Page images
PDF
EPUB

Vermittelung zur Niederwerfung von Insurgenten anbieten; aber die Beurtheilung, ob die neue Regierung, ob die alte rechtmäßig sei, steht ihm nicht zu, vielmehr hat er mit dem zu verhandeln, der thatsächlich die Regierung innehat.)

1) Vgl. die Bemerkungen in diesem Handbuch oben Bd. III., S. 28, und Heffter § 179. Ueber die berechtigten Subjecte s. Wheaton § 32.

2) Calvo §§ 2932-2936 und oben Bd. III., S. 45-60. Halled §§ 2—4. Merlin, Rep. s. v. déclaration de guerre.

3) Am eingehendsten hierüber Rönne, Preuß. Staatsrecht I., S. 702 ff., und Kirchenheim, Lehrbuch des Staatsrechts (1887), § 84, S. 434.

4) Für England: Vgl. oben Bd. III., S. 46, Gneist, Engl. Verwaltungs recht, S. 912 ff., Blackstone, Commentaries I., cp. 7. Für Frankreich: Ge schichtliches bei Calvo § 2934, Marquardsen's Handbuch des öffentlichen Rechts IV., 16, § 13, G. 46, Simonet, Droit public (1885), S. 121. Ueber die Schweiz: Orelli bei Marquardsen (IV.), S. 85. Ueber die Vereinigten Staaten von Nordamerika: Holst ebenda S. 108. Ueber Oesterreich Ungarn s. Ulbrich ebenda S. 74. Italien: Verf. Art. 5. Vgl. Casanova, Dir. costit. (3. Aufl. v. Brusa, 1875), II., lez. 22, N. 6, S. 77, 91. La Pegna, Codice politico (1871), S. 110. Belgien: Verf. Art. 68. Niederlande: Verf. Art. 57. Schweden: Verf. Art. 13. Nor wegen: Art. 26. Dänemark: Art. 18. Griechenland: Art. 32. 5) Z. B. Zusazartikel zum Frankfurter Frieden. (Martens S. 695, R.-G.-BI. G. 234.)

[ocr errors]

6) F. Platner, De pactis principum captivorum (1754); Wolfius, Jus gentium, § 982; Moser, Staatsrecht VII., 415 (§ 4, N. 4); Vattel a. a. D. § 13; Kirchenheim, Die Regentschaft (1880), S. 62, 157.

7) Halleck a. a. D., § 13; Vattel a. a. D., S. 183; Kent, Commentaries, S. 160; Esperson, Sur le gouvernement de la défense nationale, Florenz 1870.

§ 173.

Friedensverhandlungen und Präliminarien.

Literatur und Verweisungen: Aeltere Schriften bei Ompted a § 324, über
Vermittelung daselbst § 325. Klüber § 320, 1. - J. W. Hoffmann,
De observantia gentium circa praeliminaria pacis, Frankfurt 1736.
Ch. Weber, De paciscendi modo, Leipzig 1649. Bernard, Sur
les diverses cérémonies qui ont employées les nations dans les traités
de paix in seinem Recueil des traités und in Dumont's Corps diplomatique.
Martens (ed. Vergé 1864), II., § 327 ff. Bluntschli § 705a.
Calvo §§ 2941, 2942. Phillimore §§ 513–517. — Woolsey § 158.
Verzeichniß von Präliminarien: leßte Note.

Es bedarf oft langer Verhandlungen, bis die einzelnen Bedingungen des Friedens festgesezt sind. Man pflegt sich daher zunächst über die

Hauptpuncte zu einigen, sodann die Einzelheiten festzusehen. Danach ergiebt sich die Unterscheidung von Präliminarfrieden und Definitivfrieden. Vorab jedoch erheben sich einige Fragen, welche die Friedensverhandlungen betreffen, und zwar ist dreierlei zu entscheiden: 1. Wer diese Verhandlungen einzuleiten hat; 2. wo und 3. wie, in welchen Formen sie zu führen sind.

1. Wer soll die Verhandlungen einleiten? Zunächst ist klar, daß jede der kriegführenden Parteien zu Verhandlungen anregen kann. Sehr häufig aber wird keiner von beiden Theilen dazu geneigt sein, mögen auch beide des Krieges überdrüssig sein. Bald wird die gegenseitige Erregung und Erbitterung selbst nach der Entscheidung es nicht zur Einstellung der Feindseligkeiten kommen lassen; bald wird keiner den Anfang mit Verhandlungen machen wollen, um nicht im Gegner den Gedanken an seine Ohnmacht zu wecken.

