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Als der Gewaltige, wie ihn Rudolf von Liebegg besingt:
Fidei defensor ubique

Quem timuit Rodanus, Trax, Frix, Dacus atque Bohemus Renus et Herydanus, Nilus, Thyberisque supremus“ zu Windisch erschlagen war, glaubten sich die Lombarden befugt, von sich aus neue Zölle einzuführen, wie wir diesem Unfuge in Italien in der Zeit der Visconti mehrmal begegnen, z. B. Nr. 120, 150, 202, 212, 214, 222, 231, 240.

Neue Zölle führte aber auch Heinrich von Luxenburg 1310 als römischer König auf dem Rheine ein (Nr. 84, 86, 92). Unter ihm, als Kaiser, erscheint (Nr. 94) der Zoll in Ure Anfangs des Jahres 1313 schon so bedeutend, dass er (obwohl die Unterhaltungskosten der Strasse und des Geleites auf dieser Reichsstrasse, laut König Rudolfs Landfrieden, vom Zollherrn zu tragen waren) über hundert Mark Silber jährlich dem damit belehnten Grafen Wernher von Homberg, Herrn zu Rapperswyl, eintrug. Sicher stiegen die Auslagen für die Strassen und Brücken auch für den Zollner zu Flüelen wenigstens eben so hoch. Leider sind weder alte Zolltarife noch Abrechnungen hievon übrig.

Wenn auch die grossartigen Ereignisse, die unsere St. Gotthards-Strasse als Verbindungsmittel der Eidgenossen mit Mailand herbeiführte, einer spätern Zeit angehören, so soll dem Leser hier doch angedeutet werden, wie Matheo Visconti, der seit drei Jahren durch die welfischen Torriani mit seinem Hause aus Mailand verbannt war, wieder zur Herrschaft von Mailand gelangte.

König Heinrich, der im Frühling 1309 und 1310 unsere obern Lande besucht und den Waldstätten am See ihre Freiheiten bestätigt, auch zu Speier (Nr. 85) von Welfen und Ghibellinen Italiens Botschafter empfangen hatte, entschloss sich, seine Romfahrt anzutreten, um die Kaiserkrone zu empfangen und dem in Parteiung zerrissenen Italien Frieden zu bringen.

Da er mit den Herzogen von Oesterreich nicht auf traulichem Fusse stand, wagte er nicht, durch ihre obern Lande

den kürzesten Weg über die Alpen zu nehmen (Nr. 87), sondern folgte der Einladung des Grafen von Safoy und ging über Lausanne, den grossen St. Bernhardsberg und Asti.

Der junge Habsburger, Herzog Lüpold von Oesterreich, war den 4. November 1310 noch mit Ausrüstung seines Gefolgs zu dieser Romfahrt beschäftigt (Nr. 88) und möchte also den nähern Weg nach Mailand eingeschlagen haben, um zu König Heinrich zu gelangen.

In Asti, wo König Heinrich einen längern Aufenthalt machte, kam nebst vielen andern Herren aus Lombardien auch Matheo Visconti, um den König zu bitten, dass er ihn, den Verbannten, nach alter Sitte, wieder in seine Vaterstadt einführe.

Guido della Torre, der vom Senate auf ewig eingesetzte Herr von Mailand, versuchte, schon so bald er des Königs Reise nach Italien sicher war, die Herren in Lombardien gegen ihn in Waffen zu bringen, fand aber keinen Anhang. Unschlüssig vertraute er auf Mailands Widerwillen gegen die Deutschen. Als König Heinrich im December Vercelli verliess, um in Mailand einzureiten, strömte eine solche Menge Volkes dem Luxenburger zum Empfange entgegen, dass auch Guido della Torre für gut fand, beim Empfange, wenn auch der Letzten einer, nicht zu fehlen. König Heinrichs erste Sorge in Mailand war die theatralisch öffentliche Aussöhnung der Torri und Visconti, die seit 60 Jahren sich befehdet hatten. Dieses Schaustück, sowie die Einsetzung eines Reichsstatthalters für Mailand in der Person Nicolo Bonsignoris (Nr. 91) mussten Guido und seines Hauses Mitglieder vollständig überzeugen, dass unter diesem Könige ihre Herrschaft über Mailand nicht wieder aufblühe. Sie versuchten den verzweifelten letzten Schritt, erregten einen Aufruhr gegen die Deutschen, wie Mailands Volk annahm, im Einverständnisse mit den Viscontis. Wahrscheinlich ') hatte der schlaue Matheo aber seinen Feinden nur eine Falle gestellt; er erhielt von Kaiser

1) Bonincontro Morgia's Chron. von Monza.

Heinrich im Juli 1311 für 40,000 Goldgulden die Würde des Reichsvicars über Mailand und dessen Gebiet1).

Kaiser Heinrich, der u. A. auch für die Orelli und Muralt als Hauptleute des Reiches (Nr. 90) eine Bestätigung ihrer Reichslehen in Locarno ausgestellt, starb den 24. August 1313 in Bonconvento.

