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1) Eine Reihe einzelner Fälle führt Boeck p. 159 ff. an; troß der Instruction des Marineministers vom 25. Juli 1870, Art. 10: „La nationalité des maisons de commerce doit se déterminer d'après le lieu où elles sont établies“ hielt das Conseil des prises daran fest, daß die feindliche Staatsangehörigkeit allein entscheide. Dieselbe wird auch bei bona fide Naturalisation anerkannt, falls die Umstände ergeben, daß sie nicht nur in der Absicht stattgefunden, um ein thatsächlich feindliches Eigenthum zu verschleiern.

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2) The character of Consul does not protect that of Merchant united in the same person" (Stowell, The Indian Chief, 1. c. 27). Dagegen im zweiten Falle his mercantile character being unaffected by his consular character". (Sarah Christina I. p. 238.)

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3) Im Fall des „Turner", eines Preußischen Schiffes, auf welches einem Englischen Hause eine Hypothek eingetragen war, entschied das Conseil des prises am 22. December 1870: „Attendu que la propriété du navire, au point de vue de l'exercice du droit de guerre est absolument indivisible, qu'ainsi le sujet neutre, co-propriétaire d'un navire naviguant sous pavillon ennemi ne peut, si ce navire est capturé revendiquer contre le capteur sa part de co-propriété, que supposant même que l'hypothèque pût étre considérée comme un démembrement de la propriété, cette hypothèque ne pourrait apporter aucun obstacle à l'exercice absolu du droit de la guerre". (Barboux, Jurisprudence du Conseil des prises, 1872, p. 76.)

4) So erhielten im 18. Jahrhundert die Entdeckungsreisenden Bougainville und Lapérouse von England, Cook von Frankreich Geleitsbriefe, ebenso 1855 die Desterreichische Corvette „Novara“ und die Schiffe, welche Franklin aufsuchten.

5) Die neueste Französische Verfügung von 1870: Instructions complémentaires en ce qui touche les bâtiments neutres et les prises. Nr. 7 scheint dafür zu sprechen, daß Frankreich die einfache Unzulässigkeit des Verkaufs nach Anfang des Krieges nicht mehr aufrecht hält. Es heißt daselbst: „Changement de la nationalité des navires et des propriétaires: lorsqu'il résulte de l'examen des pièces de bord que depuis la déclaration de guerre la nationalité du navire antérieurement ennemi a été changée par une vente faite à des neutres, il y a lieu de procéder avec la plus grande attention et de s'assurer que toutes ces opérations ont été exécutés de bonne foi et non dans le seul but de dissimuler une propriété réellement ennemie." (Barboux, Jurisprudence du Conseil de Prises pendant la guerre de 1870-71. Annexe 2, p. 150.)

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2. Die Wegnahme.

Feindliche Schiffe und das auf denselben befindliche feindliche Privateigenthum werden weggenommen von den Kriegsschiffen des Gegners und sofern einer der kriegführenden Theile nicht der Pariser Declaration von 1856 beigetreten ist, wie die Vereinigten Staaten, auch von den autorisirten Kapern. Die Wegnahme kann überall erfolgen, wo der Seekrieg erlaubt ist, also auf hoher See und in den Küstengewässern der kriegführenden Theile. Sie kann beginnen von dem Zeitpuncte an, wo der Kriegszustand unzweifelhaft besteht. Der in früheren Zeiten, nicht als Repressalie, sondern in Voraussicht des bevorstehenden Aus.