In solchem Falle kann wohl eine Intervention eintreten. Mit großer Energie stellen viele völkerrechtliche Schriftsteller es als die eines großen Fürsten würdigste Aufgabe hin, dem Blutvergießen Einhalt zu thun und streitende Völker mit einander auszusöhnen. Die Einmischung eines nicht betheiligten Staates kann in verschiedener Weise stattfinden. Ein Staat kann seine guten Dienste anbieten (bons offices), oder es kann eine einfache Vermittelung (médiation) oder eine förmliche Intervention stattfinden. Die eigentliche Vermittelung seßt das Einverständniß der betheiligten Staaten voraus, und es ist häufiger vorgekommen, daß die Vermittelung zurückgewiesen, aber die guten Dienste angenommen wurden. So nahm Rußland 1742 im Kriege mit Schweden die guten Dienste Frankreichs, nicht aber dessen Vermittelung an. Im Uebrigen sind diese Fragen in anderen Abschnitten dieses Werkes zu erörtern und kann dafür auf die Darstellungen von Bulmerincq und Geffcken verwiesen werden. 1) Möglicherweise beschränkt sich die vermittelnde Macht nicht darauf, Rath schläge zu ertheilen u. s. w.,) sondern stellt Forderungen und tritt für dieselben mit Waffengewalt ein. Dies kann man nicht mehr als Vermittelung, sondern nur als gewaltsame Intervention ansehen. Mit einer solchen stellt der vermittelnde Staat sich außerhalb des Friedensrechtes; er wird damit zu einer kriegführenden Partei und es finden auf ihn die entsprechenden Grundsäße Anwendung.

Sind bei einem Kriege mehr als zwei Staaten betheiligt, so ist es selbstverständlich erwünscht, daß die Verhandlungen gemeinsam geführt, der Friede gemeinsam geschlossen wird. Wenn einerseits diese Nothwendigkeit betont, andererseits die Ansicht vertreten wird (Vattel), es müsse jeder Staat für sich contrahiren, so kann keine dieser Ansichten als völlig richtig anerkannt werden. Ein fester Brauch hat sich in dieser Hinsicht nicht entwickelt. Meistentheils haben die einzelnen Staaten — so in Nymwegen, Ryswick, Utrecht Sonderfrieden mit einander ab. geschlossen. Theilweise ist auch derselbe Friede von verschiedenen befreundeten Mächten unterzeichnet worden. Neben diesen beiden Wegen

- ein gemeinsames Friedensinstrument, verschiedene Friedensinstrumente giebt es auch eine dritte Möglichkeit, nämlich, daß eine Macht nach. träglich unterzeichnet und nun wie eine Hauptpartei, mit allen deren Rechten und Pflichten erscheint. Ueberhaupt wird sich diese Frage meist entscheiden nach dem Bundesverhältniß, in welchem die Staaten standen. So ist z. B. der Frankfurter Friede 1871 zwischen dem Norddeutschen Bund und Frankreich geschlossen und ein Zusaßprotokoll von den Süddeutschen Staaten unterzeichnet worden.3)

2. Wo sollen die Verhandlungen geführt werden? Die Frage, welcher Ort für die Friedensverhandlungen gewählt werden solle, gehört mehr der Politik wie dem Völkerrecht an. Für den leßterwähnten Fall dürfte es nahe liegen, einen Ort im Gebiete des vermittelnden Staates zu wählen. Aber auch sonst, so belehrt uns die Geschichte, ist man geneigt, die Verhandlungen im Gebiete eines neutralen Staates zu führen, so 1859 in Zürich, 1871 in Brüssel. Nur besondere Umstände waren es, welche 1871 die Deutsche Reichsregierung veranlaßten, die Verhandlungen in Brüssel abzubrechen und in Frankfurt a. M. wiederaufzunehmen.*)

