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såße dem Kassen- und Rechnungs-Wesen ganz unverkennbar

eine zweckmäßigere Richtung, eine vielseitigere Entwickelung

gegeben, und durch das Regulativ vom 17. März 1828, we

gen fünftiger Einrichtung des Kassen-Wesens rücksichtlich der

Dispositionen über die Einnahmen zum Staatshaushalt und

des Nachweises über die Geld- und Verwaltungs Resultate,

die Wichtigkeit dieser Einrichtung als Grundlage des Haus-

halts und als Mittel zum Zweck, mithin die innigste Ver.

bindung derselben mit der Verwaltung selbst, ausgesprochen.

Das Ministerium der Finanzen, welches an Feststellung såmmt-

licher Etats und an den Anträgen zu außerordentlichen Geld-

bewilligungen einen unmittelbaren Antheil nimmt und nehmen

muß, ist hierbei von der ganz richtigen Ansicht geleitet wor

den, daß eine Behörde, welcher die Verantwortlichkeit obliegt,

für die Beschaffung sämmtlicher Mittel zu dem gesammten

Staatshaushalt zu sorgen, dahin zu sehen habe, daß die Aus-

gaben des Staats mit den Einnahmen im richtigen Verhält.

niß bleiben, und zu diesem Behuf und um zugleich die Be

nußung und Vertheilung der vorhandenen Mittel gehörig lei-

ten, und verhindern zu können, daß bei einzelnen Kassen un-

nöthige Bestände gesammelt werden, während bei andern Ver-

legenheit entsteht, dem Kassen-Wesen eine solche Einrichtung

gegeben werde, daß die Disposition über die Ueberschüsse

aller Verwaltungszweige von dem Finanz-Ministerio allein

ausgehe, und dasselbe eine fortwährende zuverlässige Uebersicht

sowohl von dem Ertrage derselben und von den bei allen

Kassen vorhandenen Bestånden, als von dem daraus zu be

streitenden Ausgabe:Bedarf der einzelnen Behörden nach den

verschiedenen Zahlungs-Terminen erhalte.

Um diese wichtigen Zwecke zu erreichen, ist in der Kassen-

Verwaltung eine größere Einheit und ein mehr in einander
greifender Zusammenhang eingeführt und die Centralisirung
aller Staats-Revenuen in der General-Staats-Kasse angeord-
net; es sind mehrere für besondere Verwaltungszweige bestan-
dene, General-Kassen aufgehoben, und zum Nachweis der Re-
sultate derselben nur Buchhaltereien verblieben, auch die zur
Disposition des Finanz-Ministerii stehenden landesherrlichen

Revenuen von den Fonds, welche für Provinzial-KommunalZwecke bestimmt sind oder Instituten angehören, mehr geson dert worden. Die Ermittelung und Anweisung des AusgabeBedarfs für die obersten Verwaltungs-Behörden ist von festern, den Gang der Finanz- Verwaltung im Laufe des Etatsjahres nicht störenden Bestimmungen abhängig gemacht, die Grundfäße in Beziehung auf. Verwendung und Verrechnung der Ausgabe-Fonds find nåher festgestellt, für die zu liefernden Abschlüsse und Verwaltungs-Uebersichten einfachere Formen vorgeschrieben, und die vollständige Ablieferung der Ueberschüsse und die pünktlichsten Abrechnungen zwischen den Kassen, vor zugsweise beim Jahresschluß, behufs der Uebereinstimmung bei Zusammenstellung der Kaffen:Resultate, zur besondern Pflicht gemacht worden.

Wenn nun das Kaffen- und Rechnungs-Wesen im Geiste und Sinne des bestehenden Finanz-Systems eine regelmäßigere Verfassung erhalten hat, und in praktischer Anwendung der dabei zum Grunde gelegten Prinzipien sich noch mehr entwickeln wird, dasselbe auch in seiner jeßigen Stellung zu jenem System einen höheren Grad von Interesse gewonnen hat, so muß es sowohl für alle dem Kassendienst sich widmenden Beamten, als für andre Geschäftsmånner, welche mit diesem Dienst in eine nähere oder entferntere Berührung kommen, Bedürfniß seyn, die inneren Einrichtungen in materiellen und formellen Beziehungen näher kennen zu lernen.

Ueber diesen Zweig des Staatsdienstes ist überhaupt wenig, in den neusten Zeiten aber gar nicht geschrieben wor den. Mehrere an sich ganz vortreffliche Werke sind veraltet, oder passen nicht mehr für das jeßige System, können also. auch nicht in dem Grade instruktiv seyn, als es das ZeitBedürfniß erfordert. Theorieen aber gehören mehr der Finanz- Wirthschafts-Lehre an, und der für den praktischen: Dienst bestimmte und angehende Beamte sieht sich zunächst lieber nach dem um, was ihn über sein Geschäft belehren fann.