Inzwischen waren Albrechts I. von Oesterreich Söhne herangewachsen und suchten die Reichskrone, die Grossvater und Vater getragen, auf das Haupt Herzog Friederichs des Schönen zu bringen. Die Kurfürsten wählten aber nebst Friederich auch Herzog Ludwig den Bayer als deutschen König und diese zwiespaltige Wahl erregte vorab in unsern obern Landen, zwischen den von Ludwig dem Bayer begünstigten drei Ländern und dem österreichischen Lucern lange Wirren, so dass letztere Stadt ihren in's Ausland Handelnden am 13. Juli 1315 eine Warnung gegen Verlust (Nr. 98) ausstellte.

Die deutsche Erneuerung des Bundes der drei Länder, den 9. December nach dem Siege bei Morgarten ausgestellt, sowie der an Ure gerichtete Brief des Zollherrn von Flüelen (Nr. 99 und 100) sagen uns, dass man auch damals da oben Verkehr von Politik wohl so gut als am Rheine zu unterscheiden wusste (Nr. 93 und 95); doch scheint in dieser wirren Zeit der Transit über den St. Gotthardsberg, wie der Mangel urkundlicher Nachweise andeutet, kein sehr reger gewesen zu sein.

1) Giuilini VIII.

1.

1231, Mai 1. Cividale in Friaul.

Kaiser Friederich II., zu dessen Erhöhung, 19 Jahre früher, da er, als sog. apulisches Kind, auf der Splügenstrasse (laut Quadrio Valtellina und Huillard-Breholle's IV) ohne Kriegsmacht in den Thurgau kam, um Kaiser Otto zu stürzen, die Grafen von Habsburg und Rapperswyl, die wir später als Vögte zu Ure, Göschenen und Ursern sehen, ihm mit Kriegsvolk zugezogen, hält zu Cividale mit dem deutschen Könige Heinrich, seinem Sohne, „tempore, quo Mediolanenses et alii quam plures Lombardi se manifeste opposuissent imperio" eine Besprechung.

(Cod. tradit. Weissenaugiensium in der Bibl. Vadiana zu St. Gallen.) Kaiser Friederich war damals schon sehr unzufrieden mit der eigenmächtigen Regentschaft seines Sohnes in Deutschland, und auch unbedeutende Acten Heinrichs mussten der Bestätigung des Kaisers unterbreitet werden; so z. B. die Veräusserung der Pfarrei Bregenz1), über welche Heinrich, wohl als Herzog von Schwaben, zu Gunsten Weissenau's, wo die Reichsinsignien damals verwahrt wurden, verfügt hatte.

König Heinrich gelobte dem Kaiser Treue und Gehorsam und wurde zu Gnaden aufgenommen.

2.

1231, Mai 26. Hagenau.

vom

König Heinrich, Friedrichs II. Sohn, macht die Grafen Rudolf dem Alten losgekauften Urner zu freien Reichsleuten.

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Heinricus Dei gratia Romanorum Rex semper Augustus. Fidelibus suis universis Hominibus in valle Uranie constitutis,

1) Würtemberg. Urk.-Buch III, 307.

quibus presens litera fuerit ostensa gratiam suam et omne bonum, Volentes semper ea facere, que ad vestrum comodum vergere poterunt et profectum et ecce vos, redemimus de possessione Comitis Rudolphi de Habsburg1) promittentes vobis, quod vos nunquam a nobis vel per concessionem seu per obligationem alienamus. Sed semper vos ad usus nostros et Imperij manutenere volumus et fovere.

Monemus igitur universitatem vestram sincerrimo cum affectu, quatenus super requisitione nostre precarie et solutionis credatis et faciatis, que fidelis noster Arnoldus de Aquis vobis dixerit vel injunxerit faciendum ex parte nostri, ut promtam vestram fidelitatem debeamus commendare qua ipsum ad vos ex providentia consilij nostrj duximus destinandum. Datum apud Haginow vij kl. Junij Indictione quarta.

stellen.

"

Circumscriptio orbis Sigillj:

HEINRICVS DEI GR. ROMANORVM REX.

DVX SVEVIE." (interius.)

Tschudi Chron. I, 125.

J. L. A. Huillard-Breholles hist. dipl. Heinrici VII, IV, I, 463.) Original ist vermisst, doch suchte ich Rechtschreibung wieder herzu

1. König Heinrichs Ausdruck: „er wolle immer thun, was den Urnern Nutzen und Bequemlichkeit bringen könne, zeugt, wie der Loskauf von der Reichsvogtei des alten Grafen Rudolf von Habsburg über Ure, von einem sehr freundschaftlichen Verhältniss des Königs zu Ure. Ohne Anlass und Gründe hat sich dieses fürstliche Wohlwollen gegen meist noch leibeigene Gotteshausleute in einem damals noch wenig bekannten Alpenländchen sicher nicht gemacht. Zeitbücher dieser Epoche schweigen hierüber und nöthigen uns daher, den Weg historischer

1) 1229, 23. October, sehen wir den Grafen Rudolf vor Hartmann von Kyburg zu Uberlingen bei König Heinrich. Dass derselbe in des Königs Huld geblieben, bezeugt Alberts von Habsburg, seines Sohnes, wiederholtes Erscheinen bei König Heinrich.

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