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pour interdire réellement l'accès du littoral de l'ennemi." Der Grundsag wird damit anerkannt, obwohl nicht wie in den Verträgen über die bewaffnete Neutralität und den zwischen Rußland und England von 1801 gesagt wird, welcher Thatbestand eine Blokade effectiv macht. Thatsächlich ist aber der Grundsag bei späteren Blokaden keineswegs stets beobachtet. In dem Amerikanischen Bürgerkriege erklärten die Nordstaaten die gesammte Küste der Südstaaten als blokirt, ohne hierfür Anfangs die nöthigen Seestreitkräfte zu befizen; denn in den ersten vier Monaten nach Erklärung der Blokade konnten über 400 Schiffe in die Südstaatlichen Häfen ein- und auslaufen. Es kann auch nicht darauf Bezug genommen werden, daß die Vereinigten Staaten der Pariser Declaration nicht beigetreten, denn ihr Widerstand gegen dieselbe hatte fich auf die Frage der Kaper beschränkt; sie hatten stets gefordert, daß Blo. kaden effectiv sein müssen, und die Erklärung der Blokade vom 19. April 1861 sagte: „A competent force will be posted so as to prevent entrance and exit of vessels from the ports aforesaid" (Staatsarchiv I., Nr. 44).3) Sie suchten der Unwirksamkeit später dadurch abzuhelfen, indem der Präsident fich durch den Congreß ermächtigen ließ, zu erklären, daß gewisse Häfen des Südens aufgehört, Einlaufshäfen zu sein, was aber auf den Protest Englands und Frankreichs vom 4. Juli 1861 gegen eine solche Papierblokade „dans une forme particulièrement critiquable" aufgegeben ward. England protestirte ebenso am 16. Januar gegen die Versenkung von Steinschiffen, um die südlichen Häfen unzugänglich zu machen, was man in Paris als „violation des lois de la nature" charakterisirte, und dessen blose Beabsichtigung Graf Russell in seiner Depesche an Lord Lyons vom 20. December s. J. (North America 1862 I., Nr. 127) als ,,a plot against the commerce of nations" und als „a project worthy only of the times of barbarism" bezeichnete. Später war die Blokade effectiv, wie Lord Russell in einer Depesche an den Gesandten in Washington vom 15. Februar 1863 anerkannte; dagegen haben die Vereinigten Staaten sich eines schweren Angriffes auf die Rechte der Neutralen schuldig gemacht, indem sie die Theorie der einheitlichen Reise auf die Blokade übertrugen, wovon noch weiter die Rede sein wird. Die 1862 von England gegen Rio de Janeiro verhängte Blokade war sehr wenig wirksam, da sie nur durch ein einziges Schiff geübt wurde. Dänemark gab im Kriege mit Deutschland 1863-1864 Anlaß zu gerechten Klagen der Neutralen, indem es Blokaden Deutscher Häfen erklärte, zu deren Durchführung es nicht entfernt die nöthigen Mittel besaß. Auf der Londoner Conferenz (18. und 22. Juni 1864) constatirten die Preußischen Bevollmächtigten, daß die für den 15. März angekündigte Blokade von Ostseehäfen erst am 11. April ausgeführt wurde und vor denselben bald kein feindliches Schiff mehr zu sehen war. Es widersprach dies nicht nur der Pariser Declaration, der Dänemark beigetreten war, sondern speciell seinem Vertrage mit Preußen von 1818, welcher verlangte, daß vor jedem blokirten Hafen mindestens zwei Kriegsschiffe

