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Schedelschen Chronik geht hervor, dass von den 571 Exemplaren, welche noch nicht zur Verrechnung gekommen waren, nur 37 gebunden waren. Die Geschichte der Büchereinbindung jener Zeit harrt noch einer Darstellung1; die aus jener Zeit auf die Gegenwart gekommenen Einbände Kobergerscher Werke sind durchweg verziert, kräftig mit lederüberzogenen Holzdeckeln, in welche die kräftigen Schnüre der Rückenbindung eingearbeitet sind, zum Teil mit Beschlägen, Schließen und Ketten2, kurz ganz den Einbänden gleich, welche Mönche und Buchbinder schon vor der Erfindung der Buchdruckerkunst namentlich auch in Nürnberg, das sich durch seine Lederskulpturen Ende des 15. Jahrhunderts auszeichnete, gefertigt haben, kunstvoll, kernfest und auf die Dauer.

11. Einstellung der Druckerei.

Die bei Betrachtung der Druckherstellung angezogenen eignen Äußerungen Kobergers betrafen nur Werke fremder Pressen, weit bedeutsamer aber als alle erwähnten Druckereien war die eigne Kobergers, deren Wirksamkeit jedoch bald nach Ablauf des Jahrhunderts abschloss. Gegen Schluss des Jahrhunderts dachte Koberger den Druckbetrieb einzustellen; er schrieb in trübseliger Zeit gegen Fasten 1500:,Ich habe meine Werkstatt ganz abgestellt und drucke gar nichts.' Ein Schneeberger Chronist3 berichtet, Koberger habe zu Ende des 15. Jahrhunderts der Pest wegen Nürnberg verlassen und seine Druckerei nach Schneeberg verlegt, sei aber nach zwei Jahren wieder nach Nürnberg gezogen; vielleicht liegt eine Verwechselung des mit Schneeberg eng verbundenen erzgebirgischen Annaberg mit dem fränkischen Amberg vor, wohin er 1494 geflüchtet war, vielleicht mit der Druckerei. Öfters suchten die Drucker samt ihren Pressen an fremden Orten Zuflucht; so berichtete Grüninger in Straßburg 1524 seinem Verleger Hans Koberger, nachdem er das

tolle Treiben der Reformationsunruhen geschildert hatte: ,Ist Sorge, es werde ein Interdikt und die Acht herkommen, haben sich viel gerüstet wegzuziehen; also habe ich eine Behausung auch bestellt zu Zabern bei dem Bischof, eine Zeit da zu drucken, so sich Solches begäbe. Der Wegzug ist nicht erfolgt, obgleich Grüninger im folgenden Jahre neues Unheil zu berichten hatte, von den Bilderstürmern und allerhand Unglücksfällen von Buchdruckern. Koberger hat doch nicht mit dem Schlusse des 15. Jahrhunderts, welcher für die Gegenwart im allgemeinen als Abschluss der Zeit der Wiegendrucke gilt, den Druck endgültig eingestellt; zunächst setzte er ohne bemerkbare Unterbrechung die Arbeit fort und druckte in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von Büchern, aber mit dem Jahre 1504, also noch in der vollen Blütezeit des jugendlichen Heldenalters der Druckkunst, hörte seine Druckthätigkeit plötzlich auf. Das letzte eigne Druckwerk, der Schlussband einer Ausgabe des Corpus juris, die Novellen, ist am 17. Juni 1504 als einziges Werk dieses Jahres vollendet worden. Am 1. Dezember zuvor war ein neuer deutscher Krieg ausgebrochen, von da ab hat Koberger kein neues Werk mehr gedruckt.

Es war nicht der Krieg allein, welcher ihn veranlasste das so ehrenvoll und erfolgreich betriebene Druckereigewerbe aufzugeben, noch auch sein höheres Alter, denn alljährlich entsprossten dem kräftigen Stamme neue Kinder; er folgte vielmehr, wenn auch äußerlich vielleicht durch den Mangel erwachsener in die Arbeit eintretender Söhne veranlasst, einer Entwickelung der Zeit, welche Verleger und Drucker zu scheiden begann.

