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Jahrhunderten nicht so häufig zu geschehen pflegt, dass, wie. noch Tacitus berichten konnte, die Frauen unmittelbare Zeugen der Tapferkeit der Männer in den Schlachten sind, so ist doch dem Germanen als Erbtheil aus der grauen Vorzeit jenes tief innewohnende Gefühl verblieben, das sich in der Hochachtung vor dem aufopfernden Weibe offenbart.

Die Freunde einer farbenreichen Geschichte unserer Vorfahren mögen es bedauern, dass die Kritik so unerbittlich alle diejenigen Züge von dem Bilde der Schlacht am Stoss entfernt, welche ihm bisher, nach ihrem Urtheil, Leben und Anmuth verliehen haben. Gewiss bin ich weit entfernt, diesem Bedauern alle und jede Berechtigung abzusprechen. Aber die Forschung darf sich durch äussere Rücksichten nicht beirren lassen, ihr hohes Ziel der Herstellung eines treuen unverfälschten Bildes von der Entstehung und Ausbildung unserer alten republikanischen Staatswesen muthig zu verfolgen. Was vor ernster Prüfung nicht bestehen kann, muss seinen Platz räumen, ob es ihn bisher auch noch so anspruchsvoll behauptet habe. So sind auch die Befreiungskämpfe der Waldstätte unlängst der sagenhaften Form entkleidet worden, mit welcher das Volk und die Gelehrsamkeit des 15. Jahrhunderts in Verknüpfung trüber Ueberlieferung und populären Mythenstoffes sie umhüllte. Hier wie dort ist ein schlichtes Bild geblieben, das jeder bunten Zier entbehrt, aber in seinen wenigen markigen Zügen den Stempel der Wahrheit trägt.

Beilagen.

I.

Bericht der St. Galler über die Ereignisse vom 16. und 17. Juni 1405.

St. Gallen, 19. Juni 1405.

Unser früntlich willig dienst tsevor. Wüssent liebe frünt daz unser herr von Oesterrich und die von Costenz uff den vergangnen Cinstag uff uns gezogen sint wol mit sechs tusent mannen oder me; die haben wir laussen ziehen durch unser letzinen in und also hant sie sich geslagen zu unser stat uff den berg und hant uns 'da gewuest und gebrent was si da funden, als das si uns getuon mochten. Da haben wir mit in gescharmützt und haben in an dem scharmützen wol XV man erschossen und erschlagen. Und als si uff die mitwochen fruo enweg wolten ziehen, do branten si uns uff dem berg was wir dannocht da hatten, und triben die von Rotwil an uns, daz wir irem burgermaister und noch einem gelait in unser stat gebin. Das taten wir, aber si kamen nit zu uns und branten ir hütten und brachen uff und zugen von uns. Und als si von uns zugen, do ilten wir inen nach untz an unser letzi und griffent si an und habin XXXVI erstochen, die uff der waltstatt ligent. Dennoch hant si etwa vil enweg gefuert, da wissent wir nit wie viel dero ist. Also hat es got aigenlich mit uns gehebt und uns sin hilff geboten. Wir haben ouch den von Schaffhusen ir paner entwert und an gewunnen.

Wissend ouch, lieben frünt, daz ouch uff dieselben mittwochen wol vier tusent man uss dem Rintal an den Stoss gegen Appentzell gezogen sint. Also hant die von Appentzell wol tusent man laussen ziehen in ir letzi und hant si da angriffen und vil erschlagen, daz si ietzo hant ob III hundert pantzern an der bütung und findent all tag me, so sint ir vil ertrunken. Da tuont so wol, lieben frünt, und verkündent das den von Zürich und andren, won wir nit weg haben mugen. Lieben guten frünt, wir bitten üch gar ernstlich, ob ir üt hörint da von uns schad zuo möcht komen, daz ir uns das bi tag

und bi nacht verkündint uff unsern kosten durch unsers ewigen dienstz willen, als wir üch des sunderlich wol getruwen. Geben an dem nechsten fritag nach unsers herren fronlichnamstag anno millesimo cccco quinto.

Staatsarchiv Zürich, bez. Nr. 328926 ohne Adresse. Mitgetheilt von Herrn Staatsarchivar Strickler.

II.

Bündniss der Hofleute und Bürger von Altstätten, Berneck und Marbach mit den Bürgern der Stadt St. Gallen und den Landleuten von Appenzell. Altstätten, 24. Juni 1405.