liegen müßten, und seiner eigenen Verordnung vom 15. Februar 1864, welche besagte, daß ein Hafen blokirt sei, wenn er von einem (?) oder mehreren Schiffen so eingeschlossen sei, daß kein Handelsschiff ohne offenbare Gefahr der Wegnahme durchdringen könne. Spanien, das allerdings der Pariser Declaration nicht beigetreten war, erklärte 1865 die ganze Chilenische Küste als blokirt, beschränkte die Maßregel aber auf Frankreichs Vorstellungen auf sechs Häfen, gegen welche gleichfalls nicht genügende Mittel zur wirksamen Blokade vorhanden waren. Die Ver einigten Staaten verweigerten am 17. August die von Maximilian den 9. Juli 1866 gegen alle Häfen Nordmexicos verhängte Blokade anzu erkennen, weil sie nicht wirksam sei. Die einzelnen Vorkommnisse im Französisch-Deutschen Kriege von 1870-1871 werden noch weiter unten zu erwähnen sein. Rußland im Kriege mit der Türkei von 1877 hatte Grund, sich darüber zu beklagen, daß die von derselben im Schwarzen und Asowschen Meere erklärten Blokaden nicht effectiv gewesen seien. Die Pforte hatte die ganze Küste des Schwarzen Meeres von Trapezunt bis zur Donaumündung als blokirt erklärt, und hielt diese Blokade nur durch Kreuzer aufrecht, die aber den Handel der Russischen Häfen meist wirksam hinderten; außerdem hatte sie zwei Kreuzer im Bosporus auf gestellt, welche alle Schiffe, welche der Blokade entgangen waren, dort aufbrachten und nach Constantinopel brachten, wo sie verurtheilt wurden. Rußland brachte demgemäß in den Art. 24 des Vertrages von San Stefano vom 3. März 1878 die Clausel: „La Sublime Porte s'engage à ne plus établir dorénavant, devant les ports de la Mer Noire et de celle d'Azow, de blocus fictif qui s'écarterait de l'esprit de la déclaration signée à Paris le 16 Avril 1856." Rußland selbst aber führte die Blokade der Sulina durch Versenkung von Steinschiffen durch, obwohl diese Strommündung mehreren Staaten gehörte. Auch die Blokade der Peruanischen Häfen durch Chile 1879 entsprach keineswegs den An. forderungen der Pariser Declaration, der Chile beigetreten war, sondern ward wiederholt unterbrochen.

1) Bynkershoek unterscheidet noch nicht Belagerung und Blokade, obwohl er in seinem Kapitel XI. „Obsessis urbibus, castris, portubus an quicquam liceat advehere" wesentlich nur von Blokade handelt.

2) Der Holländische Text der Hauptstellen bei Bynkershoek Kapitel XI., die ganze Verordnung Französisch bei Geßner p. 175.

) So sagte auch in dem Urtheil des „Peterhoff“ 1866 der Supreme Court: ,,It must be premised that no paper or constructive blockade is allowed by international law, this principle is nowhere more fully recognized than in our own country."

§ 165.

B. Natur und Thatbestand der Blokade.

Die Absperrung des Feindes von der Wasserseite von allem Verkehr ist eine ebenso legitime Kriegsmaßregel, wie die Abschneidung der Zufuhr von Contrebande. Es ist Pflicht der neutralen Unterthanen, die Blokade, wenn sie dem Völkerrecht gemäß geübt wird, zu achten, und verlezen sie dieselbe, so müssen sie die Folgen tragen. Es ist deshalb unnöthig und unrichtig, mit Hautefeuille die Theorie aufzustellen, das Recht der Blokade gründe sich auf die Eroberung des Küstengewässers, kraft deren die Souveränetät des blokirenden Staates an die Stelle der des Küstenstaates trete. Von Eroberung kann einmal vor dem Frieden oder der debellatio keine Rede sein; aber auch wenn man mit Ortolan die blose Occupation, nach Analogie des feindlichen Land. gebietes, annehmen wollte, so wäre dies unhaltbar. Das Recht eines Staates über das Küstengewässer hängt vom Besitz der Küste ab, von der aus er die Herrschaft übt, und der blokirende Staat hat die Küste nicht inne. Außerdem aber ist die Occupation eines Stückes der hohen See außer Frage, und die Blokade wird dort ebenso rechtmäßig geübt wie im Küstengewässer, wenn dieses z. B. so seicht ist, daß große Kriegsschiffe sich dort nicht bewegen können. Die Blokade gegen Holland wurde 1799 durch ein Geschwader geübt, das wegen der Flachheit des Küstengewässers ziemlich vom Ufer entfernt war. Die Blokade von Riga wurde 1854 eine beträchtliche Strecke von der Küste, im Lyser-Ort geübt, an einem Canal, der den einzigen schiffbaren Zugang zum Hafen bildet; ähnlich war es mit der Blokade von Charleston. Das Recht der Blokade ist auf die Kriegsnothwendigkeit begründet. Jeder Kriegführende kann es zu üben beanspruchen, worin selbstverständlich liegt, daß er es auch beschränken kann, z. B. auf die einlaufenden Schiffe (Engl.-Franz. Erklärung vom 2. Juni 1854 für die Donaumündungen), oder neutralen Kriegsschiffen den Zugang gestatten. Aber die Verhängung der Blokade ist nicht nur ein Recht des Kriegführenden, das keine neutrale Regierung sich weigern darf, anzuerkennen, wenn es regelrecht geübt wird, es ist auch deren Neutralitätspflicht, dieselbe zu achten, weil der Neutrale dem Gegner in keiner Weise helfen soll, also auch nicht durch Aufrecht. haltung seines Handels. Allerdings erzwingt nicht die neutrale Regierung, sondern der Kriegführende die Beobachtung des Verbots, aber dabei be steht die Pflicht der Neutralen, dem Gegner nicht zu helfen, wie schon daraus erhellt, wenn man den Fall sezt, daß ein Plaz zu Lande be lagert, aber nicht von der Seeseite blokirt wäre. Es würde sicher mit der Neutralität ganz unvereinbar sein, wenn Schiffe anderer Staaten nun dem Plaze Lebensmittel oder Kleidungsstücke zuführen wollten und ihm dadurch die Möglichkeit geben, seinen Widerstand zu verlängern. Jeder Kriegführende würde sich einer solchen thatsächlichen Kriegshülfe

