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1541 verabreden Karl V. und Jacob IV. von Schottland „que dorénavant toutes et quantes fois, qu'aucuns pirates, larrons et écumeurs de mer se soient avancez ou s'avanceront en tems de paix comme dessus, de piller ou endomager d'un côté ou d'autre", dieselben zu ver folgen und zu bestrafen selon l'exigence des cas par cas par eux commis, extraordinairement, sommairement, de plain et sans forme de procez, à ce que tous autres y prennent exemple, sans en rien les soutenir ou favoriser directement ou indirectement, comme qu'il soit." Noch specieller bestimmt 1648 Art. II. § 3a. des Friedens von Münster zwischen dem Kaiser und Frankreich alter alterius hostes praesentes aut futuros, nullo unquam titulo vel praetextu, vel ullius controversiae bellive ratione, contra alterum armis, pecunia, milite, commeatu aliterve juvet, aut illis copiis, quae contra aliquem huius pacificationis consortem a quocunque duci contigerit, receptum, stativa, transitum indulgeat", was freilich wenig beobachtet ward. Welche geringe Rolle der Begriff der Neutralität überhaupt in jener Zeit spielt, zeigt das magere Kapitel, das Grotius derselben unter dem Titel „de his qui in bello medii sunt" widmet (III. c. 17). Er vermischt, wie schon erwähnt, dabei Neutralität und Gerechtigkeit und hält es vor Allem für die Pflicht der am Kriege Un betheiligten, nichts zu thun, was den Vertheidiger der schlechten Sache stärken, oder was das Unternehmen dessen, der die gerechte Sache führt, hindern könnte. In zweifelhaften Fällen müssen beide Theile gleich behandelt werden, sowohl in Bezug auf den Durchmarsch der Truppen, wie in Gewährung des Unterhaltes für dieselben und in Enthaltung jeder Unterstützung der Belagerten. An einer andern Stelle (1. II. c. 16, XIII., 3) meint er: ,Non pugnat autem cum foedere, ut quos alii offenderent, hi defenderentur ab aliis, manente de cetero pace." ." In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts werden die articulirten Ver sprechungen Ausnahme. Man beginnt zu fühlen, daß auch ohne die selben es dem guten Einvernehmen zwischen zwei Staaten widerspreche, wenn einer derselben oder dessen Unterthanen dem Feinde des anderen helfe, und begnügt sich mit allgemeineren Versicherungen, so Art. 1 des Pyrenäen-Friedens zwischen Spanien und Frankreich von 1659, „fideliter, quantum poterunt unus alterius damnum declinantes"; Art. 2 des Vertrages zwischen England und Spanien von 1667: „Quod neque regum alteruter, neque dominiorum suorum incolae, populi aut subditi, quocunque sub praetextu aliquid tentaturi, facturi aut fieri procuraturi, quod alteri parti damno aut detrimento esse possit." Noch kürzer im Art. 1 des Ryswicker Friedens zwischen Spanien und Frank reich von 1697: „évitant de bonne foi et autant qu'il leur sera possible ce qui pourrait leur causer réciproquement quelque dommage." Von großer praktischer Wirksamkeit waren indeß diese Zusicherungen nicht, und die Regierungen selbst besannen sich meist wenig, dagegen zu handeln, wenn es ihr Interesse zu fordern schien. Namentlich wurden die neutralen Küstengewässer und Häfen wenig geachtet. 1666 nahmen die

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Holländer in der Elbe Englische Schiffe weg und gaben sie trotz des Protestes von Hamburg nicht heraus; 1665 griff ein Englisches Geschwader ein Holländisches im Hafen von Bergen an; 1693 verbrannten die Franzosen in der Mündung des Tajo Holländische Schiffe, welche die Forts von Lissabon sie wegzuführen hinderten.

1) Schaube, Das Consulat des Meeres in Pisa, 1888, S. 83.

§ 133.