3. Wie sollen die Verhandlungen geführt werden? Ueber die Art der Verhandlungen giebt es keine festen Regeln. Es gelten im Allgemeinen die Bestimmungen wie für die Vorbereitung anderer Verträge. Wo irgendwie Zweifel über Formalitäten herrschen, ist es unbedingt erwünscht, daß diese Zweifel vorher durch Festsehungen gehoben werden. Ja, man kann mit Recht eine besondere Art Präliminarconventionen unterscheiden, diejenigen, welche lediglich den Zweck haben, solche Festsetzungen zu treffen über die Verhandlungen, den Ort derselben und seine Neutralität, die Unverleglichkeit der Bevollmächtigten, ihre Stellung, Ceremoniell u. s. w.3) Die Art der Verhandlungen kann eine doppelte sein. Entweder wird unmittelbar von Hof zu Hof verhandelt, durch einfache Correspondenz, Couriere oder durch Entsendung einzelner bevollmächtigter Minister, deren Stellung dann nach den oben (23. Stück) ausgeführten Grundsäßen zu beurtheilen ist. Dieser Weg, der z. B. 1729 zwischen Schweden und Polen, 1761 zwischen Frankreich und England eingeschlagen wurde, ist heutzutage außerordentlich selten.

Der übliche Weg ist der, daß die Friedensbedingungen durch Bevollmächtigte festgestellt werden. Es können Conferenzen stattfinden oder Congresse,) an denen auch die nicht kriegführenden Mächte betheiligt sind. Ueber diese Congresse, die Eröffnung, die Prüfung und den Austausch der Vollmachten, die Geschäftsführung u. s. w. gelten die allge meinen Grundsäße.

Die Sprache, in welchem die Friedensschlüsse erfolgen, ist jetzt meist die Französische und die der betreffenden Staaten. Jedenfalls hat jede Partei das Recht, ihre nationale Sprache anzuwenden. In einzelnen Friedensschlüssen, die in Französischer Sprache erfolgten, ist darum aus. drücklich gesagt, daß der Gebrauch einer bestimmten Sprache keine Brä cedenz begründen solle.7)

Der eigentliche Friedensschluß wird durch verschiedene Verträge vorbereitet. Zunächst ist schon die Möglichkeit der Verhandlungen über haupt meistens von Abschluß eines Waffenstillstandes abhängig. Ueber diesen wie über die Verträge während des Krieges vgl. oben Lueder C. 525 ff.

Gewöhnlich gehen dem Friedensschluß Friedenspräliminarien voraus.8) Wie oben angedeutet, können zwei Gruppen solcher Präliminarconventionen unterschieden werden. Es können Festsetzungen über Ort und Art der Verhandlungen u. s. w. getroffen und hierüber besondere Vereinbarungen geschlossen werden. Weit bedeutender als diese erste Gruppe ist die zweite, an die man hauptsächlich bei Erörterung der Präliminarien" denkt. Es sind die Verträge, welche die Hauptpuncte des künftigen Friedens vorläufig festsehen (un sommaire abrégé des stipulations essentielles de la paix définitive). Da es nicht möglich ist, über alle Einzelheiten sofort eine Einigung zu erzielen, aber beiderseits der Wunsch besteht, den Feindseligkeiten ein Ende zu machen, wird eine derartige vorläufige Uebereinkunft getroffen.

Diese Friedenspräliminarien, welche den militärischen Actionen vorläufig ein Ziel sehen, werden unter denselben Formen, wie der Definitivfrieden abgeschlossen. Es gelten für sie alle bisher aufgestellten Grundsäge über Subject, Art u. s. w., ebenso wie die im § 178 festzustellenden Grundsäge. Sind sie rite abgeschlossen, so haben sie dieselben Wirkungen wie die Definitivverträge, durch welche sie ersezt werden (selbstverständlich so weit sie nicht ausdrücklich gegentheilige Bestimmungen enthalten). Durch den Abschluß der Präliminarien werden die Friedensverhandlungen selbst nicht berührt. Es können aber in den Präliminarien hierüber zugleich Bestimmungen enthalten sein. So enthält solche z. B. Art. VII der Versailler Präliminarien. In diesem Falle erscheinen die beiden oben erwähnten Gruppen verbunden. Erheben sich neue Meinungsverschiedenheiten, und gelingt es nicht, die Verhandlungen zu einem glück lichen Ende zu führen, so erfolgt die Wiederaufnahme der Feindseligfeiten.")

