Stück behandelt wird; wie auch, soweit die Genfer Convention in Frage tommt, die seekriegsrechtlichen Verhältnisse in der weiter unten folgenden Darstellung des Einzelnen erwähnt werden werden.

2) Vgl. das eben im § 78 Ges. u. Lueder, Genf. Conv., S. 223 f., 409. 3) Lueder, Genfer Conv., S. 409; Löffler S. 360.

4) Lueder ebendaselbst.

5) S. Lueder, Genfer Conv., S. 410, N 8.

*) Durch eine einfache Einfügung von „armée de mer“, „navire" (neben hôpital“ und „ambulance"), pavillon" (neben „drapeau"), „eaux du combat“ Handbuch des Völkerrechts IV.

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(neben champ de bataille") c. läßt die Aufgabe sich deshalb nicht lösen; vgl. Lueder, Genfer Conv., S. 412 ff. Auch dürfte es bei dem dermaligen Stande der Sache richtiger sein, die den Seekrieg betreffenden Bestimmungen in besonderen Artikeln aufzustellen, (ebendaselbst).

7) Erfahrungen über die in Folge des Fehlens von Schußmaßregeln in den Seeschlachten zu Tage getretenen Leiden sind ja allerdings überreichlich gemacht worden (Ferguson), wie z. B. noch in der im Text erwähnten Seeschlacht bei Lissa (Lueder, Genfer Conv., S. 224 N. 87 und die dort Angef.), dann im Orientkriege und in den Südamerikanischen Kriegen, aber keine über dagegen zur Anwendung gekommene Linderungsmaßregeln, Rettungsfahrzeuge u. f. w., der Genfer Convention; vgl. Perels, Das intern. öffentl. Seerecht der Gegenwart, S. 219 unten. Es erklärt sich wohl mit aus diesem Grunde, daß auch die Literatur über den seekriegsrechtlichen Theil der Genfer Convention eine sehr wenig umfangreiche ist, und ist aus demselben Grunde begreiflich, daß die hierher gehörigen auf den Seekrieg bezüglichen Untersuchungen zur Zeit noch weniger eingehend und ergiebig sein können.

8) S. 315. Vgl. Lueder, Genfer Conv., S. 180 ff. Daselbst auch der vollständige Text der 1867er „,voeux“.

9) Lueder, Genfer Conf., S. 114, 224.

10) Lueder, Genfer Conv., S. 29, 224.

11) Lueder, Genfer Conv., S. 224, 225, Moynier, Etude, Palasciano, Ferguson. Fernere Beispiele für die in Seeschlachten hervorgetretene Hülfsbedürftigkeit bei Moynier et Appia, Guerre et Charité, p. 362.

12) Protocole de la Conf. intern. de 1868, p. 13; Lueder, Genser Conv., S. 198. Ebendaselbst S. 199, 210 ff. nähere Angaben über den die Marine-Artikel betreffenden Theil der 1868er Berathungen.

13) Lueder, Genfer Conv., S. 225 unten.

14) S. denselben abgedruckt bei Lueder, S. 210 ff.

15) S. den angenommenen Text bei Lueder, S. 219 ff.

16) S. die von Lueder gemachten Verbesserungsvorschläge in dessen Genfer Conv., S. 443, 444. Vgl. außer in der bereits angef. Literatur auch noch Bulletin international 1872 p. 104 und 1880 p. 33.

17) S. weiter unten im folgenden Stück Kap. 2.

$ 80.

Die Declaration der Brüsseler Conferenz von 1874.

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Lueder

Literatur: Actes de la Conférence de Bruxelles 1874, wo die Vorlagen, Umarbeitungen, Berathungsprotokolle u. s. w. sich finden. Genfer Conv., S. 237 ff. Rolin Jaequemyns in der Revue de droit international VII., p. 87 ff., auch 284 ff. Lucas, Rapport verbal sur la publication des actes de la Conférence de Bruxelles in der Académie des sciences morales et politiques, Novembre 1874. Laveleye, Les actes de la Conférence de Bruxelles et de la participation de la Belgique à la conférence de St. Petersbourg, 1874, in der Revue de Belgique, 1875, p. 134, hauptsächlich vom Standpuncte der

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