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Bartolome Christian Graaf,

weiland Königl. Kriegsrathe und Kontrolleur der Regierungs- Haupt-
Kaffe zu Stettin.

Berlin bei August Rücker.

1831.

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Reclass 1-2-29 MVP

Vorwort.

Das Finanz-Verwaltungs-System hat in dem lezten Jahr

zehend, nachdem auf eine bewegte Zeit, auf eine schwankende politische Existenz, ein dauernder Zustand von Ruhe und Sicherheit eingetreten ist, in welchem allein das Gute gedei: het, und nüßliche Einrichtungen in das Leben gerufen, genährt, gepflegt und, durch Erfahrung geprüft, immer mehr verbessert werden können, überall, besonders aber im preußischen Staate, an Ausbildung gewonnen, und, bei veränderten Zeits Umständen und Zeit- Bedürfnissen veränderten Grundsätzen sichern Schritts folgend, zu erfreulichen Resultaten geführt. Sie befriedigen in staatswirthschaftlicher Beziehung, und würden, wenn gleich nicht verkannt, wer könnte auch die überall sichtbare Ordnung in unserm Finanz- Wesen, den immer mehr steigenden Kredit des Staats als natürliche Folge der gewissenhaftesten Erfüllung übernommener Verbindlichkeiten verkennen? - - doch mehr gewürdigt werden, wenn nicht für Handel und Gewerbe seit Jahren die Konjunkturen so ungünstig gewesen, und Viele, von einseitigen Ansichten ausgehend, verleitet worden wåren, das Uebel in diesen oder jenen FinanzEinrichtungen zu suchen, wo es doch nur in äußern, von

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keiner Regierung zu beseitigenden Umstånden gefunden werden fann.

Das Kaffen- und Rechnungs-Wesen ist ein integrirender Theil der Finanz - Verwaltung, die Grundlage einer guten Wirthschaft, in sofern es darauf ankommt, die Mittel zum Zweck kennen zu lernen, fie zu prüfen, zu ordnen, ihre inten five Kraft zu erforschen, sie hiernach im Ganzen wie im Einzelnen zu übersehen und zu benußen. Manches großartige, an sich zweckmäßige Unternehmen ist gescheitert, weil es für Nebensache gehalten wurde, die Ermittelung, Herbeischaffung und Benußung der dazu erforderlichen Mittel einer gründlichen Prüfung zu unterwerfen, und besonders der Nothwendigkeit, diese Mittel rechtzeitig und mit dem davon zu machenden Gebrauch gleichmäßig Schritt haltend sicher zu stellen, einige Aufmerksamkeit zu widmen.

Wenn nun Mißgriffe solcher Art erfahrungsmäßig zu Verwirrungen führen, und überhaupt nur Unkundige in der Meinung stehen können, daß die Staats-Einnahme ohne wei tere Rücksicht lediglich von der Ausgabe bedingt sey, wiewohl es klar ist, daß jeder Haushalter bei Einrichtung eines regelmåßigen, auf Fortdauer berechneten Haushalts sich nach seinen Einnahmen, das heißt, nach seinen Mitteln zu richten, und . bei Collisionen die Ausgaben jedenfalls zu beschränken verpflichtet ist, so ergiebt sich von selbst, wie wichtig für jede Finanz-Verwaltung es seyn muß, dem Kassen- und Rechnungs-Wesen solche Formen und Einrichtungen zu geben, daß sie dem höheren Zwecke überall zu entsprechen im Stande und geeignet sind, auf dem kürzesten und sichersten Wege die Kräfte des Staats kennen zu lernen, auf die Quellen der Einnahmen zurückzugehen, die Ergiebigkeit derselben, den Vortheil des Staats und das Wohl der Unterthanen gleich bes rücksichtigend, mit Umsicht zu prüfen und zu befördern.

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Man kann es nicht verhehlen, daß das Kaffen und Rechnungs-Wesen früher sehr stiefmütterlich und untergeordnet behandelt und seine wahre Stellung in der Staats-Wirthschaft nicht hinreichend erkannt worden ist. Man beschränkte fich auf Einrichtungen, welche mehr für die nächsten Bedürfnisse

und Zwecke als für eine höhere Tendenz, mehr für Ordnung in den einzelnen Theilen als für die Verbindung derselben zum Ganzen berechnet waren; es mangelte daher an Einfachheit, Klarheit, Bestimmtheit und Zusammenhang, und man fühlte, daß man mit Weitläuftigkeiten und Unbequemlichkeiten zu kämpfen hatte, und doch nicht überall zu übersichtlichen und ganz zuverlässigen Resultaten gelangen konnte.

Den Unkundigen, der von einer Staats- Kaffen-Wirthschaft im größeren Umfange nur oberflächliche Begriffe hat, und in der Verwaltung einer Rendantur weiter nichts als ein mechanisches Geschick, auf der einen Seite die Einnahme und auf der andern die Ausgabe richtig niederzuschreiben und durch Subtraktion dann das Saldo zu finden, ers kennt, qualifizirtere Anforderungen aber für eine Ueberschätzung der Sache hålt, muß es freilich sehr befremden, daß solche Mångel in der Wirklichkeit existiren können; der Sachkundige hingegen wird zugestehen, daß es seine eigenen Schwierigkeiten hat, jene Resultate durch ein wohlgeordnetes, allen Bedürfnißsen entsprechendes System zu gewinnen, und daß mehr als bloße Rechen-Exempel dazu gehören, die Aufgabe erschöpfend zu lösen. Diese Behauptung, die Andeutung von Schwierigkeiten bei Aufstellung eines solchen Systems, muß Jenen noch mehr befremden; sie gründet sich jedoch überall lediglich auf Erfahrung, und so wie in unserm Staate fortwährend an der Vervollkommnung desselben und an Beseitigung der bald hier bald dort mehr oder weniger hervortretenden Mängel gearbeitet wird, so ist in den meisten europäischen Staaten das Bedürfniß und das Bestreben, den Staatshaushalt auf ein wohlgeregeltes und übersichtliches Kaffen- und RechnungsSystem zu ́stüßen, mehr als jemals vorherrschend geworden, und erst vor einiger Zeit sprach sich das britische ParlamentsMitglied Hume in einer Sißung des Unterhauses laut dahin aus, daß ein System angenommen werden möge, die StaatsRechnungen zu vereinfachen und endlich einmal verständlich zu machen.

Die preußische Finanz-Verwaltung hat in ihrer fortschreitenden Ausbildung und im Geiste der angenommenen Grund

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