Page images
PDF
EPUB

liche Zensoren und Superattendenten für das gesamte römische Reich einzuführen1, die Zensur nach eigenen politischen Erwägungen; daran änderte weder der Speiersche Reichstagsabschied von 1529, noch dessen Ausführung im Augsburger Abschied von 15302 etwas, auch nicht das nach der unglücklichen Schlacht von Mühlberg unterm 30. Juni 1548 erlassene allgemeinere Regeln anstrebende Edikt Karls V.

Das aber konnte der Nürnberger Rat getrost behaupten, dass seine Bürger, die Koberger, dem heiligen römischen Reiche mit ihrem Buchhandel reiche Frucht dargebracht haben.

III. VERTRIEB.

1. Käuferkreis und Absatzgebiet.

Die Umgestaltungen und Neubildungen, welche das Erstehen einer neuen Zeit aus dem Schoße des Mittelalters bedeuteten, sind für die Entwickelung des Buchhandels im engern Sinne, d. h. für den Vertrieb der Bücher, von größtem Einflusse gewesen. Die Geschichte des Buchhandels wird deshalb, auch wenn sie sich auf ihre naturgemäße Aufgabe beschränkt, die Bewegungen des Büchermarktes und die Umgestaltungen des Geschäftsbetriebes zu verfolgen, doch die sich ablösenden Geistesentwickelungen im einzelnen in das Auge fassen müssen. Scholastik, Humanismus und Reformation, diese drei gewaltigen in der Herrschaft sich ablösenden Geistesreiche, boten durchaus verschiedene Grundlagen für den Buchhandel, indem sie andere Kreise zur Litteratur, beziehentlich als Bücherkäufer heranzogen, das örtliche Absatzgebiet verschieden weit absteckten und eine dem jeweiligen Bedürfnisse entsprechende Betriebsweise des Buchhandels schufen.

Die Litteratur der Scholastik wandte sich zumeist an die Geistlichen; fast ausschließlich die Geistlichkeit stellte zu jener Zeit die Bücherkäufer. Der in der Zeit der Aufklärung aufgekommene Aberglaube, die Geistlichkeit sei der neuerfundenen Druckkunst von vornherein missgünstig entgegengetreten, hat ebensowenig Grund wie die poetische Auffassung der Jubelfeierdichter, Gutenberg habe die Brandfackel des

neuen Geistes in die Welt werfen, der finstern Klerisei ein Licht anzünden wollen. Der große Erfinder hat dem Bedürfnisse der Kirche dienen wollen und gedient, die Kirche aber hat die Erfindung nicht nur freudig, sondern auch opferfreudig begrüßt und gepflegt, solange sie ihr dienstbar

blieb.

[ocr errors]

Es ist bezeichnend, dass, wie in den Zeiten des Handschriftenhandels, z. B. in Straßburg 14081, gerade an den Kirchthüren mit Vorliebe Bücher feilgeboten wurden. Als 14822 der Rat von Straßburg die Buchhändler am Münster von dannen getrieben hatte, verwahrte sich hiergegen Markgraf Friedrich von Baden, Kanonikus zu Trier als Pförtner des hohen Stiftes Straßburg. So ist es auch nicht ein fremdes oder neues Vornehmen, sondern an andern Enden, auf vielen Stiften, auch gewöhnlich, dass man an solchen Stätten vor den Greten und Kirchthüren Bücher feil hat, und die an den Enden weiß zu finden.'

Der bekannte Abt Trittenheim 3, welcher an der Thätigkeit der Koberger und ihrer Baseler 5 Freunde lebhaften Anteil nahm, hat seiner Freude über die neuerfundene Kunst oft beredten Ausdruck gegeben: ,Es strotzt heutzutage von Bänden die Welt, und so viele Bücher treten täglich ans Licht, dass Niemand alle lesen kann. Denn die Kunst, welche die Druckkunst genannt wird und zur Zeit meiner Kindheit bei Mainz erfunden worden ist, bringt fast unzählige Bände der Alten und der Neuen tagtäglich ans Licht. So viele Bände der Alten und Neuen kommen ans Licht, dass schon für einen mäßigen Preis jeder Beliebige ein Gelehrter sein kann. Das sind wahrlich goldene Zeiten, in denen das Studium der guten Wissenschaften, durch viele Jahre vernachlässigt, wieder erblüht ist. Ich aber will nicht, dass Du von weltlicher Litteratur mehr schöpfest, als nötig zur Erlangung des Verständnisses der heiligen Schriften.' Das, wie man sieht, doch eigenartig eingeschränkte Interesse des scholastisch gelehrten Abtes bethätigte sich thatkräftig in der Bibliothek, welche er von 1480-1504 zu Sponheim für 1500 Dukaten erwarb. Dieses Beispiel steht nicht vereinzelt da, die Teil