12. Druck durch fremde Pressen.

Das Drucken war nach halbhundertjähriger Übung nicht. mehr eine angestaunte Kunst, sondern ward zum bürgerlichen Gewerbe Die gesellige Stellung der Druckerherren wurde.

verschieden aufgefasst; wollte nach Platners Bericht die emporgekommene Frau des Buchführers Ruprecht Winter gern eine Druckerherrnfrau sein, da sie sah wie der Druckerherren Weiber so eine Pracht trieben, so waren Andres Cratander und sein Sohn Polycarpus, deren Druckerei Winter und Genossen kauften, Buchführer geworden, dieweil seine Frau nicht mehr mit der Sudlerei, wie sie sagte, wollte umgehen. Unter den Patriziern Nürnbergs dürfte die letztere Saite angeklungen haben, wie denn Anthoni Kobergers kurze Zeit nach Aufgabe des eignen Druckes bestätigte Aufnahme in das Patriziat nicht wohl bei Unterhaltung einer Werkstatt zulässig gewesen wäre. Die Hauptsache jedoch war, dass die Bedeutung des Verlegers als Unternehmers in den Vordergrund trat.

Die Vereinigung von Druck und Verlag, an sich naturgemäß in der Jugendentwickelung eines neuen Gewerbes, dessen Arbeitsteilung sich noch nicht vollziehen konnte, entsprach ganz der auf sich selbst beruhenden Thätigkeit Anthoni Kobergers, doch ist diese Vereinigung in Einer Person infolge der besonderen Handels- und Gesellschaftsverhältnisse bei Ausgang des Mittelalters sicher nicht so üblich gewesen, als man bisher anzunehmen geneigt war. Die angebliche Arbeitseinheit von Drucker und Verleger hat vielmehr ihren Grund darin, dass nur der Drucker mit seinem Namen vor die Welt trat. Erst in Anthonis letztem Jahrzehnte begannen die Drucker unter dem umgestaltenden Einflusse der Zeit den Verlegern die gebührende Ehre der Namensnennung zu gewähren. Anthoni Kobergers Verlegernamen neben dem des Druckers tragen jedoch nur sechs fremde Druckwerke in den Jahren 1509 bis 1513 (1 Straßburg, 5 Lyon).

Die Nachfolger traten gar nicht als Drucker, sondern nur als Verleger auf; von Hans Koberger schrieb Dr. Christoph Scheurl am 30. Mai 1517 an Erasmus Stella: Bei den Deutschen hält Koberger den Prinzipat straff aufrecht, aber er selbst druckt nichts'; er ließ, soweit die Werke selbst hiervon Kunde geben, in den Jahren 1510-1525 33 Werke durch fremde Pressen in Nürnberg, Hagenau,

Straßburg und Basel, in Paris und Lyon drucken; in gleicher Weise Anthoni Koberger der Jüngere 1515-1522 15 Werke in Nürnberg und Lyon1.

Auf Grund zweier2 Nürnberger Werke (1516 u. 1521), welche die Bibliographen als von den späteren Kobergern gedruckt anführen, hat man Hans und Anthoni d. J. als selbständige Drucker betrachtet; beide fehlen aber in den. Verzeichnissen Nürnberger Buchdrucker, deren Namen seit 1513 jährlich ins Ämterbüchlein gesetzt wurden; zu jener Zeit waren die folgenden sechs geschworene Buchdrucker, Jorg Stüchs, Jheronimus Holtzel, Hans Stüchs, Adam Dion, Fritz Beypass, Jobst Gutknecht.'