bruches von Feindseligkeiten gegen die in den Häfen und Gewässern des einen Theiles befindlichen Schiffe des anderen geübte Embargo besteht nicht zu Recht, noch weniger ist die Wegnahme solcher Schiffe gerechtfertigt; im Gegentheil lassen heute alle civilisirten Staaten, auch wenn sie sich nicht vertragsmäßig dazu verpflichtet haben, bei Ausbruch des Krieges den feindlichen Schiffen eine gewisse Zeit, meistens sechs Wochen, um sich und ihre Ladungen in Sicherheit zu bringen, so 1854 Déclaration française du 27 Mars 1854, Order in Council of 29 March 1854. Rußland that das Gleiche. 1870 gewährte Frankreich dreißig Tage, und als Deutschland die Freiheit des Französischen Privateigenthums am 19. Januar 1871 widerrief, bestimmte es, daß diese Maßregel erst am 10. Februar in Wirksamkeit treten solle. 1877 gewährte die Pforte den Russischen Schiffen, die am 24. April in Ottomanischen Häfen sich befänden, nur fünf Tage, um sich in den nächsten Russischen Hafen be geben zu können, ohne die Meerengen passiren zu dürfen. Der Russische Ukas vom 24. Mai gab den in Russischen Häfen befindlichen Türkischen Schiffen freie Abfahrt „durant le délai nécessaire pour leur permettre de charger des marchandises". (Revue de droit Intern. X., p. 611.) Aehnliche Termine werden den feindlichen Schiffen gegeben, welche nach der Kriegserklärung in Häfen des Gegners einlaufen, ohne vom Kriege zu wissen, um frei zurückzukehren, so von Frankreich 1870 dreißig Tage. Dies Zugeständniß gilt aber nur für die in den feindlichen Häfen weilenden Schiffe, nicht für die, welche von einem sonstigen Abgangshafen segeln. Diese werden vielmehr vom Ausbruch des Krieges an von den Kriegführenden aufgebracht, und die Berufung darauf, daß der Schiffsführer vom Kriege keine Kunde hatte oder nicht einmal haben konnte, hilft nichts. Das Recht der Wegnahme erlischt mit der Unterzeichnung des Friedensvertrages, beziehungsweise dem Abschluß des allgemeinen Waffenstillstandes, welcher denselben anbahnen soll. Meistens wird ausdrücklich ein Termin vereinbart, nach welchem keine Wegnahme und keine prisengerichtliche Verurtheilung mehr stattfinden soll. Durch Art. 3 des Züricher Vertrages vom 10. November 1859 gab Frankreich die genommenen und noch nicht abgeurtheilten Desterreichischen Schiffe zurück. Art. 13 des Frankfurter Friedens vom 10. Mai 1871 besagt: Les bâtiments allemands qui étaient condamnés avant le 2 Mars 1871 seront considérés comme condamnés définitivement. Ceux qui n'auraient pas été condamnés à la date sus-indiquée seront rendus avec la cargaison. Si la restitution des bâtiments et de la cargaison n'est plus possible, leur valeur, fixée d'après le prix de la vente, sera rendue à leurs propriétaires." Während eines Waffenstillstandes ist das Recht der Wegnahme suspendirt.

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Gegenstand der Wegnahme im Sinne der Prise sind nur feindliche Privatschiffe, und die auf ihnen befindlichen feindlichen Güter; feindliches Staatseigenthum ist Kriegsbeute und unterliegt keinem Prisenverfahren.

Um zu erkennen, ob ein Handelsschiff dem Feinde gehört, muß der

Kriegführende dasselbe anhalten und seine Eigenschaft prüfen können. Zu dem Zwecke zeigt das betreffende Kriegsschiff seine Flagge und fordert durch einen blinden Schuß (coup d'assurance, de semonce) das Handelsschiff auf, die feinige zu entfalten und stille zu halten; thut letteres dies nicht, so kann es dasselbe verfolgen, und wenn das Schiff sich thathsächlich widerseßt, so kann es schon deshalb weggenommen werden. Eine förmliche Besißnahme ist zur Wegnahme nicht unbedingt erforderlich.') Streicht der Capitän des betreffenden Schiffes nach Anhaltung seine Flagge, weil er weiß, daß das Schiff als feindliches der Wegnahme unterliegt, so hat er sich damit dem Captor übergeben, wenn derselbe auch keine Leute auf dasselbe schickt, um es in Besitz zu nehmen. (The William and Mary, Phillimore III. p. 560.) Ebenso gilt es als Wegnahme, wenn der Captor das Schiff genöthigt hat, in seinen oder seines Verbündeten Hafen einzulaufen (das., p. 560). In der Regel aber sendet, nachdem das Schiff stillgehalten hat, der Befehlshaber des Kriegsschiffes einen Officier mit zwei bis drei Mann an Bord desselben, um seine Papiere zu prüfen. Ergiebt sich dabei oder zufolge weiterer Untersuchung, daß das Schiff ein feindliches ist oder seine feindliche Eigenschaft verhehlt wird, so nimmt er es in Beschlag, um es vor das Prisengericht zu stellen. Zu dem Zwecke wird ein Protokoll aufgenommen, das die Umstände und Gründe der Aufbringung darlegt, ein Inventar angefertigt, und ein Officier mit einigen Mann an Bord gesezt, um das Schiff in den nächsten Hafen des Nehmestaates zu führen,2) wo es abgeurtheilt wird (amariner le navire). Hat der Captor hierzu keine hinreichende Mannschaft, so kann er sich vom Capitän das Wort geben lassen, allein in den betreffenden Hafen zu segeln. Der Befehlshaber des Kreuzers hat darüber zu wachen, daß von der Ladung oder dem Schiffszubehör des aufgebrachten feindlichen Schiffes nichts gelöscht, verkauft, vertauscht oder beseitigt werde und nichts verloren gehe; es werden deshalb die Luken versiegelt und die Ladung unter Verschluß gebracht, die Papiere und das Inventar, das Protokoll in versiegeltem Umschlag an die be treffende Behörde des Captors adressirt.

