Page images
PDF
EPUB

443

Strafvollzug.

Redigiert nach den eingelaufenen Berichten von J. V. Hürbin.

Auszüge aus den Jahresberichten der Strafanstalten zu Lenzburg, Regensdorf, Neuenburg, Basel, Liestal, Solothurn, Luzern und der Zwangserziehungsanstalt Aarburg.

I. Strafanstalt Lenzburg.

Die Strafanstalt Lenzburg zählte im Jahre 1901 zu Anfang 237, am Ende 256 und im ganzen 514 Gefangene: 464 männliche und 50 weibliche; 166 Kriminelle, 239 Korrektionelle, 81 Zwangsarbeiter, 23 Pensionäre aus Appenzell A.-Rh. und Sehaffhausen und 5 Untersuchungsgefangene.

Eintritt. Eingetreten sind: 272, 250 Männer und 22 Weiber.

Austritt. Ausgetreten sind: 253, und zwar 4 (1,58%) infoge definitiver Begnadigung, 24 (9,48%) infolge provisorischer Entlassung, 3 (1,18%) infolge Tod und 222 (87,76%) infolge Strafende.

Heimat. Von den Eingetretenen waren 194 oder 71,32% Aargauer, 52 oder 19,11% Schweizer aus andern Kantonen und 26 oder 9,55% Ausländer.

Alter. 24 (8,82%) zählten unter 20 Jahren, 97 (35,67%) 20-30, 80 (29,41%) 30-40, 40 (14,70%) 40-50, 22 (8,08%) 50-60 und 9 (3,32%) über 60 Jahre.

Zivilstand. 159 (58,45%) waren ledig, 85 (31,31%) verehelicht, 19 (6,94%) verwitwet und 9 (3,30%) geschieden.

Konfession. 141 (51,83 %) waren reformiert, 125 (45,95%) römischkatholisch und 6 (2,22%) christ-katholisch.

Schulbildung. 5 (1,83%) besassen keine, 118 (43,39 %) geringe, 126 (46,29%) ziemlich gute und 23 (8,46%) gute Schulbildung. Von den 5 Analphabeten sind 2 Aargauer und 3 Italiener. 4908 Bände der Bibliothek wurden gelesen.

Erziehung. 104 (38%) hatten eine ungenügende und 168 (62%) eine gute Erziehung genossen.

Leumund. 34 (12,5%) besassen vorher einen schlechten, 75 (27,57%) einen getrübten und 163 (59,93%) einen guten Leumund.

Vermögen. 26 (9,56%) besitzen Vermögen, 33 (12,13%) haben solches zu erwarten und 213 (78,31%) sind arm.

Beruf. Handwerker befanden sich darunter 135 (49,63%), Land- und Erdarbeiter und Taglöhner 76 (27,94%), Fabrikarbeiter 11 (4,04%), Dienstboten 34 (12,5%), Beamte und Angestellte 3 (1,10%) und Geschäftsleute 13 (4,77%).

Vorstrafen. Zum erstenmal bestraft sind 173 (64%) und rückfällig 99 (36%).

Art des Verbrechens. Vergehen gegen Gesundheit und Leben 34 (12,5%), gegen die Sittlichkeit 21 (7,72%), gegen die Sicherheit 12 (4,41%), gegen Treue und Glauben 23 (8,46%), gegen das Eigentum 82 (30,15%) und Polizeivergehen 100 (36,76%), meistens infolge Trunksucht.

Strafdaner. Die niedrigste Strafdauer der im Jahre 1901 eingetretenen Sträflinge betrug einen Monat, die höchste lebenslänglich; 62 Urteile betrugen 1-2 Monate, 32 3 Monate, 10 4 Monate, 5 5 Monate, 37 6 Monate, 49 7-12 Monate, 37 13-24 Monate, 15 2-3 Jahre, 8 3-5 Jahre, 9 5-7 Jahre, 1 8 Jahre; 2 lebenslänglich (Mord); unbestimmt ist die Strafzeit für 5 Zwangsarbeiter (Pensionäre).

Disziplin. Von den 514 Gefangenen gaben nur 97 (18%) zu Verwarnungen oder Bussen Veranlassung.