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Hierdurch ist der Zweck der vorliegenden Schrift angedeutet. Sie soll, indem sie von bestehenden Vorschriften und

Einrichtungen ausgeht, zum praktischen Dienst-Gebrauch be stimmt seyn, und alles dasjenige enthalten, was den Beamten sowohl im Allgemeinen über das Wesen der Kassen-Verwaltung und den Umfang seines Berufs als über materielle und formelle Führung seines Geschäfts im Zusammenhange zu unterrichten vermag. Aus diesem Gesichtspunkt betrachtet, hat der Verfasser es für zweckmäßig gehalten, den Dienst bei den Haupt-Kaffen etwas ausführlich zu behandeln, weil im Ges schäfts-Ressort derselben Alles vorkommt, was zur nåhern Bekanntschaft mit einer Kaffen-Verwaltung im größeren Styl führen kann, und der Beamte einer kleinern und untergeordneteren Kasse hieraus das, was für seinen Geschäftsbereich anwendbar ist, leicht entnehmen kann.

Die Bearbeitung enthält nichts, was dem gedienten und versuchten Kassen-Beamten neu seyn könnte; sie wird jedoch auch für ihn nicht ohne Interesse seyn, in sofern er in Beziehung auf Geschäftsführung manche Bemerkungen und Angaben finden möchte, welche einige Aufmerksamkeit und Beachtung verdienen dürften.

So weit der Verfaffer, den gleich nach Vollendung des vorliegenden, auf meine Veranlassung verfaßten Werkes, am Schluffe des vorigen Jahres ein nervöses Schleimfieber auf das Krankenlager warf, von welchem derselbe nicht wieder aufstehen sollte. Er starb am 17. Januar d. J., tief bes trauert von seinen zahlreichen Freunden.

Für diese theile ich hier folgende Nachrichten aus dem nicht unbewegten Leben des Verstorbenen mit.

Bartolome Christian Graaf wurde 1783 zu Mag deburg geboren; erhielt seine Bildung auf der Kloster-Schule unserer lieben Frauen daselbst, und bezog demnächst mit rühmlichem Zeugniß die Universität Halle, um sich für die Rechtswissenschaft auszubilden. Nach vollendeter akademischer Lauf

bahn wurde er in seiner Vaterstadt zuerst bei dem Stadtgericht als Auskultator, demnächst bei dem Justiz-Kollegio der Provinz als Referendarius und bald darauf bei dem KürassierRegimente von Quißow als Auditeur angestellt. In dem unglücklichen Feldzuge des Jahres 1806 erlitt dieses zwar eine fast gänzliche Auflösung; dem Verstorbenen gelang es jedoch, einige dreißig Pferde und mehrere Wagen zu sammeln, sich an deren Spiße zu stellen und solche glücklich nach Königsberg in Preußen zu führen, woselbst er sogleich bei einem neu errichteten Infanterie-Regiment als Auditeur angestellt wurde. Im Jahre 1811 erhielt er die Bestimmung zum Brigade-Auditeur bei dem Hülfs-Korps, welches nach Rußland marschirte, entging jedoch nach seinem Wunsche diesem Ziele, indem er zum Auditeur und Regiments- Quartiermeister bei dem neu errichteten Brandenburgischen Kürassier-Regiment ernannt wurde. Mit diesem wohnte er den Feldzügen in den Jahren 1813, 1814 und 1815 bei, und legte hier, wahrs scheinlich in einem unglücklichen Bivouac den Grund zu seinen spåteren, fast jährlich wiederkehrenden Gichtbeschwerden, die durch den mehrjährigen Gebrauch des Bades zu Tepliß nicht nachhaltig beseitigt wurden. Im Jahre 1813 wurde dem Verstorbenen zur Auszeichnung der Charakter als Kriegsrath ertheilt, und er verließ 1817 den Militair-Dienst, um den ihm übertragenen Posten als Kontrolleur bei der Königl. Regierungs- Haupt- Kaffe zu Stettin anzutreten, welchen er zur großen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten bis zu seinem leis der so frühen Tode verwaltete, so wie er sich auch in allen seinen frühern Dienstverhältnissen das Wohlwollen und die Achtung seiner Befehlshaber erwarb, und sich stets der Beweise derselben zu erfreuen hatte. Im leßten Jahre seines Lebens wurde ihm noch die Auszeichnung zu Theil, daß er zu dem erledigten Posten des Regierungs-Rechnungs-Rathes von 'dem ihm vorgeseßten Präsidio dem Ministerio in Vorschlag gebracht werden sollte, welche Stellung er sich jedoch verbat.

Der Verstorbene, mein vieljähriger Freund und vielgeliebter Neffe, war ein Biedermann im strengsten Sinne des

Worts; er genoß die allgemeine Achtung; anspruchlos, streng seine Pflichten erfüllend, gegen Jedermann wohlwollend, verbindlich, gefällig, keine Opfer scheuend, hatte er keinen Feind; er ruhet in Frieden wie wohl Wenige.

Berlin am 11. Juni 1831.

August Rücker.

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