C. In den beiden lezten Jahrhunderten.

Erst im 18. Jahrhundert ward das neutrale Gebiet mehr geachtet. Aber immerhin galt es noch als etwas Herkömmliches, eine geschlagene Armee oder Flotte, welche sich auf neutrales Gebiet flüchtete, dorthin zu verfolgen. So verstärkten die Niederlande 1758 ihr Heer, um zu hindern, daß der Sieger den Krieg in das Herz ihres Landes trage, und Bynkershoek meint: „Ad summum largiendum est, proelio recens commisso hostem fugientem persequi licere in alterius imperio." (Quaest. jur. publ. I., c. VIII.) Dieser Schriftsteller zeigt, wie schon früher bemerkt, zwar gegen Grotius einen großen Fortschritt in der begrifflichen Feststellung der Neutralität, er faßt ihren Begriff: "Non hostes appello qui neutrarum partium sunt." Immerhin ist sein Kapitel „De belli statu inter non hostes" ziemlich mager. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts kamen die Ausdrücke „neutral“, Neutralität“ bei den Schriftstellern über öffentliches Recht zu allgemeiner Annahme, und erst Vattel (1753) zieht schärfer die Consequenzen der Neutralität.

Hervorzuheben ist, daß man in dieser Zeit die Pflichten der Neutralität lediglich auf das Verbot beschränkte, daß die Regierung selbst einem der Kriegführenden helfe; ihre Unterthanen waren frei dies zu thun, falls nicht ein Vertrag vorlag, der den Staat verband, es zu hindern. Es galt sogar als nicht der Neutralität widersprechend, einem Kriegführenden Truppen zu stellen, wie so manche Deutsche Fürsten dies für England thaten. Die Niederlande schickten sogar Maria Theresia 1743 20000 Mann, und Ludwig XV. betrachtete dies nicht als Kriegserklärung, sondern bemerkte, als ein Französisches Heer in Holland einrückte, dasselbe solle nur die fortgesette Gewährung von Hülfe an Desterreich und England hindern, ohne daß Frankreich mit der Republik breche. Die Kriegführenden dehnten ihre Rechte auf das Weiteste aus, wie die Ordonnance sur la marine Ludwig's XIV. von 1681 zeigt, welche den alten Grundsatz robe d'ennemi confisque celle d'ami" für Frankreich wiederherstellte, welchem Grotius vergebens die Auslegung zu geben gesucht hatte, daß die feindlichen Waaren in neutralen Schiffen nur dann der Wegnahme unterliegen, wenn sie mit Zustimmung des

Eigenthümers verladen sind. Andererseits verboten England und Holland in dem Kriege von 1689 allen Neutralen allen Verkehr mit Frankreich. Auf Beschwerden antwortete Wilhelm III., das sei das Kanonenrecht. Nur durch vertragsmäßige Zugeständnisse wurden Ausnahmen zu Gunsten neutraler Staaten gemacht. Frankreich gestand 1646 Holland und 1655 den Hansestädten den Grundsatz zu, daß die Flagge die Ladung decke, jedoch nur in dem Sinne, daß die neutralen Schiffe und der neutrale Theil der Ladung, nicht aber das an Bord befindliche feindliche Gut frei sein sollten. Es gab also thatsächlich nur die Grundsäße des Consolato in diesen Verträgen zu. Erst in dem Utrechter Vertrage von 1713 und der Erneuerung desselben 1739 stand Frankreich Holland das „Frei Schiff, frei Gut“ zu, 1742 auch Dänemark, sonst aber keinem anderen Staate. Die Pforte gab ohne Gegenseitigkeit durch Vertrag von 1604 Frankreich, von 1612 Holland den Grundsatz zu, daß die Flagge Feindesgut decken solle. Ebenso hielt England, das die Grundsäge des Consolato del Mare als Regel betrachtete, daran fest, daß das "Frei Schiff, frei Gut" nur durch specielles Zugeständniß giltig sei. Es gewährte denselben nur als Preis für Gegenleistungen und aus politischen Interessen und verwahrte sich dagegen, daß derartige Zuge ständnisse es gegen andere, als denen sie gemacht, verbänden. Auch der wachsenden Ausdehnung des Begriffes der Contrebande durch die Krieg führenden suchte man durch Verträge entgegenzutreten. Gleichwohl erweiterte sich die Reihe der verbotenen Gegenstände fortwährend durch solche, die je nachdem im Frieden und für den Krieg gebraucht werden fonnten. England zählte dazu nicht blos Schiffsbauholz, Tauwerk, Segeltuch, Eisen, Blei, Theer und Pech, sondern auch Lebensmittel, Geld und Kleidungsstücke. Ein anderer Englischer Uebergriff war die sogen. rule of the war of 1756, wonach es Neutralen nicht erlaubt sein sollte, während des Krieges mit den Colonien eines Kriegführenden Handel zu treiben, welcher fremden Schiffen nicht im Frieden erlaubt ist. Regel. mäßig war damals der Handel mit den Colonien den nationalen Schiffen vorbehalten. In dem siebenjährigen Kriege schnitten die Englischen Kreuzer jede Verbindung Frankreichs mit seinen Colonien ab. erlaubte daher den Holländern jenen Handel für die Dauer des Krieges. England aber nahm alle Holländischen Schiffe weg, welche eine solche Ermächtigung hatten und verurtheilte sie mit ihren Ladungen, obwohl es Holland das „Frei Schiff, frei Gut" zugestanden hatte; denn, sagten die Englischen Juristen, Neutrale haben im Kriege nur das Recht, ihren im Frieden gewohnten Handel mit den Kriegführenden fortzusehen, nicht aber einen Handel zu betreiben, zu dem sie im Frieden nicht berechtigt sind, den sie nur durch den Erfolg eines Kriegführenden erhalten können und nur auf Kosten des andern, indem auf diese Weise Colonien sich halten können, die sonst in unsere Macht fallen würden und Frankreich seine Seeleute von Handelsschiffen zur Bemannung von Kriegsschiffen brauchen kann. Solche Holländische Schiffe seien per adoptionem Französische,