Ernährung. Die Gesamtzahl der Verpflegungstage der Gefangenen betrug 84,841. Ein Verpflegungstag kostete durchschnittlich 41 Rp. Es wurden im ganzen verwendet: Brot 63,252 kg., Rindfleich 2871 kg., Kartoffeln 21,220 kg., ganze Milch 25,385 Liter, Magermilch 29,170 Liter, Fett und Speck 2332 kg., Mehl 847 kg., Gries 970 kg., Reis 2109 kg., Maisgries 460 kg., Böhnli 4153 kg., Erbsen 1437 kg., Hafergrütze 1604 kg., Gerste 906 kg., Leguminose 1233 kg., Maccaroni 499 kg., Magerkäse 580 kg., Kaffee 319 kg., Gartengemüse für Fr. 906, Eier 354 Stück, Dürrobst für Fr. 40, Grünobst für Fr. 112. 30, Essig 155 Liter, Most 845 Liter, Wein 377 Liter, Gewürze für Fr. 71. 30, Salz 2238 kg., Öl 25 Liter, Zucker 64 kg. Auf ihren Nährgehalt berechnet ergeben diese Nahrungsmittel an: Eiweiss 11,219 kg., Fett 4889 kg., Kohlehydraten 46,515 kg., oder per Kopf und Tag:

an Eiweiss
an Fett

132 Gramm, wobei 39 Gramm aus dem Tierreich, 57

an Kohlehydraten 548

Gesundheitszustand. Auf 514 Gefangene kamen 81 Erkrankungen oder 15,75%. 55 erkrankten einmal, 10 zweimal und 2 dreimal, zusammen 67 Gefangene.

Gestorben sind in der Strafanstalt 3 Gefangene: K. A. von F. an Lungenblutung (Tuberkulose), W. F. von A. an Herzschlag (Klappenfehler) und M. J. von V. infolge Hirnhautentzündung (Alkoholismus).

Korrespondenz und Besuche der Gefangenen. Briefe wurden 1104 abgeschickt und mehr als so viel von den Detinierten in Empfang genommen. Besuche sind 598 zu verzeichnen.

Verdienstrechnung. Von den 13 Gewerben wurden bei auswärtigen Bestellern in 54,198 Arbeitstagen brutto Fr. 64,926. 24 verdient, oder per Kopf und Arbeitstag 119,79 Rp., mit Hinzurechnung der Arbeiten für den Hausbedarf (Hausdienst, Garten- und Landbau: 12,368 Arbeitstage) 110,79 Rp.

Nach Abzug der Pekulien und Unkosten und mit Zuzug des Gewinnes auf den Materialien betrug der Nettoverdienst von den auswärtigen Bestellern Fr. 66,003. 73, oder per Kopf und Arbeitstag 121,78 Rp., und inklusive der 2 Gewerbe Hausdienst und Garten- und Landbau Fr. 73,923. 41, oder 111,05 Rp. per Kopf und Arbeitstag.

Der Verdienstanteil der Gefangenen belief sich auf Fr. 8054. 05, oder auf 12,09 Rp. per Arbeitstag.

Finanzielles Ergebnis. Einnahmen Fr. 87,774. 17; Ausgaben Fr. 121,683. 80. Den Ausfall von Fr. 33,909. 63 deckte der Staat. Auf einen Verpflegungstag berechnet, betrug der Staatszuschuss zirka 39,96 Rp.

Im Jahre 1900 belief sich der Staatszuschuss auf Fr. 25,354. 38, im Jahre 1899 auf Fr. 26,081. 73 und im Jahre 1898 auf Fr. 27,199. 54.

II. Strafanstalt Regensdorf bei Zürich.

Die Strafanstalt des Kantons Zürich, seit 8. Oktober 1901 nach Regensdorf bei Zürich verlegt, zählte im Jahre 1901 zu Anfang 274, am Ende 249 und im ganzen 504 Gefangene: 428 Männer und 76 Weiber. Hiervon haben Zuchthaus 138 Sträflinge, Arbeitshaus 360 und Gefängnis 6.

Eintritt. Eingetreten sind: 230: 192 Männer und 38 Weiber.

Austritt. Ausgetreten sind: 255, und zwar 6 (2,35%) infolge Tod, 202 (79,21%) infolge Ablauf der Strafe, 10 (3,92%) infolge Kommutation, 27 (10,59%) infolge probeweiser Entlassung, 6 (2,35%) infolge Versetzung, 3 (1,17%) infolge Sistierung und 1 (0,39%) infolge Entweichung.

Heimat. Von den Detinierten waren 198 (39,44%) Kantonsbürger, 164 (32,67%) aus andern Kantonen und 140 (27,89%) Ausländer.

Alter. 12 (2,39%) zählten unter 20 Jahren, 39 (7,77%) 21-30, 83 (16,53%) 31-40, 126 (25,10%) 41-50, 226 (45,02%) 51-60, 16 (3,19%) über 60 Jahre.

Zivilstand. 149 (29,68%) waren verheiratet, 35 (6,97%) geschieden, 22 (4,38%) verwitwet und 296 (58,96%) ledig.

Konfession. 311 (61,95%) waren reformiert, 184 (36,65%) katholisch und 7 (1,40%) israelitisch.

Schulbildung. 60 (11,95%) besassen eine mehr als primäre, 374 (74,50%) eine ordentliche primäre, 57 (11,35%) eine dürftige primäre und 11 (2,19%) keine Schulbildung.