nahme der Geistlichen an dem litterarischen Bedarfe jener Zeit war eine allgemeine; der Humanismus hat deren Blößen schonungslos aufgedeckt, die Faulheit der träge auf der veralteten Wissenschaft ruhenden hart gescholten, und doch hatte fast der gesamte großartige Bücherverlag des 15. Jahrhunderts die Befriedigung ihrer litterarischen Bedürfnisse zum einzigen Zwecke1. So war auch der Käuferkreis, welchen Anthoni Kobergers Thätigkeit vornehmlich im Auge hatte, die theologisch gebildete Gelehrtenwelt in Klöstern und auf Universitäten. Koberger selbst hat Amerbach gegenüber gegen Ostern 1503 in einer derb geschäftlichen Äußerung den Geistlichen 2 als Bücherkäufern ein gutes Zeugnis ausgestellt: Man hat die Pfaffen so ganz ausgeleert mit den Büchern, so viel Geldes von ihnen gezogen, dass sie nicht mehr daran wollen.'

Verleidete der Humanismus einem guten Teile der Geistlichen den Geschmack an der abgestandenen Litteratur der Scholastik, so bot er dafür nicht nur diesen Besseres, sondern er zog auch, wie aus den Humanistenbriefen allenthalben, namentlich auch für den Verkehr der Koberger, zu ersehen ist, einen neuen wichtigen Kreis von Bücherkäufern mehr als bisher heran, die Laien höherer Bildung, während bald darauf die Reformation die Gesamtheit des Volkes zur litterarischen Anteilnahme veranlasste und dem Buchhandel als Bücherkäufer zuführte.

In umgekehrtem Verhältnisse zur Erweiterung des Käuferkreises steht der Wandel des Absatzgebietes. Die lateinische Litteratur der Scholastik, in der Hauptsache auf die Kreise theologischer Bildung beschränkt, hatte als Absatzgebiet die gesamte Welt, und dieses Gebiet wurde thatsächlich von dem in Deutschland sesshaften Verlage und den von ihm ausgegangenen Sendboten beherrscht. Noch galt ja dies Weltgebiet halbwegs als ein einheitliches Staatengebilde; die Fiktion, dass der Kaiser der Herrscher des Weltreiches sei, prägte sich noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts so mächtig aus, dass die im selbstbewussten Frankreich veranstalteten Ausgaben des Corpus juris, wie sie noch Koberger zu jener

Zeit im Auslande vertrieb, den römischen Kaiser als höchIsten Rechtsherrn ehrten 1.

Auch der weitere Kreise in sein Interesse ziehende Humanismus sprach eine Weltsprache; Pirckheimer hob deshalb mit Recht von seinem lateinischen Ptolemäuswerk hervor: ich achte gänzlich, es werde mit Nutz und bald vertrieben werden, weil es in alle Länder dient'. Die Entwickelung des neuen humanistischen Geistes erfolgte in den verschiedenen Ländern nicht gleichzeitig und nicht gleichartig; es trug deshalb die humanistische Litteratur und der ihr dienende Buchhandel der einzelnen Länder ein verschiedenes nationales Gepräge, die Absatzgebiete begannen sich zu sondern, und da die Deutschen auf dem Gebiete einer aus italienischem Geiste heraus wiedergeborenen Litteratur den Weltmarkt nicht mehr zu beherrschen vermochten, so ward das Absatzgebiet des deutschen Buchhandels enger begrenzt.

Die Reformation, urdeutschen Gepräges, zog zwar das ganze Volk zu der neugeschaffenen nationalen Litteratur heran, schränkte aber, indem sie dem deutschen Buchhandel eine neue großartige Aufgabe wies, zugleich sein Absatzgebiet auf dessen natürliche Grundlage ein, auf das deutsche Volk.

Die Höhe des Absatzes ist aus der Reihe von Auflagen zu ersehen, welche Koberger von manchen Werken bald hintereinander drucken konnte; diese Auflagen waren selbst bei den wuchtigsten Werken nicht klein. Man hat aus den kleinen Auflagen von 275-3co Exemplaren 2, welche Sweinheim und Pannartz in Subiaco und Rom gedruckt haben, einen Schluss auf den allgemeinen Brauch gezogen; diese ausgezeichneten Buchdrucker waren aber nicht ebenso tüchtige Buchhändler; sie beherrschten kein genügendes Absatzgebiet und gingen an der Kleinheit ihres Absatzes und ihrer Auflagen zu Grunde. Am fünften Bande ihrer Lyraausgabe von 1471-1472 erlahmten ihre Kräfte, ein venedischer Drucker wagte ein Jahrzehnt darauf noch zwei Auflagen, von da nahm Koberger das Werk in die Hand: 1481, 1485, 1487,

« PreviousContinue »