Eriteres

also feindliche geworden. In Verbindung mit dieser rule wurde die Theorie der einheitlichen Reise (continuous voyage) aufgestellt. Die Neutralen suchten der Wegnahme zu entgehen, indem sie von den Colonien aus zunächst einen neutralen Hafen als Reiseziel nahmen, von wo dann die Verschiffung nach einem feindlichen Hafen erfolgen konnte. Der Englische Prisenrichter Sir W. Scott erklärte diejenigen neutralen Schiffe nebst ihren Ladungen als verfallen, welche auf der Fahrt von einem neutralen nach einem feindlichen Hafen betroffen wurden, wenn diese Ladungen vorher aus einem feindlichen Colonialhafen nach dem neutralen geführt waren; denn, sagte er, es handle sich in solchem Falle thatsächlich nur um eine einheitliche Reise von dem Colonialhafen nach dem feindlichen Hafen, der das eigentliche Reiseziel sei, wobei die Zwischenstation des neutralen nicht in Betracht komme, dolus circuitu non purgatur. Lord Stowell wandte diese Theorie der einheitlichen Reise auch auf die Contrebande an und behauptete sogar, die Verurtheilung sei gerechtfertigt, wenn deren feindliche Bestimmung noch nicht feststehe, sondern der Capitän beauftragt sei, die Ladung je nach Umständen in einen feindlichen oder einen neutralen Hafen zu führen. Er behauptete ferner, daß ein neu trales Schiff sich bereits in dem Augenblick eines Blokadebruches schuldig mache, wo es überhaupt die Fahrt nach einem blokirten Hafen antrete; endlich mißbrauchte England das Zugeständniß der Neutralen, das in der Blokade liegt, durch die sogenannten Papierblokaden, indem es ganze Küstenstriche mit allen Häfen als blokirt erklärte, welche thatsächlich gar nicht vom Verkehr abgesperrt waren.