Erziehung. 189 (37,59%) hatten eine gute, 229 (45,61%) eine mangelhafte und 84 (16,73%) eine schlechte Erziehung.

Leumund. 164 (32,67%) besassen vorher einen unbescholtenen, 114 (22,70%) einen getrübten und 224 (44,62%) einen ganz schlechten Leumund. Vermögen. 11 (2,19%) besitzen Vermögen, 32 (6,37%) haben solches

zu erwarten und 459 (91,43%) sind ganz vermögenslos.

Beruf. 81 (16,13%) waren Vaganten, 157 (31,27%) Feld- und Roharbeiter, Fuhrleute, Fabrikarbeiter, 149 (29,68%) gelernte Handwerker, 46 (9,16%) Kaufleute, Fabrikanten, Commis, 6 (1,19%) Beamte, Lehrer und Ärzte und 63 (12,50%) Dienstboten.

Vorstrafen. Zum erstenmal bestraft sind 162 (32,27%) und 340 (67,73%)

rückfällig.

Verbrechen und Vergehen. Vergehen gegen Gesundheit und Leben 49 (7,74%), gegen die Sittlichkeit 109 (17,22 %), gegen die Sicherheit 20 (3,16%), gegen Treue und Glauben 153 (24,17%), gegen das Eigentum 290 (45,81 %) und Polizeivergehen 12 (1,90%).

Strafdauer. Bei 2 Sträflingen betrug die Strafdauer 1-6 Monate, bei 214 6-12 Monate, bei 147 1-2 Jahre, bei 102 2-5, bei 29 5-10, bei 2 10--15 Jahre und bei 6 lebenslänglich.

Disziplin. Von den 502 Detinierten gaben 196 (39,04%) zu Verwarnungen oder Bussen Veranlassung.

Verpflegung. Die Zahl der Verpflegungstage betrug 93,254 und wurden hierfür Fr. 49,473. 39 verausgabt. Ein Verpflegungstag kostete durchschnittlich 53 Rp.

Gesundheitszustand. Derselbe war im allgemeinen ein günstiger. Epidemien traten nicht auf. Die Zahl der Todesfälle betrug 7.

Anstaltschule. Dieselbe wurde im Sommer von 69 und im Winter von 62 Sträflingen besucht. Der Unterricht wurde in folgenden Fächern erteilt: Deutsch (Aufsatz), Rechnen (Buchführung), Zeichnen, Französisch (I. und II. Klasse), Deutsch (für Italiener) und Ethik. Daneben fanden Übungen im Kirchengesang statt.

Verdienstrechnung. Der Gewerbebetrieb hatte in 63,956 Arbeitstagen einen Jahresverdienst von Fr. 65,595. 71 zu verzeichnen, oder per Kopf und Arbeitstag Fr. 1. 03. Als Arbeitsverdienstanteil wurden den Strafgefangenen pro Kopf und Tag 8,34 Rp. (63,956 Arbeitstage in den Gewerben und 7927 Arbeitstage im Hausdienst), im ganzen aber Fr. 5997. 40 ausgerichtet.

Finanzielles Ergebnis. Einnahmen Fr. 67,992. 36; Ausgaben Fr. 234,415. 54. Den Ausfall von Fr. 166,423. 18 deckte die Staatskasse. Auf einen Verpflegungstag berechnet, betrug der Staatszuschuss Fr. 1. 78.

III. Strafanstalt Neuenbury.

Die Strafanstalt Neuenburg zählte im Jahre 1901 zu Anfang 63, am Ende 65 und im ganzen 150 männliche Gefangene, wovon 70 kriminelle und 80 korrektionelle.

Eintritt. Eingetreten sind 87 Gefangene, 27 kriminelle und 60 korrektionelle.

Austritt. Ausgetreten sind 85 Personen, 21 kriminelle und 64 korrektionelle, und zwar 67 (78%) infolge Ablauf der Strafzeit, 3 (3,53%) infolge Tod, 8 (9,41%) infolge definitiver Begnadigung, 7 (8,23%) infolge provisorischer Freilassung.

Heimat. Von den Eingetretenen waren 33 (37,93%) Neuenburger, 41 (47,13%) Schweizer anderer Kantone und 13 (14,94%) Ausländer.

Alter. 5 (5,74%) zählten unter 20 Jahren, 25 (28,73%) 20—29 Jahre, 23 (26,44%) 30-39, 24 (27,58%) 40—49, 5 (5,74 %) 50-59 und 5 (5,74%) 60 und mehr Jahre.

Zivilstand. Von den 87 Eingetretenen waren 50 (57,47%) ledig, 12 (13,80%) verheiratet, 7 (8,00%) verwitwet und 18 (20,70%) geschieden oder getrennt lebend.