widerseßen.1) Ebenso gewiß aber ist diese Anerkennung der Blokade an die Erfüllung gewisser rechtlicher und thatsächlicher Bedingungen gebunden.

1. Die Blokade ist ein Recht der Kriegführenden. Ohne unzweifel. haft bestehenden Kriegszustand hat kein Staat das Recht, gegen einen anderen eine Blokade zu verhängen. Dieser Satz war selbst zu Zeiten der Kreuzerblokaden unbestritten; er wurde zuerst angetastet, als Frank. reich, England und Rußland in dem Griechischen Unabhängigkeitskampfe 1827 alle Griechischen Küsten blokirten, wo Türkische Truppen standen, und doch behaupteten, im Frieden mit der Pforte zu sein, ja diese Be hauptung nach der Vernichtung der Türkisch- Aegyptischen Flotte bei Navarino aufrecht hielten. Sodann blokirte Frankreich 1831 ohne Kriegserklärung den Tajo und andere Küstenpuncte Portugals. 1833 blokirten Frankreich und England die Holländischen Häfen, um den Widerstand des Königs Wilhelm I. gegen die Trennung Belgiens zu brechen, ebenso 1838 die Argentinischen Häfen und in demselben Jahre Frankreich die Mexicanischen, 1850 England den Piräus, 1860 Sardinien Gaëta, 1862 England Rio de Janeiro, 1883-1885 Frankreich Häfen Madagascars und Chinas.

Alle diese Präcedenzfälle können kein Recht bilden. Die Marine. Reglements aller Seestaaten wie die Verträge seßen für die Blokade einen bestehenden Kriegszustand voraus. Dasselbe thut die Pariser See. rechts-Declaration, denn sie erklärt im Eingang ausdrücklich, daß sie den ,contestations regrettables" ein Ende machen will, deren Gegenstand „le droit maritime en temps de guerre a été pendant longtemps". Ebenso erklärte das Institut de droit international 1874 „que le blocus pacifique ne constituait pas un moyen de contrainte régulier“. Die Natur der Sache führt zu demselben Ergebniß.