Abweichend von diesem Verfahren das aufgebrachte Schiff zu zerstören, ist nur im Falle unzweifelhafter force majeure gerechtfertigt, wenn z. B. der betreffende Kreuzer vom Feinde verfolgt ist oder sich demselben sonst entziehen will, wenn er keine verfügbare Mannschaft an Bord hat, um das Schiff in seinen Hafen zu bringen, und der Capitän sich weigert, sein Wort zu geben, daß er es selbst dorthin führen will. Nur ähnliche Umstände rechtfertigen die Zerstörung. Die in einigen Kriegen verfolgte Praxis, alle Prisen zu zerstören, ist eine barbarische und mißbräuchliche, welche der willkürlichen Gewalt Thor und Thür öffnet. So beauftragten die Vereinigten Staaten sowohl in dem Un. abhängigkeitskriege als in dem mit England von 1812-14 ihre Kreuzer, alle Englischen Schiffe zu zerstören.3) Ein Gleiches thaten die Südstaat. lichen Kreuzer im Bürgerkriege 1862--64, die freilich zu ihrer Ent

schuldigung anführen konnten, daß sie keinen Hafen hatten, in den sie das genommene Schiff führen konnten, da die ihrigen sämmtlich blokirt waren. Die Englische Jurisprudenz erlaubt die Zerstörung nur im Falle der Nothwendigkeit, wenn eine Collision von Pflichten vorliegt, in der die Ausführung der Aufgabe des Kriegsschiffes dringender erscheint als die Beobachtung der herkömmlichen Praxis, und kein neutrales Eigenthum sich an Bord befindet. (The Leucade im Krimkriege, Spinks Adm. Rep. 221.) Die Französische Jurisprudenz zählt eine Reihe von Fällen auf: Lorsque la prise est de peu de valeur ou qu'elle n'est pas assez considérable pour mériter d'être envoyée dans un lieu de sûreté, lorsqu'elle est si délabrée par le combat ou le mauvais temps qu'elle fait assez d'eau pour faire craindre qu'elle ne coule bas, lorsqu'elle marche si mal qu'elle expose le capteur à la reprise, lorsque le capteur, ayant aperçu des vaisseaux de guerre ennemis, se trouve obligé de prendre la fuite et que sa prise le retarde trop ou fait craindre une révolte." Zu diesen Gründen der Marine-Ordonnanz von 1681, die beweisen, daß der Captor „ne pouvait se charger du vaisseau pris, en conservant la sûreté des opérations du capteur", kommt noch der, daß der Kreuzer keine ausreichenden Mittel hat, die Prise in seinen Hafen zu bringen, oder der Hafen zu entfernt ist. So verbrannte der „Desaix“ am 21. October 1870 zwei Deutsche Schiffe, „Ludwig“ und „Vorwärts", und der Staatsrath verwarf die dagegen eingelegte Beschwerde am 16. März 1872, weil la sécurité du bâtiment ne permettait pas, à raison du grand nombre des prisonniers à bord, de détacher une partie des hommes de l'équipage pour conduire les prises dans un port de France", und weil nach der Pariser Declaration das neutrale Eigenthum unter feindlicher Flagge wohl „insaisissable mais non pas absolument inviolable" sei, indem man dasselbe nur dem droit de conquête habe entziehen wollen, aber nicht der Zerstörung, der es in Feindesschiffen ausgesezt sein könne. Nach dem Rundschreiben des Türkischen Ministers des Auswärtigen vom 26. Juni 1877 soll die Russische Marine Türkische Handelsschiffe vernichtet haben, ohne der Mannschaft die Möglichkeit zu gewähren, ihr Leben zu retten, was, falls die Thatsache begründet ist, unbedingt verwerflich war, da Schonung der Besatzung selbst dann zu fordern ist, wenn die Zerstörung des Schiffes unvermeidlich war. Selbstverständlich muß der Captor die Papiere des Schiffes bewahren, aus denen sich ergiebt, daß er es mit Recht als ein feindliches betrachten konnte. Die Russischen Reglements von 1787, 1854 und 1869 führen in ähnlicher Weise die Fälle auf, wo die Zerstörung erlaubt sein soll, und so hat auch das Instit. de droit intern. 1882 im Wesentlichen die Fälle präcisirt (Annuaire 1883, p. 221). Abge= sehen von einer solchen vorliegenden force majeure, die immerhin großer Willkür Raum giebt, muß der Captor die Prise in seinen Hafen zur Aburtheilung führen, wo er zu dem Zwecke die Actenstücke über die Wegnahme der betreffenden Behörde übergiebt. Es ist seine Sache, die