Geburt. 77 (88,50%) der Eingetretenen waren ehelich und 10 (11,50%) unehelich geboren.

Gesundheitszustand beim Eintritt. Normal bei 63 (72,41%), geschwächt bei 24 (27,59%).

Konfession. Protestanten 54 (62,07%) und Katholiken 33 (37,93%). Schulbildung. 2 (2,29%) hatten eine sehr gute, 33 (38%) eine gute, 1 (1,15%) eine ziemlich gute, 43 (49,42%) eine mittelmässige und 8 (9,20%) keine Schulbildung. Die Bibliothek zählt 2577 Bände.

Erziehung. 21 (24,15%) hatten eine gute, 27 (31,03%) eine ungenügende und 39 (44,82%) eine schlechte Erziehung.

Vermögen. 3 (3,44%) besitzen Vermögen, 1 (1,15%) hat solches zu erwarten und 83 (95,41%) sind arm.

Beruf. Land- und Erdarbeiter 4 (4,59%), Handwerker und Fabrikarbeiter 40 (45,97%), Beamte und Angestellte 4 (4,59%), Ingenieur 1 (1,15%) und Dienstboten und Handlanger 38 (43,66 %).

Vorstrafen. Zum erstenmal bestraft sind 25 (28,74%) und rückfällig 62

(71,26%).

Strafdauer. Die niedrigste Strafdauer der im Jahre 1901 eingetretenen Sträflinge betrug 35 Tage, die höchste 5 Jahre; 9 Urteile lauteten auf 1-2 Monate, 26 auf 2-3 Monate, 8 auf 4-5 Monate, 12 auf 6-8 Monate, 12 auf 1 Jahr, 11 auf 1—2 Jahre, 4 auf 3 Jahre, 2 auf 4 Jahre und 3 auf 5 Jahre.

Art des Verbrechens. Gegen die Behörden 2 (2,29%), Vagantität und Bettel 42 (48,27%), gegen Treue und Glauben 3 (3,44 %), gegen die Sicherheit 1 (1,14%), gegen die Sittlichkeit 5 (5,74%), gegen Gesundheit und Leben 7 (8,04%) und gegen das Eigentum 27 (31,03%).

Disziplin. Von den 150 Gefangenen mussten 39 oder 26% disziplinarisch bestraft werden.

Verpflegung. Die Gesamtzahl der Verpflegungstage der Gefangenen betrug 21,758. Ein Verpflegungstag kostete durchschnittlich 52,5 Rp.

Verdienstrechnung. In 11,811 Arbeitstagen wurden Fr. 17,688. 20 verdient, also per Arbeitstag Fr. 1. 49. Der Verdienstanteil der Gefangenen belief sich auf Fr. 1682. 90 oder per Kopf und Tag auf 14,24 Rp.

Finanzielles Ergebnis. Einnahmen Fr. 24,445. 90; Ausgaben Fr. 82,636. 35. Den Ausfall von Fr. 65,554. 50 deckte der Staat. Auf einen Verpflegungstag berechnet betrug der Staatszuschuss Fr. 3. 01.

IV. Strafanstalt Basel.

Die Strafanstalt Basel zählte im Jahre 1901 zu Anfang 143, am Ende 147 und im ganzen 482 Gefangene: 427 männliche und 55 weibliche; 117 kriminelle, 284 korrektionelle, 59 Polizeiverhaftete und 22 Zwangsarbeiter.

Eintritt. Eingetreten sind 323 Gefangene: 288 Männer und 35 Weiber. Austritt. Ausgetreten sind 335 Personen, davon 307 (91,64%) infolge Ablauf der Strafzeit, 11 (3,28%) infolge Strafkürzung, 2 (0,59%) infolge Tod und 15 (4,47%) infolge Versetzungen in Untersuchungshaft, Spitäler etc. Heimat. Von den 323 Eingetretenen waren 35 (10,83%) Baselstädter, 37 (11,45%) Basellandschäftler, 85 (26,32%) Schweizer aus andern Kantonen und 166 (51,40%) Ausländer.

Alter. 25 (7,74%) zählten unter 20 Jahren, 149 (46,13%) 20-30, 75 (23,22%) 31-40, 45 (13,93%) 41-50, 22 (6,81%) 51-60, 7 (2,17%) 61-70 Jahre. Zivilstand. 239 (73,99 %) waren ledig, 69 (21,36%) verheiratet, 9 (2,79%) verwitwet und 6 (1,86%) geschieden.

Konfession. Reformierte 176 (54,48%) und Katholiken 147 (45,52%). Schulbildung. Die Schule besuchten in vier wöchentlichen Stunden, abgeteilt in eine Elementar- und eine Fortbildungsklasse, 38 Schüler. Die

« PreviousContinue »