Das Völkerrecht gewährt den Kriegführenden gewisse Rechte, denen sich die Neutralen unterwerfen müssen, obwohl sie ihnen als bei dem Streite Unbetheiligten schaden, wogegen sie in gleichem Falle dasselbe von Anderen fordern können. Aber um diese Rechte zu üben, müssen die Kriegführenden die Verantwortlichkeit ihres Standes übernehmen; wer sich aus irgend welchen Gründen scheut, seinem Gegner offen den Krieg zu erklären und sein vermeintliches Recht auf dem Wege der Repressalien geltend zu machen sucht, der darf wenigstens unbetheiligten Dritten nicht ein Gesez vorschreiben wollen, das nur ein wirklich Krieg. führender beanspruchen kann. Sobald kein Krieg vorliegt, giebt es auch keine neutralen Mächte, und wenn in einem Streite ein Staat unter dem Titel von Repressalien zu Acten schreitet, welche die Rechte dritter Unbetheiligter berühren, so sind diese in keiner Weise verbunden, sich dem zu unterwerfen. Ein solcher Act aber ist die Blokade. Der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten erklärte (The Fox") a blockade is a belligerent right, not to be exercised for mere profit or convenience". Die Absperrung eines Hafens zur See vom Verkehr ist

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ein feindlicher Act von ganz anderer Natur als eine Repressalie, wie die Beschlagnahme einer Sache; sie trifft den ganzen Staat, gleichviel, ob sie nur gegen einen seiner Häfen gerichtet ist oder gegen alle. Mit Recht sagt Geßner p. 238: Un état est un organisme vivant, et qui blesse l'un de ses membres les blesse tous. Une espèce de guerre particulière qui se borne à certaines parties de l'état est une absurdité aussi forte que celle qui consisterait à dire, qu'un soufflet ne portant que sur la joue n'est pas une insulte fait à l'homme tout entier." Vor Allem aber gilt es hinsichtlich der Neutralen, daß die sogenannte Friedensblokade ein rechtloser Gewaltact ist, und daran ändert nichts, daß dabei keine Schiffe weggenommen, sondern nur zurückgewiesen werden, denn schon diese Behinderung des Verkehrs dritter unbetheiligter Staaten ist rechtlos; läßt man aber diesen Verkehr Dritter frei, wie Bluntschli in unklarer Weise fordert (Völkerrecht 507), so fällt eben der Begriff der Blokade. So kann die am 7. Mai 1886 von den fünf Großmächten Großbritannien, Deutschland, Desterreich-Ungarn, Italien und Rußland der Griechischen Regierung notificirte Blokade nicht als Blokade im völkerrechtlichen Sinne gelten, obwohl eine große Anzahl Schiffe aufgebracht wurden, weil sie sich nur auf solche unter Griechischer Flagge erstreckte. Wenn daher der Beschluß des Institut de droit international vom 7. September 1887 sagt, daß Blokaden, welche nur die Schiffe des Staates betreffen, über den man sich beschwert, auch im Frieden zulässige Repressalien seien," so ist dagegen zwar materiell nicht viel einzuwenden, aber solche Maßregeln sind eben keine wirklichen Blokaden. (Vgl. meinen Vortrag daselbst neben dem von Perels: Annuaire de l'Inst. 1888, p. 286.) Thatsächlich ist denn jene Friedensblokade nur von großen Seemächten, wie Frankreich und namentlich England, gegen schwache Staaten, wie Argentinien, Mexico und Griechenland geübt, während dieselben sich wohl gehütet haben, sie gegen stärkere Gegner zu verhängen, welche sich eine solche Maßregel nicht gefallen lassen würden. Auf die Blokirung von Buenos-Ayres durch ein Franzöfisches Geschwader antworteten die Hansestädte am 10. September 1838 mit einem ausführlich begründeten Protest gegen diese dem Völkerrecht unserer Väter unbekannte diplomatische Blokade", worauf Graf Molé, ohne auch nur einen Versuch zu machen, die schlagende Argumentation zu widerlegen, nur erwiderte, Frankreich habe sich eine Pflicht daraus gemacht, mit der Ausübung seines Rechtes jede Rücksicht zu verbinden, durch welche die Folgen für den Handel der übrigen Nationen so wenig lästig als möglich werden könnten, und Guizot mußte in seiner Rede vom 8. Juli 1841 zugeben, daß die Frage eines halben Krieges, wie man ihn gegen die Argentinische Republik führe, sehr schwierig sei. Lord Palmerston ging weiter; mit Bezug auf die von Frankreich und England seit 1845 geübte Blokade des La Plata schreibt er dem Botschafter in Paris, Lord Normanby am 7. December 1846: „The real truth is, though we had better keep the fact to ourselves, that the

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