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lichen Hypothek bezeichnet wird, ist die Ausfertigung derselben nicht zu beanstanden 1).“

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Es musste der unter dem 19. September 1862 hinsichtlich der Vermögensfähigkeit des Domcapitels erlassene Bescheid wohl insbesondere auch darum als befremdend erscheinen, weil der Entscheidungsgrund, auf den er sich stützt, nämlich der des Mangels der Verleihung juristischer Persönlichkeit an das Domcapitel, mutatis mutandis bezüglich der Frage der Vermögensfähigkeit des Bisthums geltend gemacht werden konnte, auch sicherlich geltend gemacht wurde, dem oben mitgetheiten Erlasse vom 16. April 1862 zufolge aber bezüglich des Bisthums vom mehrerwähntem Gerichtshofe selbst ausser Acht gelassen worden ist. Es wird daher der Bescheid vom 19. September 1862, wenn man ihn mit dem vom 16. April 1862 zusammenhält, dem Vorwurfe der Inconsequenz wohl kaum entgehen können.

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Anzuführen ist noch, ehe wir uns zu den oben aufgeworfenen Fragen wenden, dass, wie die angeführte Schulte'sche Schrift die Vermögensfähigkeit der Bisthümer vollkommen ins Klare gesetzt hat, so auch bezüglich der Vermögensfähigkeit der Domeapitel der unseres Erachtens richtige Weg durch die Schrift Huller's die juristische Persönlichkeit der katholischen Domcapitel in Deutschland und ihre rechtliche Stellung. Bamberg 1860" gebahnt wurde.

Gehen wir nun zur Prüfung der erwähnten Frage über, so werden wohl folgende, zu deren Beantwortung dienliche, sofort näher zu begründende Sätze, kaum der Gefahr einer Widerlegung ausgesetzt sein.'

Im Herzogthum Nassau gilt in privatrechtlicher Beziehung abgesehen von einigen, für die vorliegenden Fragen bedeutungslosen, älteren Particularrechten und mehreren neueren, gleichfalls hierher nicht einschlagenden, allgemeinen Landesgesetzen → das gemeine Deutsche Recht. Eine Quelle desselben bildet auch das canonische Recht. Nach letzterem sind die Dom capitel vermögensfähige juristische Persönlichkeiten, Corporationen. Somit ist ein im Herzogthum

1) Das herzogliche Hof- und Appellationsgericht wollte, da in Nassau die Verwaltung des Kirchengutes, insbesondere der Dotation des Bisthums Limburg, noch von der Staatsregierung geführt wird, durch obigen Erlass eine Fassung der fraglichen Urkunde vermeiden, aus welcher gefolgert werden könnte, dass der Bischof mit Ausschluss der Staatsregierung zur Verfügung über das Darlehen berechtigt sei. Es hat indessen nichtsdestoweniger in gedachtem Erlasse die juristische Persönlichkeit des Bisthums anerkannt. [Vgl. auch Archiv VI, 373 ff.]

Nassau rechtlich bestehendes Domcapitel ohne Weiteres für vermögensfähig zu erachten.

Eines näheren Nachweises des Richtigkeit Desjenigen, was so eben über die Geltung des gemeinen Deutschen Rechts und einiger, dasselbe ergänzenden, Normen in Nassau gesagt wurde, bedarf es für solche Leser, die mit den Verhältnissen Nassau's bekannt sind, nicht. Wir können uns indessen zur Erbringung jenes Nachweises in Kürze auf Mittermaier's deutsches Privatrecht I. §. 19. Note 21, auf den Artikel, Herzogthum Nassau" im Staatswörterbuch von Bluntschli und Brater 61. u. 62. Heft S. 139, 140, auf Schulte's angeführte Schrift S. 12, 13 berufen. Dass die neuere Nassau'sche allgemeine Landesgesetzgebung dem gemeinen Rechte in den hier in Frage kommenden Beziehungen nicht derogirt habe, kann wohl auch schon um daswillen als völlig feststehend angenommen werden, weil ja sonst offenbar der betreffende Streitpunkt einfach durch Betrachtung der einschlägigen Gesetzesstelle seine Erledigung gefunden haben würde. Dass ebensowenig das in dem betreffenden Theile Nassau's, in Limburg, geltende Particularrecht eine dem gemeinen Rechte in der fraglichen Hinsicht entgegenstehende Norm geschaffen habe, ergibt sich schon ohne ein näheres Eingehen auf jenes Recht daraus, dass dasselbe, da Limburg, bevor es an Nassau' überging, zu Churtrier gehört hatte, das Trier'sche Landrecht war 1) und dass in einem geistlichen Lande, wie Churtrier, wohl offenbar keine die Bestimmungen des gemeinen Rechtes über die Rechtsfähigkeit der Domkapitel beengende gesetzliche Verfügung zu Tage getreten sein konnte.