Wir, die hoflüt und die burger alle gemainlich arm und rich der statt ze Altstetten und wir, die hoflüt alle gemainlich ze Bernang und ze Marpach, gelegen in dem Rintal, tüen kunt und veriehent offenlich für (uns) und für alle unser erben und nachkomen mit disem brief allen die in sehent oder hörent lesen. Alz mänglichem offen und ze wissen ist von sölicher grossen gebresten und schaden, so uns von herschaft und von andern (lüten täglich beschiht, angeraicht und beschadgot werdent wider rechtz: hierumb so haben wir uns ainhelleklich mit wolbedachtem muot geaint, verstrikt und verbunden uns ze frid und ze gemach, ainen und verbinden uns mit urkund und kraft dis gegenwürtigen briefes mit den und zuo den ersamen wisen, dem burgermaister, dem rat und den burgern gemainlich der statt ze Sant Gallen, mit den und zuo den ersamen, dem amman und den lantlüten gemainlich ze Appacelle, von disem hüttigen tag hin, alz dirre brief ist geben, die nähsten zehen gantzi jar nach ain ander und dannenhin iemer me eweklich, wan ouch das war ist, das wir von alter zuo inen und zuo dem gotzhus ze Sant Gallen gehörent und gehören sont. Wir haben uns ouch zuo in verstrikt und verbunden und habent ouch bi guten trüwen gelobt und verhaissen, das wir und unser erben und nachkomen und alle die zu uns gehörent und gehaft sint ald bir nach zuo uns gehören werdent, den obgenanten, dem burgermaister, dem rat und den burgern gemainlich der statt ze Sant Gallen, dem amman und den lantlüten gemainlich ze Appacelle (in) trüw und warhait ir nutz ze fürderen, iro schaden ze wenden so verre wir mugen an alle gevärde und inen gehorsam ze sinne in allen sachen, nüt usgenomen, an alle widerrede und an alle gevärde, mit sölichem gedinge und in den rehten, das si uns her wider umb schirmen, schützen und halten sont wider alle die uns wider rechtz angriffent ald beschadgent an unserm lib oder an unserm guot, wenne si des von uns ermant werdent, und uns ouch beraten und beholffen sien, alz in erlich, uns und den unsern trostlich sie, ze gelicher wis alz die ob

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genant statt iro burgern und die obgenanten lantlüt iren lantlüten, an alle gevärde. Wir haben ouch alle gemainlich und ieklicher under uns besunder willeklich gesworn ainen gelerten aide liplich zuo got und zuo den hailigen mit ufgehabenen vingern alliu vorgeschribenen stuk und artikel war und stät ze halten, ze tüenne, ze laisten und ze vollefüren an alle widerred und an alle gevärde. Und des alles ze offem, warem urkunde und stäter sicherhait aller der vorgeschribenen dinge und vergiht, so haben wir, die obgenanten burger gemainlich der statt ze Altstetten für uns, unser erben und nachkomen unser statt gemain insigel offenlich gehenkt an disen brif. Und wan wir, die obgenanten hoflüt ze Bernang und ze Marpach aigener insigel niht haben, so haben wir uns willeklich gebunden under der obgenanten dero von Altstetten insigel war und stät ze halten und ze tüenne alles daz uns da vorgeschriben stat an disem brief, der geben ist ze Altstetten an Sant Johanstag des töffers ze sunnwendi in dem jar, do man zalt von Cristus geburt vierzehenhundert jar und darnach in dem fünften jare.

Original auf Pergament im Landesarchive zu Appenzell. Bisher ungedruckt. Das Siegel ist abgerissen.

II.

Die Verhandlungen,

welche zwischen der Schweiz und Frankreich

in Folge der.

Pariser Friedens-Verträge vom 30. Mai 1814 und 20. Nov. 1815

betreffend

Kriegskosten und andere Kriegs-Entschädigungen

stattgefunden haben.

Von

Nationalrath Dr. v. Gonzenbach.*)

Einleitung.

Eine actenmässige Darstellung derjenigen Verhandlungen, welche am Schlusse des ersten Kaiserreiches zwischen Frankreich und den kriegführenden alliirten Mächten mit Rücksicht auf die Kriegskosten und andere mit dem Krieg zusammenhängende Entschädigungen stattgefunden haben, dürfte um der vielen Vergleichungspunkte willen, welche die Gegenwart bietet, nicht ohne Interesse sein.

*) Der Verfasser sprach über dieses Thema in der 27. Versammlung der schweizerischen geschichtforschenden Gesellschaft (23. August 1872, in Bern).

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