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Von diesen Nürnberger Buchdruckern Johann WeyBenburger wird nur 1503-1513 genannt waren Hieronymus Höltzel, Adam Dion und Jobst Gutknecht kaum für die Koberger thätig; Hieronymus Höltzel, ein unruhiger Kopf, wohl insgeheim ein böhmischer Ketzer, hat zwar Bedeutsames unternommen, aber Anfang 1526, nach der Thätigkeit eines vollen Menschenalters, hatte er so völlig abgewirtschaftet, dass sein Diener Michel Kalber beim Stadtgericht wegen schuldigen,Lidlons' ein Verbot erlangte, dem. entsprechend der Rat beim Bischof Gabriel von Eichstätt die Bezahlung des gedruckten Missale für den Diener, den Eidam Hans von Frankfurt, welcher das Werk vollendet hatte. den Drucker Hans Peypus und Kaspar Weydell mit Beschlag zu belegen suchte 5; Adam Dion trat weniger als Buchdrucker, sondern mehr als Buchführer hervor, Jobst Gutknecht war hauptsächlich Drucker volkstümlicher Kleinlitteratur.

Georg Stuchs, vermutlich ein Verwandter des seit 1447 zu Nürnberg sitzenden Orgelmeisters Friedrich Stuchs, gleich zu Beginn seiner Thätigkeit, seit 1484, für Anthoni Koberger als Drucker thätig, trat bis 1517 auch als selbständiger Drucker auf; sein Sohn Hans, bis 1522 als Drucker genannt, arbeitete 1516-1519 für den jüngeren Anthoni. Der Hauptdrucker der Koberger in Nürnberg war der erst sechs Jahre nach Einstellung der Kobergerschen Werkstatt auftretende

Hase. Koberger.

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Friedrich Peypus; er scheint als Nürnberger Drucker der eigentliche Nachfolger Kobergers gewesen zu sein, wie er auch die Bestände der am Schlusse des Jahrhunderts erloschenen Creußnerschen Druckerei besaß. Kobergers schöne gotische Type, einst zu den großen volkstümlichen Werken, der deutschen Bibel, des Schatzbehälters u. a. verwandt, besaß er später; die erste höchst prächtige Nürnberger Ausgabe von Luthers Neuem Testamente ist es, zu welcher nach vier Jahrzehnten die Schrift der alten deutschen Bibel wieder Verwendung fand. Friedrich Peypus, welcher wohl engere Beziehungen zu dem Kobergerschen Geschäfte gehabt haben mag, als die Druckangaben von 1517-1523 erkennen lassen, wirkte noch 1535; er und der seit 1524 auftretende Johannes Petrejus, Hans Peterlein aus Hammelburg, wohl dem Baseler Hans Petri verwandt, kamen um das Jahr 1531 allein als Buchdrucker in Nürnberg in Betracht; von dem letzteren, welcher sich in einen gewissen Gegensatz zu den Kobergern setzte, berichtete sein Schwager Neudörffer, dass er Magister Artium und der Druckerei von seinen Freunden her zugethan gewesen sei, dass er selbst Deutsch, Latein und Griechisch korrigiert habe und nicht allein seines Handels und Druckens fleißig, sondern auch alle Instrumenta und was zur Druckerei gehörig, von der Hand zu machen künstlich gewesen sei. Am 18. März 1550 ist der tüchtige Mann gestorben 2.

Die Thätigkeit Anthoni Kobergers hatte bei seinen Lebzeiten keinen andern Drucker aufkommen lassen, die Einstellung des eignen Druckes hatte tüchtigen Meistern freiere Hand gegeben, nach Erlöschen der Kobergerschen Verlagsthätigkeit verödete mit dem Nürnberger Buchhandel gelehrter Richtung auch der Buchdruck.

Von auswärtigen deutschen Druckorten arbeitete neben Hagenau und Straßburg vornehmlich Basel für die Koberger, im Ausland Paris, namentlich aber Lyon.

Neudörffer erwähnt, dass Koberger, eine sonderliche Druckerei in Frankreich zu Lyon, da er dann viel schöner großer Werk in beiden Rechten drucken ließ, gehabt habe.

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