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Die Gesetzeskraft des canonischen Rechts auf dem Gebiete des gemeinen Deutschen Civilrechts ist allgemein anerkannt. Thibaut sagt in seinem System des Pandectenrechts, nachdem er (I. §. 12.) die in Deutschland geltenden positiven Gesetze in recipirte und einheimische eingetheilt und als unter die ersteren gehörig das canonische Recht aufgeführt, Alle diese recipirten Gesetzsammlungen gelten schlechthin und im Ganzen als gemeines Recht in Deutschland, sofern ihnen nicht einheimische Gesetze und deren Analogien im Wege stehen, doch muss natürlich die Anwendung derselben stets wegfallen, wenn und wiefern der Gegenstand, worauf sie gehen, bei uns nicht vorhanden ist." Dass, um an diesen Ausspruch Thibaut's unsere specielle Frage anzuknüpfen, die betreffenden, unten näher zu besprechenden, Bestimmungen des canonischen Rechtes nicht wegen Mangel des Gegenstandes, worauf sie

1) Mittermaier a. a. O. Schulte à. a. O. §. 9.

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gehen, als beseitigt erscheinen können, ist darum klar, weil ja Dom capitel, darunter das zu Limburg, dermalen bestehen, Savigny sagt im Systeme des heutigen Römischen, Rechts I. §. 17. S. 75: „Ausser dem Römischen Recht kommt hier als Gesetz in Betracht das canonische Recht, in sofern es Römische Rechtsinstitute fortgebildet und modificirt hat. Denn auch dies hat eine gleich allgemeine Europäische Anerkennung gefunden, wie das, Römische." Offenbar hat nun, des canonische Recht das Römische Rechtsinstitut der juristischen Persönlichkeit in sofern fortgebildet, als es den Kreis der nach Römischem Rechte mit solcher Persönlichkeit begabten Vereinigungen (s. darüber Savigny a. a. O. II. S. 248-262.) erweitert hat. Puchta erklärt in den Pandecten § 5 Neben dem römischen Recht ist auch das canonische (nicht blos für kirchliche, sondern auch für weltliche Verhältnisse) gleicher Weise bei uns geltend geworden.“ Arndts bemerkt in seinem Lehrbuche der Pandecten §. 3.: „Das canonische Recht ist als gemeines Recht, nicht bloss für kirchliche Verhältnisse, recipirt worden, sowie es in verschiedenen im Mittelalter entstandenen, Sammlungen enthalten ist, die zusammen das s. g. corpus juris canonici (clausum) bilden." Wenn das canonische Recht, wie es that, den Domcapiteln juristische Persönlichkeit und Vermögensfähigkeit verlieh, so hat es damit sicherlich nicht bloss für kirchliche Verhältnisse verfügt, sondern eine in das Privatrecht eingreifende Bestimmung getroffen, die Theil des gemeinen Deutschen Civilrechts wurde, und daher in den Ländern, in welchen dieses Recht gilt, ebensogut Gesetzeskraft hat, als andere das Privatrecht betreffende Bestimmungen des canonischen Rechtes, Die Frage der Vermögensfähigkeit ist offenbar, wie auch Schulte in der mehrerwähnten Schrift S. 8. und in seinem System des Kirchenrechts (II.) S. 470. ausführt, eine Frage des Privatrechts. Sollte je bezweifelt werden wollen, dass die Anschauungsweise des canonischen Rechtes, der zufolge den Domcapiteln Vermögensfähigkeit, zukommt, auf die bisher dargelegte Art unbeschränkt in das gemeine Deutsche Civilrecht übergegangen sei, so lässt sich doch sicherlich unter allen Umständen kein Zweifel darüber, erheben, dass jene Anschauung für Limburg, welche Stadt ehemals einen Bestandtheil des geistlichen Territoriums von Churtrier bildete, mit Gesetzeskraft galt, und, da sie gesetzlich nicht beseitigt wurde, noch gilt.

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Dass die Dom capitel nach canonischem Rechte vermögensfähige juristische Persönlichkeiten, Corporationen sind, zeigt abgesehen von einzelnen Gesetzesstellen, schon die Geschichte. Es ist bekannt, dass als das hauptsächlich auf der durch

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Chrodegang, Bischof von Metz, entworfenen Regel beruhende gemeinschaftliche Zusammenleben des Cathedralklerus, die s. g. vita canonica, aufgehoben wurde, als die nach jener Regel gebildeten, der Aufsicht des Bischofs unterworfenen Congregationen des gedachten Klerus in selbstständige Körperschaften übergingen, auch die für den Unterhalt des Bischofs und des Cathedralklerus bestimmten Güter in bischöfliche Tafelgüter (mensa episcopalis) und Capitelsgüter geschieden wurden 1), dass die Domcapitel diese Güter fortan inne hatten, noch bedeutende Gütermassen dazu erwarben 2), und das in ihre Hände gelangte Gut mit voller Rechtswirkung und unangetastet besassen, ja da, wo sie ihres Besitzthums durch die Säcularisation nicht entkleidet wurden, noch besitzen. Selbst der Reichsdeputations-Hauptschluss vom 25. Februar 1803 hat, indem er in seinem S. 34. sagt: „Alle Güter der Domcapitel und ihrer Dignitarien werden den Domänen der Bischöfe einverleibt und gehen mit den Bisthümern auf diejenigen Fürsten über, denen diese angewiesen sind", indem er also den Domcapiteln ein Eigenthum beimisst, die Vermögensfähigkeit der Domcapitel klar anerkannt3).