Besonders wichtige Friedenspräliminarien der Neuzeit sind die von Villafranca vom 11. Juli 1859, von Nikolsburg vom 26. Juli 1866, von Versailles vom 26. Februar 1871, von San Stefano vom 3. März 1878.10)

1) Ueber Vermittelung zc. s. die Citate bei Vattel a. a. D., § 17, Calvo §§ 687, 1456, 2939, 2940; Phillimore p. 775; Bulmerincq, Völkerr., S. 349, 397 (Literatur: S. 350, N. 1); Holzendorff's Rechtslexikon III., S. 1052; Stapleton, Intervention and Non-Intervention, London 1866; Handbuch des Völkerrechts IV., 26. Stück.

2) 3. B. Depesche Granville's vom 20. October 1870. (Vgl. Hahn, Der Krieg Deutschlands gegen Frankreich, S. 556 ff.)

Handbuch des Völkerrechts IV.

51

[ocr errors]

3) Ueber Friedensschlüsse zwischen mehr als zwei Mächten vgl. Halled § 7, Vattel § 16, Pufendorff, De jure nat. VIII., cp. 9, § 5. Literatur und Bei spiele bei Martens, Précis (Vergé 1864) § 336. Separatfriede zu Turin 1696 zwischen Frankreich und Savoyen, 1797 mit Sardinien. „Der Utrechter Friede" (1713) besteht aus fünf Separatfriedensschlüssen, vgl. Du Mont VIII., 1, S. 339 ff. — Auch können einzelne Alliirte im Kriegsstande bleiben, so Rußland nach dem Frieden von Preßburg 1805. Den Versailler Präliminarien vom 26. Februar 1871 traten Bayern, Württemberg und Baden ausdrücklich bei (R ›G. Bl. 1871, S. 222 u. 238, Martens XIX., S. 658). Vgl. über Accession und Protestation ferner Calvo § 2946, Martens- Vergé § 336, Nouv. Recueil II., p. 466-475, Revue de droit intern. 1884, S. 290.

4) Ueber den Ort der Verhandlungen vgl. Calvo § 2941, De Real, Science du gouvernement V., S. 616 ff., Moser, Grundsäße des Europäischen Völkerrechts, S. 527-71, Roßmann, Von den Ausflüchten im Völkerrecht, § 14, Siebenkees, Jurist. Magazin I., 50, Martens (Vergé) §§ 327, 329. Ueber die Verlegung der Verhandlungen von Brüssel nach Frankfurt 1871 vgl. Valfrey (citirt § 176, N. 3 a. E.), S. 78, u. Hahn, Der Deutsch-Französische Krieg, S. 854. 5) Calvo § 2941, Martens (Vergé) II., § 329, S. 364, Phillimore

§ 516.

) Klüber § 321, N. c., Bielefeld, Institutions politiques II., 150, v. Drais, Die Polizei auf dem Reichsfriedenscongreß 1797 (Mannheim 1814). 7) Woolsey S. 270, Calvo § 2944, Wiener Congreßacte, Art. 120, Friede zwischen China und Japan vom 30. August 1871, Art. VI. (auch über andere Formalitäten daselbst Art. V.), Martens, Nouv. Recueil contin. 2, Bd. III., S. 503.

"

8) Man unterscheidet wohl auch die Friedenspräliminarien“, die im Texte behandelt sind, von „Präliminarfrieden“, d. H. einem vorläufigen Frieden, der noch der Zustimmung dritter Mächte bedarf.

9) Stavinsky, D., Diss. de pacis rejectione. Regiom 1717.

10) Aus dem vorigen Jahrhundert Präliminarien von Breslau (11. Juni 1742), Aachen (30. April 1748), Paris (30. Nov. 1782), Versailles (20. Januar 1783). Beispiele vgl. bei Calvo S. 356 und Woolsey, Law of nations, § 158, S. 269.

§ 174.

Der Abschluß des Definitivfriedens.

Literatur und Verweisungen: Heffter § 179 und die oben § 172 angei Schrift von Dassel. F. Martens (Deutsch von Bergbohm) II. S. 543-545. — Calvo § 2943. Martens (ed. Vergé) §§ 333, 334. Pando, Derecho intern., p. 579.

Wenn wir nach Erörterung der vorbereitenden Schritte unsere Betrachtung nunmehr dem Friedensschluß selbst zuwenden, sind zunächst einige Ausdrücke zu erläutern, welche die Arten der in den Friedens

« PreviousContinue »