Diesen Uebergriffen gegenüber konnte es bei der Uebermacht Englands wenig helfen, wenn die Regierungen der Neutralen dagegen protestirten, so lange sie nicht entschlossen waren, die Beobachtung richtiger Grundsätze zu erzwingen oder ihre Unterthanen für die erlittenen Verluste schadlos zu halten. Dies that die bewaffnete Neutralität von 1780.1) In dem Kriege zwischen England und seinen aufständischen Colonien von Nordamerika hatten Kaper der letteren mehrere Englische nach Archangel bestimmte Schiffe weggenommen. Die Kaiserin Katharina II. wandte sich deshalb 1778 an Dänemark mit dem Vorschlag, jene Gegenden der Nordsee durch ein gemeinsames Geschwader zu schüßen und die Schiffe aller Nationen, welche binnen zehn Meilen längs der Küste Russischen Häfen zusegelten, vor Wegnahme zu bewahren. Der Dänische Minister Graf Bernstorff erkannte, daß eine solche Maßregel, welche den krieg= führenden Parteien ihre Angriffsobjecte auf einem Theile des offenen Meeres entziehen wollte, völkerrechtlich nicht gerechtfertigt sei und außerdem wesentlich nur England zu Gute kommen würde, dessen Schiffe den Handel nach Archangel vornehmlich betrieben. Er beantragte deshalb, die beab. sichtigte gemeinsame Action zu erweitern, indem er empfahl, Grundsätze aufzustellen, zu deren Vertheidigung gegen England die neutralen Mächte sich vertragsmäßig verpflichten sollten, und formulirte als solche eben jene, welche später die bewaffnete Neutralität aufstellte. Dazu aber war

damals Rußland, das nicht wie Dänemark eine über alle Meere zerstreute Handelsflotte hatte, sondern nur den Handel von Archangel schüßen wollte, noch nicht bereit, und erst als Spanien sich als dritte kriegführende Macht gegen England, Frankreich und Nordamerika anschloß, trat die Frage in ein neues Stadium. Frankreich und Nordamerika hatten durch den Vertrag vom 6. Februar 1778 den Grundsag „Frei Schiff, frei Gut" anerkannt, und die Französische Ordonnanz vom 26. Juli 1778 hatte dies auf alle Neutralen ausgedehnt. Durch die selbe war den Französischen Kreuzern untersagt, neutrale Schiffe aufzubringen, auch wenn sie von einem feindlichen Hafen nach einem andern gingen, wenn diese Häfen nicht blokirt waren. Schiffe mit Contrebande sollten der Wegnahme unterliegen, die Contrebande selbst confiscirt, das Schiff aber freigegeben werden, wenn die Contrebande nicht drei Viertel des Werthes der Ladung betrage. Dieses Zugeständniß war jedoch dem Widerruf unterworfen, wenn der Feind nicht binnen sechs Monaten sich zu gleichen verstand. Spanien, indem es der Allianz der beiden Mächte beitrat, nahm diese Grundsäße nicht an, sondern wendete Englands Regel, daß die Flagge die Ladung nicht decke, gegen dasselbe. Zwei Schiffe, die mit Russischem Getreide nach Mittelländischen Häfen befrachtet waren, wurden nun von Spanien unter dem nichtigen Vorwande weggenommen, sie seien zur Verproviantirung von Gibraltar bestimmt. Dies erbitterte Katharina so, daß sie befahl, eine Flotte zum Schuß Russischen Eigen. thums auszurüsten, und den Grafen Panin beauftragte, den auswärtigen Mächten zu eröffnen, sie sei entschlossen, alles Erforderliche für die Interessen ihrer Unterthanen und aller neutralen Souveräne zu thun. Demgemäß sei den kriegführenden Mächten zu erklären, welche Grund. säße Rußland für den neutralen Handel als maßgebend betrachte, und die neutralen Mächte Dänemark, Schweden, Portugal und Holland aufzufordern, sich zu gleichen Zwecken mit Rußland zu verbinden. Panin entwarf diese Erklärung, welche fast wörtlich die Puncte der Bern. storff'schen Note von 1778 enthielt, so daß der Dänische Minister der geistige Urheber der bewaffneten Neutralität ist. Katharina unterzeichnete dieselbe, und der Inhalt derselben wurde durch Verträge mit Dänemark und Schweden vom 9. Juli und 1. August sanctionirt. Von 1781 bis 1783 traten dann die Niederlande, Preußen, Desterreich und beide Sicilien, Portugal, Frankreich) und die Vereinigten Staaten bei. Spanien behielt sich vor, gegen England dessen Grundsäge anzuwenden. (Note vom 18. April 1780.)

Der Inhalt der Declaration war folgender:

1. Que les vaisseaux neutres puissent naviguer librement de port en port et sur les côtes des nations en guerre.

2. Que les effets appartenants aux sujets des dites puissances en guerre, soient libres sur les vaisseaux neutres, à l'exception des marchandises de contrebande.

3. Que l'Impératrice se tient quant à la fixation de celles-ci à

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