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und hiermit wenden wir uns zum Nachweise, dass auch canonische Gesetze die Domcapitel, indem sie ihnen die auch sonst für juristische Personen gebräuchlichen Bezeichnungen geben, ausdrücklich als solche juristische Personen anerkennen zwischen Corporationen und Stiftungen. So sagt Savigny a. a. O. II. §. 86. S. 213. 214. Einige juristische Personen haben eine sichtbare Erscheinung in einer Anzahl einzelner Mitglieder, die, als ein Ganzes zusammengefasst, die juristische Person bilden; andere hingegen haben ein solches sichtbares Substrat nicht, sondern eine mehr ideale Existenz, die auf einem allgemeinen, durch sie zu erreichenden Zweck beruht. Die ersten nennen wir, mit einem aus dem Lateinischen erborgten Ausdrucke Corporationen, welcher Namen daher für die Bezeichnung der juristischen Personen überhaupt zu eng ist. Es gehören dahin zunächst alle Gemeinden, ausserdem aber auch die Innungen und ebenso diejenigen Gesellschaften, welchen die Rechte juristischer Personen verliehen sind. Die zweiten pflegt man mit dem allgemeinen Namen Stiftungen zu bezeichnen.

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1) Vgl. über diese Verhältnisse Walter, Kirchenrecht §. 141. Müller, Lexicon des Kirchenrechts II. S. 246 ff. Richter, Kirchenrecht §. 120. Schulte, System (II.) §§. 39. 99. Huller a. a. O. SS. 32–35. 42-48.

2) Huller a. a. O. S. 46.

3) Vgl. R.-D.-H.-Schl. §. 61.: „Die Regalien, bischöflichen Domänen, Domcapitel'schen Besitzungen und Einkünfte fallen dem neuen Landesherrn su. S. auch §. 71.

Die hauptsächlichsten Zwecke derselben bestehen in: Religionsübung (wohin die höchst manchfaltigen kirchlichen Institute gehören), Geistes bildung, Wohlthätigkeit 1)." Für die Stiftungen kennen die Rechtsquellen einen gemeinsamen Namen nicht; in neuerer Zeit nennt man sie pia corpora, piae causae 2). Der gemeinsame Name, den das Römische Recht den Corporationen beilegt, ist universitas. Rubr. Dig. lib. III. tit. 4. Quod cujuscunque universitatis nomine vel contra eam agatur 3). Gerade dieser Name wird vom canonischen Rechte, welches sich desselben auch sonst noch zur Bezeichnung von Corporationen bedient, den Domcapiteln beigelegt, wie z. B. aus c. 9. 14. X. de cler. non resid. III. 4. erhellt. In der ersten Stelle nennt Innocenz III. das Capitel von Ragusa, in der letztern Honorius III. das von Metz „universitas“.

Nachdem, wie bisher dargelegt wurde, das geltende Rechtssystem selbst im Allgemeinen die Domcapitel für juristische Personen erklärt hatte, bedurfte es natürlich einer Verleihung von Corporationsrechten an die einzelnen Domcapitel auf dem Boden des gemeinen Deutschen Rechtes durchaus nicht mehr. Es liegt in der Natur der Sache und ist auch allseits anerkannt, dass juristische Personen ebensowohl in Folge einer allgemeinen Rechtsvorschrift bestehen, als durch einen besonderen Act der Staatsgewalt geschaffen werden können. So sagt z. B. Puchta Pand. §. 28. Die Entstehung einer juristischen Person hat zwei Voraussetzungen, 1. das Dasein der Thatsache, welche die Unterlage desselben bildet u. s. w., 2. eine Rechtsvorschrift, welche diesem Subjecte die Persönlichkeit beilegt; diese aber kann a. eine Rechtsregel sein (ebenso wie bei den natürlichen Personen), welche also nicht blos einen individuellen Fall betrifft; hier ist in dem einzelnen vorliegenden Falle nur zu untersuchen, ob die Voraussetzungen des Rechtsgesetzes vorhanden sind und dies ist ein Gegenstand richterlicher Thätigkeit; b. eine Concession (constitutio personalis), die nur für die einzelne juristische Person gilt, die dadurch errichtet wird.“

Es scheint uns dem Bisherigen zufolge klar zu sein, dass, wenn in einem Gebiete, wo gemeines Deutsches Recht gilt, ein Dom capitel in rechtlicher Weise besteht oder entsteht, demselben die Eigenschaft einer vermögensfähigen juristischen Persönlichkeit nicht abgesprochen werden kann.

Offenbar von dieser Anschauungsweise ausgehend sagt Savigny

1) Vgl. Puchta, Pand. §§. 26. 27. Huller a. a. O. S. 1 ff.

2) Savigny a. a. O. II. S. 262 ff.

3) Vgl. 1. 1. pr. §. 1. 3. 1. 2. 1. 7. §. 2. eod.

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