Prise in Sicherheit zu bringen; er braucht dies nicht selbst zu thun, sondern kann es einem anderen Schiffe übertragen oder einen Theil seiner Mannschaft auf das genommene Schiff sezen. Es können aber noch andere Umstände eintreten, welche diese verhindern. Das Schiff kann auf der Fahrt untergehen, sei es durch Naturereignisse, sei es in einem Kampf mit dem Feinde, der es wiederzunehmen sucht, sei es, daß der Captor es in seinem Interesse verwendet. Wird das Schiff dann durch das Gericht freigesprochen, so muß der Eigenthümer entschädigt werden. Endlich kann der Captor aus irgend welchen Gründen das Schiff freiwillig aufgeben, in welchem Falle es dem Eigenthümer wieder zu seiner Verfügung steht.

Das genommene Schiff kann sich auch freikaufen (ransom, rançonner), obwohl es noch nicht verurtheilt ist. Ransom is a repurchase of the actual right of the captor at the time, be it what it may, or more properly it is a relinquishment of all the interest and benefit which the captor may acquit or consummate in the regular adjudications of a Prize Tribunal, whether it be the interest in rem, a lien or a mere title to expenses," sagt Story. Ein solcher Loskauf kann von beiden Seiten nur freiwillig sein, und beträgt, da er dem Captor die Mühe spart, das Schiff in seinen Hafen zu führen, eine geringere Summe als die Prise bei regelrechter Aburtheilung werth sein würde. Hat der Capitän hierfür nicht die Mittel, so stellt er dem Captor eine Verschreibung (ransom bill) aus, durch welche er für sich, den Eigenthümer und die Ladung die Verpflichtung übernimmt, dem Captor eine bestimmte Summe zu zahlen, wogegen er von lehterem ein Duplicat der ransom bill als Geleitsbrief erhält, welcher ihn gegen Wegnahme Seitens der Kreuzer derselben Macht oder ihrer Verbündeten sichert und andererseits dem Schiff seine Route und die Frist vorschreibt, binnen welcher es einen bezeichneten Hafen erreichen muß. Zu größerer Sicherheit werden auch wohl Geiseln gestellt, deren Tod oder Flucht jedoch den Vertrag nicht aufhebt, da sie nur accessorischen Charakter haben. Wenn das losgekaufte Schiff da. gegen, ohne dazu vom Wetter gezwungen zu sein, seinen Cours ändert oder sich ungebührlich aufhält, unterliegt es der Wiederwegnahme, und der zweite Captor erhält den Ueberschuß des Verkaufspreises über die festgesezte Loskaufsumme. Wird der Captor selbst von einem Schiffe des Gegners auf der Fahrt genommen, so wird der Loskaufswechsel hinfällig, sofern nicht das Gegentheil bereits in der ransom bill vor gesehen war. Hat der Captor lettere schon in Sicherheit gebracht, che er selbst genommen ward, so bleibt der Vertrag in Kraft. Eben weil der Loskauf eine Milderung des Kriegsrechts ist, hat die Englische Gesetzgebung) denselben wiederholt und noch in der Prize Act von 1864 den Kreuzern verboten unless the circumstances of the case were such as to justify the act". Englischen Schiffen ist es nur mit besonderer Erlaubniß gestattet, sich loszukaufen. Frankreich gestattet den Loskauf bei feindlichen Schiffen. Holland hat denselben 1781, Spanien 1782,

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